Vortrag von Prof. Dr. Harald Lesch

Vom richtigen Maß
Was man zur Kenntnis nehmen muss
Prof. Dr. Harald Lesch
Sternwarte der LMU München
&
Hochschule für Philosophie (SJ)
Von 1880 bis 2012 ist die bodennahe Lufttemperatur um 0,85 (0,65-1,06) °C
angestiegen
Die Gebirgsgletscher und das Grönland-Eis sind seit 1971 bzw. 1992
verstärkt zurückgegangen. Die Ozeanerwärmung hält an.
Die global gemittelte Meeresspiegelhöhe ist von 1901 bis 2010 um 19
(±2) cm angestiegen.
Seit ca. 1970 haben sich die Landgebiete deutlich rascher erwärmt als der
Ozean (SST). Parallel dazu Zeit hat sich der Wärmegehalt im oberen Ozean
(0-700 m) erhöht. An der at-mosphär. Erwärmung nimmt die gesamte
Troposphäre teil.
Kernaussagen
Das arktische Meereis hat seit ca. 1970 hinsichtlich des
Sommer-Minimums (September) um 9-14% pro Dekade
abgenommen.
Kernaussagen
Im Vergleich
mit den
letzten ca.
1000 Jahren
ist der
jüngste
Temperaturanstieg ein
neuartiger
Effekt.
Modelle
weisen auf
eine dominante Rolle
der Treibhausgase
hin.
Kernaussagen
1958-2011
Mauna Loa
South Pole
Die globale CO2-Emission (fossile Energieträger, Zementproduktion) hat 2011 → 9,5 (8,7-10,3) GtC (35 GtCO2, 54 %
über dem 1990-Niveau) erreicht, die atmosphär. CO2Konzentration 391 ppm (CH4 1,803 ppm, N2O 324 ppb).
Kernaussagen
Seit 1750
dominiert der
Strahlungsantrieb durch
Treibhausgase (positiv)
und sekundär
durch Aerosole (negativ)
immer mehr.
Natürliche
Vorgänge (z.B.
Sonnenaktivität) spielen
(langfristig)
eine untergeordnete
Rolle.
Land Use Change
Atm CO2
Mil0001 control
Land-use change induced transfer of C from the land biosphere to the
ocean and the atmosphere:
best guess land-use change run: 7.5 PgC (3.5 ppm) in the period 8001750
(PhD Thesis Julia Pongratz, MPI-M)
Kernaussagen
All forcing
„Der menschliche Einfluss
ist mit extrem hoher Wahrscheinlichkeit* die dominante Ursache der beobachteten [globalen und
bodennahen] Erwärmung
seit der Mitte des 20. Jahrhunderts.“
* > 95%
Natural forcing only
Die dem weitgehend anthopogenen Langfristtrend überlagerten
relativ kurzfristigen natürlichen
Temperatursignale sowie die
interne Variabilität gehen über
eine Amplitude von ca. ± 0,1 °C
kaum hinaus.
Kernaussagen
Auswahl weiterer wichtiger Aussagen:
• Die Klimasensitivität (Gleichgewichtsreaktion auf eine
CO2-Verdoppelung gegenüber dem vorindustriellen
Niveau) wird auf 1,5 - 4,5 °C geschätzt (AR4: 2,0-4,5 °C).
• Der global gemittelte Meeresspiegelanstieg bis 2100
wird je nach Szenario auf 26-82 cm projektiert, könnte
jedoch auch deutlich höher liegen.
• Projektionen der arktischen Meereis-Ausdehnung zeigen
ein fast völliges Verschwinden um 2050 an.
• Ein Kollaps der atlantischen Umwälzzirkulation (Golf-/
Nordatlantikstrom) gilt in diesem Jahrhundert als
unwahrscheinlich, kann im Weiteren aber nicht
ausgeschlossen werden.
Droht 2020 der Klima-Kollaps?
Klima-Horror: Wie gehen wir mit der Angst um?
Der Mensch ist schuld, wenn unsere Erde stirbt
Mücken, Zecken, Ratten
Verbreitung von
Krankheitsüberträgern wegen
Klimawandel befürchtet
Hochwasser, Hitze, Dürre - Klimachaos kostet Milliarden
Merkmale des Klimawandels erschweren Bewertung
•
•
•
•
Sinnlich nicht wahrnehmbar
Unbestimmt und uneindeutig
Genaue Auswirkungen sind unklar, besonders auf lokaler Ebene
Kontroverse öffentliche Diskussionen
• Folge der Ungewissheit: Bewertung hängt stark von
individuellen Faktoren ab:
•
•
•
•
Werte und Motivlagen
Meinungen und Einstellungen
Wissensstrukturen
Soziale Zugehörigkeit
• Möglichkeit der Einflussnahme erscheinen den
Einzelnen oft sehr begrenzt
• Klar machen, dass nur koordiniertes kollektives Handeln
rund um die Welt das Ausmaß begrenzen und die
Folgen mildern oder kontrollierbar machen kann
• Beteiligen kann sich jeder – sei es durch Energiesparen
im Haushalt, weniger Auto fahren, durch Spenden an
relevante Akteure oder durch politische Aktivitäten
• Wesentliche Voraussetzung: Vertrauen
– In Mitmenschen und Akteure
– In die Wirksamkeit und Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns
Natursphäre - Anthroposphäre
Täter & Opfer
www.faszination-regenwald.de u. a.
Veränderungen der natürlichen
Rahmenbedingungen des Ökosystems
Erde durch menschliche Aktivitäten im
20. Jahrhundert
Anstieg der Konzentration
Von Treibhausgasen 1000-2000
Der Mensch macht sich auf
und bemerkbar
Steffen et al. 2004:
Global Change and the Earth System
www.igbp.kva.se
Fluglinien
Die heutige Lage
„Ich habe das Gefühl,
auf der Titanic im Poker
gewonnen zu haben!“
DIE LAGE
Kühlschränke
Vom
grandiosen Scheitern der Entkopplungsstrategie
groß wie ein Kleiderschrank: effiziente Verschwendung?
Kühlschrank:
Komfort frisst Effizienzfortschritt auf!
Quelle: Wuppertal Institut
VW Käfer 1955
730 kg, 30 PS
110 km/h
7,51/100km
VW New Beetle 2005
1200 kg, 75 PS
160 km/h,
7,1 l/100km
Welche Experimente
können wir uns leisten?
Die Natur lässt nicht mit sich
verhandeln
 wir müssen bis 2050 weit unter
2 Grad (1,5 Grad) bleiben
 gleichzeitig wollen dann ca.
9 Milliarden Menschen Wohlstand
und Entwicklung
Ivan vor Florida
Klimawandel und Quantenmechanik
𝑚
EBindung= 𝑚 𝑒 𝛼 2 𝑚𝑒 𝑐 2
𝑝
𝑒2
𝛼=
ħ𝑐
Elektromagnetische Feinstrukturkonstante
Aufnahme und Abgabe von Energie im Infraroten → Quantenmechanik
Klimawandel als doppelte Herausforderung
Das Unvermeidbare
bewältigen:
Das Unbewältigbare
vermeiden:
Anpassung an die nicht
mehr vermeidbaren
Konsequenzen des
Klimawandels
Drastische Verringerung der
Treibhausgasemissionen,
um einen in großem
Maßstab gefährlichen
Klimawandel abzuwenden
Klimawandel als Bedrohung für Armutsbekämpfung
Nachhaltige Armutsbekämpfung als Grundlage für
Anpassungsstrategien
Das Unbewältigbare vermeiden:
Gefährlichen Klimawandel abwenden durch Verringerung der
Treibhausgasemissionen
 Weltweite Temperaturerhöhung sollte 2°C nicht überschreiten
 Mindestziel bis 2050: -50% THG-Emissionen weltweit, -80% in
Industrieländern (gegenüber 1990)
 Zwischenschritt: Industrieländer –30% bis 2020, Einstieg der
Schwellenländer in Klimaschutz
 Deutschland sollte sich zu –40% bis 2020 verpflichten
 Ab 2015 sollten die globalen Emissionen zurückgehen
Treibhausgas-Emissionsziel
1990
2008-12
2020
(1. Verpflichtungsperiode
des Kyoto-Protokolls)
2050
2100
Wider den Fatalismus:
das Klima der Zukunft kann heute beeinflusst werden
„Jetzt können wir noch das Strafmaß – das Ausmaß der Schäden –
beeinflussen. Es lohnt sich, um jedes Grad, ja jedes Zehntel Grad
Temperaturerhöhung zu kämpfen.“
Prof. Dr. Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam Institut für
Klimafolgenforschung (PIK) und Klimaberater der dt. Bundesregierung
Das Unvermeidbare bewältigen: Anpassung an den Klimawandel
•
Notwendigkeit, die Herausforderungen durch den Klimawandel in
Entwicklungsprojekte und –strategien zu integrieren („angepasste
Entwicklung“);
•
Hauptziel: Verringerung der Vulnerabilität der Ärmsten
•
Nationale Aktionspläne zur Anpassung als erste politische Rahmenwerke
in Entwicklungsländern;
•
Verantwortung der Regierungen der Entwicklungsländer: die
Hauptbetroffenen in den Fokus der Anpassung stellen
•
der Klimawandel verursacht zusätzliche Kosten für die Entwicklungsländer
in mindestens zweistelliger Milliardenhöhe (jährlich);
•
Verursacherprinzip: Verantwortung der Industrieländer zur Unterstützung
der Entwicklungsländer bei der Anpassung, insbesondere finanzieller Art;
•
Einführung zusätzlicher Finanzinstrumente notwendig: z.B. Kerosinsteuer,
Versteigerung von Zertifikaten im europäischen Emissionshandel.
Handlungsmöglichkeiten
1. Rolle der Regierungen (v.a. Industrieländer):
- Rahmenbedingungen so setzen, dass Klimaschutz im großen
Maße wirtschaftlich attraktiv ist
- langfristige und ehrgeizige CO2-Minderungsziele national und
global beschließen
- wirkungsvolle Mechanismen für die die Finanzierung von
Anpassungsmaßnahmen schaffen bzw. weiterentwickeln
2. Rolle der Zivilgesellschaft/Entwicklungszusammenarbeit
- gemeinsam mit Partnern Auswirkungen des Klimawandels auf
Projektvorhaben analysieren
- Katastrophenvorsorge und Anpassungsstrategien integrieren
- sich für eine starke Klimapolitik im Sinne der besonders durch
den Klimawandel Betroffenen engagieren
- „Klimapolitik im eigenen Haus“ umsetzen und öffentlich
sensibilisieren: Grüner Strom, Kompensation von Flügen,
Energiesparen
- In Bündnissen Druck auf die Politik ausüben für
Klimagerechtigkeit
Handlungsmöglichkeiten
3. Rolle der Wirtschaft und des Finanzmarktes:
- sich in der Öffentlichkeit und gegenüber der Politik deutlich für
konsequenten Klimaschutz engagieren
- Klimarisiken- und Chancen für Geschäftsfelder identifizieren und
Anpassungsstrategien entwickeln
- an der Erarbeitung von öffentlich-privaten Versicherungslösungen
für die besonders durch den Klimawandel betroffenen Menschen in
Entwicklungsländern mitwirken
4. Rolle der Kommunen:
- Informations- und Förderprogramme zu Klimaschutzmaßnahmen für
die eigene Bevölkerung
- öffentliche Beschaffung orientiert an Klimaschutz und
entwicklungspolitischen Aspekten (z.B. Fairer Handel)
- „Kompensation“ von nicht-vermeidbaren Emissionen (z.B.
Flugverkehr)
Handlungsmöglichkeiten
Rolle des Einzelnen:
Deutschland heute: 10 t CO2 pro
Person und Jahr
Langfristig klimagerechtes
Jahresbudget eines Erdenbürgers:
2 t CO2 pro Jahr
- grünen Strom beziehen
- beim Neukauf von Elektrogeräten
besonders effiziente Modelle
kaufen
- Flugreisen weitestgehend
vermeiden oder kompensieren
- durch nachhaltige Geldanlagen
Mikrokreditsysteme und
Klimaschutztechnologien
unterstützen
Quelle: Barthel 2006: Der „European Way of Life“ – Konsumenten können die CO2-Bilanz erheblich beeinflussen.
The Launch of "THE LUXURY ANNUAL" – 2013
The Ethics of Luxury
Dear Members, For the fourth year running, Luxury Society has partnered
with the International Herald Tribune's prestigious luxury summit, to bring
our membership together and discuss the most pressing issues in our
industry.
This year's event will explore the potential of Africa as a luxury consumer
and producer, as well as the impact of Chinese investment on the region
and how geopolitical and economic shifts are affecting our industry.
Zwei Dimensionen einer Postwachstumsökonomie
Maßlosigkeit
Suffizientere Konsumansprüche
Befreiung von Ballast
Entschleunigung
Wiedererlangung ökonomischer Souveränität:
Balance zwischen Eigen- und Fremdversorgung
?
?
Askese
Neue Kombinationen aus
Eigen- und Erwerbsarbeit
„So lokal/regional wie möglich, so global wie nötig.“
Fremdversorgung
durch Erwerbsarbeit
Selbstversorgung
durch Eigenarbeit
Lokale Selbstversorgung
Regionalwährungen
Konsum auf Basis
der globalisierten
Geldwirtschaft