Tagblatt: Anstoss kommt von innen 28. Januar 2017

Wirtschaft 13
Samstag, 28. Januar 2017
Die Zahl
Nachgefragt
2,3
«Streben nach
Verbesserungen»
Zu den Referenten am diesjährigen Rheintaler Wirtschaftsforum
hat auch Jens Breu gezählt. Im
Interview spricht der Chef der
SFS-Gruppe über Veränderung.
Millionen Euro beträgt das Gesamtvolumen, das der Vatikan
in Euromünzen prägen darf.
Zwar ist der Vatikanstaat kein
EU-Mitglied, aber ein Abkommen mit der Union erlaubt ihm
dies. Wie nun bekannt wurde,
will Papst Franziskus sein Konterfei allerdings nicht mehr auf vatikanischen Euromünzen sehen.
Die neuen Prägungen für 2017
ziert nur noch das päpstliche
Wappen. Das vatikanische Amt
für Philatelie und Numismatik
bestätigte, dass Franziskus persönlich diesen Entscheid getroffen habe. Erstmals seit der Euroeinführung im Vatikan 2002 ist
damit kein regierender Papst auf
den Münzen zu sehen. Bisher war
Franziskus in drei verschiedenen
Versionen auf vatikanischen
Münzen abgebildet. (apa)
Im Solarflugzeug die Welt umrundet: André Borschberg, einer der Redner am Rheintaler Wirtschaftsforum in Widnau.
SFS hat
wieder Schub
Erholung Die Industriegruppe
SFS mit Sitz in Heerbrugg ist
2016 zurück auf den Wachstumspfad gekehrt. Auch die Profitabilität verbesserte sich. Der Umsatz
von 1,437 Mrd. Fr. entspricht
einer Steigerung von 4,4% gegenüber 2015. Hatte damals der
Frankenschock die Performance
noch belastet, wirkten sich Wechselkurseffekte 2016 leicht positiv
aus. Wie der Hersteller für mechanische Befestigungssysteme
und Präzisionsformteile mitteilte, erreichte das organische
Wachstum im Kerngeschäft sogar 5,9%, was einer klaren Verbesserung gegenüber 2015
gleichkommt. (sda)
Zäsur für Vögele
in den Niederlanden
Konkurs Die Niederlassung des
angeschlagenen Schweizer BekleidungskonzernsCharlesVögele
hat in den Niederlanden Konkurs
angemeldet. Betroffen sind 95
Standorte mit rund 700 Mitarbeitern. Der Schritt kommt nicht
überraschend. Die Investorengruppe Sempione Retail um den
italienischen Modekonzern OVS
hatte bereits im Dezember angekündigt, sich auf die strategischen Märkte Schweiz, Österreich, Ungarn und Slowenien zu
konzentrieren. (sda)
Bild: Ralph Ribi
Anstoss kommt von innen
Technologie Der digitale Wandel ist letztlich keine technische Frage. Den Ausschlag für
den Erfolg gibt die innere Einstellung, hiess es am 23. Rheintaler Wirtschaftsforum.
Thorsten Fischer
Ein Zauberer verblüffte die Teilnehmenden des Rheintaler Wirtschaftsforums (Wifo) mit aussergewöhnlichen digitalen Tricks
kurz vor der Pause. Im eigenen
Alltag kommt die Digitalisierung
vielen Leuten aber nicht mehr so
magisch vor wie in den Anfängen.
Sei es, weil man sich langsam an
die vielen Aspekte gewöhnt, die
Schritt für Schritt das Leben umkrempeln. Sei es, weil man negative Folgen befürchtet, etwa den
Verlust von Arbeitsplätzen.
Ein Pilot auf
aussergewöhnlichem Flug
Das Wifo in Widnau hatte sich
«der Kraft der Veränderung» und
den Voraussetzungen für
die neue Unternehmens- und
Arbeitswelt verschrieben. Natürlich spielt die Digitalisierung
hierbei eine grosse Rolle. Das
eigentliche, übergeordnete Thema war aber der persönliche
Umgang mit dem Wandel.
André Borschberg, einer der
Referenten am gestrigen Forum,
ist dabei zweifellos jemand, der
mit Herausforderungen umzugehen weiss. Borschberg diente
in der Luftwaffe und war auch
Linienpilot. 2015 und 2016 unter-
nahm er zusammen mit Bertrand Piccard die erste Weltumrundung in einem Solarflugzeug. Eine Idee, geboren in der
Schweiz. Die Umsetzung dieses
SwissQPrint
ausgezeichnet
Präzision Der Preis der Rhein-
taler Wirtschaft ist am Wifo der
SwissQPrint aus Kriessern überreicht worden. Das Unternehmen
zeige, was die Kraft der Veränderung innert kurzer Zeit bewegen
könne, hiess es in der Laudatio.
Die Firma, die Grossformatdrucker entwickelt und herstellt,
wurde vor gut neun Jahren gegründet. Der Mitarbeiterbestand
wuchs von 5 auf 75 Personen.
Heute zähle die Firma zu den
weltweiten Top 5 in ihrer Branche. Die hochwertigen Digitaldrucksysteme erlauben die professionelle Beschriftung und
Bebilderung unterschiedlichster
Oberflächen. Mit ihrer Präzision
und dem Ingenieurwissen sei sie
ein passender Botschafter für das
Rheintal – nach innen und nach
aussen. (T.F.)
Plans sei unmöglich, habe es anfangs immer wieder geheissen,
erinnerte sich Borschberg. Ein
Flugzeug zu bauen, das praktisch
ewig fliegt, die Sonne nutzt,
ausserdem auch durch die Nacht
fliegen muss und nicht schwerer
als ein Auto sein darf. Ein langer
Anforderungskatalog, dem das
Solar Impulse Team mit Wissenschaftern und Ingenieuren in jahrelanger Arbeit näherkam.
Es sei entscheidend gewesen,
die richtige Kultur im Team zu
schaffen, sagte Borschberg. Denn
am Anfang bestehe jeweils die
Gefahr, dass jeder seine Sicht auf
die Dinge für die einzig richtige
halte und dies den anderen auch
noch beweisen wolle. Auf diese
Weise gehe viel Energie verloren.
Er riet, Berührungsängste abzubauen: Eine eigene Lösung
könne man immer auch entwickeln, wenn man das Wissen der
anderen einbeziehe. Sich aufs
Umfeld einzulassen und es bewusst wahrzunehmen sei auch für
die langen, einsamen Nachtflüge
über die Ozeane wichtig gewesen.
Bei geschlossenen Augen hätten
ihm zwar manchmal bereits kleine Geräusche des Solarflugzeugs
Sorgen bereitet. Weil er Lösungen
und Auswege im Vorfeld aber
schon gedanklich durchgespielt
hatte, konnte er sich rasch wieder
auf seine Aufgabe konzentrieren.
Moderatorin Susanne Wille
konfrontierte Borschberg indes
auch mit kritischen Stimmen, die
es nach dem Solarflug gab – die
Technik habe im Einzelfall funktioniert, sie sei aber nicht massentauglich, hiess es in der Öffentlichkeit etwa. Borschberg erinnerte an die historischen Flüge
der Gebrüder Wright: Sie waren
damals zunächst bloss einige
hundert Meter weit geflogen –
mit der Technologie, die später
den Alltag revolutionierte.
Ermutigendes vom
Wirtschaftsminister
Aufmunternde Worte zur Digitalisierung gab es für das WifoPublikum auch von Bundesrat
Johann Schneider-Ammann. Der
Wirtschaftsminister redete die
Herausforderungen dabei nicht
klein. Doch er betonte, in Zusammenarbeit von Wirtschaft und
Politik sei der Wandel zu bewältigen. Schneider-Ammann brach
in Widnau zudem eine Lanze für
die Unternehmenssteuerreform
(USR) III. Diese schaffe Rechtssicherheit. Wie sich in den letzten
Tagen gezeigt hat, könnte es bei
der Abstimmung am 12. Februar
allerdings eng werden.
Ein Sackmesser zum Trost
Abgasskandal In der Schweiz wurden mittlerweile 65 000 Autos umgerüstet. Die Lenker bekommen
danach ein kleines Geschenk. «Ein Hohn», sagt der Konsumentenschutz – und fordert Schadenersatz.
Ein 100-Franken-Gutschein für
den nächsten Service, ein kleines
Sackmesser, ein Schlüsselanhänger, ein Etui und eine Broschüre:
Dieses Geschenkpaket des
Schweizer VW-Generalimporteurs Amag bekommen alle rund
175 000 Schweizer Autofahrer,
die vom Dieselskandal betroffen
sind. Zur Erinnerung: Volkswagen hat mit einer Software Dieselmotoren so manipuliert, dass
sie auf dem Prüfstand einen ge-
ringeren Schadstoffausstoss vorgetäuscht haben.
Weltweit sind 11 Mio. Fahrzeuge der Marken Volkswagen,
Audi, Seat und Skoda betroffen.
Bis dato wurden in der Schweiz
65 000 Autos mit einem Software-Update so umgerüstet, damit sie wieder alle gesetzlichen
Anforderungen sowie die gültigen Abgasnormen erfüllen. Mit
der Umrüstung seien keine nachteiligen Veränderungen der Ver-
brauchswerte, Leistungsdaten
und Geräuschemissionen verbunden, verspricht VW.
Nach dieser Umrüstung wird
den Kunden in der Schweiz das
Geschenkpaket von Amag in die
Hände gedrückt. Das Paket sei
«eine rein schweizerische, freiwillige Goodwill-Aktion seitens
des Markenpartners und der
Amag», sagt Sprecher Dino Graf.
Eine Aktion, die rund 20 Mio. Fr.
kosten dürfte. Im Vergleich mit
den Milliardenbeträgen, die VW
in den USA für Entschädigungen
leisten muss, ist das allerdings
sehr wenig.
Sara Stalder, Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz, sagt: «Dieses Geschenkpaket ist ein Hohn für die
betroffenen Kunden.» Sie fordert
von Amag beziehungsweise VW
Entschädigung in der Höhe von
mehreren tausend Franken pro
Fahrzeug. «Auf dem Occasions-
markt verlieren diese Fahrzeuge
an Wert», begründet Stalder die
Forderung. Amag widerspricht
allerdings dieser Behauptung:
«Es gibt keinen nennenswerten
Wertverlust bei den Occasionen.
Das bestätigen unabhängige
Fachstellen wie Eurotax oder
Autoscout. Und das zeigen auch
unsere eigenen Erkenntnisse»,
sagt Amag-Sprecher Dino Graf.
Maurizio Minetti
Jens Breu, welche Veränderungen sind bei SFS zentral,
damit das Unternehmen fit
bleibt für die Zukunft?
Das Streben und Suchen nach
ständigen Verbesserungen ist
Grundvoraussetzung, um auch in
Zukunft wettbewerbsfähig zu
bleiben. Aktuell laufen beispielsweise umfassende Anstrengungen, um die Profile der Produktionswerke zu schärfen und auf
Produkte und Prozesse auszulegen, die ihren jeweiligen Wettbewerbsvorteilen entsprechen. So
kann die Leistungsfähigkeit der
Werke erhöht werden. Die
Schweizer Produktionswerke
werden auf besonders Knowhow- und kapitalintensive Produkte und Prozesse mit hoher
Innovationskraft und Wertschöpfung ausgerichtet.
Inwieweit muss die Belegschaft Bereitschaft zeigen für
Veränderungen?
Für den Erfolg von SFS ist die
positive Einstellung der Mitarbeitenden gegenüber Veränderungen von entscheidender Bedeutung. Das Streben nach kontinuierlicher Verbesserung ist eine
Grundhaltung, die schon seit jeher im SFS-Leitbild verankert ist
und gelebt wird – und es ist eine
wichtige Voraussetzung dafür,
Jens Breu, Chef des Technologiekonzerns SFS.
Bild: Urs Bucher
dass wir auch heute noch als Industrieunternehmen mit Schweizer Standorten wettbewerbsfähig
sind auf dem Weltmarkt. Zudem
braucht es eine enge Partnerschaft mit den Mitarbeitenden,
um gemeinsam die notwendigen
Voraussetzungen für den Erfolg
zu gestalten.
Welche Arbeitsplätze sind bei
SFS am stärksten von Veränderungen betroffen?
Die Veränderungsnotwendigkeit
variiert je nach Division, denn
jeder Bereich weist teilweise
komplett unterschiedliche Kundenbedürfnisse respektive Herausforderungen auf, auf die er
eingehen muss. Sicherlich sind
Branchen mit eher langen Innovationszyklen sowie Produkte
mit tiefem Innovationsgehalt weniger geeignet für den Schweizer
Werkplatz.
Wie beurteilen Sie die Aussichten für 2017, auch unter
Berücksichtigung der anhaltenden Frankenstärke?
Wir sind zuversichtlich. Dank
eines grundsätzlich positiven
Marktumfelds und der Lancierung wichtiger Neuprodukte nehmen wir attraktive Wachstumsimpulse wahr. Mit der erwähnten
Schärfung der Produktionsprofile werden wir weitere Fortschritte erzielen und zunehmend besser mit der Frankenstärke umgehen können. (T.G.)