- Willi Plum

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Oberlandesgericht Frankfurt am Main
Urt. v. 13.04.2016, Az.: 19 U 110/15
Keine Bearbeitungsgebühr aufgrund AGB für gewerbliches Darlehen
V er f ah r en s g a n g :
vorgehend:
LG Gießen - 15.05.2015 - AZ: 3 O 426/14
nachgehend:
BGH - AZ: XI ZR 176/16, Revision zurückgenommen
OLG Fr a n k f u r t a m M a i n , 1 3 .0 4 .2 0 1 6 - 1 9 U 1 1 0 / 1 5
Ten o r :
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 15.05.2015 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des
Landgerichts Gießen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 18.500,- EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.04.2005 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die
Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der aufgrund der
Urteile vollstreckbaren Beträge abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110
% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird in Bezug auf die Beklagte zugelassen.
Gr ü n d e
I.
Der Kläger, Darlehensnehmer eines von der Rechtsvorgängerin der Beklagten gewährten Darlehens,
nimmt die Beklagte gestützt auf zwei Urteile des Bundesgerichtshofs vom 13.05.2014 (Az.: XI ZR
405/12 und XI ZR 170/13, juris) auf Rückzahlung eines Bearbeitungsentgelts in Höhe von 1 % des
Darlehensbetrages in Anspruch. Neben der Frage, ob es sich bei der betreffenden
Vertragsbestimmung um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (kurz: AGB) handelt, streiten die
Parteien weiter darüber, ob der Kläger bei Abschluss des Darlehensvertrages als Verbraucher
gehandelt hat und ob die zitierte Rechtsprechung ggf. auch auf Unternehmer Anwendung findet.
Wegen Einzelheiten zum Sach- und Streitstand erster Instanz wird auf die tatsächlichen
Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung
stattgegeben und hierzu ausgeführt, die Klausel über die Erhebung einer Bearbeitungsgebühr stelle
eine Allgemeine Geschäftsbedingung dar. Eine andere Möglichkeit der Vertragsgestaltung habe
mangels Aushandels nicht zur Disposition gestanden. Diese Klausel sei als kontrollfähige
Preisnebenabrede einzustufen. Sie halte einer Inhaltskontrolle nicht stand, sondern verstoße gegen
§ 307 Abs.1 S.1, Abs.2 Nr.1 BGB, weil die Beklagte für die Kreditbearbeitung und Kreditauszahlung
anfallende Kosten nach dem gesetzlichen Leitbild des § 488 Abs.1 S.2 BGB durch den
laufzeitabhängig bemessenen Zins zu decken habe. Ein laufzeitunabhängiges Entgelt dürfe sie nicht
verlangen. Vielmehr sei das darlehensvertragliche Entgelt im Interesse eines ausgewogenen
Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung grundsätzlich von der Laufzeit des Vertrages
abhängig. Die vom Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 13.05.2014 (Az.: XI ZR 405/12) zu
Verbraucherdarlehensverträgen angestellten Erwägungen seien auf Verträge mit gewerblichen
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Kunden anwendbar, zumal die Annahme eines Verhandelns des Unternehmers auf Augenhöhe mit
der Bank lebensfremd sei. Vielmehr bestehe eine situative Unterlegenheit gegenüber der Bank.
Auch wenn Handelsbräuche i.S.v. § 346 HGB bei der Inhaltskontrolle zu berücksichtigen seien,
fehle es für Bearbeitungsentgelte im Verkehr mit gewerblichen Kunden an substantiiertem Vortrag
der Beklagten. Der Rückzahlungsanspruch umfasse die gezogenen Nutzungen einschließlich der
Zinsen von 3,9 % jährlich, die auf Zahlung der nicht geschuldeten Bearbeitungsgebühr entfielen.
Gegen das am 27.05.2015 zugestellte Urteil (Bl.147 d.A.) hat die Beklagte am 11.06.2015
Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel mit am 27.07.2015 als Fax eingegangenem Schriftsatz
(Bl.157ff. d.A) begründet.
Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsstreits an das Landgericht, hilfsweise verfolgt
sie ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie hält unter Hinweis auf diverse
Gerichtsentscheidungen, die eine Übertragbarkeit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf
Unternehmer verneint haben, die Auffassung des Landgerichts für rechtsfehlerhaft. Zudem habe der
Bundesgerichtshof im Urteil vom 13.05.2014, Az.: XI ZR 170/13, unter Rn.76 explizit festgehalten,
dass es Gründe geben könne, die die Klausel bei der gebotenen Interessenabwägung als
angemessen erscheinen ließen. Auch eröffne § 307 Abs.3 S.1 BGB einen flexiblen Prüfungsmaßstab
mit Wertungsspielräumen. Bei Unternehmern sei das Schutzbedürfnis wegen der zu erwartenden
Geschäftserfahrenheit und
-gewandtheit gegenüber einem Verbraucher geringer. Das Inansatzbringen von
Bearbeitungsentgelten im Geschäftskundenverkehr und insbesondere bei Gewährung von
Bauträgerkrediten entspreche außerdem einer gängigen, seit Jahrzehnten unangefochtenen Praxis.
Damit habe sich diese Klauselgestaltung zu einem Handelsbrauch verdichtet. Das Urteil des ersten
Rechtszugs leide zudem an einem Verfahrensmangel, weil es seiner fehlerhaften Rechtsauffassung
folgend es unterlassen habe, die von der Beklagten angebotenen Zeugen und Urkunden zu
würdigen.
Der Senat hat darauf hingewiesen, dass es für die Entscheidung des Rechtsstreits möglicherweise
auf Handelsgebräuche und -gewohnheiten im Sinne von § 310 Abs.1 S.2 2.HS BGB ankommen
könnte. Auf den Inhalt des Hinweises (Bl.265 d.A.) wird verwiesen.
In ihrer Stellungnahme hierzu vom 15.01.2016 hat die Beklagte unter Vorlage zweier zwischen
dem Kläger und der A AG geschlossener Darlehensverträge, die ebenfalls als
Verbraucherdarlehensverträge bezeichnet sind (Bl.311ff. d.A.; Bl.317ff. d.A.), ergänzend zur
behaupteten Unternehmereigenschaft des Klägers und weiter vorgetragen, der Kläger, der
hauptberuflich mit Immobilien gehandelt habe, habe zur Durchführung seiner Immobilienkäufe
regelmäßig Darlehensverträge mit verschiedenen Banken geschlossen und sei dabei freiwillig der
Gewährung von Bearbeitungsentgelten gefolgt. Die entsprechende Vereinbarung stelle einen
Handelsbrauch dar. Dessen Freiwilligkeit ergebe sich daraus, dass die Geltendmachung eines
Bearbeitungsentgelts frei von gesetzlichen, behördlichen oder sonstigen Zwängen sei.
Die Beklagte b e a n t r a g t,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteil des Landgerichts Gießen vom 15.05.2015, Az. 3 O
426/14, den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht
Gießen zurückzuweisen;
im Falle einer eigenen Sachentscheidung des Berufungsgerichts das Urteil des Landgerichts
Gießen vom 15.05.2015, Az. 3 O 426/14, abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin b e a n t r a g t,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung. Er macht geltend, der Bundesgerichtshof
habe seine Entscheidungen, auch wenn sie zu Privatkrediten ergangen seien, nicht auf die
besonderen Voraussetzungen der §§ 491ff. BGB gestützt, sondern darauf, dass die Erhebung der
zusätzlichen, laufzeitunabhängigen Gebühr der Inhaltskontrolle unterliege. Auch ein etwa bestrittener - höherer Bearbeitungsaufwand der Beklagten bei Geschäftskrediten könne nicht auf
den Kreditnehmer abgewälzt werden. Eine Bearbeitungsgebühr werde bei einem Geschäftskredit
auch nicht zu einer Preishauptabrede. Sie enthalte kein zinsähnliches Teilentgelt, das ihre
Einordnung als Preisbestandteil und damit Preishauptabrede rechtfertigen könne. Zudem greife
insoweit die Unklarheitenregel des § 305c Abs.2 BGB.
Bei der Vereinbarung von Bearbeitungsentgelten handele es sich auch um keine im Handelsverkehr
geltende Gewohnheit i.S.v. § 310 Abs.1 S.2 BGB. Allein aus einer Üblichkeit lasse sich keine
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Aussage über die Einhaltung normativer Vorgaben und die Anerkennung der Beteiligten ableiten.
Die Unangemessenheit einer Regelung werde nicht dadurch in Frage gestellt, dass entsprechende
Klauseln weithin üblich oder über lange Zeit unbeanstandet geblieben seien. An einer Verkehrssitte
fehle es mangels Anhaltspunkt dafür, dass der fragliche Regelungsgehalt von den beteiligten
Verkehrskreisen als maßgeblich oder angemessen erachtet werde. Eine einzelne Regelung werde
nur dann zum Handelsbrauch, wenn sie auch ohne besondere Vereinbarung oder Empfehlung
freiwillig befolgt werde. Dies sei hier nicht der Fall. Seine - des Klägers - Auffassung werde durch
eine neuere Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 28.07.2015 - XI ZR 434/14) bekräftigt.
Im Fall eines Klägers, der als Kaufmann eingetragen sei, sei danach ein Entgelt für
Berichtigungsbuchungen wegen unangemessener Benachteiligung nach § 307 Abs.1 S.1 BGB
unwirksam.
II.
Die zulässige Berufung ist im Wesentlichen unbegründet, die Klage indes bis auf einen Abschlag
bei den Zinsen begründet.
Dem Kläger steht aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 Abs.1 S.1
BGB) ein Anspruch auf Rückzahlung der von der Beklagten vereinnahmten Bearbeitungsgebühr zu,
weil die entsprechende Zahlung ohne Rechtsgrund erfolgt ist. Denn die genannte
Vertragsbestimmung ist als Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 BGB zu
qualifizieren. Sie benachteiligt den Kläger als Vertragspartner des Verwenders entgegen den
Geboten von Treu und Glauben unangemessen, weil sie entsprechend der Rechtsansicht des
Landgerichts mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen
wird, nicht vereinbar ist (§ 307 Abs.1 S.1, Abs.2 Nr.1 BGB).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat beitritt, ist die in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen eines Kreditinstituts enthaltene Bestimmung über ein einmaliges
Bearbeitungsentgelt gemäß § 307 Abs.1 S.1, Abs.2 Nr.1 BGB unwirksam, weil sie den Privatkunden
entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Die Unvereinbarkeit mit
wesentlichen Grundgedanken der Rechtsordnung und damit die im Zweifel anzunehmende
unangemessene Benachteiligung ergeben sich daraus, dass mit dem Bearbeitungsentgelt der
Aufwand für Tätigkeiten auf den Kunden abgewälzt wird, zu denen der Verwender gesetzlich oder
nebenvertraglich verpflichtet ist oder die er überwiegend im eigenen Interesse erbringt. Denn es
gehört zu den wesentlichen Grundgedanken des dispositiven Rechts, dass jeder
Rechtsunterworfene solche Tätigkeiten zu erfüllen hat, ohne dafür ein gesondertes Entgelt
verlangen zu können. Angefallene Kosten können nicht gesondert auf den Kunden abgewälzt
werden (BGH, Urteile v. 13.05.2014 - XI ZR 405/12, Leitsatz und Rn.19, 23; - XI ZR 170/13
Leitsatz 2, Rn.28,32,73 jeweils m.w.N., juris).
Diese Rechtsprechung findet auf den Streitfall Anwendung.
1. Voraussetzung hierfür ist zunächst, dass es sich bei der beanstandeten Bestimmung um eine
Allgemeine Geschäftsbeidingung i.S.d. § 305 Abs.1 BGB handelt und diese Vertragsinhalt
geworden ist. Dies ist hier aus den Gründen des angefochtenen Urteils der Fall (Urt. S.5). Mit
ihrem hiergegen vorgebrachten Angriff, das Landgericht habe es versäumt, die Zeugen zu
vernehmen, welche als Beweismittel für das Vorliegen einer Individualvereinbarung benannt
worden seien, dringt die Berufung mangels substantiierten Sachvortrags der Beklagten zu der für
das Vorliegen einer Individualvereinbarung erforderlichen Verhandlungsbereitschaft nicht durch.
Auf die rechtlich zutreffenden und nicht zu beanstandenden Ausführungen des Landgerichts hierzu
kann zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden.
2. Der Anwendungsbereich einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB ist vorliegend grundsätzlich
eröffnet. Dies gilt wegen § 310 BGB, der den Anwendungsbereich des § 307 BGB bei
Unternehmern nicht einschränkt, auch dann, wenn der Kläger zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses
kein Verbraucher gewesen sein sollte (Grüneberg in Palandt, BGB, 75. Aufl., § 310 Rn.4f.).
Im Übrigen handelt es sich bei der im Streit stehenden Vertragsbestimmung um eine kontrollfähige
Preisnebenabrede. Die Vorschrift des § 307 Abs.3 S.1 BGB beschränkt die Inhaltskontrolle auf
solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften
abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Hierunter fallen weder
Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung noch Klauseln über das Entgelt für
eine rechtlich nicht geregelte zusätzlich angebotene Sonderleistung. Preisnebenabreden, die keine
echte (Gegen-)Leistung zum Gegenstand haben, sondern mit denen der Klauselverwender
allgemeine Betriebskosten, Aufwand für die Erfüllung gesetzlicher oder nebenvertraglich
begründeter eigener Pflichten oder für sonstige Tätigkeiten auf den Kunden abwälzt, die er, der
Verwender, im eigenen Interesse erbringt, sind hingegen der Inhaltskontrolle unterworfen. Ob eine
Klausel nach diesen Grundsätzen eine kontrollfähige Preisnebenabrede oder eine kontrollfreie
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Preisabrede enthält, ist nach den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten
Durchschnittskunden durch Auslegung zu ermitteln, wobei Zweifel zu Lasten des Verwenders gehen
(BGH, Urt. v. 13.05.2014 - XI ZR 170/13 Rn.33f., a.a.O).
Nach diesen Maßstäben hat das Landgericht zu Recht angenommen, dass die unter Pkt. 3.3. des
Darlehensvertrages enthaltene Klausel - anders als der gemäß § 488 Abs.1 S.2 BGB zu zahlende
Zins als Preis für die Kapitalnutzung - als kontrollfähige, d.h. der Inhaltskontrolle unterliegende
Preisnebenabrede einzuordnen ist (Urt. ab S.6 Mitte). Dies folgt schon aus der Bezeichnung als
Bearbeitungsentgelt. Hiervon ausgehend kann aus Sicht eines durchschnittlichen, rechtlich nicht
gebildeten und verständigen Kunden angenommen werden, die Beklagte verlange ein zusätzliches
Entgelt zur Abgeltung ihres Bearbeitungsaufwandes im Zusammenhang mit der Kreditgewährung
und der Auszahlung der Darlehensvaluta (BGH, Urt. v. 13.05.2014, - XI ZR 170/13 Rn.36). Der
Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, dass der Bundesgerichtshof eine kontrollfähige
Preisnebenrede gar dann bejaht, wenn das Bearbeitungsentgelt ausweislich des Darlehensvertrages
- anders als im Streitfall - ausdrücklich als Entgelt für die Kapitalüberlassung bezeichnet wird
(BGH, a.a.O., Rn.36). Der Annahme einer kontrollfähigen Preisnebenabrede ist die Berufung nicht
entgegengetreten. Der von der Beklagten in erster Instanz vorgebrachte Einwand, wonach das
Bearbeitungsentgelt als Preishauptabrede einzustufen sei, weil die im Einzelnen dargestellten
Prüfungshandlungen vor Kreditvergabe auch dem Kläger gedient hätten, zielt offenbar auf die oben
erwähnte zusätzlich angebotene Sonderleistung ab. Hiermit dringt die Beklagte allerdings nicht
durch, weil ihr Kernargument, das verkürzt "ohne Kreditvergabe keine Erfüllung der
Kaufpreiserfüllung" lautet, für jedweden Darlehensvertrag, dem stets eine Bonitätsprüfung
vorausgeht, zutrifft und damit die oben zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinfällig
werden ließe. Im Übrigen greift der Einwand auch deshalb nicht, weil die von der Beklagten
angeführten Prüfungshandlungen der Sache nach nichts anderes als eine Bonitätsprüfung sind und
ersichtlich dem Interesse der Bank an einer reibungslosen Abwicklung des Darlehens dienen. D.h.
die Bonitätsprüfung erfolgt wie auch eine Bewertung der angebotenen Sicherheiten im Regelfall
allein im Interesse des Kreditinstituts und im öffentlichen Interesse der Kreditwirtschaft,
Forderungsausfälle zum Schutz der Einleger zu vermeiden. Dies gilt auch dann, wenn sie bei
günstigem Ergebnis zugleich dem Kunden zu Gute kommt (BGH, Urt. v. 13.05.3014 - XI ZR 170/13
Rn.60, der überspitzt formuliert von einem reflexartigen Nebeneffekt spricht, m.w.N.,juris).
3. Soweit nach vorstehenden Ausführungen eine Kontrollfähigkeit (§ 307 Abs.3 S.1 BGB) der hier
gegebenen Preisnebenabrede gegeben ist, nimmt der Senat ferner an, dass die Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs, wonach die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Kreditinstituts für
den Abschluss von Privatkreditverträgen enthaltene Bestimmung (Klausel) "Bearbeitungsentgelt
einmalig 1 %", also die Erhebung eines laufzeitunabhängigen Entgelts wie auch im vorliegenden
Fall, der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, Abs.2 Nr.1 BGB nicht standhält, da sie mit
wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar ist und den Kunden entgegen
den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (Urteile v. 13.05.2014, -XI ZR
405/12 - Leitsatz und Rn.18f., 23; - XI ZR 170/13 - Leitsatz 2, Rn.Rn.27f., Rn.32, Rn.71), auch
dann anzuwenden ist, wenn der Darlehensnehmer nicht Verbraucher, sondern Unternehmer ist mit
der auf den Streitfall bezogenen Folge, dass es nicht entscheidend darauf ankommt, ob der Kläger
zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses wie von der Beklagten behauptet in Ausübung einer
gewerblichen Tätigkeit gehandelt hat und deshalb als Unternehmer (§ 14 Abs.1 BGB) einzustufen
ist.
Gegen eine Übertragbarkeit der Rechtsprechung auf gewerbliche Darlehen mag zwar der Wortlaut
der beiden Entscheidungen vom 13.05.2014 sprechen, in denen mehrfach von "Allgemeinen
Geschäftsbedingungen in Privatkreditverträgen", vom "Verkehr mit Verbrauchern", "Bearbeitung
eines Verbraucherdarlehens" etc. die Rede ist. In diesem Sinne hat auch das Oberlandesgericht
München im Fall eines Unternehmers (Immobilienkaufmann) auf Darlehensnehmerseite unter
knappem Hinweis auf den Wortlaut der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine
Unwirksamkeit der Klausel verneint mit dem Argument, die vom dortigen Kläger zitierte
Rechtsprechung beziehe sich ausdrücklich auf einen sog. Verbraucherkredit, und die Prüfung nach
§ 307 Abs.1 S.1, Abs. 2 Nr.1 BGB befasse sich mit der gegen Treu und Glauben verstoßenden
Benachteiligung des Verbrauchers (OLG München, Beschl. v. 13.10.2014 - 27 U 1088/14 Rn.5f.,
juris). Gleiches gilt für eine Entscheidung des 23. Zivilsenats des hiesigen Oberlandesgerichts,
soweit dieser annimmt, der Bundesgerichtshof habe lediglich das Bearbeitungsentgelt bei
Verbraucherkrediten beanstandet (OLG Frankfurt., Beschl. v. 11.06.2014 - 23 W 27/14 Rn.12,
juris).
Die vorstehend dargestellten Begründungen greifen indes zu kurz. Eine ausdrückliche
Beschränkung seiner Rechtsprechung auf Verbraucherkredite ("lediglich") ist den beiden Urteilen
des Bundesgerichtshofs nicht zu entnehmen. Zieht man im Übrigen die von ihm für die
Unwirksamkeit der Vertragsklausel vorgebrachten wesentlichen Begründungselemente, nämlich
dass die beklagte Bank anfallende Kosten für die Kreditbearbeitung und -auszahlung nach dem
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gesetzlichen Leitbild des § 488 Abs.1 S.2 BGB durch den laufzeitabhängigen Zins zu decken habe,
kurzum das darlehensvertragliche Entgelt im Interesse eines ausgewogenen Verhältnisses von
Leistung und Gegenleistung grundsätzlich von der Laufzeit des Vertrages abhängig sei, bzw. noch
allgemeiner, dass es zu den wesentlichen Grundgedanken des Rechts gehöre, dass der Verwender
den Aufwand im Wesentlichen im eigenen Interesse erbringe, weil j eder Rechtsunterworfene solche
Tätigkeiten zu erfüllen habe, ohne dafür ein gesondertes Entgelt verlangen zu können, sowie den
Umstand heran, dass der Bundesgerichtshof der teilweise vertretenen Auffassung, wonach die
Vorschrift des § 488 BGB keinen leitbildprägenden, preisrechtlichen Charakter habe, eine Absage
erteilt (BGH, Urteile v. 13.05.2014 - XI ZR 405/12 Rn.67fff, - XI ZR 170/13 Rn.71ff.-, juris), kann
dies vor dem Hintergrund der Allgemeingültigkeit der Begründung und angesichts des Umstands,
dass § 488 BGB für sämtliche Kreditverträge gilt - die verbraucherrechtliche Vorschriften sind ab
den §§ 491ff. BGB geregelt -, nur zur Folge haben, dass die Klausel über das Bearbeitungsentgelt
auch dann unwirksam ist, wenn der Darlehensnehmer kein Verbraucher sein sollte (so auch OLG
Frankfurt. Urt. v. 25.02.2016 - 3 U 110/15, Kopie Bl.356ff. d.A.). Dies gilt auch in Ansehung des
Umstandes, dass ein Unternehmer wegen der oftmals größeren Geschäftserfahrung seine eigenen
Interessen besser wahren kann (OLG Frankfurt, Urt. v. 25.02.2016 - 3 U 110/15, a.a.O).
4. Soweit nach vorstehenden Ausführungen die streitige Klausel von wesentlichen Grundgedanken
der gesetzlichen Regelung abweicht, wird die unangemessene Benachteiligung indiziert. Zwar
können grundsätzlich - worauf die Berufung zu Recht hinweist - Gründe gegeben sein, die die
Klausel bei gebotener umfassender Interessenabwägung gleichwohl als angemessen erscheinen
lassen (BGH, Urt. v. 13.05.2014 - XI ZR 170/13 Rn.76, juris). Dies folgt schon daraus, dass § 307
Abs.2 BGB trotz Vorliegens der dort genannten Bedingungen nur im Zweifel von einer
unangemessenen Benachteiligung ausgeht. Solche Gründe, die die unangemessene Benachteiligung
entfallen lassen, sind vorliegend weder dargetan noch sonst ersichtlich. Soweit die Beklagte im
Schriftsatz vom 15.01.2016 im Anschluss an ein auszugsweise wiedergegebenes Urteil des
Landgerichts Frankfurt am Main (Az.: 2-25 O 52/15) auf die angebliche Unternehmereigenschaft
des Klägers und die damit verbundene Erwartung, dieser werde anders als ein Verbraucher einer
ihm gegenüber verwendeten Preisnebenabrede besondere Aufmerksamkeit schenken, weil eine
Kostenkalkulation zum Kernbereich kaufmännischer Tätigkeit gehöre, abhebt, erscheint dieses
Argument wenig überzeugend. Denn von einem durchschnittlichen Verbraucher kann erwartet
werden, dass er den Anfall eines zudem nur einmaligen und wie hier der Höhe nach ausdrücklich
ausgewiesenen Bearbeitungsentgelts ohne Weiteres in seine Kalkulation einbeziehen kann. Im
Übrigen lässt sich das Fehlen einer unangemessenen Benachteiligung bei einem gewerblichen
Kredit nicht mit dem ggf. höheren Aufwand der Bank bei der Bonitätsprüfung begründen. Denn
bankwirtschaftliche Gründe können die Erhebung eines laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelts
nicht rechtfertigen (BGH, Urt. v. 13.05.2014 - XI ZR 170/17 Rn.80). Im Übrigen wäre es der
Beklagten ohne weiteres möglich gewesen, ihren Verwaltungsaufwand, den sie auf S.6 ihrer
Klageerwiderung im Einzelnen dargelegt hat, ohne Verstoß gegen die Vorschriften zur Gestaltung
rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (§§ 305ff. BGB) in
den laufzeitabhängigen Zinssatz einzupreisen.
Ein weiteres Argument für die Unwirksamkeit der Klausel über Bearbeitungsentgelte lässt sich auch
aus einer weiteren und relativ neuen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 28.07.2015 Az.: XI ZR 434/14, juris) herleiten. In dieser Entscheidung hat er auch unter Berücksichtigung des
Umstandes, dass der kaufmännische Rechtsverkehr wegen der dort herrschenden Handelsbräuche,
Usancen, Verkehrssitten und der zumeist größeren rechtgeschäftlichen Erfahrung der Beteiligten
auf eine stärkere Elastizität der vertraglichen Bestimmungen angewiesen ist, im Fall eines auf
Rückzahlung klagenden eingetragenen Kaufmanns die Unwirksamkeit einer in den Allgemeinen
Geschäftsbedingungen der beklagten Bank enthaltenen Kontoführungsgebühr mit der ohne
Weiteres gut nachvollziehbaren Begründung, der Inhaber eines Geschäftsgirokontos sei wesentlich
stärker in den Bargeldkreislauf eingeschaltet als der private Verbraucher mit der Folge, dass die
unangemessene Benachteiligung eher noch verstärkt zutage trete, angenommen (Rn.41).
Übertragen auf die im Streitfall zu prüfende Bearbeitungsgebühr kann hier mit dem Landgericht
argumentiert werden, dass gerade bei einem Unternehmer die größere Abhängigkeit von einer
Darlehensgewährung und damit eine situative Unterlegenheit gegenüber der Bank verbunden mit
existenziellen Ängsten gegeben sein kann. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die
Ausführungen im angefochtenen Urteil (S.7) verwiesen.
5. Dem Landgericht ist auch beizupflichten, soweit es die Erhebung eines Bearbeitungsentgelts in
Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Verkehr mit gewerblichen Kunden mangels ausreichenden
Vortrags der Beklagten nicht als Handelsbrauch eingestuft hat. Zwar gilt gemäß § 310 Abs.1 S.2
2.HS BGB bei Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber einem Unternehmer
im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB das Gebot, auf die im Handelsverkehr geltenden
Gewohnheiten und Gebräuche, kurz Handelsbräuche (§ 346 HGB), angemessen Rücksicht zu
nehmen. Ein Handelsbrauch - und nicht nur eine Üblichkeit oder Gebräuchlichkeit - liegt vor, wenn
es sich bei der Übung um eine im Verkehr der Kaufleute untereinander verpflichtende Regel
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handelt, die auf einer gleichmäßigen, einheitlichen und freiwilligen tatsächlichen Übung beruht, die
sich innerhalb eines bestimmten Zeitraumes für vergleichbare Geschäftsvorfälle gebildet hat und
der eine einheitliche Auffassung der Beteiligten zugrunde liegt (st. Rspr., s. nur BGH, Urt. v.
25.11.1993 - VII ZR 17/93 Rn.10, juris; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 346 Rn.1).
Dass die Erhebung einer Bearbeitungsgebühr in Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Verkehr
zwischen Bank und Unternehmer seit den 1950er Jahren auf einer gleichmäßigen, einheitlichen und
freiwilligen Übung beruht, hat die Beklagte - in Wiederholung der Definition für einen
Handelsbrauch - unter Hinweis auf mehrere Gerichtsentscheidungen und Fundstellen in der
Literatur zwar pauschal behauptet, aber nicht durch konkreten Vortrag unterlegt. Konkreter
Tatsachenvortrag ist ihrer Stellungnahme zum Hinweis des Senats jedenfalls nicht zu entnehmen.
Die genannten Urteile und Aufsätze ersetzen keinen substantiierten Vortrag. Sie sind überdies auch
nicht einschlägig. Das von der Beklagten zitierte Urteil des Oberlandesgerichts München vom
28.09.1965 (NJW 1966, 836 [OLG München 28.09.1965 - 12 U 2122/64]) betrifft ein Darlehen
zwischen einer klagenden Bank und einem Verbraucher (Lehrer). Zu einer etwaigen Übung im
Rechtsverkehr zwischen Unternehmern trifft es erwartungsgemäß keine Aussage. Gleiches gilt für
das weiter genannte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 08.02.1956 (NJW 1956, 705f.), das sich
mit einem finanzierten Möbelkauf einer Privatperson befasst. Die weiter erwähnte Entscheidung des
Bundesgerichtshofs vom 03.05.1968 (NJW 1968, 1822f. [BGH 30.05.1968 - VII ZR 2/66]) befasst
sich mit einem Bereicherungsanspruch eines Kreditinstituts, das einen zur Finanzierung eines
Eigenheims bestimmten Kredit entgegen der Weisung der Kreditnehmer, eines Ehepaars, nicht an
diese, sondern an das Wohnungsbauunternehmen ausgezahlt hat. Abgesehen davon, dass in der
Entscheidung im Zusammenhang mit der Kreditgewährung eine Bearbeitungsgebühr von 1 %
Erwähnung findet, ist das Urteil in Bezug auf die hier anstehende Frage nach einem Handelsbrauch
zwischen Unternehmern unergiebig. Die im Aufsatz von Becker/Dreyer (ZIP 2014, 2057-2067) auf
ihre AGB-rechtliche Zulässigkeit untersuchten Klauseln - Bereitstellungsprovisionen in
Konsortialkreditverträgen, erfolgsabhängige Arrangierungsprovisionen (Arrangeur sucht geeignete
Finanzierungspartner; maklerähnliche Konstellation) und Beteiligungsprovisionen ebenfalls bei
Konsortialkrediten (sog. Konsorten lassen sich ihre Beteiligung an dem Kredit vergüten) - betreffen
ebenfalls andere Sachverhaltskonstellationen und sind auf den vorliegenden Streitfall nicht
übertragbar.
6. Neben der Rückzahlung der Bearbeitungsgebühr (18.500,- EUR) kann der Kläger gemäß § 818
Abs.1 BGB Ersatz derjenigen Nutzungen verlangen, die die Beklagte aus dem unrechtmäßig
vereinnahmten Betrag tatsächlich gezogen hat. Dass eine Bank solche Nutzungen zieht, entspricht
der Lebenserfahrung (OLG Frankfurt, Urt. v. 25.02.2016 - 3 U 110/15, a.a.O., m.w.N.). Deren
Höhe ist im Wege der Schätzung mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu veranschlagen.
Ein weitergehender Zinsanspruch (3,9 %) ist nicht gegeben. Aus dem vorgelegten
Darlehensvertrag ergibt sich nur, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Girokonto des
Klägers einen um die Bearbeitungsgebühr verminderten Nettodarlehensbetrag (1.831.500,- EUR)
gutgeschrieben hat. Dass der Kläger hierauf bereits Sollzinsen in Höhe von 3,9 % entrichtet hat, ist
seinem Vortrag nicht zu entnehmen.
7. Dem Antrag der Beklagten auf Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das
Landgericht war nicht zu entsprechen, weil die Voraussetzungen des § 538 ZPO nicht vorliegen.
8. Trotz Teilobsiegens waren der Beklagten die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen,
weil die Zuvielforderung des Klägers verhältnismäßig geringfügig ist und keine höheren Kosten
veranlasst hat (§ 92 Abs.2 Nr.1 ZPO).
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
Soweit die Beklagte unterliegt, ist die Revision wegen der Entscheidungen von
Oberlandesgerichten, die eine Übertragbarkeit der Rechtsprechung vom 13.05.2014 auf
gewerbliche Darlehen verneinen, zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§
543 Abs.2 Nr.2 ZPO). Im Übrigen liegen die Voraussetzungen einer Revisionszulassung nicht vor.
Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf 18.500,- EUR festgesetzt.
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15.01.2017 12:03