Neues zur Organschaft bei Personengesellschaften

Umsatzsteuer aktuell
Neues zur Organschaft bei Personengesellschaften
[01.09.2016]
Von: Stefan Heinrichshofen
Der umsatzsteuerliche Praktiker weiß, dass es momentan innerhalb des BFH kein gemeinsames Verständnis über die Voraussetzungen der Einbeziehung von Tochterpersonengesellschaften in einen Organkreis gibt. Es ist deshalb relativ wahrscheinlich, dass hierzu bei
passender Gelegenheit der Große Senat durch einen der beiden für Umsatzsteuer zuständigen Senate angerufen wird.
Konzernstrukturen unter Beteiligung von Tochterpersonengesellschaften können nicht nur
aus monetären Gründen ein Interesse am Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Organschaft
haben. Für diese Beteiligten stellt sich u. a. die Frage, ob und bejahendenfalls unter welchen Voraussetzungen sie die Möglichkeit haben, einen solchen Antrag beim zuständigen
Finanzamt zu stellen, ohne ein gerichtliches Verfahren führen zu müssen.
Für diesen Personenkreis ist die Verfügung der OFD Frankfurt vom 11.07.2016 von Bedeutung, die grundsätzlich zur umsatzsteuerlichen Organschaft erlassen wurde. Sie gilt
zwar aktuell nur für das Bundesland Hessen, doch inoffiziell ist bekannt, dass die Auffassung in einigen anderen Bundesländern auf Zustimmung stößt. Die Verfügung regelt insbesondere, dass ein Berufen der Beteiligten auf das Vorliegen einer umsatzsteuerlichen
Organschaft unter Einbezug einer Tochterpersonengesellschaft als Organgesellschaft nur
unter folgenden Voraussetzungen möglich ist:

Das Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Organschaft muss sowohl nach den restriktiven Rechtsprechungsgrundsätzen des V. als auch des XI. Senats des BFH gegeben
sein, sodass nur eine sehr kleine Fallgruppe betroffen ist. Taugliche Personengesellschaft kann augenscheinlich nur eine GmbH & Co. KG und keine anderen Personengesellschaften sein.

Gesellschafter der GmbH & Co. KG dürfen neben dem Organträger nur Personen
sein, die in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind.

Die Berufung ist nur möglich, wenn diese sowohl vom Organträger als auch von der
Tochterpersonengesellschaft (GmbH & Co. KG) einheitlich erfolgt.
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
Sämtliche Eingliederungsmerkmale (finanzielle, organisatorische und wirtschaftliche)
müssen auch noch zum Zeitpunkt der Berufung auf die Rechtsprechung vorliegen.
Nach dieser Sichtweise wäre ein Berufen nach dem Verkauf einer Tochterpersonengesellschaft nicht mehr möglich.
Dieses äußerst restriktive Verständnis der Finanzverwaltung ist zwar grundsätzlich nachvollziehbar, da sie augenscheinlich nicht in Rechtsstreitigkeiten zwischen verschiedenen
Interessensgruppen geraten möchte. In der Praxis wird sie dies jedoch nicht vermeiden
können. Möglicherweise wird die auf Bund-Länder-Ebene bereits seit geraumer Zeit tagende Arbeitsgruppe zur Organschaft diesbezüglich eine bundesweit geltende Regelung
schaffen.
Steuerpflichtige, die sich auf die geänderten Grundsätze zur Organschaft bei Tochterpersonengesellschaften berufen möchten und obige Voraussetzungen nicht erfüllen, müssen
sich folglich darauf einstellen, ihre Rechtsposition gerichtlich durchsetzen zu müssen.
Gerade bei geplanten Veräußerungen von Tochterpersonengesellschaften, bei denen die
Voraussetzungen einer umsatzsteuerlichen Organschaft vorgelegen haben, diese jedoch
in der Vergangenheit nicht gezogen wurden, kann es sich anbieten, die Rechtsfolgen noch
einvernehmlich bis zur Übertragung der Gesellschaftsanteile „feststellen“ zu lassen.
In Unternehmenskaufverträgen sollte vorsorglich an entsprechende vertragliche Regelungen gedacht werden.
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