Was wissen Kinder über Physik [Schreibgeschützt

Was wissen Kinder über
Physik?
Referat von Julia Altenburger und
Sabine Meininger
13.05.2008
Seminar Kindheit und Jugend
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Gliederung
1. Einleitung
2. Definition Physik und Messmethoden
3.1 Kontinuität und Solidität
3.2 Stützung und Kollision
3.3 Gravitation, Gewicht und Trägheit
3.4 Zeit und Geschwindigkeit
3.5 Flugbahn und Wurf
3.6 Kraft und Gewicht
3.7 Masse, Materie, Volumen und Dichte
4. Fazit
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Einleitung
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Physikalische Gesetzmäßigkeiten sind unserem
intuitivem Denken eher fremd
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Wie entwickelt sich physikalisches Wissen bei
Kindern?
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Piaget (1929)
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Hat sich als Erster dem kindlichen
Verständnis von Objekten, Raum, Zeit und
Kausalität zugewandt
Seine Erkenntnisse waren lange Zeit
wegweisend
Unterschätzung der kognitiven
Möglichkeiten von Vorschulkindern
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Piaget (1929)
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Kinder entwickeln physikalisches Wissen in
einer Abfolge von Entwicklungsstufen
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Entwicklungsstufen gehen aus logischer
Notwendigkeit aus früheren Stufen hervor
Kinder verschaffen sich einen
Überlebensvorteil durch Wissen über Zeit,
Geschwindigkeit, Temperatur, Masse und
Kraft
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Piaget (1929)
Wahlaufgabe zu Zeit und Geschwindigkeit:
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2 Spielzeugautos fahren mit unterschiedlicher
Geschwindigkeit versch. Wege
Welcher Zug ist schneller/legt den längeren weg zurück?
Piaget: Kinder besitzen erst ein Wissen über
Geschwindigkeit, dann erst über zeit
Frage nach Geschwindigkeit wird früher richtig
beantwortet als Zeit
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Kritik an Piaget
Methoden wurden oft als unwissenschaftlich
bezeichnet
Einteilung der kognitiven Entwicklung in
Stufen und Stadien fragwürdig
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Warum ist das interessant?
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Erwachsene in der Verantwortung:
entsprechende Gestaltung der Umwelt
Welche Impulse können gegeben werden?
Themen im Alltag: Turm aus Bauklötzen,
Schnurtelefon
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Definition Physik
Die Physik ist die Naturwissenschaft, welche
die grundlegenden Gesetze der Natur, ihre
elementaren Bausteine und deren
Wechselwirkungen untersucht.
Sie befasst sich sowohl mit den Eigenschaften
und dem Verhalten von Materie und Feldern
in Raum und Zeit als auch mit der Struktur
von Raum und Zeit selbst.
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Messmethoden
Habituationsmethoden:
Babys werden Bilder oder Töne gezeigt, bis sie sich
daran gewöhnt haben (sie habituieren)
Dann kommt ein neuer Reiz
Es wird gemessen, ob das Baby länger hinschaut oder
intensiver an seinem Schnuller nuckelt
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Kontinuität und Solidität
Kontinuität
Piaget: vor 1. Jahr keine Objektpermanenz
2,5 M.: Objekte als solide Körper
Rudimentäres Wissen über Phänomen
der Verdeckung
3-4 Monate: berücksichtigen Öffnungen in
Verdeckung, relative Größe ObjektVerdeckung
Wenden Wissen kontextspezifisch an
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Kontinuität und Solidität
Solidität
2,5 Monate: Solidaritätsprinzip
Nicht immer Reaktion auf Verletzung dieser
Prinzipien, wenden Wissen nicht global an
-> Angeborenes Wissen rudimentäre Basis für
späteren Wissenserwerb, Wiedergabe wird
zunehmend komplexer und differenzierter
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Stützung und Kollision
Stützung
3 Monate: ganz einfaches initiales
Stützungskonzept (Kontakt/kein Kontakt)
4,5 M.: Art des Kontakts (nur stabil, wenn Objekt auf
anderes gestellt wird)
6 M.: Menge des Kontakts (größerer Teil muss
aufliegen)
12M.: proportionale Verteilung
Auch Schimpansen haben initiales
Stützungskonzept, aber keine schwerkraftrelevante
Orientierung
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Stützung und Kollision
Kollision
7,5 Monate: Reaktion auf Verletzung des
Kontaktprinzips
Vor 1. Jahr: Reaktion durch Informationen
über Objektgröße und –gewicht beeinflusst
Ab 10 Monaten: Beachtung des Gewichts
beider an der Kollision beteiligten Körper
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Gravitation, Gewicht und Trägheit
3-4 Monate: kein Wissen über Gravitation
und Trägheit
7-10 M.: allmählich Wissen über Trägheit
Nach 3. Jahr: Wissen über Gravitation
-> Angeborenes Wissen stellt nicht besonders
auffällige, sondern hoch genaue
physikalische Prinzipien dar (z.B. Kontinuität
früher als Gravitation)
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Gravitation, Gewicht und Trägheit
Wissensdissoziation
in Handlungen beachten Kinder diese
Prinzipien (abhängig vom Aufgabenkontext)
6 M.: Greifen nach bewegten Objekten,
indem sie eine lineare Objektbewegung
vorhersagen; gelingt nur, wenn
Bewegungsbahn nicht teilweise verdeckt ist
-> Trägheit
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Gravitation, Gewicht und Trägheit
Gegenteil bei Solidität und Kollision:
beeinflusst Blickdauer mit 2,5 Monaten, wird
in Handlungen erst mit 2 Jahren beachtet
-> Physikalisches Wissen entwickelt sich
bereichsspezifisch und kontextabhängig
Wissenselemente werden oft nicht
generalisiert oder in ein einheitliches,
widerspruchsfreies Konzept integriert
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Zeit und Geschwindigkeit
Zentrale Frage:
Wann und wie gelangen Kinder zu der
Einsicht, dass Zeit von Geschwindigkeit und
Distanz verschieden ist, aber dennoch durch
diese definiert wird?
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Zeit und Geschwindigkeit
5 Jahre: verknüpfen relevante Information
nach additiver Regel
(Normativ falsch, zeigt aber funktionales
Verständnis der Beziehung; Wissen kann
noch nicht in jedem Kontext angewendet
werden)
10 Jahre: verknüpfen nach multiplikativer
Regel
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Flugbahn und Wurf
- Versuch von Kaiser, Proffitt und McCloskey (1985)
1. Ball rollt von einem Tisch => wo landet er?
2. Ball rollt von einem fahrenden Zug => wo landet er?
Zu 1.: richtige Antwort
Zu 2.: falsche Antwort
Antworten der Kinder beruhen auf Alltagserfahrungen
Revision beim Erleben von Gegenbeweisen
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Flugbahn und Wurf
- Versuch von Krist, Fielberg & Wilkening (1993)
Gerader Wurf eines Tennisballs von einer horizontalen
Plattform => Geschwindigkeit des Balls, die nötig ist, um
ein Ziel zu erreichen, soll festgelegt werde
Bei aktiver Einwirkung werden physikalische Gesetze
berücksichtigt
Bei Angabe auf graphischer Skala: Kinder missachten
physikalische Gesetze (mit der Höhe muss auch
Geschwindigkeit zunehmen)
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Flugbahn und Wurf
- Versuch von Kim & Spelke (1999)
Kinder sollen Balllandepunkte vorhersagen
Kinder bis 4 Jahre berücksichtigen nur die Gravitation
6-jährige beziehen die Beschleunigung schon mit ein
Allerdings können schon 4-jährige aus verschieden
visuell erfahrbaren Flugkurven die richtige auswählen
Das Wissen über Objektbewegungen hängt also sehr
stark von Kontext und Aufgabenstellung ab
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Kraft und Gewicht
- Versuch von Siegler (1976) mit Balkenwaage
Kinder sollen beurteilen welcher Arm nach unten geht
Variablen: Gewicht und Abstand vom Drehpunkt
4-jährige ignorieren Abstand und entscheiden nur nach
Gewicht
9-jährige beziehen Abstand mit ein, sofern das Gewicht
auf beiden Seiten gleich ist
13-jährige berücksichtigen Abstand und Gewicht
Allerdings bis ins Erwachsenenalter kein exaktes Wissen
über die physikalischen Zusammenhänge
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Kraft und Gewicht
Rule-assessment-Theorie:
Die einzelnen Wissensstufen bauen aufeinander auf
Um eine höhere Wissensstufe zu erreichen, müssen
folgende Bedingungen gegeben sein:
1. Die veränderbaren Größen müssen bemerkt werden
2. Vorhersageregeln müssen aufgestellt werden
3. Diese Regeln müssen auf neue Probleme übertragen
werden können
4. Diese Regeln müssen auch auf Sonderfälle
angewendet werden können
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Masse, Materie, Volumen und Dichte
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Unter 9 Jahren: Gefühl beeinflusst das Konzept für
Gewicht (z.B. Styropor wiegt „nichts“)
Ab 9 Jahren: Gewicht wird als abhängig von der Menge
der Masse betrachtet
Versuch von Smíth, Carey & Wiser (1985)
3-jährige sollen Materialien in unterschiedliche Gruppen
sortieren
Nur Differenzierung von Gewicht und Größe möglich,
Unterscheidung von Gewicht und Dichte noch zu
schwierig
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Masse, Materie, Volumen und Dichte
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Versuch von Halford et al. (1986)
Kinder sollen Schwimmfähigkeit von Objekten
vorhersagen
Berücksichtigung des Gewichts, wobei die Dichte
ignoriert wird
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Fazit
„Was wissen Kinder über Physik?“
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Entwicklung des kindlichen Wissens
über Physik
Normalfall der kognitiven Entwicklung:
Physikalische Konzepte, die sich häufig
verändern; keine geregelten logischen
Strukturen
Kindliches Wissen:
den Anforderungen des Alltags in idealer
Weise angepasst
(z.B. Kontinuitätsprinzip vor Trägheit)
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Entwicklung des kindlichen Wissens
über Physik
Gegen Piaget:
Fertigkeiten wirken zusammen und werden nicht in
bestimmten Entwicklungsstufen erlernt
Wissensdissoziation in verschiedenen Bereichen:
Implizite und explizite Wissenssysteme verfügen
wahrscheinlich nicht über dieselben Inhalte
Zielsetzungen des Kindes:
Steuern Auswahl und Integration von Wissen,
Variieren über Entwicklungsverlauf
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Das war`s!
Danke für eure
Aufmerksamkeit!
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Literatur
•Wilkening, F., Huber, S. & Cacchione, T. (2006).
Intuitive Physik im Kindesalter. In W. Schneider & B.
Sodian (Hrsg.), Enzyklopädie der Psychologie. Serie
– Entwicklungspsychologie, Band 2: Kognitive
Entwicklung (S. 825-859). Göttingen: Hogrefe
•Wilkening, F. & Huber, S. (2002). Children`s intuitive
physics. In U. Goswami (ed.), Blackwell handbook of
childhood cognitive development (pp. 349-370).
Malden, MA: Blackwell
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