Was ist Ökumene? Georg Magirius geht Ökumenischen Visionen für den Bayerischen Rundfunk in Neckarsteinach nach Strassengazette, Nr. 86, September/Oktober 2009 Von Gabriele Lermann Was ist Ökumene? Der Theologe, Journalist und Schriftsteller Georg Magirius geht Ökumenischen Visionen für den Bayerischen Rundfunk in Neckarsteinach auf die Spur Strassengazette, Ausgabe 86, September/Oktober 2009 Von Gabriele Lermann Fotos: Gabriele Lermann Georg Magirius, Theologe, Schriftsteller und Journalist, ging „Ökumenischen Visionen“ für den Bayerischen Rundfunk auf die Spur. Veranstalter war der Verein „Meditation und Wege der inneren Achtsamkeit im Christentum“, Gastgeber der Vorsitzende des Vereins Eric Hahn, Pfarrer in Ruhestand, im Bürgerhaus „Zum Schwanen". Ökumene kommt aus dem Griechischen (oikoumene) und bedeutet so wundervoll „ganze bewohnte Erde" beziehungsweise „Erdkreis", meint aber tatsächlich die Ge- www.GeorgMagirius.de [email protected] 1 Was ist Ökumene? Georg Magirius geht Ökumenischen Visionen für den Bayerischen Rundfunk in Neckarsteinach nach Strassengazette, Nr. 86, September/Oktober 2009 Von Gabriele Lermann samtheit der christlichen Kirchen, obwohl die direkte Übersetzung alle Religionen umfasst. „Was ist, wenn wir unseren Gott nicht lieben?“, so Talat Kamran, Leiter des Mannheimer Instituts für Deutsch-Türkische Integrationsstudien und interreligiöse Arbeit, Sufi-Mystiker. Das war seine Antwort auf Eric Hahns fiktiv herbeigeführte Streitfrage „Nur ein Herr kann der richtige sein“. Und auch eine Antwort auf die Frage Magirius‘ nach Religion, nach Ökumene. Gott realisiert sich eben in der Liebe, die jede Religion für ihren Gott lebt. Talat Kamran, Moslem und eben auch Mystiker — für ihn lebt Gott auch unmittelbar in ihm. Die Religion als gelebten Träger der Liebe zu Gott im Alltag will er nicht missen. Auch nicht andere Teilnehmer der Interview-Diskussion von Georg Magirius. Jesus Christus bleibt für andere Teilnehmer, organisiert in der Kirche oder nicht, ihr gelebter Glaubensbotschafter. Für die einen konsequent, für andere wissentlich als ihr Botschafter der Liebe, was anderen Religionen ebenso ihren Respekt zollt. Einende Erfahrbarkeit von Religion in Tanz, Meditation und Ritualen Die Frage nach Gott gestaltete sich in der bunten von Magirius befragten Runde vielfältig. „Ich bin ein Teil Gottes, Gott realisiert sich durch uns", so Polizeihauptkommisar Gerd Lipponer, Verfechter der Stille-Meditation und jahrelanges Mitglied des Vereins „Meditation und Wege der inneren Achtsamkeit im Christentum“. „Ein Gott, irgendein Gott, ist für mich sehr wichtig", so Dr. Ruby R. M. Rojas, Deutsche südamerikanischer Herkunft mit indianischen Vorfahren. Bestätigt von einer Frau, die von den Aborigines abstammt, erklärt sie: „In unserer Kultur war immer alles eins. Gott realisierte sich in allem, was ist, insbesondere der Natur." Rojas ist Leiterin des Umweltprojektes „Ozonito", ihre Mitstreiterin mit Aborigines-Vorfahren hat ihr Glück als Katholikin in einer freien, sehr lebendigen Kirche Heidelbergs statt den Kirchen ihres Heimatortes Neckarsteinach gefunden. „Es ist wichtig, die eigene Religion zu leben und dennoch gemeinsame Punkte zu finden, wie die Freude an der Musik, die Erkenntnis in der Mystik", so Talat Kamran. In Meditation, Musik oder erlebbaren Ritualen wird Gott lebendig, eben erfahrbar. In der Erfahrbarkeit, die Loslassen voraussetzt, ist die Schnittstelle aller Religionen. www.GeorgMagirius.de [email protected] 2 Was ist Ökumene? Georg Magirius geht Ökumenischen Visionen für den Bayerischen Rundfunk in Neckarsteinach nach Strassengazette, Nr. 86, September/Oktober 2009 Von Gabriele Lermann Gabi Breier, auch Christin, bestätigt die große Glaubenserfahrung, das Loslassen des Egos eben, im Tanz. Deutlich kristallisierte sich in der Runde die Frage nach dem Benennen Gottes und nach dem Erfahren Gottes aus unterschiedlichen Erfahrungen und Hintergründen heraus. Ein „leckerer" Lösungsansatz Eric Hahn beglückte Teilnehmer und Gäste mit einer „transkonfessionellen Torte". Hier waren im Schokoladenguss die Symbole nahezu aller Weltreligionen gegeben, es folgte der leere Kreis ohne Schokoguss, dann zur Mitte hin die Verschmelzung aller Symbole, die nur eines ausließen: einen kleinen Kreis in der Mitte. Hier, in der Leere waren sich nebst Hahn Magirius, Kamran und Lipponer einig, liegt der Schnittpunkt aller Weltreligionen. Hier hören Gedanken, die dem Ego Struktur geben, auf. Hier verlieren selbst die kraftvollen religiösen Symbole ihre Struktur. Dennoch, bestätigt nicht nur Kamran, ist jede Religion lebendig und wahr. Gott in uns drückt sich sehr real erfahrbar in den Religionen aus. Religionen sind kein Dogma, sie stehen für die Erfahrung Gottes. Hieraus resultiert ganz praktisch im Alltag der zusammenlebenden Religionen und Kulturen die Frage: Ist Integration die Lösung? Unzureichend, so lässt sich die Antwort der Teilnehmer interpretieren. Integration bedeutet mehr den vorgegebenen Kultur- und Gesellschaftsstil anzunehmen. Laut Lexikon bedeutet das Wort Integration „die Herstellung beziehungsweise Wiederherstellung einer staatlichen, politischen oder wirtschaftlichen Einheit“. Grundgesetze www.GeorgMagirius.de [email protected] 3 Was ist Ökumene? Georg Magirius geht Ökumenischen Visionen für den Bayerischen Rundfunk in Neckarsteinach nach Strassengazette, Nr. 86, September/Oktober 2009 Von Gabriele Lermann der Menschenwürde sind unumstritten wichtig. Aber ist Integration die Lösung? Nein! Das wurde an diesem Abend deutlich. Integration ist ein kleiner, berechtigter Schritt zum besseren Miteinander, beinhaltet aber nicht Liebe und Versöhnung. Nichts wird aber mehr die Weltreligonen zu dem dringend notwendigem Frieden bringen als Liebe und Versöhnung, was auch eine große Achtung vor dem Weg des anderen bedeutet, steht er in der Bibel, im Koran oder in der Kabbala. Eine ganz große und schwere Aufgabe, ist doch Liebe und Versöhnung in so vielen kleineren zwischenmenschlichen Fragen schon schwer. Noch schwerer wird es bei der großen Frage, seinen Gott zu benennen. Fazit des Abends war: Religion ist ein lebendiger Weg, und Wahrheit, denn jede Religion lebt von der Liebe. Gott manifestiert sich in der Liebe. Hierzu ist die Erfahrung gelebter Religion genauso wichtig wie in der Mystik, das Aufgeben des Ichs, des Egos, um sich als Funken im Lichtermeer Gottes wiederzufinden. Und als Funken Teil des Lichtes zu sein. Eric Hahn fasst den Abend in seiner Rezitation Rumis, eines islamischen Dichters und Mystikers aus dem 13. Jahrhundert, treffend zusammen. Für die, welche lieben, gibt es nicht Moslems, Christen und Juden. Für die, welche lieben, gilt weder Glaube noch Gottlosigkeit. Für die, welche lieben, sind Körper, Geist, Herz und Seele eins. Warum dann auf jene hören, die dies anders sehen? Jene, die nicht lieben, haben keine Augen. Die einstündige Reportage von Georg Magirius „Ökumenische Verzauberung. Visionen religiöser Begegnungen jenseits von Institution und Diskussion“ wird vor dem Ökumenischen Kirchentag 2010 in München auf Bayern 2 gesendet. Die Reportage mit fünf anderen Beiträgen erscheint auch als Buch im Stuttgarter Kreuz-Verlag im Frühjahr 2010, herausgegeben von Tilmann Kleinjung und Wolfgang Küpper. Genaue Termine, Hinweise zum Nachhören und zum Buch unter www.georgmagirius.de www.GeorgMagirius.de [email protected] 4
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