Neues zur Organschaft

Umsatzsteuer aktuell
Neues zur Organschaft
[09.01.2017]
Von: Stefan Heinrichshofen
Aufgrund der Rechtsprechung des EuGH informierten wir im letzten Jahr bereits mehrfach über die aktuellen Umsetzungstendenzen im Bereich der umsatzsteuerlichen Organschaft, zuletzt im PSP-Beitrag vom 01.09.2016, anlässlich einer von den Landesfinanzverwaltungen abgestimmten Verfügung der OFD Frankfurt/M. v. 11.07.2016.
Nunmehr erhielten die großen Interessensverbände den Entwurf eines Schreibens der
Finanzverwaltung zur Ergänzung des Umsatzsteueranwendungserlasses übermittelt.
Die Finanzverwaltung schließt sich in dem Schreiben im Wesentlichen der restriktiven
Auffassung des V. Senats des BFH an. Danach kann auch eine Personenorgangesellschaft
als Organgesellschaft unselbstständig tätig werden. Die finanzielle Eingliederung einer
Personengesellschaft gegenüber ihrem Organträger setzt danach jedoch voraus, dass
Gesellschafter der Personalgesellschaft neben dem Organträger nur Personen sind, die
nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind, sodass die erforderliche Durchgriffsmöglichkeit selbst bei der stets möglichen
Anwendung des Einstimmigkeitsprinzips gewährleistet ist. Mittelbare Beteiligungen sind
insoweit ausreichend.
Von allgemeiner Bedeutung sind insbesondere die Ausführungen zu den Voraussetzungen der organisatorischen Eingliederung. Auch wenn die Änderungen im Einklang mit
der Rechtsprechung des BFH stehen, stellen diese u. E. eine Verschärfung gegenüber der
bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung dar. Dies wird augenscheinlich auch von
der Finanzverwaltung so eingeschätzt, sodass das verschärfte Verständnis zur organisatorischen Eingliederung nicht mit Rückwirkung Anwendung finden soll, sondern vielmehr
erst auf nach dem 31.12.2017 ausgeführte Umsätze.
Daneben wurde das bislang sehr eingeschränkte und verfehlte Verständnis zu den Voraussetzungen des Rechts auf Vorsteuerabzug bei Holdinggesellschaften aufgrund der
Rechtsprechung des EuGH zumindest durch Streichung der Regelung im Abschnitt 2.3
Abs. 4 konsequent umgesetzt. Damit erkennt nunmehr letztlich auch die Finanzverwaltung das Recht auf Vorsteuerabzug einer sog. Führungsholding unter den allgemeinen
Voraussetzungen an und verlangt nicht mehr zusätzlich, dass die Beteiligung im Zu1/2
sammenhang mit einem unternehmerischen Grundgeschäft erworben wurde. Trotz dieser wichtigen Änderung sollten reine Führungsholdinggesellschaften u. a. darauf achten,
dass sie möglichst auch von der Qualität und vom Umfang her „gewichtige“ Leistungen
gegenüber ihren Beteiligungsgesellschaften erbringen, um so den immanenten Diskussionsbedarf mit der Finanzverwaltung und dem damit verbundenen Risiko von Rechtsstreitigkeiten zu vermindern. Deshalb kann insoweit nur an eine frühzeitige Beratung mit
strategischer Ausrichtung appelliert werden.
Gleichzeitig soll aber in Abschn. 15.22 Abs. 1 S. 4 UStAE-E die teilweise verschärfende
Rechtsprechung des BFH umgesetzt werden, wonach ein Recht auf Vorsteuerabzug aus
Leistungen im Zusammenhang mit dem Einwerben von Kapital zur Anschaffung einer
gesellschaftsrechtlichen Beteiligung u. a. dann nicht gegeben ist, wenn das eingeworbene Kapital in keinem Verhältnis zu der im unternehmerischen Bereich gehaltenen gesellschaftsrechtlichen Beteiligung steht. Dieses Verständnis des BFH wird in der Literatur
teilweise zu Recht kritisiert. Praktische Bedeutung hat es insbesondere für Private-EquityGesellschaften und bei Fondsgestaltungen. Angepasst wurden ebenfalls die Regelungen
zur umsatzsteuerlichen Organschaft anlässlich von Insolvenzverfahren.
Die dargestellten Änderungen betreffen u. E. sämtliche Konzernunternehmen, die entweder bereits organschaftlich oder zumindest ansatzweise ihrer Art nach organschaftlich
strukturiert sind. Diese Unternehmen müssen nun rasch überprüfen, ob die von Ihnen
bislang gezogenen Rechtsfolgen auch nach dem neuen Verständnis der Finanzverwaltung fortgelten oder sich hierdurch für sie Änderungen ergeben. In letztgenannten Konstellationen besteht insoweit zwingender Anpassungsbedarf.
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