Ausländische Bauunternehmen interessieren sich wieder für Argentinien 22.02.2017 Inhalt Argentinien bietet wieder Chancen Siemens sieht großes Potenzial in Argentinien PPP-Projekte sollen investorenfreundlicher werden Messebesuche ermöglichen Kontakte Technik für Energieeffizienz gefragt / Zusammenarbeit mit lokalen Partnern häufig / Von Carl Moses Buenos Aires (GTAI) - Argentiniens Bauwirtschaft erlitt 2016 einen tiefen Einbruch, doch für 2017 - und wahr scheinlich auch darüber hinaus - herrscht wieder Optimismus. Nur wenige ausländische Firmen haben sich hier fest niedergelassen. Meist arbeiten sie projektbezogen, häufig in Konsortien mit lokalen Partnern. Deutsche Bau- und Planungsunternehmen hatten sich in den vergangenen Jahren fast vollständig aus dem Land zurück gezogen, werfen nun aber wieder einen Blick auf das aufstrebende Land. In Argentiniens Bausektor arbeiteten nach Angaben des halbstaatlichen Statistik- und Registrierungsinstituts für die Bauwirtschaft (Instituto de Estadística y Registro de la Industria de la Construcción, IERIC, http:// www.ieric.org.ar ) im August 2016 insgesamt 21.262 Unternehmen mit zusammen 365.500 Mitarbeitern (Daten für Juli 2016). Gegenüber dem Vorjahr nahm die Zahl der Unternehmen um 1,5% ab, die Zahl der Beschäftigten sank gar um 14,1%. Etwa 75% der Unternehmen haben weniger als zehn Beschäftigte, 42% sind Ein-Mann-Betriebe. Lediglich 1,9% der Unternehmen haben mehr als 100 Mitarbeiter, weitere 2,8% zählen 50 bis 100 Beschäftigte. Rund 29% der Firmen sind Auftragsunternehmen, weitere 10% leben von Unteraufträgen. Der durchschnittliche Monatslohn betrug im Juli 2016 rund 11.960 arg$ (rund 700 Euro), das bedeutete einen Anstieg um 28,1% gegenüber dem Vorjahr. In Großunternehmen (mehr als 500 Beschäftigte) verdienen die Mitarbeiter im Durchschnitt mit 18.640 arg$ fast doppelt so viel wie in Kleinbetrieben (rund 9.650 arg$). Etwa die Hälfte der Bauunternehmen ist in der Stadt oder der Provinz Buenos Aires angesiedelt. Weitere regio nale Schwerpunkte sind die Provinzen Santa Fé (9,0%), Córdoba (7,3%) und Mendoza (3,6%). Der Branchenkam mer Cámara Argentina de la Construcción (Camarco; http://www.camarco.org.ar ) sind rund 1.300 Firmen ange schlossen. Argentiniens führende Baukonzerne erlebten 2015 eine sehr unterschiedliche Umsatzentwicklung. Während eini ge Unternehmen wie Isolux Corsán, Techint, ODS, Helport und OPS ihren Umsatz in lokaler Währung deutlich steigern konnten, verzeichneten andere Großunternehmen starke Einbußen oder lediglich ein geringes Umsatz wachstum, das nicht einmal die Inflation von 26% kompensierte. Die folgende Tabelle erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. 1 www.gtai.de AUSLÄNDISCHE BAUUNTERNEHMEN INTERESSIEREN SICH WIEDER FÜR ARGENTINIEN Bedeutende Bauunternehmen in Argentinien (Umsatz in Mio. arg$) Firma Clisa (Holding Roggio) Tätigkeitsschwerpunkte Gewerbe-/Infrastrukturbau, Betreiber, Um Umsatz Umsatz 2015 2014 8.568 6.847 welt (Cliba) Astra Evangelista (AESA) Energiewirtschaft 5.939 4.697 Grupo Isolux Corsán + Otros UTE Infrastrukturbau 4.150 992 Techint Cía. Técnica Anlagen- und Infrastrukturbau 3.974 2.800 Iecsa (Calcaterra) Anlagen- und Infrastrukturbau 3.972 3.551 Pecom Servicios de Energía (Perez Com Energieprojekte und -dienstleistungen 3.655 3.400 Anlagen- und Infrastrukturbau, Wohnungs 3.630 2.369 panc, ehemals Skanska) Grupo ODS (Iecsa, Creaurban, Fidus) bau Benito Roggio e Hijos gehört zur Holding Clisa 3.591 2.858 José Cartellone Infrastrukturbau, Verkehrsprojekte, Kraft 3.360 2.949 werke Tecna (Grupo Isolux) Anlagenbau (Mineralölindustrie) 3.400 k.A. UTE Isolux-Iecsa Kraftwerke 1.947 2.461 Grupo Eling (Electroingenieria; Gerardo Fer Gewerbe- und Infrastrukturbau, Kraftwer 2.859 2.200 reyra und Osvaldo Acosta) ke, Energiewirtschaft Constructora Norberto Odebrecht (Brasili Verschiedene 1.758 3.840 Rovella Carranza Infrastrukturbau 1.634 2.131 Helport Infrastrukturbau 1.319 918 OPS Anlagen- und Infrastrukturbau, Erdöl 1.300 740 Dycasa (Spanien) Verschiedene 1.220 963 Electromecánica del Oeste Verschiedenes 1.200 k.A. Construccciones Térmicas (Grupo Eling) Infrastrukturbau 1.132 793 El Tehuelche Verschiedene 1.150 806 Transporte Patagónico Wartung und Betrieb Energieinfrastruktur 1.150 k.A. Caputo Verschiedene 1.107 783 Criba Bürohochhäuser, Krankenhäuser 940 545 Sideco Americana (Socma) Anlagen-/Infrastrukturbau, Betreibermo 745 554 en) delle 2 CPC (Grupo Indalo, Cristóbal López) Anlagen- und Infrastrukturbau k.A. 1.521 Grupo Trevi Hafenbau, Betonstützen k.A. 734 www.gtai.de AUSLÄNDISCHE BAUUNTERNEHMEN INTERESSIEREN SICH WIEDER FÜR ARGENTINIEN Bautec Industriebau k.A. 707 Decavial Straßenbau k.A. 701 Constructora Sudamericana Infrastruktur, Industrie- und gewerbebau k.A. 544 Quelle: Zeitschrift Mercado Argentinien bietet wieder Chancen Nur wenige ausländische Bauunternehmen haben sich in Argentinien fest niedergelassen. Meist werden sie nur projektbezogen aktiv, in der Regel in Konsortien mit lokalen Partnern. Führend sind die spanischen Konzerne Dycasa und Isolux Corsán sowie die brasilianische Gruppe Odebrecht, die allerdings aufgrund eines Korruptions skandals in ihrem Herkunftsland arg Federn lassen musste. Die Baukonzerne Iecsa und Caputo, die sich im Besitz von Freunden und Verwandten des Präsidenten Macri befinden, stehen Presseberichten zufolge zum Verkauf. Deutsche Bau- und Planungsunternehmen hatten sich in den vergangenen Jahren fast vollständig aus Argentini en zurückgezogen, werfen nun aber einen neuen Blick auf das aufstrebende Land. Zulieferer wie das Unterneh men Knauf (Gipsplatten), Herrenknecht (Tunnelvortriebsmaschinen) oder der Chemiekonzern BASF sind ohnehin gut im Geschäft. Siemens hat bei Bau, Ausrüstung und Wartung von Kraftwerken eine sehr starke Marktpositi on. Bei Sicherheits- und sonstiger Gebäudetechnik sind Siemens und Bosch in Argentinien führende Anbieter. Neue Chancen ergeben sich für deutsche Anbieter von Technologie zur Steigerung der Energieeffizienz, nach dem die neue Regierung begonnen hat, die Energiesubventionen abzubauen und die Energiepreise für Unter nehmen und Privathaushalte deutlich zu erhöhen. Auch die verbesserten Aussichten für die Nutzung erneuerba rer Energien eröffnen deutschen Anbietern sehr gute Geschäftschancen. So haben deutsche Unternehmen be reits einige Windparkprojekte an argentinische Investoren verkaufen können. Siemens sieht großes Potenzial in Argentinien Allein die Siemens AG sieht für die nächsten fünf Jahre ein Finanzierungs- und Investitionspotenzial von 5 Mrd. Euro in Argentinien. Bis 2020 will der Konzern sein bisheriges Geschäftsvolumen am Río de la Plata bis 2020 ver doppeln. Konkret will Siemens im Rahmen des geplanten PPP-Gesetzes in Argentinien Projekte zur Entwicklung von Infrastruktur, Energie, Mobilität und intelligenten Städten vorschlagen. Für Projekte, bei denen Siemens zum Zuge kommt, will das Unternehmen auch die Finanzierung von bis zu 3,2 Mrd. Euro bereitstellen. Nachfolgende Unternehmen sind die größten Auftragsnehmer der vom argentinischen Planungsministerium 2003 bis 2015 vergebenen Bauprojekte: 3 www.gtai.de AUSLÄNDISCHE BAUUNTERNEHMEN INTERESSIEREN SICH WIEDER FÜR ARGENTINIEN Rang Unternehmen Eigentümer oder Herkunftsland Auftragssumme Anteil an den gesamten (Mio. arg$) Aufträgen (%) 1 Techint Paolo Rocca 16.420 4,89 2 Electroingenier Osvaldo Acosta y Gerardo Fer 15.494 4,61 ía reyra 3 IECSA Angelo Calcaterra 14.050 4,18 4 Gezhouba chinesisches Staatsunternehmen 13.755 4,09 5 Corporación Eduardo Eurnekian 11.369 3,38 öffentliches Unternehmen der 11.204 3,33 América 6 INVAP Provinz Río Negro 7 Odebrecht Brasilien 10.730 3,19 8 INTER RAO Russland 7.650 2,28 9 Esuco Enrique Wagner 6.926 2,06 10 Cartellone José Cartellone 5.696 1,70 11 Grupo Roggio Aldo y Benito Roggio 5.470 1,63 12 Rovella Carran Mario Rovella 5.406 1,61 za 13 JCR Juan Carlos Relats 5.164 1,54 14 Chediack Juan Chediack 5.049 1,50 15 CPC Cristóbal López 3.231 0,96 16 Supercemento Julián Astolfoni 2.893 0,86 17 Isolux Luis Delso 2.751 0,82 18 Petersen Enrique Eskenazi 2.658 0,79 19 Panedile Hugo Dragonetti 2.140 0,64 20 General Electric USA 1.968 0,59 21 COARCO Patricio Gerbi 1.934 0,58 22 Siemens Deutschland 1.920 0,57 23 Contrera Hnos Juan Touseda 1.861 0,55 24 Equimac Silvio Mion 1.723 0,51 Quelle: Argentinisches Planungsministerium (2015) PPP-Projekte sollen investorenfreundlicher werden Die Regierung fördert den Absatz von Baumaterialien aus lokaler Produktion durch subventionierte Kredite im Rahmen des im September 2014 lancierten Programms "Ahora 12" (http://www.ahora12.gob.ar ), das den Kauf 4 www.gtai.de AUSLÄNDISCHE BAUUNTERNEHMEN INTERESSIEREN SICH WIEDER FÜR ARGENTINIEN in zwölf zinslosen Monatsraten ermöglicht. Das Programm lief bis zum 31.1.17, wurde jedoch bereits mehrfach verlängert. Jedes Unternehmen, das sich um öffentliche Bauaufträge bewerben will, muss sich in einem Verzeichnis ein schreiben, das beim Ministerium für Inneres, öffentliche Bauten und Wohnungsbau (Ministerio del Interior, Obras Públicas y Vivienda, http://www.obraspublicas.gov.ar ) geführt wird. Die Rahmenbedingungen für PPPProjekte sollen durch ein neues Gesetz investorenfreundlicher gestaltet werden. Im Index der Korruptionswahrnehmung von Transparency International lag Argentinien 2015 weltweit und auch in Südamerika nur im unteren Mittelfeld (weltweit Rang 107 von 168 Ländern). Um diesen Missstand zu behe ben, plant die neue Regierung ein "Gesetz über Transparenz und gutes Verhalten bei öffentlichen Ausschreibun gen", das unter anderem die Veröffentlichung und Verfolgung von öffentlichen Ausschreibungen im Internet so wie Vorgaben zur Kalkulation von Preisen vorsieht. Nicht nur für die Bewältigung der oft hohen administrativen Hindernisse, sondern auch für die bessere Erschlie ßung des Marktes ist die Zusammenarbeit mit einheimischen Partnern unerlässlich. Kontakte können bei Fach veranstaltungen angebahnt werden. Messebesuche ermöglichen Kontakte Zur führenden Fachmesse für die Bauwirtschaft entwickelte sich in den letzten Jahren die jährliche Veranstal tung Batimat Expovivienda, die sich 2015 mit der ehemaligen Konkurrenzveranstaltung Fematec zusammenge schlossen hat (http://www.batev.com.ar , nächste Ausgabe 28.6. bis 1.7.17). Auch bei der von der Messe Frank furt in Buenos Aires veranstalteten ExpoFerretera (http://www.expoferretera.com.ar , 30.8 bis 2.9.17) werden Baumaterialien und Installationszubehör präsentiert; ergänzt wird die Messe durch eine gesonderte Abteilung für Gebäudewartung sowie Maler und Restaurateure (ExpoMant). Bei zwei weiteren Veranstaltungen der Messe Frankfurt in Argentinien werden Ausrüstungen für die Gebäudesicherheit und -automatisierung präsentiert - bei den parallel organisierten Messen Biel Light+Building und Seguriexpo (12. bis 16.9.17) geht es unter anderem um Beleuchtung, Gebäudeautomatisierung und elektronische Sicherheitssysteme. Seit 2015 führt die Messe Frank furt auch die Fachmesse Argentina Oil & Gas Expo durch, die in Anbetracht der großen Geschäftschancen in Ar gentiniens Öl- und Gasindustrie 2015 trotz globalen Ölpreisverfalls 325 Aussteller und 21.500 Besucher anlockte (nächste Ausgabe: 25. bis 28.9.17). Argentiniens Immobilienentwickler präsentieren ihre Projekte alljährlich auf dem Fachkongress Expo Real Estate in Buenos Aires (nächste Ausgabe voraussichtlich August 2017; http:// www.exporealestate.com.ar ). Im Rahmen des alljährlich von der Deutsch-Argentinischen Industrie- und Handelskammer (AHK) veranstalteten Fachkongresses GreenAR stellen deutsche Unternehmen seit Jahren ihr Angebot für Lösungen in den Bereichen erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit vor (http://www.ahkargentina.com.ar/eventos/gree nar/ ). Die nächste GreenAR ist für Oktober oder November 2017 geplant. Bei dem ebenfalls von der AHK ver anstalteten Fachkongress Megaciudades (http://www.foro-megaciudades.com.ar ) geht es alljährlich um Kon zepte für öffentlich-private Partnerschaften für Nachhaltigkeit, intelligente Städte, Transport und Logistik. Die nächste Ausgabe findet voraussichtlich im Juni oder Juli 2017 statt. 5 www.gtai.de AUSLÄNDISCHE BAUUNTERNEHMEN INTERESSIEREN SICH WIEDER FÜR ARGENTINIEN Jenny Eberhardt | © GTAI KONTAKT Jenny Eberhardt +49 (0)228 24 993-248 Ihre Frage an uns Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck – auch teilweise – nur mit vorheriger ausdrücklicher Genehmigung. 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