Zusammenfassung 20. Stunde

PD Dr. Falk Mylich
VL Gesellschaftsrecht & Kapitalgesellschaftsrecht WS 2016/17
Stunde 20
Thema 1: Der GmbH-Geschäftsführer
Die Regelungen zum GmbH-Geschäftsführer finden sich in den §§ 35-44 GmbHG.
Durch die größere Flexibilität der GmbH sind sie nicht so detailliert ausgestaltet wie
die Regelungen zum Vorstand der AG. Grundsätzlicher Unterschied ist die
Weisungsgebundenheit gem. § 37 Abs. 1 GmbHG im Innenverhältnis. Gem. § 37
Abs. 2 GmbHG sind jedoch im Außenverhältnis keine Beschränkungen möglich.
Auch die Regelung gem. § 46 Nr. 7 GmbHG zur Zuständigkeit für die
Prokuristenbestellung ist eine Binnenkompetenz für die Gesellschafterversammlung.
Hingegen hat er eigene Leitungsmacht dort, wo das Gesetz zwingende Pflichten
statuiert. Er muss zwingend die Regeln des Bilanzrechts (§§ 41-42a GmbHG, § 264
Abs. 1 HGB), des Kapitalschutzes (§§ 5, 9 ff., 19, 30 ff. GmbHG) und die Pflichten in
der Krise (§ 64 GmbHG, § 15a InsO) beachten. Natürlich hat er alle sozial-, abgabenund öffentlich-rechtlichen Pflichten zu beachten. Zweiter grundlegender Unterschied
zum Vorstand ist der Bestellungswiderruf gem. § 38 GmbHG ohne einen wichtigen
Grund. Umstritten ist hier, ob der Geschäftsführer sich wehren kann, wenn lt. Satzung
nur aus wichtigem Grund die Bestellung widerrufen werden kann. Das wird von der
h.M. abgelehnt mit der Begründung, dass der Geschäftsführer sich von der
Gesetzeskonzeption her bereits nicht gegen eine grundlose Abberufung wehren
könne. Der Gesellschafter-Geschäftsführer ist bei der Abberufung aus wichtigem
Grund regelmäßig vom Stimmrecht ausgeschlossen. Er kann den Beschluss analog
§ 243 AktG in der Gesellschafterversammlung mit dem Verweis auf den
unzutreffenden Stimmrechtsausschluss anfechten, weil kein wichtiger Grund
vorgelegen habe.
Grundsätzlich ist der Geschäftsführervertrag auch ein Dienstvertrag. Jedoch wird das
nur noch für den einflussreichen Gesellschafter-Geschäftsführer anerkannt. Der
Fremdgeschäftsführer, aber auch der „schwache“ Gesellschafter-Geschäftsführer
werden arbeitsvertraglich geschützt. Grundsätzlich anwendbar ist das AGG,
insbesondere zur Altersdiskriminierung (§ 6 Abs. 3 AGG, BGHZ 193, 110). Beachtet
man dieses, kann in der Satzung unproblematisch vorgegeben werden, wer nach
welchen Qualifikationen (persönliche, fachliche etc.) zum Geschäftsführer bestellt
werden kann.
Das Prinzip der Bestellung, Anstellung und Abberufung funktioniert wie beim
Vorstand der AG. Organisationsakt und Vertrag sind zu trennen. Praktisch wichtig ist
der Katalog aus § 6 GmbHG dahingehend, wer kein Geschäftsführer sein kann.
Wesentlich sind hierbei vorausgegangene Insolvenzdelikte unabhängig vom Strafmaß
und Vermögensdelikte, die mit einem Jahr Gefängnis bestraft worden sind. Praktisch
hat das enorme Bedeutung; vielfach gründen derartige Personen gleichwohl eine
Gesellschaft und schieben dann einen Dritten als Geschäftsführer vor. In Wahrheit
führen sie die Geschäfte. Dann ist vom faktischen Geschäftsführer zu sprechen
(grundlegend BGHZ 119, 257). Bei der Ein-Mann-GmbH haftet der faktische
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Geschäftsführer, so er der Gesellschafter ist, nicht analog § 43 Abs. 2 GmbHG bzw.
nicht gem. § 687 Abs. 2 BGB bzw. nicht aus der Verletzung einer Treuepflicht.
Thema 2: Die Haftung des Geschäftsführers
Der Geschäftsführer haftet gem. § 43 Abs. 2 GmbHG für Pflichtverletzungen
gegenüber der Gesellschaft. Folgende fünf Pflichtengruppen werden in der Literatur
angeführt: Beachtung des GmbH-Rechts, Beachtung der Rechtsordnung, kollegiale
Zusammenarbeit, Treuepflicht und Beachtung der allgemeinen Sorgfalt. Für letztere
Pflichtengruppe kann auf § 93 Abs. 1 S. 2 AktG zurückgegriffen werden. Der
Geschäftsführer haftet nicht gem. § 43 Abs. 2 GmbHG, wenn er auf Weisung der
Gesellschafterversammlung handelt. Das gilt aber nicht für ggf. weitere einschlägige
Anspruchsgrundlagen (z.B. wenn er Dritte schädigt oder den Kapitalschutz in der
Gesellschaft untergräbt). Ebenso führt die Entlastung im GmbH-Recht anders als im
Aktienrecht zum Haftungsausschluss, wenn die Umstände den Gesellschaftern bei
Beschlussfassung in etwa bekannt waren (BGHZ 97, 382). Für das Verschulden gilt
trotz Fehlens einer Vorschrift wie § 280 Abs. 1 S. 2 BGB bzw. § 93 Abs. 2 S. 2 AktG eine
Beweislastumkehr zu Lasten des Geschäftsführers. Er muss sein fehlendes
Verschulden nachweisen. Ob ein Mitverschulden der Gesellschaft die Haftung dem
Grunde nach mindern kann, ist umstritten. Die h.M. lehnt das ab. Das Problem kann
diskutiert werden, wenn der Geschäftsführer hinsichtlich einer pflichtverletzenden
Maßnahme die Gesellschafterversammlung nicht fragt, diese aber Kenntnis hat und
das Handeln nicht unterbindet. M.E. lässt sich in dieser Konstellation ein
Mitverschulden der Gesellschaft gut begründen.
Gem. § 43 Abs. 3 GmbHG haftet der Geschäftsführer außerdem, wenn er schuldhaft
seine Pflichten zur Erhaltung des Stammkapitals verletzt hat. Anders als die
Erstattungspflichten der Gesellschafter gem. § 31 GmbHG ist diese Haftung
grundsätzlich von einem Verschulden abhängig. Liegt der Tatbestand vor, kann aber
anders als bei § 43 Abs. 2 GmbHG die Haftung nicht erlassen werden. Der
Gläubigerschutz hat Vorrang.
Haftung gegenüber Dritten ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Zunächst haftet
der Geschäftsführer, wenn er absolut geschützte Rechtsgüter von Dritten verletzt. Die
GmbH haftet auch, wenn über § 31 BGB das Verhalten zugerechnet werden kann.
Handelt es sich hingegen um die Verletzung von Verkehrssicherungspflichten, kann
man eine Haftung ablehnen mit dem Argument, dass eine solche ausschließlich die
GmbH als Körperschaft treffe. Der BGH hat hingegen bei der Veräußerung von
Vorbehaltseigentum und Einziehung der Forderungen in der Krise der GmbH auf eine
Verletzung des Eigentums abgestellt und den Geschäftsführer direkt gegenüber dem
Vorbehaltsverkäufer haften lassen (BGHZ 109, 257). Aktuelle Rechtsprechung
differenziert bei Wettbewerbsverstößen wie folgt (BGHZ 201, 344): Der
Geschäftsführer haftet nach außen nur bei einem selbst begangenen
Wettbewerbsverstoß bzw. einem solchen, für dessen Verhinderung ihn eine
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Garantenpflicht trifft. Das bloße Geschehenlassen von Wettbewerbsverstößen genügt
nicht für eine Außenhaftung. Der Geschäftsführer haftet aber auch, wenn er ein
Geschäftsmodell in Gang setzt, das auf Wettbewerbsverletzungen angelegt ist.
Außerdem haftet ein Geschäftsführer für Verletzungen von Schutzgesetzen,
insbesondere bei verspätetem Insolvenzantrag (zu § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a InsO
bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a StGB am Ende der Vorlesung).