Arbeitszeit- und Lohndiktat

Arbeitszeit- und Lohndiktate
Planwirtschaft im Neoliberalismus?
Nach Ansicht von Gewerkschaftern und Globalisierungskritikern leben wir in einer
Welt, in der eiskalte Neoliberale und gierige Plutokraten die werktätigen Massen
nach Gutdünken ausbeuten dürfen. Da Unternehmer ausschließlich an der
Maximierung ihrer Profite interessiert wären und ihnen das Los ihrer Lohnsklaven
völlig gleichgültig sei, bedürfe es des hilfreich lenkenden Eingriffs des Staates, um
das Schlimmste zu verhindern. Schließlich will ja - außer ein paar herzlosen
Unternehmern - niemand mehr Zustände sehen, wie sie einst im finstersten
„Manchesterliberalismus“, geherrscht haben, die bekanntlich den besten Freund und
Anwalt der Arbeiter, Karl Marx, zu seiner elaborierten Prosa veranlasst haben.
Damit kommen wir auch schon zu jenen Regulativen, die immer schon den
Kernbestand der von den Sozialisten betriebenen Arbeitsmarktpolitik gebildet haben:
Arbeitszeitregelungen und Lohnforderungen. Wer der Ausbeuteklasse nicht
entschlossen genug entgegentritt, so ihr Credo, muss eben zusehen, wie
Kinderarbeit und 70-Stunden-Arbeitswochen um sich greifen. Die Möglichkeit, dass
Arbeitgeber und –Nehmer auch ohne staatlichen Zwang zu beiderseits gedeihlichen
Vereinbarungen über Arbeitszeit und –Lohn kommen könnten, hat in ihrer
Vorstellungswelt keinen Platz. Dass Unternehmen nicht nur um Kunden, sondern
auch um fähige Mitarbeiter miteinander konkurrieren, wird übersehen. Kein
Arbeitgeber, der dauerhaft unter Wettbewerbsbedingungen bestehen will, kann es
sich daher leisten, seine Angestellten schlecht zu behandeln oder zu bezahlen. Das
ist auch der Grund dafür, weshalb die überwiegende Zahl der Unselbständigen
Löhne bezieht, die deutlich über den kollektivvertraglichen Tarifen liegen.
Was die Lohnhöhe angeht: Die Genossen wissen zwar, dass das Verhältnis
von Angebot und Nachfrage nicht nur bei Luxusgütern den Preis bestimmt, sondern
auch bei der menschlichen Arbeitskraft. Wie sollte es auch anders sein – und
weshalb? Sie behaupten aber, hier seien „menschliche“, nicht ökonomische
Maßstäbe anzulegen - als ob ein durch Marktmechanismen geregelter Preis kein
Ergebnis menschlicher Entscheidungen wäre! Deshalb sollen staatliche
Anordnungen, die das Ende der Vertragsfreiheit bedeuten, die Markgesetze außer
Kraft setzen. Warum das – zum Wohl der Arbeitnehmer – funktionieren sollte, ist
rätselhaft. Genauso gut könnte man auch meinen, ohne Gleitschirm von einer 300mFelsklippe springen zu können, ohne böse Konsequenzen gewärtigen zu müssen.
Das aktuelle Arbeitsprogramm der Bundesregierung, erhebt die Forderung
nach der Einführung eines branchenunabhängigen Mindestlohns von 1.500,- Euro
monatlich für einen Vollzeitarbeitsplatz. Damit soll die Kaufkraft der niedrig
entlohnten Personen gestärkt und ein wirksamer Schritt gegen die Armut gesetzt
werden - so der mutmaßlich in Wolkenkuckucksheim entstandene Gedanke. Als ob
mit dem Schreiben eines Wunschzettels auch schon die Verwirklichung des
ersehnten Ziels garantiert wäre. Als ob es keine zwingenden Umstände gäbe, die
dem Wunsch entgegenstehen würden.
Die Vorstellung, per Ukas einen „gerechten“ Lohn, von dem man „in Würde
leben“ kann, verordnen zu können, ohne dabei auf die einzelnen Branchen oder
Betriebe Rücksicht zu nehmen, ist völlig weltfremd. Nur diejenigen, die entweder
niemals begriffen haben, vor welchen kalkulatorischen Herausforderungen
Unternehmer stehen, oder zynische Machtmenschen, denen das Los derer, denen
angeblich all ihre Sorge gilt egal ist, können eine solche Maßnahme gutheißen. Dass
sich keiner um das Schicksal vieler am Existenzminimum dahinwerkelnder
Kleinstunternehmer schert, die der Segnungen des nur den Interessen
Andreas Tögel
I
16.02.17
Unselbständiger dienenden Wohlfahrtsstaats entraten müssen, sei hier nur am
Rande vermerkt.
Angesichts der eheblichen Lohnnebenkosten, die in keiner Lohnforderung der
Gewerkschaften berücksichtigt werden (genau an dieser Stelle könnte aber mit
garantiertem Erfolg angesetzt werden!), hat ein solches Lohndiktat prohibitiven
Charakter für die Anstellung gering qualifizierter Arbeitnehmer. Ihre Wertschöpfung
wird dann in vielen Fällen geringer ausfallen, als die von ihnen verursachen Kosten.
Da vom Draufzahlen aber keiner leben kann, lautet das Ergebnis: Arbeitsplatzverlust
und dauerhafte Arbeitslosigkeit, nebst chronischer Überlastung der Sozialkassen.
Schon in der Theorie ist klar, dass ein oberhalb des Marktwertes, also jenseits
eines durch das Spiel von Angebot und Nachfrage fixierten Preises (im Falle von
Löhnen eben des Preises der Arbeit), zu einem Nachfragerückgang führt. Darüber
hinaus liegen nicht wenige empirische Untersuchungen zur Frage erzwungener
Mindestlöhne vor. Besonders dem afroamerikanischen Ökonomen Thomas Sowell
sind einige erhellende Einsichten zur desaströsen Konsequenz verordneter
Arbeitspreisdiktate zu verdanken (siehe zwei der drei Links an Ende des Beitrags).
Die liberale Denkfabrik „Agenda Austria“ nennt eine Zahl von etwa 20.000
Arbeitsplätzen im Segment der geringqualifizierten Arbeitnehmer, die im Falle einer
1.500-Euro-Regelung in Österreich verloren gehen könnten (Link am Ende des
Beitrags). Es liegt auf der Hand, dass die Begrenzung der Löhne nach unten, zudem
eine fatale Kettenreaktion in Gang setzen wird: Wenn höher qualifizierte Arbeitskräfte
erkennen, dass bisher niedriger entlohnte Kräfte mit ihnen gleichziehen, werden
auch sie Forderungen erheben, was den Gesamtlohnaufwand für die Unternehmen
zusätzlich in die Höhe treiben wird.
Die Reaktionen darauf können unterschiedlich ausfallen. Bestimmte Arbeiten
könnten nicht mehr oder nur noch deutlich reduziert nachgefragt werden. Beispiel:
Die Reinigungskraft wird nur noch im Zweiwochenrhythmus, anstatt jede Woche
beschäftigt. Andere Möglichkeit: Betriebsverlagerungen ins arbeitskostengünstigere
Ausland. Oder: Fertigungsbetriebe erhöhen den Kapitaleinsatz und ersetzen
Arbeitskräfte durch Maschinen. Den von den Arbeitnehmervertretern behaupteten
Zielen Kaufkraftsteigerung und Armutsbekämpfung ist in keinem der Fälle gedient.
Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind besser dran, wenn sie Lohn- und
Arbeitszeitverhandlungen auf Betriebsebene führen. In einer immer stärker
differenzierten Arbeitswelt sind one-size-fits-all-Vorschriften (Flächenkollektivverträge
oder gesetzlich verordnete Lohnhöhen) unsinnig. Was für Branche A und Betrieb X
gut ist, kann für Branche B und Betrieb Y katastrophale Konsequenzen haben.
Woher Politiker und Bürokraten die Chuzpe nehmen, besser als die Betroffenen zu
wissen meinen, was denen guttut, steht dahin. Das Schicksal jedes einzelnen
Arbeitnehmers und Betriebes ist jedenfalls zu wichtig, um die Entscheidung darüber
einem Klüngel anmaßender Politiker und Funktionäre zu überlassen.
Fazit: Wer Preise diktiert, gleich ob für Löhne oder für Waren, schadet damit
allen: Produzenten, Konsumenten, Arbeitgebern und –Nehmern. Wäre schön, wenn
diese einfache Lektion von den Protagonisten der Planwirtschaft endlich gelernt
würde.
Sowell 1: http://www.nationalreview.com/article/415569/ruinous-compassion-minimum-wage-laws-thomas-sowell
Sowell 2: http://www.twincities.com/2012/02/07/thomas-sowell-the-minimum-wage-a-disaster-for-young-and-poor-black-people/
Agenda Austria: https://www.agenda-austria.at/publication/mindestlohn-policy-brief/
[email protected]
Andreas Tögel
II
16.02.17