Befindlichkeit THORSTEN STRASAS Hetze gegen Kritiker der Politik TelAvivs ist in der Bundesrepublik weit verbreitet. Sie ist für eine vermeintliche »Verteidigung Israels« zur Norm geworden. Die vorgebliche Bekämpfung von Antisemitismus wird dabei zur Farce. Von Moshe Zuckermann SEITEN 12/13 GEGRÜNDET 1947 · FREITAG, 10. FEBRUAR 2017 · NR. 35 · 1,60 EURO (DE), 1,80 EURO (AT), 2,30 CHF (CH) · PVST A11002 · ENTGELT BEZAHLT WWW.JUNGEWELT.DE Gefährlich Geschickt Gebremst Gespalten 2 3 5 6 Heiner Flassbeck: Deutscher AußenIn der neurechten Bewegung der handelsrekord belastet andere »Identitären« sammeln sich Länder. Siehe Kommentar Seite 8 nicht nur schlichte Mitläufer Bundesverwaltungsgericht stoppt vor- Die spanische Linkspartei Podemos läufig die Pläne zur Elbvertiefung. vor Kongress in schweren FlügelVon Burkhard Ilschner kämpfen. Von Carmela Negrete NATO will Stützpunkt in Neapel ausbauen Wieder nichts passiert Brüssel. Das westliche Kriegsbündnis NATO baut sein Streitkräftekommando im italienischen Neapel aus. Das wollen die Verteidigungsminister der Allianz laut Informationen der Deutschen Presseagentur bei ihrem Treffen in der kommenden Woche beschließen. Begründet wird der Schritt mit einer stärkeren Beteiligung an »internationalen Antiterroreinsätzen«. In der Hafenstadt soll zunächst ein Art Lage- und Koordinierungszentrum entstehen, wo etwa 90 Militärs Informationen aus Kriegsländern wie Libyen, Syrien oder dem Irak auswerten. Später könnten von dort aus auch Kriseneinsätze geleitet werden. Das Bundesverteidigungsministerium in Berlin prüft nach eigenen Angaben bereits, ob und, wenn ja, wie sich Deutschland an dem sogenannten Süd-Hub beteiligen könne. Auf dem NATO-Stützpunkt in Neapel seien bereits heute rund 80 Deutsche beschäftigt, sagte ein Sprecher am Donnerstag. (dpa/jW) BENOIT TESSIER/REUTERS; MONTAGE: jW Natürlich keine Gefahr: Das französische Atomkraftwerk Flamanville Explosion in französischem Atomkraftwerk Flamanville. Behörden wiegeln ab. Von Hansgeorg Hermann, Paris tiven Reaktoren von der mit insgesamt 91 Prozent Anteilen ebenfalls mehrheitlich staatlichen Areva. Der international tätige Atomkonzern traf auch eine Mitschuld am Reaktorunfall im japanischen Fukushima am 11. März 2011. Die Gesellschaft ist darüber hinaus einer der weltweit größten Uranproduzenten und betreibt im afrikanischen Niger drei Minen. Nicht zuletzt diesem Umstand verdankt die benachbarte Republik Mali den »humanitären« Einsatz der französischen Armee, die dort mit mehr als 3.000 Soldaten angeblich gegen den »internationalen Terrorismus« im Einsatz ist. Areva baut in Flamanville zur Zeit einen neuen Druckwasserreaktor vom Typ EPR und machte in den vergangenen Jahren auch hier vor allem mit enormen Steigerungen der vorgesehenen Baukosten und mit technischen Pannen Schlagzeilen. Aus den ursprünglich veranschlagten sechs Milliarden Euro, die der EPR bis zu seiner Fertigstellung in 2016 kosten sollte, wurden inzwischen rund elf Milliarden. Wann der Reaktor tatsächlich in Betrieb genommen werden kann, ist nicht absehbar. Zunächst am EPR-Projekt beteiligte Konzerne wie die deutsche Siemens und die italienische Enel zogen sich bereits 2012 zurück. Die Italiener begründeten ihren Schritt mit der wenig erstaunlichen Analyse, der Reaktor werde wegen der hohen Baukosten nie wirtschaftlich arbeiten können. Frankreich ist mit 58 Reaktoren in 19 Kernkraftwerken fast völlig abhängig vom Atomstrom und den beiden maßgebenden Atomkonzernen EDF und Areva. Dem militärisch-industriellen Komplex Frankreichs ist besonders daran gelegen, im Rahmen der Nut- zung der Kernenergie die Möglichkeiten seiner atomaren »Force de frappe« (Schlagkraft) zu erhalten. »Kleinere Ereignisse« wie der Unfall in Flamanville haben daher hohe Bedeutung für die Energiepolitik der jeweiligen Pariser Regierung. Mit Ausnahme der EELV hat es bisher keine Partei gewagt, Frankreichs vollständigen Ausstieg aus der Atomenergie zu verlangen. Auch die derzeitigen Kandidaten der politischen Linken für die Präsidentschaftswahl am 7. Mai, seien es der Sozialist Benoît Hamon oder der Wortführer der Linkspartei Parti de Gauche, Jean-Luc Mélenchon, rühren nicht an die Macht der Konzerne. Der von Skandalen verfolgte Präsidentschaftsaspirant der Rechten, François Fillon, verlangt in seinem Wahlprogramm sogar den Ausbau der französischen Atomindustrie. »Kraftanstrengung« gegen Flüchtlinge De Maizière: »Jeder« muss »mehr für Abschiebungen« tun V or dem Spitzentreffen im Kanzleramt zu schnelleren Abschiebungen hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) die Länder in die Pflicht genommen. »Wir brauchen eine gemeinsame Kraftanstrengung«, sagte de Maizière am Donnerstag im ARD»Morgenmagazin«. Jeder müsse nun Verantwortung übernehmen und mehr für Abschiebungen tun. Am Abend berieten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Länderchefs über einen 16-Punkte-Plan zur Flüchtlingspolitik. Das Maßnahmenpaket verfolgt das Ziel, Asylbewerber schneller außer Landes zu bringen. In dem Beschlussentwurf werden sogenannte Bundesausreisezentren erwogen, um Ausreisepflichtige zentral zu internieren. Über gesundheitliche Abschiebehindernisse sollen künftig Amtsärzte entscheiden. Weiterhin soll die Abschiebehaft erleichtert werden – eine Unschuldsvermutung ist nicht mehr vorgesehen. Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz der Länder, Markus Ulbig (CDU), machte sich für ein härteres Vorgehen gegen abgelehnte Asylbewerber stark. »Wir müssen die Fehlanreize für Ausreisepflichtige hierzulande abbauen. Dabei spielt das Thema Leistungskürzung eine wichtige Rolle«, sagte Sachsens Ressortchef der Welt. Wer kein Bleiberecht in Deutschland bekomme, »sollte aktiv nachweisen müssen, warum es für ihn einen Grund zur Duldung gibt«. Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, kritisierte die Planungen am Donnerstag. »Wer eine ›nationale Kraftanstrengung‹ bei Abschiebungen fordert, stärkt rassistische Stimmungen und fördert rechte Kräfte und Parteien im Land«, erklärte sie. »Wie die Bundesregierung gerade auf eine kleine Anfrage antwortete, gab es im Jahr 2016 insgesamt 25.375 Abschiebungen, das ist ein Anstieg um 21,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr, in dem sich die Abschiebezahlen bereits verdoppelt hatten. Zugleich wurden 54.069 geförderte sogenannte freiwillige Ausreisen registriert, 45 Prozent mehr als 2015.« (dpa/jW) Deutschland erzielt 2016 Rekordüberschüsse CHRISTIAN CHARISIUS/DPA-BILDFUNK E s ist mal wieder »nichts passiert«. Kein Problem, kein Unfall im »Nuklearbereich«, versicherten am Donnerstag die Präfektur Manche (Ärmelkanal) und die französische Energiebehörde, nachdem am Morgen eine Explosion im Atomkraftwerk Flamanville die Bewohner des gleichnamigen normannischen Dorfes aufgeschreckt hatte. Fünf Arbeiter hätten bei dem Vorfall, der sich angeblich im Maschinenraum des Reaktors I ereignete, leichte Rauchvergiftungen erlitten. Das AKW hat zwei Reaktoren in Betrieb, von denen einer nun abgeschaltet ist. Ein dritter Reaktor ist im Bau. Sprecher der Umweltpartei EELV (Europe Écologie – Les Verts) sahen in dem Unfall einen »neuerlichen Beweis dafür, dass Atomenergie nicht sicher ist und durch umweltfreundliche Energie ersetzt werden muss«. Betreiber des Kraftwerks ist die EDF (Électricité de France), an der der französische Staat 84,8 Prozent der Aktien hält. Konstruiert wurden die beiden ak- Berlin. Deutschland hat 2016 so viele Waren exportiert wie nie zuvor. Die Ausfuhren erreichten den Wert von 1,21 Billionen Euro. Das war eine Steigerung von 1,2 Prozent gegenüber 2015. Die Einfuhren stiegen um 0,6 Prozent auf 954,6 Milliarden Euro, erklärte das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden. Da Deutschland mehr Waren im Ausland verkauft als von dort einführt, stieg der Exportüberschuss auf den Rekordwert von 252,9 Milliarden Euro. Besonders kräftig war die Nachfrage in der Europäischen Union. Die Exporte dorthin stiegen um 2,2 Prozent auf 707,9 Milliarden Euro. Ausfuhren in Länder außerhalb der EU sanken dagegen um 0,2 Prozent auf 499,6 Milliarden Euro. (Reuters/jW) Siehe Seiten 2 und 8 wird herausgegeben von 1.998 Genossinnen und Genossen (Stand 26.1.2017) n www.jungewelt.de/lpg
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