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Türkische Lebensmittelfirmen profitieren
von starker Inlandsnachfrage
24.02.2017
Inhalt
 Türkei zweitgrößter Nudelexporteur weltweit
 Viehbestand unzureichend
 Molkereien bauen Kapazitäten aus
 Amerikanische Firma Bunge übernimmt Speiseölhersteller Ana Gida
 Getränkehersteller investieren in neue Verpackungsgrößen und -materialien
Zahlreiche Betriebe investieren in Produktionsausbau / Von Necip C. Bagoglu (Januar 2017)
Istanbul (GTAI) - Die türkische Lebensmittelindustrie besitzt wegen der großen und klimatisch bedingten vielfäl­
tigen landwirtschaftlichen Versorgungsbasis und der stetig steigenden Bevölkerung ein erhebliches Wachstums­
potenzial. Die über 3 Mio. Flüchtlinge aus den südlichen Nachbarländern, die sich derzeit in der Türkei befinden,
sorgen für einen überdurchschnittlich starken Anstieg der Nachfrage.
Nach den langfristigen Plänen der Regierung soll die Türkei bis 2023 eine Lebensmittelproduktion von 150 Mrd.
US$ erreichen und zum fünftgrößten globalen Lebensmittelproduzenten aufsteigen. Einschließlich der Geträn­
kebranche ist der Nahrungsmittelsektor der zweitgrößte Industriezweig des Landes, mit mehr als 41.000 meist
kleinen Betrieben rund 440.000 Beschäftigten, so die Angaben der Vereinigung der türkischen Lebensmittelund Getränkeverbände TGDF (Türkiye Gida ve Icecek Sanayi Dernekleri Federasyonu, http://www.tgdf.org.tr ).
Saison- und kalenderbereinigter Produktionsindex (Index: 2010 = 100)
2013
2014
2015
2016 *)
Nahrungsmittel
117,3
122,3
122,9
125,1
Getränke
108,5
109,8
111,6
110,8
Tabakwaren
113,0
123,8
135,5
139,2
*) Januar bis Oktober
Quelle: Statistikamt TÜİK (Türkiye Istatistik Kurumu, http://www.tuik.gov.tr )
Die Lebensmittelindustrie ist von den gesamtwirtschaftlichen Konjunkturschwankungen weniger betroffen als
andere Branchen. Dies gilt vor allem für die Inlandsnachfrage. Besonders dynamisch entwickelt sich der Markt
für Halalprodukte, die nach islamischen Regeln produziert werden. Hier verzeichnet die Nachfrage, die für 2016
auf rund 30 Mrd. $ geschätzt wird, zurzeit einen jährlichen Zuwachs von 100%.
Was die Exporte anbelangt, so war 2016 kein gutes Jahr für die türkische Lebensmittelindustrie. Die Importsank­
tionen Russlands im 1. Halbjahr bedeuteten einen herben Rückschlag. Laut Statistikamt TÜIK sanken die Ausfuh­
ren von Früchten und Nüssen in den ersten zehn Monaten 2016 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 12,7% auf
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knapp 2,9 Mrd. $. Bei Zubereitungen von Gemüse, Früchten, Nüssen und anderen Pflanzenteilen weist die Sta­
tistik einen Rückgang um 18,2% auf 1,5 Mrd. $ aus. Die Exporte von Zubereitungen aus Getreide, Mehl, Stärke
und Milch sowie von Backwaren stagnierten bei 1,2 Mrd. $.
Die großen Lebensmittelproduzenten bauen ihre globalen Aktivitäten aus. Bestes Beispiel dafür ist die unter
dem Markennamen "Ülker" bekannte Yildiz-Holding. Der große Mischkonzern mit mehreren Produktbereichen
wie Nudeln, Schokolade, Molkereiprodukten und zahlreichen Fertiggerichten ist weltweit einer der größten Her­
steller von Biskuitprodukten. Zwischen 2017 und 2021 will die Yildiz-Holding insgesamt 1,7 Mrd. $ investieren. Ih­
re Marken "Bizim Mutfak", "Piyale", "Halk" und "Cafe Crown" verkaufte das Unternehmen Ende 2016 für 220
Mio. Türkische Lira (TL) an die japanische Firma Ajinomoto. Die Yildiz-Holding betreibt seit 2011 die Discountket­
te "Sok", die über 4.000 Filialen verfügt. Im Jahr 2017 sollen circa 1.000 Märkte hinzukommen.
Türkei zweitgrößter Nudelexporteur weltweit
Türkische Nudelhersteller erweitern und modernisieren ihre Produktion. So will beispielsweise der Nudelprodu­
zent Oba Makarna aus Gaziantep (Südostanatolien) 2017 etwa 9 Mio. Euro in seine Fertigung investieren. Der
unter der Marke "Arbella" bekannte Nudelhersteller Durum Gida aus Mersin (Südtürkei) plant seine Ausfuhren in
diesem Jahr um 15% zu erhöhen. Wichtige Zielmärkte sind Indien, die VR China und Russland. Insgesamt belie­
fert das Unternehmen um die 100 Länder.
Die Jahreskapazität der Nudelhersteller im Land beträgt insgesamt 2 Mio. t. Rund 750.000 t werden exportiert.
Nach Italien ist die Türkei zweitgrößter Nudelexporteur weltweit. Von der angestrebten Aufhebung oder Anhe­
bung der Importkontingente der EU (20.000 t) erhofft sich der Verband der Nudelhersteller TMSD (Türkiye Ma­
karna Sanayicileri Dernegi, http://www.makarna.org.tr ) zusätzliche Exporte.
Der Mehlproduzent Erisler Gida, der 10% des gesamten türkischen Mehlexports auf sich vereint, will seine unter
der Marke "Nudo" bekannte Produktion von Instantnudeln in Indonesien in die Türkei verlagern.
Türkische Getreideproduktion in (1000 t)
Warengruppe
2014
2015
2016 *)
Weizen
19.000
22.600
20.500
Gerste
6.300
8.000
6.750
Roggen
300
330
300
Hafer
210
250
225
Mais
5.950
6.400
6.400
Reis
830
920
920
Insgesamt
32.590
38.500
35.095
*) Schätzung
Quelle: TÜIK
Der Markt für verpackte Brotsorten wächst stark und erreicht inzwischen ein jährliches Umsatzvolumen von
knapp 1 Mrd. TL. Angesichts des noch geringen Anteils am gesamten türkischen Brotmarkt von 30 Mrd. TL und
der steigenden Beliebtheit bei Verbrauchern besitzt der Markt noch ein enormes Wachstumspotenzial. Zwi­
schen den großen Produzenten wie Doygun und Uno und den Supermärkten, die günstige Eigenmarken anbie­
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ten, herrscht ein scharfer Wettbewerb. Einige Großhersteller ziehen sich deshalb aus dem Einzelhandelsgeschäft
zurück.
Der Zuckerhersteller Kayseri Seker Fabrikasi will seine Fabriken für Kristallzucker in Kayseri und Yozgat für
knapp 50 Mio. TL modernisieren. Diese Projekte erhalten staatliche Förderung (hauptsächlich Steuervergünsti­
gungen). Auch der Schokoladenproduzent Katsan Gida aus Istanbul erneuert zurzeit seine Fertigung. Die Investi­
tionen im Wert von mehr als 1,3 Mrd. TL werden ebenfalls vom Staat subventioniert. Neben Schokolade produ­
ziert die Firma andere kakaohaltige Süßwaren, Milch- und Backpulver sowie Zubereitungen für Fertigkuchen.
Viehbestand unzureichend
Die Fleischproduktion leidet am unzureichenden lokalen Viehangebot, was die Preise für Fleischprodukte in die
Höhe treibt und die Nachfrage beeinträchtigt. Um die Preissteigerungen bei rotem Fleisch zu begrenzen, er­
mächtigte die Regierung Ende 2016 die Staatliche Anstalt für Fleisch und Milch (Et ve Süt Kurumu) zu einem
zollfreien Import von 500.000 Schlachttieren (Rinder und Schafe). Zuständig für den staatlichen Import von
Zuchttieren ist die Generaldirektion für Agrarbetriebe TIGEM (Tarim Isletmeleri Genel Müdürlügü). Diese erhielt
für 2016 die Importermächtigung für 150.000 Zuchtrinder sowie 20.000 Schafe und Ziegen.
Entwicklung der Fleischproduktion in der Türkei (in t)
Zeitraum
2015
2016
1. Quartal
210.475
237.777
2. Quartal
261.871
269.912
3. Quartal
380.162
394.665
4. Quartal
296.754
-
Insgesamt
1.149.262
902.354
Quelle : TÜİK
Molkereien bauen Kapazitäten aus
Das führende Molkereiunternehmen Sütas eröffnete Ende 2016 in Izmir/Tire eine integrierte Anlage für Milch­
produkte. Die Firma Pinat Süt, die knapp 20% der gesamten türkischen Ausfuhren von Milchprodukten auf sich
vereint, nahm Ende 2016 im südostanatolischen Sanliurfa ihre dritte Produktionsanlage in Betrieb, zusätzlich zu
den bestehenden Fabriken in Izmir und Eskisehir. Der Michproduzent Eker Süt aus Bursa investiert 25 Mio. Euro
in die Expansion seines Betriebes in der Ortschaft Mustafakemalpasa. Mit dem Projekt, das im Februar 2017 ab­
geschlossen wird, soll die Jahreskapazität der Anlage von 150.000 auf 250.000 t erhöht werden. Zu den Produk­
ten von Eker Süt zählen Trinkmilch, Joghurt, Ayran, Sahne, Butter und mehrere Käsesorten.
Die Käseproduktion in der Türkei steigt stetig: Im Jahr 2015 wurden 665.600 t produziert (2014: 593.200 t). Für
2016 rechnet die Branche mit 738.800 t. Der Jahresumsatz mit Käse wird auf rund 7 Mrd. TL geschätzt.
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Produktion von Milch und Molkereiprodukten in der Türkei (1.000 t)
Warengruppe
2015
2016 *)
Rohmilch
8.937,1
7.754,9
Trinkmilch
1.378,6
1.170,9
Sahne
38,1
26,8
Kondensmilch
5,7
2,3
Milchpulver
46,4
46,4
Fettarmes Milchpulver
66,2
69,1
Butter
51,8
48,3
Kuhkäse
637,6
532,7
Schafs-, Ziegen- und Büffelkäse
28,3
21,9
Joghurt
1.123,0
993,1
Ayran
626,8
574,9
*) Januar bis Oktober
Quelle: TÜIK
Amerikanische Firma Bunge übernimmt Speiseölhersteller Ana Gida
Ende 2016 übernahm die US-amerikanische Gesellschaft Bunge den türkischen Hersteller von Olivenöl und an­
deren pflanzlichen Speiseölen Ana Gida mit den Marken "Komili", "Kirlangic" und "Madra" von der Anadolu
Endüstri Holding (55,25%) und SEEF Foods (44,75%). Die Transaktion soll im 1. Quartal 2017 rechtskräftig zum Ab­
schluss gebracht werden. Die Marke "Komili" ist Marktführer am türkischen Olivenölmarkt mit einem Marktan­
teil von mehr als 30%.
Das Unternehmen Yonca Gida Sanayi will in der organisierten Industriezone von Manisa (Westtürkei) für 36 Mio.
TL eine Anlage für raffinierte pflanzliche Speiseöle mit einer Jahreskapazität von 142.500 t errichten. Das Projekt
mit einem Importbedarf an Maschinen und Ausrüstungen von 5,4 Mio. $ wird staatlich gefördert.
Die Firma Assan Gida (Tochterfirma der Kibar-Holding), größter türkischer Produzent von Ketchup und Saucen,
will in seine Produktion 22 Mio. TL investieren. Die Kibar-Holding führt auch bedeutende Investitionen für die
Produktion von Verpackungsmaterialien durch.
Das Unternehmen Frito Lay Gida plant in der Industriezone Manisa eine Fabrik für Chips aus Kartoffeln und
Mais und erhält für dieses 181 Mio. TL teure Vorhaben ebenfalls staatliche Förderungen. In der gleichen Indus­
triezone begann Ende 2016 der US-amerikanische Lebensmittel- und Getränkekonzern PepsiCo mit dem Bau ei­
ner Anlage für die Verarbeitung, Lagerung und Verpackung von Kartoffeln, die 2017 in Betrieb gehen soll. Auf
das Unternehmen entfallen rund 75% der landesweiten Kartoffelproduktion für Kartoffelchips. PepsiCo unter­
hält in der Türkei bislang fünf Anlagen, davon drei in Izmir, Corlu und Adana für Getränke sowie in Kocaeli und
Mersin für Snacks.
Eine weitere wichtige Lebensmittelsparte sind getrockneten Nüsse und Früchte mit einem Inlandsumsatz von
8,5 Mrd. TL (2015). Laut Fachverband TÜKSIAD (http://www.tuksiad.org ) wurden in den ersten zehn Monaten
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2016 etwa 191.742 t (Wert: 1,5 Mrd. $) getrocknete Nüsse und 288.940 t (743 Mio. $) getrocknete Früchte expor­
tiert.
Getränkehersteller investieren in neue Verpackungsgrößen und -materialien
Der Verbrauch von stillem Mineralwasser ist in der Türkei stark verbreitet. Bekannte Marken sind Pinar, Hayat,
Saka, Akdag, Beysu, Gümüs, Tasdelen, Damla, Erikli, Sultan, Sude, Özkaynak und Sirma. Auch große Konzerne
wie Danone, Nestle, Coca-Cola und Yildiz-Holding mischen hier über ihre Tochterfirmen mit. Einige Unterneh­
men ändern zwecks Exportorientierung Verpackungsmaterialien und -größen. Die Firma Gümüs Su aus Bursa,
die bisher hauptsächlich Trinkwasser in 3 l- und 19 l-Mehrwegglasbehältern für den Inlandsmarkt produzierte,
will angesichts der Belieferung des Nahen Ostens zukünftig auch Trinkwasser in PET-Flaschen mit 0,33, 0,50 und
1,50 l auf den Markt bringen. Für den Export in die Golfländer sind auch kleine PET-Flaschen mit 0,20 l geplant.
Die türkische Vertriebsgesellschaft von Coca Cola, Coca-Cola Icecek (CCI) wird in der Industriezone der westtür­
kischen Provinz Isparta auf einem Gelände von 160.000 qm eine neue Anlage errichten, in der 20 verschiedene
nichtalkoholische Erfrischungsgetränke abgefüllt werden sollen.
(N.B.)
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