SEITE EINS PRAXISSOFTWARE Die falsche Rechnungsadresse Michael Schmedt ie Kostenfrage war bereits bei der Einführung des Medikationsplans ein Ärgernis für die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. Denn einige Unternehmen ließen sich das notwendige Update der Praxisverwaltungssoftware (PVS), das eigentlich Bestandteil des Softwarevertrags sein sollte, von den Vertragsärzten gut bezahlen. Ein gesetzlicher Auftrag könne nicht zulasten der niedergelassenen Ärzte finanziert werden, kritisierte zudem die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Jetzt ist der nächste Ärger programmiert: Die Einführung eines Arztinformationssystems, mit dem bei der Verordnung von Arzneimitteln über die Ergebnisse der frühen Nutzenbewertung des Gemeinsamen Bundesausschusses informiert werden soll. Wieder ein Auftrag des Gesetzgebers und wieder befürchtet der KBVVorstandsvorsitzende Dr. med. Andreas Gassen Mehrkosten für die Niedergelassenen. Die Ärzte zahlen zu lassen, ist aus Sicht der Hersteller ein einfacher Weg. Aber die Ärzte sind die falsche Rechnungsadresse. Hier sind der Gesetzgeber und die Krankenkassen gefragt. Man muss sich fragen, warum in einem ansonsten oft überregulierten Gesundheitswesen die Politik für einen gesetzlichen Auftrag keine Linie für die Finanzierung vorgegeben hat. Diese analog der Regelung zur Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung im Rahmen der Telematikinfrastruktur umzusetzen, wie es Gassen vorschlägt, wäre eine sinnvolle Lösung gewesen. Neben der Finanzierung ist die Schnittstellenproblematik ein großes Manko der PVS, das Ärzte Zeit und Geld kostet. Dass es immer noch keine gesetzliche Anforderung gibt, eine einheitliche Schnittstelle zwischen den Systemen zu schaffen, lässt den Ärzten keine Möglichkeit, drohenden Mehrkosten durch einen Anbieterwechsel zu entgehen. Wettbewerb? Fehlanzeige. So ist es nur folgerichtig, dass Gassen in einem Brief an Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) fordert, dass die KBV selbst Softwaremodule entwickeln darf. Deren Schnittstellen müssten Vorgabe für D Deutsches Ärzteblatt | Jg. 114 | Heft 7 | 17. Februar 2017 die anderen Hersteller sein, wie Gassen erläuterte. Logische Folge: Mangelnde Kompatibilität und Interoperabilität würden abgebaut. Wie sehr diese die Informationstechnologie im Gesundheitswesen belasten, kann man seit mehr als einem Jahrzehnt im Rahmen der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte beobachten. Der KBV-Chef sieht hier die KBV als Dienstleister, denn die jeweiligen Software-Module will die KBV den Vertragsärzten kostenfrei zur Verfügung stellen. Der Streit um Mehrkosten wäre damit obsolet, einfachere Organisation inklusive. Denkt man dieses Dienstleistungsprinzip der KBV langfristig weiter, so kann es für die Vertragsärzte Erleichterungen bedeuten. Nicht nur die Praxissoftware, auch die Hygiene- und Qualitätsanforderungen sorgen für große Aufwände in einer Arztpraxis. Vielleicht auch ein Grund, warum junge Ärztinnen und Ärzte vor einer Niederlassung zurückschrecken. Denn im Krankenhaus sind sie es gewohnt, dass ihnen diese Aufgaben von Krankenhausverwaltungen abgenommen werden. Daher wäre die Unterstützung der KBV, indem sie selbst Praxissoftware entwickelt und damit Schnittstellen vorgibt, ein erster Schritt, um Vertragsärzten nicht nur Kosten zu sparen, sondern auch die Niederlassung indirekt etwas attraktiver zu machen. Michael Schmedt Stellv. Chefredakteur A 287
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