Eine Software, die versteht, was wir meinen - Seedfonds Aachen

Eine Software, die versteht, was wir meinen
Aachener Zeitung vom 11.09.2012, Seite 21 / Wirtschaft Titel
Eine Software, die versteht, was wir meinen
Die Innovation der Aachener Cognesys GmbH soll dem menschlichen Denken nahe kommen
Von Bernd Büttgens Aachen. Eine Anfrage wie diese, in einem Dialog von Mensch zu Mensch gestellt, können wir leicht
verstehen: Ist der Sonnenscheintarif auch mit dem SMS-Paket zu haben? Wären wir im Thema, könnten wir locker antworten:
ja oder nein. Wie aber kann in einem automatisierten Verfahren ein Computer eine solche Frage richtig beantworten? Egal ob
sie als Sprachmeldung einläuft oder als E-Mail auf dem schriftlichen Weg. Bernd Schönebeck, Geschäftsführer der Aachener
Cognesys GmbH, hat nach 20 Jahren Erfahrung in der Erforschung des menschlichen Denkens eine Software auf den Markt
gebracht, die so sagt Schönebeck versteht, was Sie meinen. Was immer in Sprach- oder Schriftform ausgedrückt wird, es
kann sogar grammatikalisch falsch oder umgangssprachlich sein, können die Cognesys-Systeme nachvollziehen.
Schönebeck: Es gibt in der Tat einen himmelweiten Unterschied zwischen Systemen, die auf statistischen Verfahren beruhen
und Sprache erkennen, und unserem System, das Sprache versteht. Der Aachener Firmenchef kann Erfolge aufweisen. Seit
Frühjahr vergangenen Jahres erfolgt das Monitoring der Kundenzufriedenheit beim Mobilfunkanbieter Vodafone mit einem
System von Cognesys. Ein weiterer großer Auftrag wird in diesen Wochen erfolgreich abgeschlossen. Gegenstand: Vodafone
wickelt künftig große Teile des Servicegeschäfts über die Software aus Aachen ab. Das betrifft in erster Linie die Fragen der
Kundschaft, die über E-Mail eingehen. An der Humboldt-Universität Berlin, am Zentralinstitut für Kybernetik und
Informationsprozesse Berlin, später dann im Psychophysiologischen Labor und im Institut für Arbeits- und
Organisationspsychologie der RWTH Aachen hat sich Schönebeck mit dem Thema auseinandergesetzt. Mich hat immer
interessiert, wie der Mensch Sprache versteht, wie er denkt, wie Wissen im Gehirn abgerufen wird. 2005 gründete der
Forscher seine Firma als Spin-off der RWTH, seitdem entwickelt er mit seinem Team die Software. Es ist ein langer, steiniger
Weg gewesen, nicht zuletzt weil viel Überzeugungsarbeit zu leisten war und viele Systemanbieter, mit denen wir nun einmal
kooperieren müssen, Konkurrenz witterten , sagt Schönebeck. Umso glücklicher ist er nun, dass die Software nicht nur im
Mobilfunk, sondern auch in der Automobilindustrie und anderen Dienstleistungsbereichen auf Interesse stößt. Das
EU-patentierte Verfahren ist kompliziert, schließlich geht es um das menschliche Denken. Das Prinzip ist dennoch gut zu
erklären. Die oben genannte Anfrage eines Kunden geht ein. Alles, was nun passiert, basiert auf der Nachbildung des
Sprachverstehens im menschlichen Gehirn. In einem ersten Schritt rekonstruiert das System die Bedeutung der Eingabe. Die
Buchstabenketten, die so genannten Strings, werden dabei mit einem Weltwissen abgeglichen, das die Forscher für das
spezifische Anwendungsfeld hinterlegt haben. Was bedeutet, dass etwa im vorliegenden Fall das Stichwort Tarif unterfüttert ist
mit Begriffen wie verfügbar , Bestellung , Wechsel oder anderem mehr. Dem System ist schnell klar, in welche Kategorie die
Anfrage fällt: Es geht um Tarife. In einer Konfliktanalyse, die wie zuvor die Rekonstruktion der Anfrage und abschließend die
Realisierung der Antwort dem menschlichen Denken abgeguckt ist, wird die Plausibilität des Inhalts gecheckt. Das System
erkennt hier: Der E-Mail-Sender ist ein Kunde, er hat einen speziellen Tarif mit besonderen Merkmalen (in seinem Fall mit
Studentenbonus) gebucht. Im Expertenwissen, das als spezielles, kundenspezifisches Wissen von Cognesys hinterlegt
worden ist, gleicht das System nun alle Fakten ab und kommt zu dem Ergebnis, das als E-Mail-Antwort formuliert wird:
Obwohl eine Verbindung mit dem Studentenrabatt nicht möglich ist, können wir Ihnen dennoch unseren Sonnenscheintarif in
Kombination mit dem SMS-Paket anbieten. In vielen Call-Centern werden heute Spracherkennungssysteme eingesetzt,
zahlreiche Mails werden so automatisiert beantwortet. Schönebeck und seine Kunden sagen: Zu viele Mails werden dabei
fehlerhaft beantwortet, weil Spracherkennung eben nicht Sprache verstehen bedeutet. Zehn bis 15 Prozent falsche Antworten
zum Teil noch deutlich höhere Fehlerquoten, wenn überforderte, schlecht bezahlte Agenten mit Textbausteinen und im Akkord
selbst antworten werden nicht akzeptiert. Als Jobkiller-Applikation will Schönebeck das System nicht sehen: Die Agenten
können sich vielmehr auf die Problemfälle konzentrieren, die individuell gelöst werden müssen. E-Mail-Response-Systeme
sind nur ein Einsatzfeld für die Software. Schönebeck erkennt viele weitere Gebiete. Bei einem EU-Projekt soll das System im
Bereich Soziales Altern Einsatz finden. Über eine Sprachsteuerung werden einem Haushaltsroboter Impulse gegeben. Wir
stehen am Anfang, die Zukunft ist vielversprechend , sagt Schönebeck, der mit der Entwicklung seiner Firma sehr zufrieden
ist. Für die erwartete Umsatzverdopplung von 2011 auf 2012 zeichnet neben dem Chef inzwischen ein Kernteam von vier
Programmierern, einem Projektmanager, einer Sekretärin und zwei Vertrieblern verantwortlich. Erfolgreich läuft auch die
Kooperation mit dem Aachener Seed Fonds, der an Cognesys beteiligt ist Das große Thema Kundenzufriedenheit Ansätze für
neue Projekte gibt es bei Cognesys in größerer Zahl. Interessant ist etwa das weite Feld der Kundenzufriedenheit. Manager
und Geschäftsführer beobachten dieses Kunden-Feedback mit hoher Aufmerksamkeit. Wird die Zufriedenheit in Zahlen
notiert, ist das schon aufschlussreich. Wie aber lässt sich auswerten, was Kunden in das so genannte Freifeld schreiben, ganz
individuell? Cognesys gelingt es mit der eigenen Software, die Themen und emotionalen Äußerungen und auch den
möglichen akuten Handlungsbedarf auszuwerten. Mich hat immer interessiert, wie der Mensch Sprache versteht, wie er denkt,
wie Wissen im Gehirn abgerufen wird. Bernd Schönebeck, Geschäftsführer Cognesys GmbH
Quelle:
Aachener Zeitung vom 11.09.2012, Seite 21
Ressort:
Wirtschaft Titel
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