SWR2 Tagesgespräch

SÜDWESTRUNDFUNK
Anstalt des öffentlichen Rechts
Radio  Fernsehen  Internet
PRESSE Information
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Chefredaktion Nachrichten und Distribution
Zentrale Information
SWR Tagesgespräch
Postadresse 76522 Baden-Baden
Hausadresse Hans-Bredow-Straße
76530 Baden-Baden
nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an.
Friedrich Merz (CDU), Vorsitzender der Atlantik-Brücke
Telefon
e.V., gab heute, 20.01.17, dem Südwestrundfunk ein Interview Telefax
zum Thema "Amtsantritt Trumps und die deutschamerikanische Freundschaft".
Internet
Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Marion Theis.
Mit freundlichen Grüßen
Zentrale Information
Datum:
07221/929-23981
07221/929-22050
www.swr2.de
20.01.2017
CDU-Politiker Merz: Weniger Hysterie und mehr Nüchternheit beim Umgang mit Trump
Baden-Baden: Der CDU-Politiker und Vorsitzende des Vereins Atlantik-Brücke, Friedrich Merz,
hat vor Panik beim Umgang mit Trump gewarnt. Trump sei ja nicht durch einen Putsch ins Amt
gekommen, sondern der gewählte Präsident der USA, „da steht uns etwas mehr Nüchternheit
und weniger Hysterie gut an“, sagte Merz im SWR (Südwestrundfunk). Jetzt müsse man nächst
einmal abwarten, was die neue Regierung tue, um es anschließend zu analysieren und dann zu
bewerten.
Merz hält die deutsch-amerikanischen Beziehungen für stabil genug, um sie nicht von einem
einzigen Präsidenten grundsätzlich in Frage stellen zu lassen. Allerdings sei der Erfolg Trumps
ein Weckruf für die Europäer. Diese müssten sich künftig einiger und geschlossener geben.
USA und Europa seien die größten Demokratien und Wirtschaftspartner der Welt,
argumentierte der CDU-Politiker weiter. Beide Länder würden ihre offenen Gesellschaften
gegen Feinde verteidigen. Das verbinde sie seit Jahrzehnten und werde auch in Zukunft so
sein.
Deutschland sei für die USA einer der wichtigsten Partner auf dieser Seite des Atlantiks, so
Merz weiter, das würde er Trump auch gerne persönlich erklären.
Wortlaut des Live-Gesprächs:
Theis: Was machen Sie heute um 18 Uhr?
Merz: Ich habe leider keine Gelegenheit, die Amtseinführung im Fernsehen live mitzuerleben,
weil ich noch einen beruflichen Termin habe.
Theis: Jetzt wissen wir, was Sie nicht machen, aber das ist auch nicht schlimm. Eine
Umfrage des Instituts Allensbach sagt, 96 Prozent der Topentscheider aus Politik,
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
Wirtschaft und Verwaltung in Deutschland betrachten den Beginn der Präsidentschaft
Trumps mit Sorge. Sie auch?
Merz: Ich gehöre nicht zu den vier Prozent, die ohne Sorgen sind, ja.
Theis: Wie ist das mit den anderen Mitgliedern der Atlantik-Brücke? Gibt es da auch
irgendjemanden, der Trump etwas Positives abgewinnen kann?
Merz: Es gibt viele, ich würde sogar sagen, es sind fast alle, die sagen: Jetzt mal bitte keine
Panik und keine Hysterie, sondern nüchterne Betrachtung der Wirklichkeit, einschließlich seines
Kabinetts, seiner wichtigsten Minister - also des Außenministers, des Verteidigungsministers,
des Sicherheitsberaters - und auch eine sorgfältige Analyse der ersten Schritte, die diese
Regierung in der Außen- und Sicherheitspolitik vor allem macht. Und dann eine Bewertung
dessen, was auf uns zukommt.
Theis: Der Bundeskanzlerin hat Trump ja katastrophale Fehler vorgeworfen. Wenn das so
weitergeht, wie lange hält die deutsch-amerikanische Freundschaft so etwas aus?
Merz: Trump hat der Bundeskanzlerin im selben Interview, auf das Sie vermutlich anspielen,
auch großen Respekt gezollt und sie als eine große Führerin bezeichnet. Also, im Ernst, ich
denke, dass wir jetzt zunächst einmal abwarten müssen, was diese Regierung wirklich tut. Ich
glaube im Übrigen auch, dass die deutsch-amerikanischen Beziehungen, auch die
Beziehungen zwischen Europa und Amerika, stabil genug sind, um sie nicht von einem
Präsidenten grundsätzlich in Frage stellen zu lassen. Wir werden uns auf beiden Seiten des
Atlantiks auf neue Sachverhalte einzustellen, auf neue Personen einzustellen haben, aber wir
müssen auf dieser Seite des Atlantiks auch einiger, geschlossener werden. Es ist ein Weckruf
an die Europäer, jetzt auch das Schicksal - und so hat es Angela Merkel ja auch gesagt - selbst
in die Hand zu nehmen. Und wir Europäer sind für uns selbst verantwortlich. Und wir sind auch
weniger abhängig von Amerika, wenn wir einiger sind.
Theis: War das genau die richtige Antwort Ihrer Meinung nach?
Merz: Ich fand, das war die richtige Antwort. Ich fand auch, sie hat in ihrem Brief, mit dem sie
ihm zur gewonnenen Wahl gratuliert hat, den richtigen Ton gefunden, zu sagen, wir haben ein
gemeinsames Wertefundament, und auf diesem Wertefundament stehen wir seit vielen
Jahrzehnten und auch in den nächsten Jahren.
Theis: Wir halten ja die Person Trumps für abgedreht. Viele sagen sogar, er sei eine
Zumutung. Sollten wir nicht auch dringend berücksichtigen, dass ja rund die Hälfte der
US-Bürger ihn gewählt hat und auch hinter ihm steht?
Merz: So, das finde ich, ist genau die richtige Antwort. Dieser Mann ist ja nicht durch einen
Putsch an die Macht gekommen, sondern er ist von der Mehrheit der Amerikaner, jedenfalls in
diesem Wahlsystem in Amerika, gewählt worden. Er ist der gewählte Präsident der Vereinigten
Staaten von Amerika. Dagegen wird in Amerika protestiert, dagegen wird in Europa protestiert,
aber er ist gewählt worden nach den Regeln, die in Amerika für eine Demokratie, die größte der
Welt, gelten. Und ich finde, da steht uns etwas mehr Nüchternheit und etwas weniger Hysterie
ganz gut an.
Theis: Wir sind ja angesichts der katastrophalen Weltlage (Syrien, Irak, Ukraine) in
Deutschland und in Europa auf die USA angewiesen, denn wir sind ja gar nicht in der
Lage, uns alleine zu verteidigen. Hat uns Trump da nicht in der Hand?
Merz: Trump hat uns nicht in der Hand und wir haben Trump nicht in der Hand, sondern wir sind
Partner, und zwar aus einem ganz rationalen Kalkül heraus: Amerika und Europa sind
Demokratien, die größten der Welt. Wir sind die größten Wirtschaftspartner der Welt. Wir haben
offene Gesellschaften. Wir verteidigen diese offenen Gesellschaften auch gegen ihre immer
heftiger agierenden Feinde. Und das ist das, was uns jenseits aller Personen miteinander seit
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
Jahrzehnten verbindet, und nach meiner festen Überzeugung auch im 21. Jahrhundert
miteinander verbinden wird. Die Bedingungen verändern sich in diesen Tagen, nicht nur in
Amerika, sondern auch in Europa. Ich nehme nur einmal das Stichwort Brexit. Auch wir sind ja
in einem Veränderungsprozess auf dieser Seite des Atlantiks, und deswegen wäre es gut, wenn
wir da etwas, ich sag's noch einmal, etwas weniger hysterisch, etwas weniger angsterfüllt auf
das gucken, was in Amerika jetzt geschieht. Es ist eine neue Lage eingetreten, und mit der
muss man umgehen.
Theis: Ihr Verein Atlantik-Brücke bemüht sich ja um ein besseres gegenseitiges
Verständnis der Länder Deutschland und USA. Was würden Sie Trump über Deutschland
erklären, wenn Sie die Gelegenheit dazu hätten?
Merz: Ich würde ihm sagen, dass Deutschland einer der wichtigsten Partner, wenn nicht
vielleicht der wichtigste Partner auf dieser Seite des Atlantiks für Amerika ist. Und ich würde
ihm bei seinen kritischen Worten zur NATO sagen: Der Artikel 5 des NATO-Vertrages, also die
gegenseitige Beistandsverpflichtung dieses politischen und militärischen Bündnisses, ist ein
einziges Mal ausgelöst worden, und das war nicht in Deutschland, das war nicht in Europa,
sondern das war am 11. September 2001 bei den schweren Terrorangriffen auf die Vereinigten
Staaten von Amerika. Da hat die amerikanische Regierung Artikel 5 des NATO-Vertrages
aktiviert. Erstmalig bisher, einmalig bisher, nicht zu Gunsten der Europäer, sondern zugunsten
der Vereinigten Staaten von Amerika. Auch Amerika braucht Beistand, auch Amerika braucht
Verbündete, auch Amerika braucht Freunde auf der Welt. Und das wäre meine Botschaft an
Donald Trump.
- Ende Wortlaut -
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)