So hat sich das Ende des Bankgeheimnisses auf die

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Datum: 20.02.2017
Finanzplatz
So hat sich das Ende des Bankgeheimnisses auf die Schweizer Banken ausgewirkt
von Roman Seiler — az
20.2.2017 um 04:45 Uhr
Privatkundin beim Gespräch über ihr Geld: Vermögensberater müssen mehr liefern, um Gebühren
einzufahren.
Weil die Wertschriftenbestände von Privatkunden schrumpfen, verdienen Schweizer Banken massiv weniger.
Auf den ersten Blick ist alles paletti: Die von Schweizer Banken verwalteten Wertpapierbestände erhöhten
sich seit der Jahrtausendwende um mehr als 2000 auf rund 5800 Milliarden Franken. Nur: Mit deren
Verwaltung verdienen die Geldhäuser weniger als halb so viel wie vor der Finanzkrise. Denn zugelegt haben
die Depots von Pensionskassen oder Fondsverwaltern. Diese institutionellen Kunden zahlen deutlich tiefere
Gebühren als Private. Deren Bestände sind massiv geschrumpft, wie ein Blick in die Statistik der
Nationalbank zeigt. Trotz besserer Märkte sind die Wertschriftendepots von Ausländern seit 2007 um 57
Prozent eingebrochen. Gleichzeitig erhöhten sich die Aufwendungen.
20 Prozent höhere Kosten
In den guten alten Zeiten, so Martin Schilling, Bankenexperte des Beratungsunternehmens PwC, wurden rund
60 Prozent der Einnahmen im Private Banking für die Betriebskosten aufgewendet: «Diese Cost-Income-Ratio
ist im Schnitt auf 80 Prozent hochgeschnellt.» Ansteigen liess die Kosten nachweislich die zunehmende
Regulierung, sagt Olaf Toepfer, Leiter Banking beim Beratungsunternehmen EY: «Das
Vermögensverwaltungsgeschäft ist insbesondere für grosse Institute ausserordentlich komplex
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geworden.» Gründe dafür sind die Vielzahl der globalen Anforderungen an den Umgang mit Kunden, das
Risiko-Management und die Compliance, die Einhaltung der Regeln guter Geschäftsführung.
Daher hat sich die Nettomarge zwischen 2007 und 2015 im Schnitt mehr als halbiert. Sie beläuft sich gemäss
Schilling noch auf 12 Basispunkte. Das sind magere 0,12 Prozent. Es gebe zwar nach wie vor diverse
Banken, die eine Nettomarge von 30 Basispunkten erreichen: «Daneben hat es jedoch viele Institute,
insbesondere auch kleinere, bei denen sich die Nettomarge aktuell im tieferen, einstelligen BasispunkteBereich bewegt.» Der Betriebsgewinn auf den verwalteten Kundenvermögen beträgt heute weniger als 8
Milliarden Franken, schätzt die «Nordwestschweiz». 16 Milliarden waren es 2007.
Aus für Bankgeheimnis spürbar
Höhere Volumen bringen eben nicht mehr höhere Erträge. Zugelegt hat das Geschäft mit institutionellen
Kunden, die für die Vermögensverwaltung deutlich weniger zahlen als Private. Deren Bestände verringerten
sich massiv. Die der Ausländer haben sich gemäss der aktuellsten Zahlen der Nationalbank mehr als halbiert.
Sie hatten Ende November deutlich weniger hohe Vermögenswerte bei Schweizer Banken deponiert als die
inländische Privatkundschaft. Das war bis 2015 anders.
Der Hauptgrund für den Einbruch ist das Ende des Bankgeheimnisses. Die meisten Ausländer meldeten
Schwarzgelder beim Fiskus an und zahlten dafür Nachsteuern und Bussen. Diese Kosten machten einen «
bedeutenden Anteil» der Abflüsse ausländischer Vermögenswerte in der Höhe von 350 Milliarden Franken
aus, sagt Schilling.
Die Regularisierung ist weitgehend abgeschlossen. Daher sagt Toepfer: «Wir erwarten deswegen keine
nennenswerten Abflüsse mehr.» Es lohnt sich für Anleger nicht, undeklarierte Vermögen an andere Standorte
zu verschieben, da die meisten mit der Schweiz konkurrierenden Finanzplätze den automatischen
Informationsaustausch einführen. Schweizer Banken melden ab diesem Jahr ausländischen Steuerbehörden
automatisch, wie viel Geld ein Kunde in der Schweiz parkiert hat.
Dazu kommt:
Der Gegenwert der Depots wird in Franken umgerechnet. Wegen dessen Überbewertung sind auf
Fremdwährungen lautende Wertschriften weniger wert, was die darauf erzielten Kommissionserträge
vermindert.
Vermögensverwaltungskunden sind risikoscheuer als vor der Finanzkrise. Daher halten sie einen grösseren
Anteil ihrer bei Banken deponierten Vermögenswerte in Cash. Gemäss Schilling betrug der Anteil der
Barmittel vor der Finanzkrise rund zehn Prozent: Heute ist er auf mehr als 30 Prozent angestiegen.» Diese
Umschichtung liess die Depots um rund 140 Milliarden Franken schrumpfen. Dies belastet Banken, da sie
Kunden die von der Nationalbank eingeführten Negativzinsen nur teilweise weitergeben können.
Akquirierten Banken Neugeld im aktuellen Marktumfeld, sagt Toepfer, verdienten sie in der Regel darauf
weniger als früher: «Kunden investieren heute meist in Produkte mit niedrigeren Gebühren als früher. Das gilt
insbesondere auch für ausländische Kunden.» Diese sind anspruchsvoller geworden. Sie nützen nach der
Regularisierung ihrer Vermögenswerte den gewonnenen Spielraum und verhandeln hart über die zu
bezahlenden Gebühren, sagt Christian Hintermann, Bankenexperte der Beratungsfirma KPMG: «Das
Vermögensverwaltungsgeschäft ist nach dem Fall des Bankgeheimnisses viel kompetitiver geworden.»
Privatbanken geben auf
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Davon profitieren die beiden Grossbanken sowie grosse Privatbanken. Sie hätten Abflüsse ausländischer
Vermögenswerte durch Zuflüsse weitgehend kompensieren können, sagt Toepfer: «Diese Neugelder werden
global vermehrt in den Geschäftseinheiten der Grossbanken verwaltet, in denen die Kunden wohnen.» Diesen
strategischen Vorteil haben kleinere Privatbanken in der Regel nicht, da sie über keine eigenständigen
Einheiten ausserhalb der Schweiz verfügen: «Dies ist ein Grund dafür, dass kleinere Privatbanken weniger
optimistisch in die Zukunft blicken als grössere Vermögensverwalter.»
Ihre Spezies ist bedroht: 2005 gab es 181 Privatbanken in der Schweiz. Seither gab ein Drittel auf. In den
kommenden Jahren würden nochmals 30 bis 40 verschwinden, sagt Hintermann: «Das ist dramatisch. Die
Bereinigung der Finanzindustrie wird weitergehen.» Darunter habe es viele kleine Finanzinstitute, die
volkswirtschaftlich nicht ins Gewicht fielen, auch wenn das die schwierige Situation der betroffenen Mitarbeiter
nicht besser mache.
Off-shore-Geschäft bleibt stark
Es dauert noch ein Weilchen, bis die Margen aus dem Loch kommen. Mittelfristig werden sie sich wieder
erholen, sagt Schilling: «Steigen die Zinsen, steigen die Erträge wieder.» Das Gleiche gelte, wenn die
Wirtschaft wieder besser laufe und die Aktienmärkte entsprechend boomten: «Dann bauen die Kunden ihren
Cash-Anteil ab und legen mehr Geld in Wertschriften an.»
Was bleibt, ist die starke Position des Finanzplatzes im Off-shore-Geschäft. Christian Hintermann sagt: «
Ausländer parkieren weiterhin Gelder in der Schweiz. Die Qualität der Dienstleistung der Banken ist höher als
im Ausland.» Die Schweiz gewähre Sicherheit und damit auch eine gewisse Risikodiversifikation.
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