Balkankrieg OLEG POPOV/REUTERS Vor 25 Jahren erklärten die Vertreter von Bosniaken und Kroaten BosnienHerzegowina für unabhängig – auf Geheiß des Westens und gegen den einhelligen Willen der dort lebenden Serben. Das blutige Gegeneinander begann. Von Gerd Schumann SEITEN 12/13 GEGRÜNDET 1947 · FREITAG, 3. MÄRZ 2017 · NR. 53 · 1,60 EURO (DE), 1,80 EURO (AT), 2,30 CHF (CH) · PVST A11002 · ENTGELT BEZAHLT WWW.JUNGEWELT.DE Durchmarschieren Abwehren Sozialisierung Kämpfen 3 5 9 15 Montenegro soll Mitglied der NATO werden. Die dortige Bevölkerung wird dazu nicht befragt DGB lehnt Autobahnprivatisierung ab. Weiterer Ausverkauf öffentlicher Infrastruktur befürchtet »Volksrepubliken« des Donbass stelZum Internationalen Frauentag am len großen Teil der Industrie unter 8. März soll es weltweit Streiks Zwangsverwaltung und Demonstrationen geben Krieger an der Ostflanke Von der Leyen und Gabriel auf Truppenbesuch im Baltikum. Bekenntnisse zu Aufrüstung und Cyberkrieg. Von Reinhard Lauterbach RAINER JENSEN/DPA G leich zwei Bundesminister halten sich derzeit zu Truppenbesuchen im Baltikum auf. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen »informierte« sich am Donnerstag in Estland über den Stand der NATO-Luftverteidigung. Sie nutzte die Gelegenheit, um drastische Erhöhungen des deutschen Militäretats anzukündigen. Die Bundesrepublik sei »in der Pflicht«, ihre Militärausgaben auf das offizielle NATO-Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts anzuheben, so die CDU-Politikerin. Das sei eine langfristige Aufgabe, die nicht in einem Jahr zu erledigen sei. Derzeit liegt der Etat des Verteidigungsministeriums bei 1,4 Prozent des BIP. Parallel dazu besuchte Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) den Stützpunkt der Bundeswehr in der litauischen Ortschaft Rukla. Dort sind seit einigen Wochen 450 deutsche Soldaten als Kern eines multinationalen NATO-Bataillons stationiert. Ähnliche, jeweils 1.000 Militärs umfassende Einheiten wurden nach Estland und Lettland verlegt. Gabriel lobte den Einsatz der Bundeswehr in Litauen und erklärte, er werde so lange fortgesetzt, wie es »nötig« sei. Er habe großes Verständnis für die baltischen Besorgnisse angesichts der starken russischen Militärpräsenz nahe der Grenze zu den baltischen Staaten. Diese sei »völlig unverständlich, weil von den baltischen Staaten null Bedrohung ausgeht«, so Gabriel. Zu den Aufrüstungsforderungen seiner Kabinettskollegin äußerte er sich ausweichend. Das Ziel von zwei Prozent des BIP sei »unrealistisch«. Ursula von der Leyen (Mitte) und ihr estnischer Amtskollege Margus Tsahkna am Donnerstag mit deutschen NATO-Soldaten in Ämari Gabriel sprach sich dafür aus, die Aufwendungen der NATO für die Abwehr von »Hybridkriegführung« und Cyberangriffen zu erhöhen. Hier gebe es ebenso echten Bedarf wie bei der Schaffung von Medien, die gegen »Falschnachrichten« vorgingen. Zu diesem Zweck unterhält auch die EU in der estnischen Hauptstadt Tallinn eine Dienststelle, die sich der Widerlegung russischer »Desinformation« widmet. Wird eine derartige Nachricht der EU-Propagandisten ihrerseits als »Fake News« widerlegt, heißt es in Brüssel regelmäßig, die kritisierten Meldungen seien auf »Fehler freier Mitarbeiter« zurückzuführen. Das lässt auf die Sorgfalt schließen, mit der die EU die Fachaufsicht über die meist aus Osteuropa stammenden und über ihre Sprachkenntnisse hinaus offenbar vor allem politisch qualifizierten »freien Mitarbeiter« ausübt. Mit hoher Wahrscheinlich nicht gefaket – weil auch von baltischen Medien verbreitet – sind immer wiederkehrende Meldungen über Disziplinverstöße von NATO-Soldaten in ihren baltischen Stationierungsländern. In der Regel handelt es sich um Kneipenrandale in betrunkenem Zustand. Der letzte derartige Vorfall stammt aus dem Februar; er betraf tschechische Soldaten, die in der litauischen Stadt Klaipeda zu tief ins Glas geschaut hatten. Eine angebliche Vergewaltigung durch Bundeswehr-Soldaten in Litauen, die russische Portale gemeldet hatten, ist in Vilnius und Berlin als »Fake News« zurückgewiesen worden. Fake oder nicht: Die USA sorgen für solche Fälle vor und bedingen sich in den Stationierungsverträgen mit ihren osteuropäischen »Verbündeten« eine strafrechtliche Immunität ihrer Militärs aus. Nach seinem Besuch in Litauen will Gabriel in die Ukraine weiterreisen und dort für die Wiederbelebung des Minsk-Prozesses zur Beendigung des bewaffneten Konflikts in der Ukraine werben. Menschenrechtslage in Ägypten katastrophal Kairo. Anlässlich des Besuchs von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Ägypten hat die Organisation Amnesty International (AI) ein düsteres Bild der Lage am Nil gezeichnet. »Ägypten ist mit einer Menschenrechtskrise konfrontiert. Diese kann nicht einmal mit den dunkelsten Stunden des Mubarak-Regimes verglichen werden«, sagte AI-Experte Mohammed Amed am Donnerstag der dpa. Nur internationaler Druck könne die Regierung beeinflussen. »Merkel muss eine lange Liste von Dingen ansprechen«, sagte Amed. Aktivisten kritisieren das Regime von Präsident Abdel Fattah Al-Sisi für seine brutale Unterdrückung von Oppositionellen. »Folter ist weit verbreitet in den staatlichen Sicherheitsbehörden«, erklärte Amed. Festgehaltene würden bei Befragungen unter anderem mit Stromschocks im Genitalbereich, dem Herausreißen von Nägeln und Schlägen gequält. (dpa/jW) Siehe Seite 8 EU-Parlament will Visa für US-Bürger Brüssel. Das EU-Parlament hat die Wiedereinführung des Visumzwangs für US-Bürger gefordert, weil Washington seinerseits seit Jahren nicht allen EU-Staaten Visumfreiheit gewährt. Die EU-Kommission sei rechtlich verpflichtet, Schritte für die vorübergehende Aussetzung der Visumfreiheit zu ergreifen, wenn ein Drittstaat diese seinerseits nicht allen EU-Staaten gewähre, erklärte das Parlament in einer Resolution und setzte eine Frist von zwei Monaten. Demnach hätte die Kommission schon im April vergangenen Jahres handeln müssen – zwei Jahre nachdem die EU die USA über die fehlende Visumfreiheit für einen Teil ihrer Mitgliedsstaaten informiert hatte. Die EU-Kommission erklärte, sie nehme die Entscheidung des Parlaments »zur Kenntnis«. (AFP/jW) »Keine politische Entscheidung« Gaggenau untersagt Veranstaltung mit türkischem Justizminister D ie Stadt Gaggenau hat einen Auftritt des türkischen Justizministers Bekir Bozdag in ihrer Festhalle untersagt, der für Donnerstag abend geplant war. Das teilte das Rathaus der baden-württembergischen Gemeinde am frühen Nachmittag mit. Es sei aber keine politische Entscheidung: »Wir gehen davon aus, dass die Situation zu gefährlich werden könnte«, sagte Bürgermeister Michael Pfeiffer (parteilos) laut Nachrichtenagentur dpa am Donnerstag in Gaggenau zur Begründung. Bozdag wollte bei dem geplanten Wahlkampf- auftritt um die Zustimmung türkischer Staatsbürger in der BRD für ein Präsidialsystem beim bevorstehenden Referendum in der Türkei werben. Es sei zu befürchten, dass mehr Menschen kämen, als die Kulturhalle fassen könne, so Pfeiffer weiter. Der Beschluss sei nicht mit höheren politischen Ebenen abgesprochen. Unklar blieb zunächst, ob die Veranstalter vor Gericht ziehen würden, um den Beschluss rückgängig zu machen. Die Oppositionspolitikerin Sevim Dagdelen (Die Linke) hatte ein Einreiseverbot für den türkischen Ju- stizminister gefordert. Ein weiterer Werbefeldzug für die AKP-Diktatur müsse verhindert werden. »Während der Oppositionsführer Selahattin Demirtas und der deutsche Journalist Deniz Yücel in türkischen Gefängnissen eingekerkert werden, wäre es ein Stück aus dem Tollhaus, Bozdag eine Bühne in Deutschland zu geben«, hatte die Bundestagsabgeordnete am Donnerstag erklärt. Die Stadt Köln dementierte am Donnerstag einen Auftritt des türkischen Wirtschaftsministers Nihat Zeybekci am Sonntag im Bezirksrat- haus Köln-Porz. »Es gibt keinen Mietvertrag für diese Veranstaltung am 5. März, und es wird auch keinen geben«, sagte eine Sprecherin der dpa. Im August sei ein Saal des Rathauses von der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) für eine Theaterveranstaltung angefragt worden. »Daraufhin haben wir monatelang nichts mehr gehört. Also haben wir das von unserer Agenda gestrichen.« Erst bei einer erneuten Anfrage am Mittwoch sei ein Informationsabend mit »derart prominenter Besetzung« erwähnt worden. (dpa/jW) Heute in jW: Zeitung der Roten Hilfe zum Tag der politischen Gefangenen wird herausgegeben von 2.022 Genossinnen und Genossen (Stand 21.2.2017) n www.jungewelt.de/lpg
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