VO-Vorschlag der EU KOM zu

Büro Winfried Hermann
Schwerpunkt Klimaschutz im Pkw-Verkehr
VO-Vorschlag der EU KOM
zu Flottengrenzwerten vom 19.12.2007
Winfried Hermann, MdB
In 2006 stoßen die neuen PKW in Deutschland durchschnittlich 173 g
CO2/km aus und liegen wegen der hohen Emissionswerte deutscher
Produkte nahezu um ein Viertel über dem Zielwert für 2008. Hierfür sind
vor allem deutsche Hersteller verantwortlich. Pkws verursachen insgesamt
12% des gesamten CO2-Ausstoßes in Europa. Laut den letzten
veröffentlichten PRIMES-Szenarien, die im Auftrag der DGTREN entwickelt
und derzeit im Hinblick auf die EU-27 aktualisiert werden, prognostiziert
das PRIMES-Basisszenario (in der EU-15) im Jahr 2015 992 Mio. Tonnen
und im Jahr 2020 1.013 Mio. Tonnen CO2 im Transportsektor.
Nach dem Vorschlag der KOM werden die nächsten Monate und das Votum
des EP darüber entscheiden, wie die Festlegung der EU KOM auf einen
Flottengrenzwert von 130 – gCO2/km bis 2012 instrumentiert wird. Die
Entscheidung wird darüber Aufschluss geben, ob der klimapolitische
Dornröschenschlaf in der Verkehrspolitik überwunden werden kann.
1 Inhalt der VO
Vorhergehende Schritte:
• 07.02.2007 Mitteilungen der KOM über die „Ergebnisse der
Überprüfung der Strategie der Gemeinschaft zur Minderung
der CO2-Emissionen von Personenkraftwagen und leichten
Nutzfahrzeugen“ - KOM (2007) 19 sowie über „Ein
wettbewerbsfähiges Kfz-Regelungssystem für das 21.
Jahrhundert“ – KOM (2007) 22
• 11.07.2007 Abschlussbericht der Konsultation und
öffentlichen Anhörung - “Reducing CO2 from passenger cars
and light commercial vehicles“
• 19.12.2007 Vorschlag der Verordnung „Setting emission
performance standards for new passenger cars as part of
the Community’s integrated approach to reduce CO2emissions from light-duty vehicles” (KOM (2007) 856 final)
• Übermittlung an EP und Rat
Der Vorschlag ist Teil eines Maßnahmenpaketes zur Reduzierung der CO2Emissionen in Europa. Ziel des Vorschlags ist es, dem Klimawandel zu
begegnen und insgesamt ein hohes Umweltschutzniveau in der EU zu
erzielen. Auf dem Frühjahrsgipfel der EU vom 8./9. März 2007 hatte sich
der Europäische Rat zu einer Reduktion der CO2-Emissionen bis 2020 um
mindestens 20% gegenüber 1990 verpflichtet.
Zeitplan:
•
VO wird jetzt ins EP überwiesen (dann erfolgt die BEAuswahl im Umwelt-ASS)
1
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•
•
•
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BE erstellt Stellungnahme (wird in den Ausschüssen
abgestimmt und beraten)
Termin Ratstagung (EU-Umweltrat) steht noch nicht fest
Abschluss Ende der Legislatur
1.1 Flottengrenzwert
Nach dem Inhalt des Vorschlags soll der durchschnittliche CO2-Ausstoß
von Pkws in Europa ab 2012 auf durchschnittlich 120 Gramm pro
Kilometer (g/km) begrenzt werden. Dabei sollen die Hersteller zunächst
durchschnittlich eine Absenkung auf 130 g/km durch Innovationen in der
Fahrzeugtechnik erreichen. Weitere 10 g/km sollen durch andere
technische Verbesserungen und komplementäre Maßnahmen erreicht
werden. Diese sind die verstärkte Nutzung von Pflanzen-kraftstoffen,
kraftstoffeffiziente Reifen und Klimaanlagen, ein besseres Straßen- und
Sicherheitsmanagement und Änderungen im Fahrverhalten („ökobewusstes“ Fahren).1
Der Höchstwert im Verordnungsvorschlag bezieht sich auf den
durchschnittlichen Ausstoß in der gesamten Flotte der jeweiligen
Hersteller, d h. aus allen Fahrzeugklassen der jeweiligen
Fahrzeughersteller wird ein nicht zu überschreitender individueller Zielwert
des CO2-Ausstoßes an Hand einer (von der Masse der Pkw abhängigen)
Formel ermittelt (siehe Anhang II der Verordnung, Teil B).
Grüne Forderungen:
Das ursprüngliche Ziel von 120 g/km ist verfehlt. Für das
Klima bedeutet die Schwächung des elf Jahre alten Klimaziels
im Zeitraum 2012-2020 zusätzliche 100 Millionen Tonnen
CO2-Emissionen. Mit dem alten Ziel hätten sie vermieden
werden können.
Es fehlt eine längerfristige Zielvorgabe für das Jahr 2020. Wir
plädieren für 80 gCO2/km. Mit einer Anschärfung2 der
Grenzwerte (ein dynamischer Faktor mit einer jährlichen
Anhebung) muss dem technologischen Fortschritt Rechnung
getragen werden (Top-Runner). Die KOM muss Zwischenziele
definieren
und
deren
Einhaltung
kontrollieren.
Die
Durchschnittswerte müssen alle verkauften Neuwagen
umfassen, analoge Grenzwerte sind für LKW, Busse und
Motorräder festzuschreiben.
1
2
Im Februar 2008 will die Kommission hierzu einen Vorschlag präsentieren.
Diese Form der dynamisch verschärften Grenzwerte (Euro-Normen) hat sich bei der
Luftreinhaltung bewährt. Zwischen 1991 und 2004 sind die Schadstoffemissionen aus dem
Personenverkehr in Deutschland um bis zu 80 Prozent zurückgegangen.
2
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Wir fordern, dass eine Obergrenze für CO2-Emissionen pro
Fahrzeug eingeführt wird, die das Doppelte des jeweils
gültigen Durchschnittsgrenzwerts beträgt. Fahrzeuge, die
noch 2012 mehr als 240 g CO2/km verbrauchen, erhalten
dann keine Zulassung mehr.
Keine Anrechnung von Biokraftstoffen! Mit der Zugabe von
10% (120 gCO2 + 10gCO2) durch die EU nehmen die
potentiellen Nutzungskonkurrenzen bei den nachwachsenden
Rohstoffen zu. Bei Förderung und Ausbau von AgroKraftstoffen (Biodiesel, reine Pflanzenöle, Bioethanol,
Biogas) müssen die Auswirkungen auf Ernährungssicherheit,
Naturschutz
und
Biodiversität
in
den
Exportländern
berücksichtigt werden. Notwendig hierfür sind europäische
und
mittelfristig
globale
ökologische
und
soziale
Nachhaltigkeitsstandards für den Anbau und Export von
Biomassekraftstoffen
aus
Entwicklungsund
Schwellenländern.3
1.2 Parameter Gewicht
Für die einzelnen Hersteller gelten unterschiedliche Zielwerte, die auf der
Basis des Gewichts nach einem komplizierten Verfahren berechnet werden.
Der Entwurf sieht eine Grenzwertkurve vor, die die zulässigen CO2Emissionen von Neuwagen in Abhängigkeit vom Fahrzeuggewicht
angibt. Die Kurve wird so angelegt, dass ein Flottendurchschnitt von 130
gCO2/km erreicht wird. Jeder Hersteller muss dafür sorgen, dass ab 2012
der Durchschnitt der Emissionen aller Fahrzeuge unter der Grenzwertkurve
liegt. D.h. bei schweren Pkw muss proportional mehr CO2 verringert
werden müssen als bei leichteren Fahrzeugen. Es wird auch in Zukunft
Fahrzeuge geben, deren Emissionen über der Grenzwertkurve liegen,
vorausgesetzt, sie werden durch unter der Linie liegende Fahrzeuge
ausgeglichen, so dass der Flottendurchschnitt von 130 g/km gewahrt bleibt.
Grüne Forderungen:
Die Berechnung der Emissionsverpflichtungen auf
Gewichtsbasis ist ein Zugeständnis an die deutsche
Autolobby und ein fatales Signal.
Wir halten den Parameter Gewicht für zu
manipulationsanfällig. Hersteller könnten versucht sein, die
Fahrzeuge künstlich schwerer zu machen. In jedem Fall
fehlte der Anreiz, Gewicht zu sparen, weil dann ein niedriger
CO2-Grenzwert einzuhalten wäre, für den die Hersteller
3
Wenn jedoch – wie derzeit auf EU-Ebene vorgesehen – eine Teilerfüllung des 130 gCO2/km-Ziels
durch die Agrokraftstoff-Anrechnung zugelassen wird, muss dieses Ziel strikt von dem
ausschließlich über die Motoreneffizienz zu erbringenden Ziel getrennt bleiben.
3
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zusätzliche Maßnahmen ergreifen müssten. Daher sprechen
wir uns für einen flächenbezogenen Parameter aus.
Das UBA und internationale wie deutsche Umweltverbände4
favorisieren die Grundfläche als Parameter für die Festlegung
individueller Fahrzeuggrenzwerte. Ein Ausweichen der
Hersteller auf größere Fahrzeuge, um mehr CO2 emittieren zu
dürfen, kann so vermieden werden. Die Fahrzeuggröße ist
zudem (anders als andere Parameter) statistisch bereits
erfasst.
1.3 Pooling
Um die durchschnittlichen CO2-Werte breiter streuen zu können, haben die
Autohersteller die Möglichkeit, eine Art Zusammenarbeit („Pooling“) mit
anderen Herstellern zu vereinbaren, die den EU-Wettbewerbsregeln der Art.
81 und 82 EG-Vertrag entsprechen soll. Der Verordnung zufolge können
sich mehrere Hersteller zu einem Pool zusammenschließen, d.h. die EU
würde dann eine Firmengruppe wie einen einzigen Hersteller behandeln.
Damit kommt die EU Kritikern entgegen, die eine Art Emissionshandel
zwischen den Herstellern gefordert hatten.
Grüne Forderungen:
Eine herstellerbezogene Verpflichtung wird so umgangen, da
sie Hersteller von Oberklassefahrzeugen gegenüber
Massenherstellern, die hauptsächlich Kleinwagen herstellen,
benachteiligen würde. Das Pooling kann darauf hinauslaufen,
dass Premiumhersteller mit anderen Herstellern fusionieren
oder diese aufkaufen. Welche Konsequenzen dieses
Verfahren für die Co2-Reduktion haben wird, hängt
maßgeblich vom Verlauf der Grenzwertkurve ab. Das Pooling
ist einem internen Emissionshandel vergleichbar.
1.4 Überschreitungsabgabe - Malus
Zur Durchsetzung der Ziele sieht der Vorschlag vor, dass eine Art
„Überschreitungsabgabe“ für die Hersteller erhoben wird, wenn die
durchschnittlichen Emissionen der Produktionspalette oberhalb der
vorgegebenen Linie liegen. Die Zahlungen fließen in den EU-Haushalt ein.
Verfehlt ein Hersteller sein Ziel, muss er eine Strafe zahlen. Die Abgabe
hängt davon ab, um wie viel Gramm je Kilometer (g/km) ein von dem
betreffenden Hersteller verkauftes Durchschnittsfahrzeug über der Linie
liegt, multipliziert mit der Anzahl der von diesem Hersteller verkauften
Fahrzeuge.
• 1. Jahr (2012) 20 EUR je g/km und Anhebung auf
4
BUND, DUH, NABU, VCD (2007): Gemeinsame Position der Verbände zur Umsetzung einer EUweiten Regulierung zur CO2-Reduzierung von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen, Berlin
4
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• 2. Jahr 35 EUR (2013)
• 3. Jahr 60 EUR (2014)
• 95 EUR (an 2015)
Grüne Forderungen:
Der Malus ist vor allem in den ersten Jahren zu gering.
Experten zur Folge muss der Malus um ca. 100 Euro pro
Gramm liegen, sonst ist er keine Anreiz für Investitionen der
Hersteller in neue Fahrzeugtechnik. Sie würden die Strafe
zahlen und die Modelle unverändert lassen. Notwendig sind
wirksame Sanktionen bei Nichteinhaltung: wie ein drohendes
Zulassungsverbot bei mittelfristig hoch emittierenden
Fahrzeugen und/oder eine angemessene Strafsteuer ab einer
festgelegten Überschreitung der Durchschnittswerte.
1.5 Berichtspflichten MS - Monitoring
Mit Beginn des Jahres 2010 müssen die Mitgliedstaaten Daten über die in
ihrem Gebiet registrierten Neufahrzeuge erheben, die sie dann ab 28.
Februar 2011 an die KOM leiten. Hierfür sieht der Anhang II der
Verordnung die spezifischen Inhalte vor. Die Mitgliedstaaten überwachen
die Fortschritte der Hersteller jedes Jahr anhand der Daten über die
Zulassung neuer Personenkraftwagen.
Grüne Forderungen:
Berichtspflichten und Datenerhebungen sind für den Erfolg
der Maßnahme unverzichtbar. Die Erfassung von
Emissionsdaten wird die Informationsbasis zur CO2-Ausstoss
– und Reduktion verbessern und die Grundlage für konkrete
weitere Reduktionsmaßnahmen sein. Angaben zu den
klimarelevanten Daten der einzelnen Fahrzeuge können auch
zu mehr Transparenz und bessere Verbraucherinformation
beitragen.
1.6 Anwendungsbereich - Ausnahmen
Unabhängige Hersteller, die weniger als 10.000 Fahrzeuge im Jahr
verkaufen oder die keinem Pool beitreten können oder wollen, können bei
der Kommission eine individuelle Zielvorgabe beantragen. Fahrzeuge mit
besonderer Zweckbestimmung, z.B. solche, die für die Benutzung von
Rollstühlen ausgelegt sind, fallen nicht unter die Verordnung.
Grüner Kommentar:
Dies trifft für keinen deutschen Hersteller zu. Die Ausnahme
von Herstellern (unter 10.000 verkauften Neuwagen) ist
klimapolitisch nicht zu begründen und sollte gestrichen
5
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werden. Es kann sich um 10.000 hoch emittierende
Fahrzeuge handeln. Es besteht überdies die Gefahr, dass
„Spezialfahrzeuge“ als selbstständige GmbH oder AG geführt
werden.
2. Reaktionen
Der Vorschlag hat insbesondere in Deutschland zu sehr ablehnenden
Reaktionen in Politik und Industrie geführt. Kritisiert werden die
kurzen Zeiträume, innerhalb derer die Automobilhersteller zur Anpassung
und Innovationen verpflichtet werden. Weiterhin wird beanstandet, dass
die Hersteller von Kleinwagen durch den Vorschlag einseitig Vorteile
haben, während hingegen die Hersteller schwerer Pkws bzw. höherer
Klassen (Premium-Hersteller) Schwierigkeiten haben könnten, die
Zielwertvorgaben der Verordnung zu erreichen. So werden auch
Innovationen im Bereich der Motorentechnik im Kleinwagenbereich
verhindert. Darüber hinaus wird befürchtet, dass die zu hohen
„Strafzahlungen“ an die Kunden weitergegeben werden. Eine Folge könne
ferner sein, dass nunmehr ältere Wagen länger gefahren werden, was die
Zielrichtung der Verordnung ins Gegenteil verkehre.
Die Debatte hat die Automobilindustrie in zwei Lager gespalten:
französische und italienische Hersteller, die in der Regel kleinere,
kraftstoffeffizientere Modelle herstellen auf der einen Seite, und Hersteller
großer, leistungsstarker Fahrzeuge wie Mercedes, Audi, Porsche, VW,
BMW, Jaguar und Land Rover auf der anderen Seite. Nur vier europäische
Hersteller (Fiat, Citroen, Renault and Peugeot) befinden sich derzeit auf
dem richtigen Weg, um die Zielvorgabe von 140g CO2/km bis 2008
erreichen zu können.
Letztere, hauptsächlich in Deutschland und Großbritannien ansässige
Unternehmen, behaupten, die neue Gesetzgebung würde sie
benachteiligen, da sie lediglich auf die Nachfrage der Verbraucher nach
größeren, sichereren und leistungsstärkeren Fahrzeugen reagieren würde.
Sie weisen darauf hin, dass es für sie auf Grund der momentanen
Technologien unmöglich sei, diese Zielvorgaben innerhalb der kommenden
fünf Jahre zu erreichen.
Die Autobauer drängen bei der EU KOM darauf, ihnen für die 2012
geplanten CO2-Grenzwerte eine dreijährige Übergangszeit einzuräumen.
Die Hersteller wollen erreichen, dass sowohl die von der EU geplanten
Grenzwerte als auch die bei Überschreiten fälligen Strafen erst
stufenweise bis 2015 eingeführt werden. Als Grund führen die Konzerne
Produktions- und Entwicklungszeiten an, die schnellere Änderungen nicht
erlaubten.
Dem Zieljahr 2015 hatte sich auch der Berichterstatter im Europäischen
Parlament, der britische Liberale Chris Davies, angeschlossen. Allerdings
will er eine Verminderung auf 120 g CO2/km ohne die Anrechnung
zusätzlicher Einsparmaßnahmen, weiter sieht sein Änderungsvorschlag
6
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vor, bereits jetzt für das Jahr 2020 einen Grenzwert von 95 g/km
festzulegen.
Die Mehrheit aus Sozialdemokarten und Konservativen im
Europaparlament hat sich mit der Automobillobby verbündet und für
eine spätere Einführung (2015) strenger C02-Grenzwerte für Autos
plädiert. Das Parlament spricht sich darüber hinaus für einen weniger
strengen Grenzwert (125 g/km) aus. Die Entschließung des EP
(15.1.2008) zum Expertenbericht über die Wettbewerbsfähigkeit der
Automobilindustrie (Cars21) zeigt bedenklich wenig Unterstützung für ein
klimapolitisch ambitioniertes Vorgehen.
3. Folgen für das Klimaschutzziel
Die Festlegung von CO2-Grenzwerten ist aus grüner Sicht die wichtigste
ordnungspolitische Maßnahme zur Reduzierung der Treibhausgase des
Pkw-Verkehrs. Berechnungen, die wir in Auftrag gegeben haben5, belegen,
dass mit diesem Beschluss die Reduktionspotentiale bei weitem nicht
ausgeschöpft werden. Folgende verschiedene Grenzwertvorschläge
wurden gegenübergestellt:
• Vorschlag der Kommission mit einem Wert von 130
g/km im Jahr 2012 [COM 2007]
• ACEA (European Automobile Manufacturers
Association) will 130 g/km erst im Jahre 2015
erreichen [ACEA 2007].
• EU-Parlamentarier Chris Davies (Berichterstatter) hat
in einem Draft-Report von dem Umweltausschuss im
EP einen Grenzwert von 120 g/km im Jahr 2015
und eine weiteren Grenzwertverschärfung im
Jahr 2020 auf 95 g/km vorgeschlagen [DAVIES
2007]
• Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen, die EP
Fraktion Greens/EFA und Umweltverbände fordern
einen Grenzwert im Jahr 2012 von 120 g/km und
eine Verschärfung auf 80 g/km im Jahr 2020
Das Kurzgutachten berechnet für diese vier verschiedenen Grenzwertvorschläge die CO2-Minderungspotenziale bezogen auf eine
Trendfortschreibung für die Jahre 2015 und 2020 (in der EU-15).
In den folgenden Abbildungen finden sich die CO2-Minderungspotenziale
der unterschiedlichen Grenzwertvorschläge gegenüber einem Business as
usual-Szenario (EU KOM, Automobilverband ACEA, Berichterstatter
Davies, Grüne).
5
Ein Kurzgutachten des Ökoinstituts im Auftrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen
Bundestag hat für die Jahre 2015 und 2020 erhebliche Unterschiede bei den CO2-Einsparungen immer bezogen auf die EU 15 - zwischen den unterschiedlichen Grenzwertmodellen ermittelt.
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CO2-Minderungspotenziale gegenüber dem BaU-Szenario
Grenzwertvorschläge im Überblick
100
CO2-Minderungspotenzial [Mt]
90
80
70
COM
ACEA
DAVIES
GRÜNE
60
50
40
30
20
10
0
2015
2020
CO2-Minderungspotenziale der verschiedenen Grenzwertvorschläge gegenüber
dem Business as usual-Szenario
Ergebnisse:
•
•
•
Grenzwerte für die CO2-Emissionen neu zugelassener Pkw können –
wenn sie ambitioniert ausgestaltet sind - einen deutlichen Beitrag zur
Absenkung der CO2-Emissionen des Transportsektors leisten – 90 Mio.
Tonnen in 5 Jahren.
Wird bereits jetzt – wie im Vorschlag von Davies und der Grünen – eine
Fortschreibung der Grenzwerte mit einbezogen, so liegt das CO2Minderungspotenzial im Jahr 2020 deutlich höher.
Allerdings dürfen neben der Einführung von Grenzwerten für neu
zugelassene Pkw Maßnahmen bezogen auf fahrzeugspezifische
Minderungen, Verkehrsverlagerung und –vermeidung sowohl im Güterals auch im Personenverkehr keinesfalls vernachlässigt werden. Nur
wenn alle Maßnahmen im Transportsektor integriert verfolgt werden,
können die für einen erfolgreichen Klimaschutz erforderlichen CO2Minderungen erreicht werden.
Mit Blick auf die CO2-Emissionen des Transportsektors in der EU-15
ergeben sich folgende prozentuale Minderungspotenziale:
2015
2020
•
COM
2,3 %
3,5 %
ACEA
1,0 %
1,8 %
DAVIS
2,2 %
5,6 %
GRÜNE
4,5 %
9,4 %
Geringstes Reduktionspotenzial beim ACEA-Vorschlag (Verschiebung
des Einführungszeitpunkts des 130-Gramm-Grenzwerts auf 2015 und
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der Verzicht auf die Festlegung eines Grenzwertes für 2020) lediglich
rund 10 Mio. t CO2 in 2015 und 18 Mio. t CO2 in 2020
•
Der VO-Vorschlag der EU-Kommission erbrächte gegenüber ACEA eine
mehr als doppelt so hohe Verminderung (23 Mio. t in 2015 und 35 Mio.
t in 2020)
•
Chris Davies liegt (im Jahr 2015 bei 22 Mio. t und im Jahr 2020 mit 57
Mio. Tonnen) deutlich über dem Vorschlag der Kommission, weil sich
ein schon heute festgesetzter Grenzwert für das Jahr 2020 positiv auf
die Senkung der CO2-Emissionen nach 2015 auswirkt
•
Das größte Minderungspotenzial wird mit dem grünen Vorschlag (120
g/km ab 2012 und 80g/km in 2020) erreicht: 45 Mio. Tonnen schon im
Jahr 2015 und 95 Mio. t im Jahr 2020
FAZIT: Aufsummiert liegen die Einsparpotenziale zwischen 2008 – 2020
bei:
•
Grüne 521 Mio. Tonnen CO2
•
EU KOM 239 Mio. Tonnen CO2
•
ACEA nur 106 Mio. Tonnen CO2
•
Bei Aufweichung des Grenzwerts für Fahrzeughersteller von 120
Gramm auf 130 Gramm wird die CO2-Minderung im Jahr 2015
annähernd halbiert.
•
Die Verschiebung der Grenzwerteinführung von 2012 auf 2015 führt
ebenfalls fast zu einer Halbierung des Potenzials.
•
Der Verzicht auf die Benennung eines Grenzwerts für das Jahr 2020
senkt das CO2-Minderungspotenzial nach 2015, da die Hersteller dann
versucht sein könnten, weniger konsequent weiter den Verbrauch zu
mindern.
•
Eine Verschiebung, ein schlechterer Grenzwert und der Verzicht auf
einen Folgegrenzwert gemäß Vorschlag des ACEA führen 2015 zu
einem CO2-Minderungspotenzial von weniger als einem Drittel
gegenüber dem grünen Vorschlag
9