Die Kommune erstreiten!

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Sonnabend/Sonntag, 28./29. Januar 2017, Nr. 24
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I
n Zeiten großer Verwirrung ist es
besonders wertvoll, auf eine Zeitung mit klaren Positionen zurückgreifen zu können. Dabei ist unseren
Leserinnen und Lesern grundsätzlich
zu empfehlen, mit Medien kritisch umzugehen, geraden mit den selbst genutzten. Denn diese Klarheit ist zu erarbeiten und darf auch hinterfragt werden.
Bei der imperialistischen Supermacht gab es vor wenigen Tagen einen
Regierungswechsel. Diesmal schickt
die herrschende Klasse nicht einen
Handlanger ihres politischen Personals
ins Weiße Haus, sondern mit Donald
Trump einen Multimilliardär aus den
eigenen Reihen. Eigentlich nichts Besonderes, denn auch Trump hatte nur
eine Chance auf den Wahlsieg, weil die
herrschende Klasse für ausreichende
ökonomische wie mediale Ausstattung
sorgte. Und wir kennen das bereits aus
kleineren kapitalistischen Staaten, zum
Beispiel aus der Schweiz, wo sich der
Multimilliardär Christoph Blocher
schon seit Jahren eine eigene Partei und
Medien hält. Diese Erscheinungen sind
allerdings kein Ausdruck der Stärke
des kapitalistischen Systems, sondern
seiner wachsenden Schwäche. Denn
das Problem der besitzenden (und nur
deshalb herrschenden) Klasse ist, dass
sie weltweit ihre Legitimation verliert.
Schwäche des Systems
Die Wahlmaschinen beherrscht sie
noch, die Stimmung im Lande aber
immer weniger. Denn viele Menschen
zweifeln inzwischen daran, dass der
Kapitalismus bzw. seine Vertreter tatsächlich Lösungen für die aktuellen
Menschheitsprobleme hat bzw. haben.
Die Erkenntnis, dass der Kapitalismus die Probleme verursacht und abgeschafft gehört, liegt also gefährlich
nahe: Solange gesamtgesellschaftlich
produziert wird, die Erträge aber privatkapitalistisch eingeheimst und nur Verluste sozialisiert werden, solange also
die herrschende Klasse Produktivkräfte
und Gesellschaft so organisiert, dass
optimale Profite erwirtschaftet werden,
geschieht dies in ihrem, aber nicht im
Interesse der überwältigenden Mehrheit der Menschen auf diesem Planeten. Das zeigt sich auch in den USA dar-
Die Kommune erstreiten!
Die Antwort auf Trump kann nur die Verstärkung des Kampfes für eine andere
Gesellschaftsordnung sein. Von Dietmar Koschmieder
in, dass immer mehr Bewohner – trotz
massiver antikommunistischer Propaganda – Sehnsucht nach einer anderen
Welt haben, in der Profitlogik nicht
mehr das Maß aller Dinge ist. In dieser
Gemengelage trauten die Etablierten
der Kandidatin Hillary Clinton noch
zu, den Konkurrenten Bernie Sanders
auszuschalten. Aber eben nicht mehr,
die Wut auf dieses System in ganz andere Richtungen zu kanalisieren.
Trump wird das schon richten
Trump soll das nun richten. Als vermeintlicher Kämpfer gegen das verhasste Establishment. Auch da ist er
nur einer von vielen: Blocher in der
Schweiz, Björn Höcke in der Bundes-
oder gleich mit Krieg domestizieren?
Ist es effektiver, Gewerkschafter einzubinden oder niederzuknüppeln?
Viele Menschen haben den Kapitalismus einfach deshalb noch nicht satt,
weil sie ihn nicht durchschauen und
von linken Kräften keine glaubhafte
Alternative vermittelt bekommen. Aber
sie haben die meisten praktischen Auswirkungen dieses Systems satt: Kriege,
Armut, Terror, Arbeitslosigkeit, sinkende Bildungschancen, wachsende
Ausbeutung, Wohnungsnot, mangelnde Gesundheitsfürsorge und Zukunftschancen, das gegenseitige Ausspielen
von Geschlechtern, Religionen, Regionen, um nur einige Punkte zu nennen.
Aufklärung bedeutet heute vor allem,
auf materielle und historische Ursa-
teressanterweise erhält Trump in
Europa nicht nur Unterstützung von
rechts, sondern auch von Menschen
und Gruppen, die sich als links bezeichnen. Dahinter steckt eine Position, die von diesen seit längerem in
die deutschen Linke hineingetragen
wird: Breite Bündnisse bis ins rechte
Lager hinein seien notwendig, um
das Schlimmste, also Kriege, zu verhindern. Anstatt dem Kapital in die
Arme zu fallen, auf die Ursachen
von Kriegen hinzuweisen, für eine
gesellschaftliche Alternative zu mobilisieren. Statt dessen heißt es, man
dürfe nicht mehr so genau hinsehen,
mit wem man sich da gemein mache,
die politischen Grenzen der Vergangenheit seien überwunden. Wer aber
Wer aber tatsächlich glaubt, gemeinsam mit
reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen
Kräften könne man Kriege und Faschismus
verhindern, wird letztlich dazu beitragen, diese weiter
möglich zu machen.
republik, Marine Le Pen in Frankreich,
die Liste ist leider viel zu lang, um all
jene aufzuzählen, die angeblich gegen
das nationale Establishment kämpfen,
dessen Teil sie selbst sind. Sie vertreten vielleicht die Interessen einer
anderen Kapitalfraktion, haben gelegentlich in Detailfragen abweichende
Positionen – aber auch in den meisten
strittigen Punkten geht es letztlich nur
darum, wie die Kapitalverwertung am
effektivsten organisiert wird: Besser
durch Freihandel oder doch lieber über
Protektionismus? Sollen bürgerliche
Rechte hochgehalten oder eher dramatisch eingeschränkt werden? Kann
man Konkurrenz durch Umarmung
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Chefredaktion: Stefan Huth (V. i. S. d. P.), Arnold Schölzel (stellv.).
Verlagsleiter: Andreas Hüllinghorst.
chen dieser Probleme hinzuweisen.
Und auf die Notwendigkeit und Möglichkeit, sie zu überwinden. Das geht
nicht mehr, ohne das kapitalistische
System in Frage zu stellen. Alles andere ist pure Illusion.
Geld verdienen statt Krieg?
Solche Illusionen sollen nun rechte Führer verbreiten wie der neue
Präsident der Vereinigten Staaten.
Da ein paar Zölle, hier eine Mauer, offener Rassismus und Sexismus,
um Sonderrechte für den einen und
Unterdrückung für den anderen Teil
der Bevölkerung zu begründen. In-
tatsächlich glaubt, gemeinsam mit
reaktionären, chauvinistischen und
imperialistischen Kräften könne man
Kriege und Faschismus verhindern,
wird letztlich dazu beitragen, diese
weiter möglich zu machen.
In Deutschland hat die Debatte
noch einen besonderen Hintergrund.
Hier wird seit längerem eine Regierungskonstellation diskutiert, mit der
im Bundestag eine angeblich linke
Mehrheit geschaffen werden könnte:
eine Koalition aus Sozialdemokraten,
Grünen und der Partei Die Linke. Die
Besonderheit besteht darin, dass eine
solche Variante tatsächlich eine fortschrittliche wäre, wenn es der Links-
partei gelingen würde, dabei eine klare
antimilitaristische Haltung durchzusetzen (selbst wenn sie dafür soziale
Forderungen aufgeben würde). Gerade
das ist aber völlig ausgeschlossen: Die
Linke wird nur dann als Partner akzeptiert, wenn sie die angeblich neue,
tatsächlich aber uralte »Verantwortung
Deutschlands in der Welt« anerkennt
und die Ausweitung des militärischen
Aktionismus im Kapitalverwertungsinteresse unterstützt, zumindest duldet.
Genau dafür – und nur dafür – würde
sie überhaupt in einer Bundesregierung
mit Sozialdemokraten und Grünen gebraucht.
Deutsche Verantwortung
Mit der gleichen Logik, mit der uns
heute manche vormachen, man müsse Trump unterstützen, weil der »lieber Geld verdienen als Kriege führen
will«, weil er im Gegensatz zu seinen
Vorgängern nicht vordergründig und
direkt Krieg gegen Russland führen
wolle (sondern fürs erste geht es gegen Chinesen, Palästinenser, Iraner,
Frauen, Schwule und Mexikaner ...),
wird uns morgen erzählt, Linke müssten für das Projekt »Rot-Rot-Grün«
sein, weil nur dadurch Kriege verhindert würden. An Begründungen wird
es nicht mangeln. Die Grünen benutzten 1999 »die deutsche Verantwortung
nach Auschwitz«, um ihre Zustimmung zum Krieg gegen Jugoslawien
und damit ihren Schwenk vom Pazifismus zum Bellizismus zu legitimieren.
Heute wird der VII. Weltkongress der
Kommunistischen Internationale 1935
bemüht, um die Notwendigkeit von
Bündnissen mit Chauvinisten zu erklären. Einer der entscheidenden Unterschiede zu 1935 besteht aber darin,
dass die große Sowjetunion, die es
damals zu schützen galt, heute erst
noch erkämpft werden muss!
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