Finanzierung von Iran-Geschäften gut vorbereiten

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Ausgabe 2 | 8. März 2017
Finanzierung von Iran-Geschäften gut vorbereiten
Geschäfte mit Iran-Bezug sind und werden auf absehbare Zeit eine Herausforderung bleiben. Eine sorgfältige (rechtliche) Prüfung ist
bei allen diesen Geschäften unumgänglich. Im Folgenden sollen aber zwei Einzelaspekte beleuchtet werden, die bei der Entscheidung für die Durchführung eines Exports in den Iran helfen können. Zum einen ist das eine genaue Analyse des Snap-back-Risikos,
zum anderen die Absicherungsmöglichkeit politischer und wirtschaftlicher Risiken durch Exportkreditgarantien des Bundes.
Handels mit dem Iran. Später wurden
diese Prognosen relativiert, und regelmäßig wird auf das Snap-back-Risiko verwiesen, das eine zügige Geschäftsaufnahme
verhindere und das häufig mit einem Hinweis auf die massiven Strafzahlungen von
(europäischen) Banken an die US(Strafverfolgungs-)Behörden illustriert
wird. Die Erwartungen, dass das Iran-
Geschäft schnell boomen würde, haben
sich bislang nicht erfüllt. Zwar stiegen laut
Statistischem Bundesamt die Exporte
2016 im Schnitt um über ein Viertel im
Vergleich zum Vorjahr. Das Potential ist
allerdings um ein Vielfaches höher. Das
zeigen die Handelsvolumina mit dem Iran
vor Inkrafttreten der Sanktionen.
Snap-back-Risiko
© tostphoto/iStock/Thinkstock/Getty Images
Seit dem Implementation Day (16. Januar
2016), mit dem die Lockerung von Sanktionen gegenüber dem Iran eingeleitet
wurde, sind zahlreiche Publikationen veröffentlicht worden, die die Änderungen
des (US-)Sanktionsrechts im Hinblick auf
den Iran beschreiben. Anfangs waren
diese oft noch euphorisch und vermuteten eine schnelle Wiederaufnahme des
Das Iran-Geschäft ist wieder angelaufen – die Details müssen aber weiterhin umfassend geprüft werden
Unter dem Snap-back-Risiko versteht
man das Risiko, dass – nach dem erfolglosen Durchführen des im Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) im Fall von
etwaigen Vertragsverletzungen vorgesehenen Streitbeilegungsmechanismus –
die seit dem Implementation Day aufgehobenen Sanktionen wieder eingeführt
werden. Diese könnten dann Auswirkungen auf bis dahin abgeschlossene
Geschäfte und Finanzierungen haben.
Sollte festgestellt werden, dass der Iran
seine Verpflichtungen aus dem JCPOA
nicht eingehalten hat und können die
Zweifel an der Vertragsverletzung nicht
innerhalb von 30 Tagen ausgeräumt wer-
Horst Hartwig
Rechtsanwalt, PwC
­PricewaterhouseCoopers AG
Wirtschaftsprüfungs­
gesellschaft
[email protected]
Marian Niestedt
Rechtsanwalt und Partner,
Graf von Westphalen
[email protected]
den, können die Sanktionen wieder eingesetzt werden, ohne dass der Sicherheitsrat einen neuen Beschluss darüber
fassen muss. Vielmehr treten die UN-Sanktionen automatisch wieder in Kraft, ohne
dass eines der ständigen Mitglieder des
UN-Sicherheitsrates (insbesondere Russland oder China) dies durch die Einlegung
eines Vetos verhindern könnte.
Die UN-Sanktionen treten dann nicht
automatisch wieder in Kraft, wenn der
UN-Sicherheitsrat ihre weitere Aussetzung beschließt. Dies jedoch kann seitens
eines ständigen Mitglieds des UN-Sicherheitsrats (z.B. der USA) durch die Einlegung eines Vetos verhindert werden. Bislang hält sich der Iran an seine Verpflichtungen aus dem JCPOA.
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Notwendige Verlängerung
von Waivern
Es können nicht nur Verstöße des Iran
gegen den JCPOA den Streitschlichtungsmechanismus und letztlich den Snapback auslösen. Es gibt darüber hinaus
auch unter dem JCPOA weitere Szenarien,
wie US-Sanktionen wieder Anwendung
finden. Die Exekutive in den USA hat
gemäß den Verpflichtungen im JCPOA zu
verschiedenen Sanktionsrechtsakten, den
Iran betreffend, sogenannte „Waiver“
erlassen (unter dem Iran Freedom and
Counterproliferation Act, dem National
Defense of Nation Act for Fiscal Year 2012,
dem Iran Threat Reduction and Syria
Human Rights Act of 2012 und dem Iran
Sanctions Act). Diese müssen in unterschiedlichen Abständen (zwischen 120
Tagen und sechs Monaten) erneuert werden. Wenn die Waiver nicht verlängert
werden, sind die obengenannten Rechtsakte gegebenenfalls wieder voll anwendbar, was der Iran wiederum als Verletzung
des JCPOA ansehen könnte, weshalb er
sich selbst möglicherweise nicht mehr an
die Übereinkunft gebunden fühlen würde
(vgl. Abs. 26 des JCPOA a.E.). Die nächsten
Waiver stehen im Mai 2017 zur Verlängerung an.
Was passiert im Fall
eines Snap-backs?
Im Falle des Snap-backs würden die UNund US-Sanktionen weitestgehend automatisch wiederaufleben, die Sanktionen
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der EU müssten durch einen Rechtsakt
der EU wieder in Kraft gesetzt werden.
Abs. 37 des JCPOA regelt allgemein, dass
die wiedereingeführten Sanktionen für
alle Verträge, die in der Zwischenzeit
geschlossen wurden, nicht rückwirkend
gelten. Der Erwägungsgrund 7 der EUVerordnung 2015/1862 führt dazu aus,
dass im Fall der Wiedereinführung von
restriktiven Maßnahmen der EU für einen
angemessenen Schutz der Ausführung
der (nach dem Implementation Day)
geschlossenen Verträge gesorgt werde.
Das erfolge im Einklang mit früheren,
zum Zeitpunkt der ursprünglichen Verhängung der Sanktionen geltenden
Bestimmungen.
Ähnlich beschreibt auch die „Information
Note zum JCPOA“ des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EEAS) vom 16. Januar
2016 die Haltung der EU. Dabei handelt
es sich um keine rechtlich verbindlichen
Normen, sondern nur um eine Absichtserklärung. Unklar ist beispielsweise auch,
ob von einem etwaigen Vertrauensschutz auch die Ausführung von Rahmenverträgen umfasst wäre. Es spricht
jedoch viel dafür, dass die EU im Fall einer
etwaigen Wiedereinführung von Sanktionen im Rahmen des Snap-back-Mechanismus Altvertragsklauseln vorsehen
würde.
Die Haltung der USA
Anders als das EU-Recht sieht das USRecht regelmäßig keinen Bestandsschutz
für vor (Wieder-)Einführung von Sanktionen geschlossene Verträge vor. Allerdings
wird in den vom Office of Foreign Assets
Control (OFAC) zum JCPOA herausgegebenen und zuletzt am 15. Dezember 2016
ergänzten FAQs ausgeführt, dass im Fall
eines Snap-backs die Auswirkungen für
Unternehmen aus Drittstaaten möglichst
gering gehalten werden sollen.
Im Snap-back-Fall würden ausweislich der
FAQs zumindest Abwicklungsfristen von
180 Tagen für Verträge zur Verfügung stehen bis hin zur Möglichkeit, die nach dem
Vertrag erbrachte Leistung vollständig zu
bezahlen. Somit würde de facto ein
Bestandsschutz für die Rückzahlung noch
laufender Kredite für bereits vor dem
Snap-back abgewickelte Exportgeschäfte
bestehen. Auch die FAQs haben keinen
Gesetzescharakter, allerdings ist nicht
ersichtlich, warum im Snap-back-Fall von
den darin beschriebenen Grundsätzen
abgewichen werden sollte. Hierfür spricht
zumindest die bisherige Praxis.
Strafzahlungsfälle
in der Vergangenheit
Die in der Vergangenheit in den USA verhängten Strafzahlungen wurden nicht
aufgrund fahrlässiger Verstöße gegen
sog. US-Secondary Sanctions (Sanktionen, die sich in erster Linie gegen Entitäten aus Drittstaaten, also z.B. gegen EUTochterunternehmen einer US-Mutter
richten) verhängt. In der Regel lagen
absichtliche Verstöße gegen sog US-Pri-
mary Sanctions (Sanktionen, die sich in
erster Linie an US-Amerikaner richten)
zugrunde, oder der Verstoß gegen USRecht wurde bewusst in Kauf genommen.
Die Verstöße lagen beispielsweise häufig
in manipulierten Überweisungsträgern
oder gezielten Falschangaben, um nichtUS-sanktionskonforme Zahlungen über
das US-Finanzsystem abzuwickeln. In
einem anderen Fall wurde die hausinterne
Geldwäschecompliance so manipuliert,
dass Finanztransaktionen, mit denen
mexikanisches Drogengeld gewaschen
wurde, nicht auffielen. Die angeführten
Beispiele sollen lediglich aufzeigen, dass
den massiven Strafzahlungen in der Regel
auch massive und vorsätzliche Sanktionsverstöße zugrunde lagen, die mit der
­Situation im Fall eines Snap-backs nicht
unbedingt vergleichbar sind und dementsprechend eine andere Behandlung
nahelegen.
Mögliche Risikobegrenzung
Zur Vorbeugung etwaiger Verstöße kann
auch auf Vorabgenehmigungs- und Klärungsmöglichkeiten zurückgegriffen werden. Auf US-Seite sei hier beispielsweise
die General Licence H für europäische
Tochterunternehmen US-amerikanischer
Unternehmen genannt. Daneben sind
aber – was weniger bekannt ist – auch
Einzelfallklärungen mit der OFAC möglich. Das Risiko der Wiedereinführung von
Sanktionen gegen den Iran lässt sich für
Exporteure und Banken zudem teilweise
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Absicherung von Risiken durch
Exportkreditgarantien des Bundes
Mit den verschiedenen Produkten, die im
Rahmen der Exportkreditgarantien angeboten werden (sog. „Hermesdeckungen“),
sichert der Bund wirtschaftliche und politische Risiken im Zusammenhang mit
einem Exportgeschäft ab. Nachdem der
Iran seine Altschulden aus früheren hermesgedeckten Geschäften am 20. Juni
2016 getilgt hat, werden grundsätzlich
wieder Garantien für Geschäfte mit IranBezug übernommen. Die ersten Anträge
für 22 Exportgeschäfte mit einem Gesamtvolumen in Höhe von ca. 427 Mio EUR
wurden bereits positiv entschieden. Über
20 weitere Anträge mit einem Deckungs-
volumen von ca. 2,3 Mrd EUR sind gestellt
und werden derzeit geprüft. Bislang wurden vor allem Geschäfte mit kurzfristigen
Zahlungsbedingungen gedeckt. Unter
den zu prüfenden Anträgen finden sich
allerdings auch Geschäfte zu Kreditbedingungen.
2. Deutscher Exporttag
Themenplattform für die Exportpraxis
Das Snap-back-Risiko wird seitens des
Bundes im Schadensfall wie das Risiko der
Neueinführung von Sanktionen behandelt.
20. S E P T E M B E R 2017, CO N G R E SS C E N T E R R O S E N G A R T E N , M A N N H E I M
Ausblick
Gerade im Hinblick auf die regulatorischen Bedingungen (z.B. Standards zur
Geldwäsche und zur Terrorismusfinanzierung, Bilanzen, Ratings) haben die iranischen Banken bereits erhebliche Fortschritte erzielt. Neben der Europäisch-Iranischen Handelsbank gibt es auch weitere
Banken, die bereits Iran-Geschäfte finanzieren. Auch verschiedene – bislang eher
kleine – deutsche Banken sind im IranGeschäft tätig. Trotz gewisser Unsicherheiten hinsichtlich der Politik der neuen
US-Administration lohnt die genaue Prüfung der Risiken, aber auch der Möglichkeiten in Bezug auf zukünftige IranGeschäfte. Selbst das US-Recht verhindert
bei sorgfältiger Ausgestaltung der Transaktion keineswegs das Iran-Geschäft von
EU-Tochterunternehmen von US-Gesellschaften, und auch die Finanzierung ist –
entgegen häufig geäußerter Befürchtungen – sowohl rechtlich als auch praktisch
möglich.
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Veranstalter
Mitveranstalter
www.deutscher-exporttag.de
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durch Vertragsklauseln z.B. in einem Kreditvertrag absichern. Allerdings müssen
solche Klauseln nicht zuletzt wegen der
Antiboykottvorschriften (Stichwort § 7
AWV) gesetzeskonform formuliert werden. Aufgrund des in den US-FAQs de
facto formulierten Gleichlaufs mit der
Rückzahlung von Krediten nach EU-Sanktionsrecht dürften sich spezifische Regelungen für diesen Fall ggf. ohnehin erübrigen. Bei Geschäften mit Iran-Bezug
müssen also Chancen und Risiken noch
umfassender analysiert werden als bei
Transaktionen in andere Länder. Allerdings lohnt es sich, auch in diesem Zusammenhang die Analyse auf der Basis der
gegebenen (rechtlichen) Fakten durch­
zuführen und die Risiken präzise zu bestimmen.
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