Manuskript Beitrag: Trump und die Folgen für Deutschland – Twittern, poltern, drohen Sendung vom 17. Januar 2017 von Christian Esser, Hans Koberstein, Birte Meier und Asli Özarslan Anmoderation: Man kann dem bald mächtigsten Mann der Welt wirklich nicht vorwerfen, dass er mit seiner Meinung hinterm Berg hält. Donald Trump twittert, poltert, droht. Mehrfach am Tag, in nur 140 Zeichen. Trotzdem - oder gerade deswegen - fragen sich viele, wer und was da wohl auf sie zukommt. In der BILD-Zeitung gab Trump gestern einige beängstigende Antworten. Der freie Handel, die Nachkriegsordnung, Bündnisse wie die NATO, das, worauf sich Deutschland bei den bisherigen US-Präsidenten verlassen konnte, stellt Trump in Frage. Nichts scheint vor ihm sicher und das verunsichert - nicht nur unsere Autoren. Text: In dieser Aktentasche befindet sich alles, was es braucht, um einen Atomkrieg zu beginnen: der rote Knopf. Auslösen kann ihn nur einer - der US-Präsident. In drei Tagen heißt er: Donald Trump. Wer dachte, Trump würde nach der Wahl vernünftig, souverän oder gar präsidial, der irrt. Hier die erste Pressekonferenz nach der Wahl: O-Ton Donald Trump, gewählter Präsident: Ich habe gewonnen, ich werde Präsident. Was kommt da auf uns zu? O-Ton John Kornblum, ehemaliger US-Botschafter in Deutschland: Ich hab keine Ahnung. Ich hab wirklich keine Ahnung. Ich bin einer von mehreren Millionen, die keine Ahnung haben. Ich befürchte, wenn das Schlimmste eintritt, wie man ihn sieht, wie auf seiner Pressekonferenz letzte Woche, dass es keine Politik gibt, nur Launen und Tweets, und dass das alles ein bisschen chaotisch wird. Kurz vor Amtsantritt informieren amerikanische Geheimdienste den zukünftigen Präsidenten über dieses 35-seitige Dossier eines ehemaligen britischen Spions. Angeblich soll Trump 2013 eine Sexorgie im Moskauer Hotel Ritz Carlton gefeiert haben – und davon soll der russische Geheimdienst Video-Aufnahmen besitzen. Damit wäre Trump erpressbar. Belege dafür hat bis heute niemand präsentiert. Auf Fragen dazu reagiert der zukünftige Präsident gereizt. O-Ton Donald Trump, gewählter US-Präsident, am 11. Januar 2017: Seien Sie nicht unhöflich! Sie dürfen keine Frage stellen. Das lasse ich nicht zu. Sie sind Fake-News. Weiter. O-Ton John Kornblum, ehemaliger US-Botschafter in Deutschland: Es ist bedrohlich, weil Sie können sehen, wie er auf seiner Pressekonferenz reagiert hat. Er wird immer sehr angreifen und auf der einen Seite es nützt ihm etwas, weil Presse angreifen, ist eine Sache, die seine Wähler wirklich gut finden. Die lehnen die Presse ab, mehr oder weniger. Mit seinen Anhängern kommuniziert er lieber über den Kurznachrichtendienst Twitter, ganz direkt. Der twitternde Präsident - ein Sicherheitsrisiko? O-Ton Wolfgang Ischinger, Leiter Münchner Sicherheitskonferenz: Ich bin nicht so sicher, ob Donald Trump sozusagen Einstein-artige Einsichtsfähigkeiten, intellektuelle Fähigkeiten hat, die es ihm möglich machen, wenn er morgens beim Rasieren irgendwas plötzlich in den Sinn bekommt, das so per Twitter zu verbreiten, dass die Welt versteht, was er meint. Die Welt ist sehr kompliziert, nicht alles, was bei seinen Wählern in Amerika gut ankommt per Twitter, kommt in Peking oder in Moskau oder in Brüssel oder bei uns oder anderswo gut an. Noch residiert er im 26. Stock seines „Trump Tower“. Und noch vor seiner Amtseinführung macht er von hier aus Wirtschaftspolitik. Wieder mal – per Twitter. So droht er dem amerikanischen Konzern „General Motors“, der in Mexiko Autos bauen möchte: „Bau in den USA oder zahl eine fette Steuer“. Kurz darauf ist der japanische Konzern Toyota dran: „Produziere in den USA oder zahle eine fette Steuer!“ Diese Woche nun – ein deutscher Autobauer. BMW. Diesmal nicht auf Twitter, sondern in der BILD-Zeitung. Zitat: „Ich würde BMW sagen, wenn sie eine Fabrik in Mexiko bauen und Autos in die USA verkaufen wollen ohne eine 35Prozent-Steuer, dann können sie das vergessen.“ In Mexiko baut nicht nur BMW eine neue Fabrik, sondern auch Audi und VW. Daimler plant auch eine. Strafzölle würden sie empfindlich treffen. O-Ton John Kornblum, ehemaliger US-Botschafter in Deutschland: Das war die Politik der 30er Jahre und wir dachten, wir hätten das alles hinter uns. Und leider sehen wir, dass es wieder hochkommt. Trumps Dogma lautet: Amerika zuerst. Wenden sich die USA vom Freihandel ab, hat das weltweit Konsequenzen. O-Ton Galina Kolev, Institut der deutschen Wirtschaft Köln: Die einseitige Einführung von Schutzzöllen, von Einfuhrzöllen würde natürlich auch eine Gegenreaktion bewirken. Und eine Gegenreaktion kann dann entsprechend in einen Handelskrieg führen. Ein Handelskrieg wäre grundsätzlich für die deutsche Wirtschaft schlecht, würde dann womöglich auch Arbeitsplatzverluste in Deutschland bedeuten, denn in Deutschland hängt fast jeder vierte Arbeitsplatz an den Exporten. Trump glaubt, er kann US-Interessen knallhart durchsetzen - so wie niemand vor ihm. O-Ton Donald Trump, gewählter US-Präsident, am 11. Januar 2017: Russland, China, Japan, Mexiko - alle Länder werden uns viel mehr respektieren, viel mehr als unter vorherigen Regierungen. Im BILD-Interview legt Trump nach: „Die NATO hat Probleme. Sie ist obsolet“ in jetziger Form. Seine Klage: NATO-Staaten wie Deutschland zahlen nicht genug für die Verteidigung. Ist die NATO bald Geschichte? Die Nachkriegsordnung am Ende? O-Ton Wolfgang Ischinger, Leiter Münchner Sicherheitskonferenz: Ich habe den Eindruck, Donald Trump denkt, mit der NATO schenken wir den Europäern was. Das stimmt ja so nicht. Sondern dass bei Lichte betrachtet, die NATO natürlich auch ein amerikanisches Herrschaftsinstrument ist für einen ganz wesentlichen Teil der Welt, den man möglichst nicht anderen überlassen sollte und möchte. Das wird er auch relativ schnell lernen. Also, da bin ich vergleichsweise entspannt. Beruhigende Signale auch aus dem Kongress in Washington. Trumps zukünftiger Verteidigungsminister James Mattis bekennt sich bei seiner Anhörung zur NATO. O-Ton James Mattis, designierter US-Verteidigungsminister: Ich würde eine möglichst starke NATO-Bindung erhalten. Für das geeinte Europa könnte Trump trotzdem der Anfang vom Ende sein: Als selbst ernannter „Dealmaker“ wird Trump die europäischen Länder gegeneinander ausspielen. Spalten, um zu herrschen. O-Ton Wolfgang Ischinger, Leiter Münchner Sicherheitskonferenz: Eine große und sehr, sehr ernsthafte Herausforderung. Auf Englisch würde man sagen, ein „Wake Up-Call“, ein Weckruf. Wenn wir jetzt nicht aufwachen, würde ich mal sagen, wir als Europa, und uns zusammenraufen können, mit einer Stimme sprechen, dann kann man sich fragen, wann denn? Und die Angst vor dem roten Knopf und der Bombe? Ist er erst einmal Präsident, kann Trump, der Reizbare, im Angriffsfall allein entscheiden. O-Ton Wolfgang Ischinger, Leiter Münchner Sicherheitskonferenz: Donald Trump ist kein Antikommunist mit Schaum vor dem Mund, der jetzt unbedingt die Welt verändern will. Er will „Deals“ machen, er will seinen Wählern zeigen, dass er erfolgreich mehr Jobs und mehr Wohlstand für Amerika schaffen kann, „America First“. Ein Atomkrieg auszulösen, ist aber genau das Gegenteil davon. Immerhin eine beruhigende Nachricht - bei aller Unsicherheit. Abmoderation: Noch drei Tage bis zur Amtseinführung. Drei Tage, das ist für viele Deutsche ein Countdown zum Konflikt. Im ZDFPolitbarometer erwarten 55 Prozent der Befragten eine Verschlechterung der deutsch-amerikanischen Beziehungen. 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