STAN D PU N KT REVISION DES MWST-GESETZES – LETZTE CHANCE FÜR WEITERE VERBESSERUNGEN Mit einem Einheitssatz und der Abschaffung aller Steuerausnahmen wurde 2008 die ideale Mehrwertsteuer (MWST) angestrebt. Davon ist heute nicht mehr die Rede; der Nationalrat hat die Revision des Mehrwertsteuergesetzes (MWSTG) in der Sommersession 2013 ohne Gegenstimme beerdigt. Er hat aber eine Motion angenommen, die den Bundesrat beauftragt, dem Parlament Vorschläge zu einer kleinen Revision des MWSTG zu unterbreiten. Der Bundesrat wird diese Vorschläge voraussichtlich noch dieses Jahr in die Vernehmlassung geben. Es wird für lange Zeit die letzte Chance sein, das MWSTG in entscheidenden Punkten anzupassen. Recht und Praxis verbessern. Der Bundesrat hat schon in der Botschaft zum Zwei-Satz-Modell eine Reihe von Neuregelungen vorgeschlagen, die auf parlamentarischen Vorstössen, vom Eidg. Finanzdepartement gewünschten sowie gesetzessystematisch bedingten Änderungen beruht. Weitere Vorschläge stammen vom Konsultativgremium, das auch mit Vertretern der Treuhand-Kammer besetzt ist und der Eidg. Steuerverwaltung (ESTV) Anpassungen des MWSTG und der Praxis vorschlägt. So sind Anpassungen bei den ausgenommenen Leistungen, bei der Bezugsteuer, bei der Margenbesteuerung und beim Verfahren vorgesehen. Die Steuerpflichtigen, insbesondere die für die MWST verantwortlichen Personen und deren Berater sowie die Branchenvertreter sind aufgerufen, sich an diesem Prozess aktiv zu beteiligen, damit weitere Verbesserungen des MWSTG – und der von der ESTV geübten Praxis – erreicht werden. Kalt und warm. Bei der Volksinitiative von Gastrosuisse, die die gastgewerblichen Leistungen dem gleichen Steuersatz unterstellen will wie die Lieferung von Nahrungsmitteln, ist ein Gegenvorschlag in Diskussion. Dieser sieht vor, dass bei den Take-Away-Betrieben zwischen warmen und kalten Speisen unterschieden werden soll. Die vorgeschlagenen Unterscheidungskriterien werden neue Abgrenzungsschwierigkeiten schaffen und sind kaum geeignet, die MWST zu vereinfachen. Entwurf Steuerstrafrecht stellt MWSTG in Frage. Gegensteuer ist auch bei der Revision des Steuerstrafrechts 642 nötig. Der Entwurf stellt eine Reihe von Errungenschaften des MWSTG in Frage. Insbesondere die Bestimmung, dass eine straffreie Selbstanzeige nur noch einmal möglich sein soll, trägt den Besonderheiten der MWST zu wenig Rechnung. Das heutige Konzept sieht vor, dass der Steuerpflichtige Fehler aus früheren Perioden zu korrigieren hat und nicht damit rechnen muss, dass er sich der Gefahr einer Strafuntersuchung wegen Steuerhinterziehung aussetzt. Zudem wird das Konzept der Finalisierung nach Art. 72 MWSTG in Frage gestellt. Heute haben die Quartalsabrechnungen provisorischen Charakter und der Steuerpflichtige hat die Pflicht, seine Abrechnung – im Normalfall bis Ende August des Folgejahres – zu prüfen. Mit der vorgeschlagenen Regelung müssten die Quartalsabrechnungen wieder materiell korrekt sein, weil sonst potentiell der Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt sein könnte. MWST-Satzerhöhungen werden an der Urne entschieden. Die MWST wird aber auch den Bürger an der Urne beschäftigen. MWST-Satzerhöhungen sind für die unterschiedlichsten Bedürfnisse geplant. So soll der Ausbau der Bahninfrastruktur mit einem MWST-Promille finanziert werden. Und auch die Steuerausfälle, die mit der Abschaffung der «Heiratsstrafe» bei den Einkommenssteuern entstehen, sowie die befürchteten Mindereinnahmen wegen der Abschaffung der Steuerprivilegien für Spezialgesellschaften sollen über die MWST ausgeglichen werden. Aber auch die Sozialwerke AHV und IV werden weiterhin über die MWST saniert werden müssen. MWST-Satzerhöhungen werden deshalb auch in Zukunft nicht zu vermeiden sein. Es ist aber zu beachten, dass jede Satzerhöhung auch Kosten verursacht. Eine Erhöhung um nur 0,1% sollte deshalb vermieden werden. Die Anpassungen bei den Steuerpflichtigen (Änderungen im EDV-System, bei den Kassen, auf den Rechnungen usw.) verursachen den gleichen Aufwand, unabhängig davon, ob der Steuersatz um 0,1 oder 1% erhöht wird. Und geringfügige Satzerhöhungen können kaum auf den Endkonsumenten überwälzt werden und reduzieren so die Marge. Wenn schon Satzerhöhungen, dann sollten sie gebündelt vorgenommen werden. Dr. Niklaus Honauer, Präsident des MWST-Kompetenzzentrums der Treuhand-Kammer, PwC, Zürich/Basel D E R S C H W E I Z E R T R E U H Ä N D E R 2013 | 10
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