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Rat der EU
PRESSEMITTEILUNG
78/17
21.02.2017
Makroökonomischer Dialog mit den Sozialpartnern, 21.
Februar 2017
Der Vorsitz des Rates, die Europäische Zentralbank und die Europäische Kommission haben bei einem Treffen mit den
europäischen Sozialpartnern am 21. Februar 2017 die gegenwärtige Wirtschaftslage und die Wirtschaftsaussichten sowie
die Frage erörtert, welche Rolle der haushaltspolitische Kurs bei der Wachstumsförderung spielt.
In seinen einleitenden Ausführungen sagte Edward Scicluna, maltesischer Minister der Finanzen und Präsident des
Rates, Folgendes:
"Die Wirtschaftstätigkeit in der EU ist weiterhin verhalten, nimmt jedoch Fahrt auf. Allerdings ist die wirtschaftliche Erholung nach
wie vor durch ein uneinheitliches Wirtschaftswachstum und erhebliche Unterschiede bei der Lage der öffentlichen Finanzen in
den Mitgliedstaaten gekennzeichnet. Hierdurch wird die Frage aufgeworfen, welche Rolle die Haushaltspolitik bei der Förderung
des Wirtschaftswachstums spielen sollte. In diesem Zusammenhang ist es notwendig, das richtige Gleichgewicht zwischen der
Stabilisierungsfunktion und dem Tragfähigkeitsaspekt der Haushaltspolitik zu finden."
Der Vizepräsident der Kommission Valdis Dombrovskis führte Folgendes aus:
"Die wirtschaftliche Erholung in Europa dauert nunmehr im fünften Jahr in Folge an. Alle Mitgliedstaaten der EU verzeichnen
wieder ein Wirtschaftswachstum. In diesen unsicheren Zeiten ist es jedoch wichtig, dass die europäischen Volkswirtschaften
wettbewerbsfähig bleiben und in der Lage sind, sich an sich verändernde Gegebenheiten anzupassen. Wir müssen unsere
Bemühungen im Bereich der Strukturreformen fortsetzen. Ferner müssen wir das Wachstum integrativ gestalten, um
sicherzustellen, dass die Erholung allen zugutekommt, vor allem den schwächsten Mitgliedern der Gesellschaft. Mehrere Länder
mit hohen Defiziten und hohen Schuldenständen sollten diese kontinuierlich abbauen, um ihre Volkswirtschaften
widerstandsfähiger gegen interne und externe wirtschaftliche Erschütterungen zu machen. Mehrere Mitgliedstaaten müssen
dauerhafte Schwachstellen in ihrem Bankensektor, darunter eine große Zahl notleidender Kredite, angehen."
Luca VISENTINI, Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB), äußerte sich wie folgt:
"Der EGB begrüßt die Forderung der Kommission nach einer expansiven Finanzpolitik. Bei der derzeit geringen Nachfrage,
niedrigen Inflation und hohen Arbeitslosigkeit ist ein fiskalpolitischer Anreiz der richtige Weg. Aber die Vorschriften des
Stabilitäts- und Wachstumspakts hindern die Mitgliedstaaten daran, eine expansive Finanzpolitik zu verfolgen. Der EGB fordert
eine Revision des Stabilitäts- und Wachstumspakts und eine bessere wirtschaftspolitische Steuerung, um zu ermöglichen, dass
unsere Volkswirtschaften sich erholen und der Weg für ein nachhaltiges Wachstum geebnet wird. Der EGB fordert ferner eine
Steigerung der öffentlichen Investitionen und eine Lohnerhöhung für alle Arbeitnehmer in Europa, damit die Binnennachfrage und
das Wachstum gestärkt und mehr Arbeitsplätze geschaffen werden können. Dies wäre die richtige Politik für die EU."
Im Namen der Vereinigung der Industrie- und Arbeitgeberverbände in Europa (BUSINESSEUROPE) führte deren
Generaldirektor Markus J. Beyrer Folgendes aus:
"Ganz offensichtlich hat die Wirtschaft in der EU in den vergangenen Monaten Fahrt aufgenommen, wobei die Unternehmen für
die Schaffung der meisten der 3 Millionen neuen Arbeitsplätze in der EU in den letzten 12 Monaten verantwortlich sind. Aber das
Wachstum wird nach wie vor durch eine Reihe temporärer Faktoren gestützt. Unsere Sorge ist, dass die EU-Mitgliedstaaten zu
wenig tun, um die günstigen wirtschaftlichen Bedingungen zu nutzen. Die Länder müssen ihre Reformbemühungen verstärken,
um die zugrunde liegenden Wachstumsaussichten zu verbessern und die Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft in der EU in
einem unsicheren globalen politischen Umfeld zu steigern."
Im Namen des Europäischen Zentralverbands der öffentlichen Wirtschaft (CEEP) stellte dessen Generalsekretärin
Valeria Ronzitti Folgendes fest:
"Der CEEP begrüßt den Vorschlag der Europäischen Kommission, einen haushaltspolitischen Kurs für das EuroWährungsgebiet festzulegen. Wir verstehen die jüngste Mitteilung der Europäischen Kommission als einen Appell an die
Verantwortung der Mitgliedstaaten, den Euro-Raum als Ganzes und nicht mehr nur als die Summe seiner einzelnen Bestandteile
zu betrachten. Der Stabilitäts- und Wachstumspakts allein kann die Länder mit fiskalpolitischem Handlungsspielraum jedoch
nicht dazu verpflichten, diesen auch zu nutzen. Dieser sehr gute erste Schritt der Europäischen Kommission muss daher im
Zuge des Prozesses der Vollendung der WWU weiter ausgestaltet werden. In der Tat liegen nunmehr genügend Erkenntnisse
dafür vor, dass die Mitgliedstaaten, wenn sie effizient in die öffentliche Infrastruktur investieren, der EU als Ganzes den Weg
weisen und nicht nur für sich selbst handeln. Dies ist eine Möglichkeit, die Nachwirkungen der Krise mit den zur Verfügung
stehenden Mitteln zu bekämpfen, gleichzeitig jedoch die Zukunft unserer europäischen Wirtschaft fest im Blick zu haben."
Im Namen der europäischen KMU äußerte sich die neue Generalsekretärin der Europäischen Union des Handwerks und
der Klein- und Mittelbetriebe (UEAPME), Véronique Willems wie folgt:
"Den KMU kommt derzeit ein durch die Binnennachfrage getragenes Wachstum zugute, aber wir sehen auch, dass diese
Dynamik schwächer wird. Daher muss Europa sich verstärkt darum bemühen, die öffentlichen Investitionen zu steigern und mehr
private Investitionen anzuziehen. Dies erfordert haushaltspolitische Maßnahmen zur Unterstützung des künftigen Wachstums und
die Umsetzung aller Säulen der Investitionsoffensive."
Zur Diskussion über den haushaltspolitischen Kurs des Euro-Währungsgebiets nahm Frau WILLEMS wie folgt Stellung: "Wir
können nicht erkennen, dass die Festlegung eines spezifischen haushaltspolitischen Kurses das wichtigste politische Ziel wäre;
vielmehr sollte der Qualität der Ausgaben Vorrang eingeräumt werden, falls künftiges Wachstum und künftige Beschäftigung das
Ziel sind".
Für den künftigen estnischen Vorsitz (Juli bis Dezember 2017) führte der Minister der Finanzen Sven Sester Folgendes
aus:
"Der Stabilitäts- und Wachstumspakt ist nach wie vor von zentraler Bedeutung für die Koordinierung der EU-Fiskalpolitik im
Euro-Währungsgebiet, und wir haben die Auslegungsmöglichkeiten des Begriffs Flexibilität bereits bis an die Grenzen
ausgeschöpft. In dem Kontext, dass die Erholung Fuß fasst und Produktionslücken geschlossen werden, sehen wir wirklich nicht
die Notwendigkeit, mehr fiskalpolitische Anreize zu schaffen. Die immer noch hohen Schuldenstände in vielen Ländern müssen
nachhaltig angegangen werden und das derzeitige Niedrigzinsumfeld verleiht seinen Impuls für die Verwirklichung dieses Ziels.
Daher sollte eine wachstumsfreundliche Haushaltspolitik mit einem ausgewogenen Policy Mix einhergehen. In diesem
Zusammenhang sollte Strukturreformen, Investitionen und der Qualität der öffentlichen Finanzen Vorrang eingeräumt werden."
Für den künftigen bulgarischen Vorsitz (Januar bis Juni 2018) bemerkte die stellvertretende Ministerin der Finanzen
Marinela Petrova Folgendes:
"Das europäische Projekt ist mit wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen konfrontiert, die auch durch eine gewisse
Unsicherheit hinsichtlich der künftigen Wachstumsaussichten geprägt sind. In der derzeitigen makroökonomischen Lage mit
sehr niedriger Inflation und Null-Zinssätzen erweisen sich öffentliche Investitionen tendenziell als effizienter in Überschussländern,
die über fiskalpolitischen Spielraum verfügen, wie auch in Ländern, die die Auswirkungen dieser Faktoren untersuchen. Für die
kleinen offenen Volkswirtschaften muss haushaltspolitische Stabilität jedoch das oberste politische Ziel sein, da die
Fiskalmultiplikatoren hier in der Regel weniger Bedeutung haben. Andererseits gehen langfristiges Wirtschaftswachstum und
eine solide Haushaltspolitik Hand in Hand. Daher sollte bei dem Ansatz für einen Ausweg aus dem politischen Dilemma, bei
dem es darum geht, eine expansive oder eine restriktive Haushaltspolitik zu wählen, in erster Linie der Notwendigkeit Rechnung
getragen werden, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu sichern."
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