Thema Im Herbst 1913 fasste der siebenundzwanzigjährige Arnold Zweig in einem Brief an Martin Buber die eigene Selbstund Weltwahrnehmung wie folgt in Worte: »Für den Augenblick bin ich sehr theoretisch, sehr essayistisch, sehr jüdisch gestimmt.« In der unerwarteten Reihung brachte Zweig eine Affinität zum Ausdruck, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops auf doppelte Weise zu erkunden versuchen: Was »Theorie« bedeutet und was »jüdisch« heißt, ist jeweils nicht als feste Größe zu verstehen, sondern als Frage, die jeweils neu – und fallweise auch »essayistisch« – zu bestimmen ist. Teilnehmerinnen und Teilnehmer Dr. Nicolas Berg, Simon-Dubnow-Institut, Leipzig | Prof. Dr. Jörg Deventer, Simon-Dubnow-Institut, Leipzig | Dr. Elisabeth Gallas, Simon-Dubnow-Institut, Leipzig | PD Dr. Jan Gerber, Simon-Dubnow-Institut, Leipzig | Prof. Dr. Eva Geulen, Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin | Prof. Dr. Raphael Gross, Simon-Dubnow-Institut, Leipzig | Dr. Markus Kirchhoff, Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig | PD Dr. Mona Körte, Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin | PD Dr. Ernst Müller, Zentrum für Literaturund Kulturforschung Berlin | Dr. Falko Schmieder, Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin | Prof. Dr. Daniel Weidner, Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin In besonderer Weise gilt das auch für die Historisierung: Die jüdische Geschichte entzieht sich dem Paradigma einer Nationalgeschichte und lässt sich auf verschiedene Weise erzählen: als Sozial-, Religions-, Kultur- oder Wissensgeschichte, als Geschichte des Exils, der Akkulturation oder der Rückkehr zu einer eigenen kulturellen Vergangenheit. Auch die Geschichte der Theorie erweist sich als Frage, weil sie ebenfalls kein festes Narrativ aufweist, sondern zwischen ideengeschichtlichen, wissenssoziologischen und begriffsgeschichtlichen Zugriffen changiert und sich dabei keineswegs in der Geschichte wissenschaftlicher Disziplinen erschöpft. Dass jüdische Autoren in der Geschichte der Theoriebildung eine zentrale Rolle gespielt haben, ist schon oft bemerkt worden, genannt seien nur Karl Marx, Moritz Lazarus, Georg Simmel, Sigmund Freud, Karl Mannheim, Ludwik Fleck, Walter Benjamin, Theodor W. Adorno und Hannah Arendt. Über dieses Faktum hinaus bezieht der Workshop die Problematik der Theoriegeschichte und die komplexe Auffassung der diasporischen Geschichte der Juden in der Moderne aufeinander und fragt, wie heute komplexe und spezifische kulturelle Zugehörigkeiten zum Judentum in die Historisierung der Theorie zu integrieren sind und wie diese Reflexion der Zugehörigkeiten sich der Sprache der Theorie bedient. KONTAKT Dr. Nicolas Berg Simon-Dubnow-Institut für jüdische Geschichte und Kultur Goldschmidtstraße 28 04103 Leipzig Tel. +49 341 21735-50 | Fax +49 341 21735-55 [email protected] | www.dubnow.de Abbildung: Ohne Titel (2016). © Simon-Dubnow-Institut für jüdische Geschichte und Kultur e. V. an der Universität Leipzig/Fotografin: Carina Röll. Workshop 10. Februar 2017 Theoriegeschichte und Jüdische Geschichte Freitag, 10. Februar 2017 10:15Begrüßung Raphael Gross (Leipzig) Eva Geulen (Berlin) Freitag, 10. Februar 2017 14:15 Einführung und Moderation Nicolas Berg (Leipzig) Daniel Weidner (Berlin) 10:30 Panel II: Texte und Diskurse Buchvorstellung mit den Autoren Mona Körte (Berlin) »methodisch – unmethodisch«: Zum Status des Versuchs in Arnold Zweigs Essays 17:00Moderation: Markus Kirchhoff (Leipzig) Daniel Weidner (Berlin) Hinterlassenschaft und neue Generation: Georg Simmels Schüler Panel I: Begriffe und Konzepte Ernst Müller und Falko Schmieder (Berlin) Begriffsgeschichte und historische Semantik. Ein kritisches Kompendium (Berlin: Suhrkamp 2016) Jan Gerber (Leipzig) Karl Marx in Paris: Die Entdeckung der Klasse Ernst Müller (Berlin) »Latenzzeit von Begriffen«: Lazar Gulkowitsch und seine Begriffsgeschichte des jüdischen Geistes 12:00 Kaffeepause 12:15 Elisabeth Gallas (Leipzig) Begriffsbildung nach der Katastrophe: Netzwerke jüdischer Intellektueller in New York 13:00 Mittagspause Um Anmeldung (nur für den Workshop erforderlich) unter [email protected] wird bis zum 7. Februar 2017 gebeten. 15:45 Kaffeepause 16:00 Nicolas Berg (Leipzig) »Goethe« als Theorietext des deutschen Judentums Veranstaltungsort: Simon-Dubnow-Institut für jüdische Geschichte und Kultur, Goldschmidtstraße 28, 04103 Leipzig
© Copyright 2024 ExpyDoc