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StuW 1/2017
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Anforderungen an die Verfassungsmßigkeit
kommunaler Bettensteuersatzungen
Prof. Dr. ANDREAS MUSIL/JAN SCHULZ, beide Potsdam*
Inhaltsbersicht
I. Einleitung
II. Gesetzgeberische Kompetenzgrenzen aus Art. 105
Abs. 2a S. 1 GG
1. Aufwandsteuer
2. rtlichkeit der Aufwandsteuer
3. Keine Gleichartigkeit mit anderer Steuer
a) Vergleichsmaßstab
b) Gemeinsamkeiten der Bettensteuer und der
Umsatzsteuer
c) Unterschiede der Bettensteuer zur Umsatzsteuer
d) Kein Verstoß gegen europisches Gleichartigkeitsverbot
III. Verfassungsrechtliche Vorgaben an kommunale Bettensteuern
1. Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 3 GG
a) Bestimmtheit i.S.e. Vorausberechenbarkeit der
Steuer
b) Rechtsschutzgarantie
c) Einheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung
2. Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG
a) Abwlzbarkeit der Bettensteuer
b) Differenzierung zwischen privater und beruflicher
Veranlassung
c) Strukturelles Vollzugsdefizit
d) Steuersatz und Typisierung
3. Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG
a) Berufsfreiheit der Beherbergungsbetriebe
b) Berufsfreiheit der bnernachtungsgste
4. Allgemeines Persçnlichkeitsrecht der bernachtungsgste nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1
Abs. 1 GG
IV. Einfachgesetzliche Maßgaben
1. § 43 AO Normierung der Steuerschuldnerschaft
2. Datenschutzrechtliche Aspekte
3. Preisangabenverordnung
4. Landesrecht
V. Schlussbetrachtungen
Der Beitrag erlutert den rechtlichen Rahmen, den eine Gemeinde bei der Einfhrung bzw. Erhebung einer Bettensteuer beachten muss. Dabei wird insbesondere auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Grundgesetzes eingegangen. Hierzu zhlen
neben kompetenzrechtlichen Fragen der Finanzverfassung vor allem rechtsstaatliche und gleichheitsrechtliche Anforderungen.
Anschließend wird in Krze der einfachgesetzliche Rahmen – also vor allem datenschutzrechtliche und abgabenrechtliche Fragestellungen – dargestellt. Im Ergebnis kommen die Bearbeiter zu dem Schluss, dass eine kommunale Bettensteuer rechtmßig
erhoben werden kann.
This article explains the legal framework that local authorities must consider when introducing or raising a tax for hotel accommodations. Particular attention is given to the constitutional requirements of the German constitution. This includes competence-related questions of the financial constitution as well as requirements of equality and rule of law. Subsequently, the subconstitutional statutory framework is presented – in particular, data protection law and tax law issues. As a result, the authors
conclude that a local accommodation tax can be raised lawfully.
I. Einleitung
fhrt wurde, ist die Bettensteuer (auch bernachtungsteuer oder Kulturfçrderabgabe genannt).1
Angesichts leerer Kassen, aber auch mit Blick auf haushaltsrechtliche Vorschriften legen die Kommunen eine
gewisse Kreativitt bei der Schaffung neuer Abgabetatbestnde an den Tag. Vornehmlich im Bereich der
Aufwandsteuern wird noch Spielraum zur Wahrnehmung des gemeindlichen Steuerfindungsrechts gesehen. Eine solche Steuer, die in den letzten Jahren vornehmlich von tourismusgeprgten Gemeinden einge-
Ausgangspunkt der Diskussion um die Zulssigkeit einer kommunalen Bettensteuer bildet ein Urteil des
BVerwG aus dem Jahr 2012,2 infolge dessen eine Bettensteuer fr beruflich erforderliche bernachtungen
nicht erhoben werden darf. Darber hinaus stellen
sich im Zusammenhang mit kommunalen Bettensteuersatzungen weitere Fragen, die mittlerweile Gegenstand diverser Gerichtsverfahren waren.3
* Prof. Dr. Andreas Musil ist Inhaber des Lehrstuhls fr ffentliches Recht, insbesondere Verwaltungs- und Steuerrecht, an der Universitt Potsdam. Ass. iur. Jan Schulz,
LL.M. (London), ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an diesem Lehrstuhl.
1 Siehe beispielsweise Satzung ber die Erhebung einer Steuer auf bernachtungen in Beherbergungsbetrieben in der
Hansestadt Lbeck v. 30.11.2011; Satzung zur Erhebung einer Kulturfçrderabgabe fr bernachtungen in Weimar v.
18.7.2012; Satzung ber die Erhebung einer bernachtungsteuer in der Stadt Freiburg im Breisgau v. 15.10.2013; Satzung ber die Erhebung einer Steuer auf bernachtungen
in Beherbergungsbetrieben in der Landeshauptstadt Potsdam v. 12.5.2014.
2 BVerwG v. 11.7.2012 – 9 CN 1/11, BVerwGE 143, 301 sowie
die gleichlautende Parallelentscheidung zum Az. 9 CN
2/11.
3 BFH v. 15.7.2015 – II R 32/14, BStBl. II 2015, 1031 (Tourismusabgabengesetz Bremen); BFH v. 15.7.2015 – II R 33/14,
BStBl. II 2016, 126 (Tourismusabgabengesetz Hamburg);
ThrOVG v. 17.8.2011 – 3 EN 1514/10, DVBl. 2011, 1366
(Kulturfçrderabgabe Erfurt); OVG Schleswig v. 15.2.2012 –
4 MR 1/12, NVwZ 2012, 771 (bernachtungsteuer Lbeck);
VGH Bay. v. 22.3.2012 – 4 BV 11.1909, KStZ 2012, 130 (bernachtungsteuer Mnchen); OVG NW v. 23.1.2013 – 14 A
1860/11, juris (Kulturfçrderabgabe Kçln); OVG Schleswig
v. 7.2.2013 – 4 KN 1/12, NVwZ-RR 2013, 816 (bernachtungsteuer Lbeck); OVG NW v. 28.10.2013 – 14 A 316/13, DVBl.
2014, 249 (Beherbergungsabgabe Dortmund); OVG Schleswig v. 6.2.2014 – 4 KN 2/13, juris (Beherbergungsabgabe