Inside Heilberuf Werte, Ziele, Wünsche – eine Studie der apoBank Intro Die Gesundheitsversorgung in unserem Land steht angesichts des gesellschaftlichen Wandels vor einigen Herausforderungen: Wie viele andere Berufsgruppen, werden auch Mediziner und Pharmazeuten den Fachkräftemangel und den Trend zur Teilzeitbeschäftigung zunehmend spüren. Zugleich steigt mit der Morbidität in unserer alternden Gesellschaft die Nachfrage nach medizinischen Leistungen. Kurzum: Die Lücke zwischen Versorgungsangebot und -nachfrage klafft auseinander. Der Nachwuchs an Apothekern, Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten wird damit immer kostbarerer. Wir brauchen attraktive Berufsbilder, die qualifizierte, engagierte Köpfe anziehen und ihnen die Entwicklungsperspektiven bieten, die sie sich vorstellen. Eine vordringliche Aufgabe aller Akteure des Gesundheitswesens ist es daher, ein Umfeld zu gestalten, in dem Heilberufler gerne arbeiten und - ganz wichtig auch ihre Lebensentwürfe verwirklichen können. Die apoBank begleitet Apotheker, Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte individuell über viele Lebensphasen hinweg. Nun hat sie mit ihrer neuen Studie Inside Heilberuf einen repräsentativen Querschnitt erhoben: Welche Werte treiben angehende und berufstätige Heilberufler an? Welche Herausforderungen im Gesundheitssystem sehen sie? Womit sind sie zufrieden, unzufrieden? Wo möchten sie leben und ar- beiten? Vor welchen Schritten stehen sie beruflich oder privat? Und: Würden sie ihre Berufswahl weiterempfehlen? Das Ergebnis ist eine aufschlussreiche Selbsteinschätzung der Heilberufler. Die Studie liefert damit wertvolle Hinweise für die Gestaltung unseres Gesundheitswesens, denn die Protagonisten haben klare Prioritäten und Vorstellungen für die Ausübung ihres Berufes. Schauen Sie rein und erfahren Sie, was Ärzte, Zahnärzte und Apotheker heute bewegt. Ihr Ulrich Sommer Stellvertretender Vorsitzender des Vorstands Deutsche Apotheker- und Ärztebank 02 | 22 Inhaltsverzeichnis Was ist wichtig im Leben? Zufriedenheit mit der beruflichen Situation Familie und Partnerschaft von höchstem Wert................................................................. 04 Die Stimmung ist gut: Die Mehrheit ist zufrieden .............................................................. 1 5 Heilberufler aus Berufung.................................................................................................. 05 Eine Frage des Alters? .........................................................................................................1 6 Zahnärzte zeigen sich unternehmerisch und innovativ..................................................... 06 Frauen leben nachhaltiger, Männer innovativer..................................................................07 Weiterempfehlung des Berufs Apotheker zögerlich ............................................................................................................ 1 7 Was haben Heilberufler in den nächsten Jahren vor? Angestellt oder Chef? Klinik oder Ambulanz?.................................................................... 08 Stadt oder Land: Wo möchten Sie leben, wo arbeiten? Kittel und Kinder................................................................................................................. 09 Kleine und mittlere Städte bevorzugt ............................................................................... 1 8 Wünsche für den beruflichen Alltag Gesundheitswesen – Wo gibt es Handlungsbedarf? Mehr Zeit für den Patienten ................................................................................................ 10 Bürokratie ist Reizthema Nummer eins .............................................................................1 9 Ein Ruf nach mehr Entscheidungsfreiheit .......................................................................... 1 1 Selbständige bangen um den Nachwuchs ........................................................................ 20 Apotheker stellen Aufholbedarf bei Einkommen fest......................................................... 12 Größte Bürokratielast bei Zahnärzten und Apothekern ....................................................21 Frauen sehen mehr Optimierungspotenzial ....................................................................... 13 Methodik ............................................................................................................................ 22 Wünsche der Studierenden für ihren Beruf Patientenorientierung und Flexibilität im Fokus.................................................................1 4 Familie und Partnerschaft von höchstem Wert Die Ergebnisse sind eindeutig: Familie und Partnerschaft gehen akademischen Heilberuflern über alles. Kein anderer Bereich erhält bei der Frage danach, was für den eigenen Lebensstil am wichtigsten ist, solch hohe Zustimmungswerte wie das Familienleben. Wohlstandskriterien und die berufliche Karriere gehören zu den nachrangigen Bereichen, ein repräsentativer Lifestyle spielt für die Heilberufler kaum eine Rolle. Insgesamt sind die ideellen Werte wichtiger als die materiellen – vorausgesetzt, die finanzielle Sicherheit und Altersvorsorge sind geregelt. 04 | 22 Heilberufler aus Berufung Menschen heilen und helfen zählt zu den wichtigsten Anliegen der Heilberufler. Für Studenten hat es sogar die oberste Priorität und rangiert noch vor Familienleben/Partnerschaft und finanzieller Sicherheit. Für angestellte Heilberufler ist die Bedeutung der Freizeit etwas höher als für Selbständige und Studenten. Doch auch wenn unterschiedlich gewichtet, bleiben die fünf wichtigsten Themen für alle drei Gruppen gleich. Wenig Interesse dagegen zeigen berufstätige Heilberufler an beruflichen oder privaten Auslandsaufenthalten, allerdings würde jeder vierte Student zumindest zeitweise gerne im Ausland leben bzw. arbeiten. 05 | 22 Zahnärzte zeigen sich unternehmerisch und innovativ Die Berufliche Karriere hat im Vergleich der Berufsgruppen für Zahnärzte die höchste Relevanz, sie zeigen auch deutlich mehr Unternehmergeist und Offenheit gegenüber dem technologischen Fortschritt und Innovationen. Darüber hinaus messen sie der Vermögensbildung und dem Eigentum vergleichsweise höhere Bedeutung bei, doch auch für sie spielen diese materiellen Werte insgesamt keine vorrangige Rolle. Finanzielle Sicherheit und Altersvorsorge schaffen Stabilität und Freiräume für andere Lebensbereiche. Das hat für die Apotheker eine vergleichsweise hohe und für die Allgemeinärzte eine eher geringe Relevanz. Einig sind sich beide Berufsgruppen bei der Gewichtung von Freizeit, sie messen ihr eine höhere Bedeutung bei als Fachärzte und Zahnärzte. 06 | 22 Frauen leben nachhaltiger, Männer innovativer Zwischen den Geschlechtern herrscht weitgehend Einigkeit über die wichtigsten Themen. Erwartungsgemäß zeigen sich Männer etwas technikaffiner als Frauen, die dem Umweltschutz und einem nachhaltigen Lebensstil mehr Bedeutung beimessen als dem technologischen Fortschritt und Innovationen. Materielle Werte wie hohes Einkommen, hoher Lebensstandard oder Eigentum haben für Frauen vergleichsweise weniger Relevanz als für Männer. Auch ihre berufliche Karriere, insbesondere aber unternehmerische Tätigkeit haben männliche Heilberufler stärker im Fokus. 07 | 22 Angestellt oder Chef? Klinik oder Ambulanz? Nach den Plänen in den kommenden drei Jahren gefragt, nennt jeder vierte Angestellte einen Stellenwechsel oder einen Karrieresprung, jeder fünfte könnte sich einen Schritt in die Selbständigkeit vorstellen. Viele der niedergelassenen und damit eher älteren Heilberufler haben diese Karriereschritte schon hinter sich: Unter den befragten Selbständigen bereitet sich gerade ein Drittel auf den Ruhestand vor, fast jeder Vierte plant die Abgabe beziehungsweise Schließung der eigenen Praxis/Apotheke. 08 | 22 Kittel und Kinder Immer mehr Frauen ergreifen den Heilberuf, naturgemäß haben sie Familiengründung und Kindererziehung stärker im Fokus. Dabei stehen sie in ihren beruflichen Ambitionen den männlichen Kollegen nicht nach: Der Anteil der Heiberuflerinnen, die sich in den nächsten drei Jahren auf einen Stellenwechsel oder einen beruflichen Karrieresprung wie beispielsweise den Facharztabschluss - vorbereiten, ist sogar etwas höher. Längere Auszeiten oder Sabbaticals gehören für beide Geschlechter nur selten zu den Vorhaben in naher Zukunft. 09 | 22 Mehr Zeit für den Patienten Für Heilberufler bedeutet die tägliche Arbeit neben Patientenbehandlung auch Dokumentation und Verwaltungsaufgaben, und genau hier spüren sie offenbar ein starkes Ungleichgewicht: Neben Einkommen sind mehr Zeit für den Patienten, aber weniger Bürokratie und staatliche Regulierung die vorherrschenden Wünsche für den heilberuflichen Alltag. Ganz oben auf der Wünscheskala stehen auch Unabhängigkeit bei beruflichen Entscheidungen sowie freie und flexible Arbeitszeitgestaltung. Beide Kriterien zeugen vom Bedürfnis nach mehr beruflicher Autonomie und Entscheidungsfreiheit. 10 | 22 Ein Ruf nach mehr Entscheidungsfreiheit Die Entscheidung für eine Niederlassung wird häufig vom Wunsch nach mehr Freiräumen im beruflichen Alltag begleitet. Daher ist Unabhängigkeit bei beruflichen Entscheidungen für selbständige Heilberufler eine wesentliche Rahmenbedingung, die aber offensichtlich nicht ausreichend gegeben ist. Bei angestellten Heilberuflern kristallisiert sich ein ähnliches Bild heraus. Sie sehen allerdings mehr Nachholbedarf beim Einkommen, bei der Zeit für den Patienten/Kunden sowie bei freier/flexibler Arbeitszeitgestaltung. Den größten Bedarf haben die durchschnittlich jüngeren Angestellten an Fort- und Weiterbildung. 11 | 22 Apotheker stellen Aufholbedarf bei Einkommen fest Honorare sind bei den Heilberuflern durch eine gesetzlich vorgegebene Struktur geregelt. Die vorliegenden Werte zeigen im Vergleich, wie die aktuelle Einkommenssituation in den jeweiligen Berufsgruppen wahrgenommen wird: So sind die Allgemeinmediziner mit ihrem Einkommen relativ zufrieden, während die Apotheker hier den größten Nachholbedarf sehen. Bei genauerer Betrachtung der Antworten zu digitalen Anwendungen offenbart sich eine geteilte Meinung unter den Befragten: Etwa ein Drittel der Allgemeinärzte wünscht sich mehr innovative digitale Leistungen und mehr digitales Datenmanagement, während ein weiteres Drittel lieber weniger davon hätte. Diese heterogene Situation zeigt sich ebenso bei anderen Berufsgruppen, doch sowohl bei Fachärzten als auch bei Zahnärzten und Apothekern überwiegt deutlich der Wunsch nach mehr Digitalisierung. 12 | 22 Frauen sehen mehr Optimierungspotenzial Im Vergleich haben beide Geschlechter grundsätzlich ähnliche Prioritäten. Doch in einigen Bereichen ist der Wunsch bei den durchschnittlich jüngeren Frauen ausgeprägter, dazu gehören Einkommen, freie/flexible Arbeitszeitgestaltung sowie Fort- und Weiterbildung. Den Einfluss der Gesundheitspolitik und der staatlichen Regulierung auf die Berufsausübung sehen Frauen zwar weniger kritisch als ihre männlichen Kollegen, mit insgesamt hohen Werten sind sich aber beide Geschlechter einig, dass hier Optimierungsbedarf besteht. 13 | 22 Patientenorientierung und Flexibilität im Fokus Genug Zeit für den Patienten/Kunden zu haben steht eindeutig im Fokus angehender Heilberufler. Und weil auch für sie Familienleben zu den wichtigsten Werten zählt, legen die Studierenden großen Wert auf genug Freiheit und Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung – das ermöglicht Privates und Berufliches in Einklang zu bringen. Zu den drei wichtigsten Anliegen für die berufliche Zukunft gehört auch die Fort- und Weiterbildung, während ein hohes Einkommen erst mit Abstand an vierter Stelle folgt. 14 | 22 Die Stimmung ist gut: Die Mehrheit ist zufrieden Die Zufriedenheitswerte sind auch ein Barometer dafür, wie gut die Rahmenbedingungen sind, um die eigenen Vorstellungen und Wünsche verwirklichen zu können. Die Noten sind gut: Durchschnittlich 6 von 10 der befragten Heilberufler sind mit ihrer beruflichen Situation (äußerst) zufrieden. Die Betrachtung der Geschlechter offenbart eine leicht positivere Stimmung bei den Frauen. 15 | 22 Eine Frage des Alters? Je älter desto unzufriedener? So sieht es zumindest bei den befragten Heilberuflern aus: Die Werte sinken über den Status „studierend“, „angestellt“ beziehungsweise „selbständig/niedergelassen“ deutlich ab, korrelierend mit dem zunehmenden Alter: Zwei Drittel der befragten Selbständigen sind 50 Jahre und älter, fast jeder Vierte sogar über 60. Anders bei den befragten Angestellten: Im Durchschnitt sind sie um 13 Jahre jünger als die Selbständigen, und fast jeder Vierte ist unter 30 Jahre alt. 16 | 22 Apotheker zögerlich Der Vergleich nach Berufsgruppen zeigt nur geringe Unterschiede bei der Zufriedenheit mit der beruflichen Situation. Auffallend ist jedoch, dass nur ein Drittel der Pharmazeuten seinen Beruf wirklich weiterempfehlen würde. Das deutet auf eine gewisse Verunsicherung hin, wie sich der Apothekenmarkt künftig entwickeln wird. Optimistisch für den Nachwuchs blicken vor allem die Allgemeinärzte in die Zukunft: Mehr als zwei Drittel würden ihre Profession weiterempfehlen. 17 | 22 Kleine und mittlere Städte bevorzugt Es macht einen Unterschied, ob man als Heilberufler auf dem Land leben oder arbeiten möchte: 14 Prozent der Befragten würden gerne auf dem Land wohnen, aber nur die Hälfte davon würde dort auch gerne dem Beruf nachgehen. Städte mittlerer Größe werden bevorzugt, sei es zum Leben oder zum Arbeiten. Studenten können sich am wenigsten für das Land begeistern, sie präferieren die Großstadt: Gut jeder Zweite möchte dort leben und auch dort arbeiten. Auf dem Land dagegen wollen lediglich 9 Prozent der Studenten leben, und nur noch 3 Prozent arbeiten. 18 | 22 Bürokratie ist Reizthema Nummer eins Dass die meisten Heilberufler sich in der Berufsausübung durch Dokumentation und Verwaltungsarbeit stark vereinnahmt fühlen, haben sie bereits bei den Wünschen für den beruflichen Alltag zum Ausdruck gebracht. Wie vorrangig für sie das Problem ist, zeigt zusätzlich die Frage nach den Herausforderungen im Gesundheitswesen: Bürokratischer Aufwand im Berufsalltag sowie staatliche Regulierungen und Budgetierung bei der Patientenversorgung stehen aus Sicht der Heilberufler hier ganz oben auf der Agenda. Andererseits sind die Sicherung des Gesundheitswesens als Solidarsystem sowie der Kosten-Nutzen-Vergleich der medizinischen Leistungen den Heilberuflern wichtige Anliegen und zählen ihrer Meinung nach zu den fünf vorrangigen Aufgaben im Gesundheitswesen. 19 | 22 Selbständige bangen um den Nachwuchs Der Trend zur Anstellung in Heilberufen führt dazu, dass sich die Nachfolgersuche für Praxen und Apotheken zunehmend schwierig gestaltet. So sehen insbesondere die im Durchschnitt älteren Selbständigen die Attraktivität der Heilberufe in Gefahr. Für Studierende ist das Thema erwartungsgemäß kaum von Belang, schließlich haben sie sich gerade erst für diesen Beruf entschieden. Im Internetzeitalter aufgewachsen, richten sie ihren Fokus vielmehr auf die durch das Netz selbstinformierten Patienten und den Datenschutz – bei beiden Entwicklungen sehen sie vergleichsweise mehr Handlungsbedarf als berufstätige Heilberufler. Trotz geringer Erfahrung im Arbeitsalltag, gewichten Studierende den bürokratischen Aufwand fast genauso wie die Selbständigen und Angestellten. 20 | 22 Größte Bürokratielast bei Zahnärzten und Apothekern Eine Gegenüberstellung der einzelnen Heilberufe zeigt, dass die Belastung durch Bürokratie und staatliche Regulierung unterschiedlich stark empfunden wird: Fachärzte sehen ihre Arbeit dadurch weniger beeinträchtigt als Zahnärzte und Apotheker. Die aktuell viel diskutierte Vernetzung der ambulanten und stationären Versorgung ist insbesondere für Allgemeinund Fachärzte von Bedeutung, entsprechend wird das Thema von ihnen als Herausforderung höher eingestuft. In der Praxis bedeutet das einen Bedarf an neuen sektorenübergreifenden Modellen. Um die Attraktivität des jeweiligen Berufsstandes sorgen sich vor allem Apotheker und Allgemeinärzte. Zahnärzte sehen in diesem Bereich weniger Handlungsbedarf. 21 | 22 Methodik Für die Studie Inside Heilberuf wurden im Auftrag der Deutschen Apotheker- und Ärztebank 500 Heilberufler durch das Institut DocCheck Research befragt. Der Online-Umfrage lag eine randomisierte Stichprobenziehung zugrunde, quotiert nach Berufsgruppen und Beschäftigungsverhältnis der Berufstätigen (50 Prozent angestellt, 50 Prozent selbständig). Impressum Stichprobe: 500 Heilberufler, davon: - 100 APIs: Allgemeinmediziner, Internisten ohne Schwerpunkt und praktische Ärzte (hier unter Allgemeinärzte zusammengefasst) - 100 Fachärzte - 100 Zahnärzte - 100 Apotheker - 100 Studierende (ab 6. Semester; Humanmedizin, Pharmazie, Zahnmedizin) Feldzeit: 3. August – 2. September 2016 Region: Deutschland Herausgeber Deutsche Apotheker- und Ärztebank eG Richard-Oskar-Mattern-Straße 6 40547 Düsseldorf V.i.S.d.P. Claudia Finke Redaktion und Projektleitung Anita Widera Studienleitung Anja Wenke, DocCheck Research, Köln Gestaltung Statista GmbH, Hamburg
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