Fingerschnippen“

Politik 5
FREITAG, 10. FEBRUAR 2017
Die Junge ÖVP Oberösterreich
sieht Stelzer als Mann mit einer
„Vision für Oberösterreich, der
weiß, in welche Richtung sich unser Land entwickeln muss“, so
Landeschefin Claudia Plakolm.
„Fels in der Brandung“:
Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter
(VP) sieht in Pühringer „einen, auf den man sich immer verlassen konnte“.
Lob: „Der richtige Mann
für dieses Amt“, befindet die Präsidentin des
VP-Seniorenbunds, Ingrid Korosec, über Thomas Stelzer.
Michael
Strugl: Der
zweite Mann
Das „Turbo-Duo“ und
der Doppelpass
LINZ. Mit dem Wechsel von Josef
Foto: Weihbold
„Das geht nicht mit einem
Fingerschnippen“
■
Der künftige Landeshauptmann Thomas Stelzer spricht im Interview mit
den OÖNachrichten über Stolz, den Reiz an der Politik und Parteisoldaten
Von Wolfgang Braun
und Anneliese Edlinger
LINZ. Um sechs Uhr früh ist er ges-
tern aufgestanden – wie immer,
sagt Thomas Stelzer. Aber stolz
war er natürlich schon an dem Tag,
an dem fix wurde, dass er Josef
Pühringer nachfolgen wird.
❚ OÖNachrichten: Landeshauptmann Thomas Stelzer – wie hört
sich das an?
ThomasStelzer: Klingt gut, aber ungewohnt.
❚ Wann
haben Sie das erste Mal
damit spekuliert, dass der Landeshauptmann-Posten einmal
etwas für Sie werden könnte?
So hat sich die Frage für mich nicht
gestellt. Ich habe erst begonnen,
mich damit auseinanderzusetzen,
als absehbar wurde, dass die Sache
in meine Richtung geht.
❚ Wann war das?
Das war ein längerer Prozess, aber
es war von Seiten des Landeshauptmannes früh klar, dass er mir ermöglichen will, in dieses Amt hineinzuwachsen.
❚ Wenn
einem solche Karrierechancen in Aussicht gestellt werden, dann muss das doch ein einschneidendes, markantes Ereignis sein, das man nie vergisst.
Es war im Zuge eines langen Gespräches im Büro von Josef Pühringer. Aber mehr will ich dazu nicht
sagen, ein paar Mysterien müssen
Sie uns schon lassen. In der Politik
kann man solche Dinge nicht planen, weil es so viele Unwägbarkeiten gibt. Es überrascht einen aber
dann natürlich schon, wenn einem
eine Persönlichkeit wie Josef Pühringer eröffnet: „Ich glaube, dass
du der Richtige bist.“
❚ Sind
Sie stolz?
Ja. Stolz schwingt schon mit. Aber
gleichzeitig auch ein Riesenrespekt, weil es eine gewaltige Aufgabe ist – es ist nicht nur eine Stufe
auf einer Karriereleiter.
❚ Politik
ist oft gnadenlos und extrem zeitraubend. Hatten Sie nie
den Gedanken, das tue ich mir
und meiner Familie nicht an?
Die Familie ist ein wesentlicher Bestandteil meines Lebens, das
macht mich auch aus. Darum ist
für mich klar, dass ich mir weiterhin ausreichend Zeit für meine Familie nehme – wenn auch vielleicht
nicht mehr ganz so viel wie bisher.
Aber es nützt niemandem, wenn
man das ganze Familienleben auf
dem Altar des Time-Management
opfert.
❚ Sie
sind bald der mächtigste Politiker im Land – wie beschreiben
Sie Ihr Verhältnis zur Macht?
Wenn man in der Politik gestalten
will, geht es nicht ohne Macht. Das
Geheimnis ist, sie auszuüben, ohne
dass sich andere herabgewürdigt
fühlen.
Ausgangslage ist nicht einfach. Die FPÖ liegt in manchen
Umfragen schon vor der ÖVP.
Neue Zeiten bringen auch neue Herausforderungen. Aber fest steht:
Wir tragen als ÖVP die Hauptverantwortung in diesem Land. Und
wir wollen, dass wir unsere Position natürlich wieder ausbauen.
,,
Ein paar
Mysterien
müssen Sie uns
schon lassen.“
Sie eigentlich einen
Traumberuf, bevor Sie in die Politik eingestiegen sind?
Ich war nach der Schule an so vielen
Dingen interessiert, dass ich überhaupt keine klar definierte Vorstellung hatte. Ich habe dann ein JusStudium absolviert und anschließend in einer Bank zu arbeiten begonnen, zuerst im Marketing, dann
im Vorstandsbüro. Hätte mich die
❚ Was hat den Reiz an der Politik
ausgemacht?
Ich war schon in der Jungen ÖVP
aktiv, mir hat das einfach Spaß gemacht. Aber eigentlich hatte ich die
Sache schon fast abgehakt, als
dann das Angebot kam, als Mitarbeiter in den Landtagsklub zu
wechseln. Das habe ich gemacht –
nicht zur Freude meiner Eltern.
❚ Als
Landeshauptmann werden
Sie vielleicht Korrekturen zum
Kurs von Josef Pühringer vornehmen müssen – wird das schwierig
für Sie?
Das Teamwork zwischen Pühringer und mir läuft total reibungslos,
das wird auch in Zukunft so sein –
selbst wenn man in neuen Zeiten
auch neue Antworten braucht.
❚ Sie
❚ Ihre
❚ Hatten
Politik nicht so gereizt, dann wäre
ich dort geblieben und hoffentlich
heute auch in einer führenden Position.
❚ ZUR
PERSON
❚ Thomas
Stelzer wurde am
21. Februar 1967 in Linz geboren. Er studierte Jus und
engagierte sich ab Mitte der
80er Jahre in der Jungen ÖVP
Oberösterreich. Von 1990 bis
1992 arbeitete er in der
Raiffeisenlandesbank, ehe er
sich voll der Politik widmete.
Er wurde Landesgeschäftsführer der ÖVP (2003), Klubchef im Landtag (2009) und
2015 LandeshauptmannStellvertreter. Stelzer lebt in
Wolfern, ist verheiratet und
hat zwei Kinder.
Persönliches Exemplar für AOM-Benutzer oevpooeferihumer - (C) APA-DeFacto GmbH. Alle Rechte vorbehalten.
sind ewig in der Partei, im
Apparat groß geworden. Würde
es Sie stören, wenn man Sie Parteisoldat nennt?
Soldat ist ein bisschen kriegerisch.
Aber natürlich habe ich Erfahrung
in der Politik gesammelt. Ich sehe
das positiv. Eine Bank würde sich
auch nicht jemanden aus einem anderen Gewerbe für eine Spitzenfunktion aussuchen.
Pühringer zu Thomas Stelzer
steigt auch Wirtschaftslandesrat Michael Strugl auf. Er wird
stellvertretender Landeshauptmann und zweitmächtigster
Mann in der Landes-ÖVP.
Die Rollenverteilung ist klar:
Strugl soll Stelzer den Rücken
freihalten, unangenehme Dinge
aus dem Weg räumen und, falls
nötig, Disziplin in der Partei
schaffen. So wie das einst Franz
Hiesl für Pühringer gemacht hat.
Dass Stelzer und Strugl als
eingespieltes Team wieder im
Paarlauf unterwegs sind, ist keine Selbstverständlichkeit. Noch
im Vorjahr hatte es zwischen
den beiden heftig gekracht,
nachdem der Wirtschaftsflügel
Anspruch auf das Finanzressort
erhoben hatte. Stelzer beharrte
darauf, dass die Finanzen auch
nach Pühringers Abgang beim
Landeshauptmann, also bei
ihm, bleiben müssten. Kurz vor
der Eskalation wurde der Konflikt mit einem Kompromiss eingefangen. Die Vereinbarung:
Stelzer bekommt das Finanzressort, Strugl ein Mitspracherecht.
Budgets und mittlere Finanzplanung sollen künftig von beiden
gemeinsam erstellt werden.
Freunde wie früher
Daneben wird auch Strugls Wirtschaftsressort ordentlich aufgewertet. Mit Wissenschaft, Forschung und der Zuständigkeit
für die Landesbetriebe. Damit
bekommt der schwarze Wirtschaftsflügel jenes große Standortressort, das vor allem die Industrie seit langem vehement
gefordert hat.
Der Streit vom Vorjahr sei
ausgeräumt, Schäden seien
nicht zurückgeblieben, versichern beide. Auch wenn es harte
Gespräche unter vier Augen gegeben habe, seien sie so wie früher wieder durch persönliche
Freundschaft verbunden.
Ob die beiden als „Turbo-Duo
den Doppelpass“ spielen werden, wo Michael Strugl die Flanken auflegt und Thomas Stelzer
die Tore schießt, wird sich zeigen.
(eda)
❚ Ist Politik ein eigenes Metier, ein
Handwerk, das man erlernt haben muss?
Politik braucht Erfahrung, das Umgehen mit Menschen, man muss
Mehrheiten suchen und für Ideen
begeistern. Das geht nicht mit einem Fingerschnippen. Ich will den
Brückenschlag zur Bevölkerung
schaffen, dann kann man auch für
Ziele begeistern. Und was ich unbedingt will, ist, bei alldem geerdet zu
bleiben.
Die neue Nummer zwei
Foto: gepa