Kontemplatives Abendgebet Einfach nur still sein oder: Wie ein

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Einfach nur still sein oder:
Wie ein Neueinsteiger das Kontemplative Abendgebet erlebt.
Sonntagabend, zehn vor acht: ein paar Gestalten auf dem Parkplatz vor dem Pfarrhaus in Kürnach: mit dem
Auto, dem Fahrrad oder zu Fuß kommen sie.
Im Dachgeschoss des Pfarrhauses brennt bereits Licht. Auf der Klingel, die ich betätige, steht
„Meditationsraum“. „Ja, bitte?“ fragt eine freundliche Stimme und lässt mich ein, nachdem ich etwas von
„möchte zum Meditationsabend“ gemurmelt habe. „Gebet“ will mir nicht so recht über die Lippen kommen.
Zwei Stockwerke hoch und dann heißt es „Bitte Schuhe ausziehen!“ Ich ergänze in Gedanken: „… denn hier
ist heiliger Boden…“ [Ex 3,5]. Ich stehe vor der Tür zum Meditationsraum und überlege „Klopft man da an?“
Schließlich öffne ich die Tür und werde (von der Leitung?) begrüßt. Ich schau mich um: vor mir ein großer
freundlicher Raum mit offenem Dachgebälk, Teppichboden, dazu warmes gedämpftes Licht, ein paar Kerzen
brennen. In einem großen Kreis liegen gefaltete Decken auf dem Boden, darauf befinden sich verschiedene
Sitzgelegenheiten. Die Mitte des Kreises ist komplett frei. Ein paar Teilnehmer haben schon ihren Platz
eingenommen, die meisten haben noch eine zusätzliche Decke neben sich liegen. Mir wird versichert, dass es
keine reservierten Plätze gibt, so dass ich also freie Wahl habe. Ich probiere verschiedene Sitzgelegenheiten
aus. Es gibt Kissen in mehreren Formen und Größen, unterschiedlich hohe Schemel mit einer schrägen
Sitzfläche, schließlich Hocker mit einer kleinen Lehne. Ich entscheide mich für einen Schemel (eine
Meditationsbank, wie ich später erfahre), den ich mir in die Kniekehle lege, so dass ich angenehm im
Fersensitz hocke, ohne dass es schmerzt und ohne dass ich Gefahr laufe, dass mir die Füße einschlafen.
Auch ich nehme mir eine Decke, die ich zusammenrolle, damit ich meine Hände etwas stützen kann.
Mir wird erklärt, dass sich die Meditationszeit in zweimal 25 Minuten aufteilt, dazwischen wird – ohne die Stille
zu unterbrechen – eine kleine Geh-Meditation eingeschoben: ein achtsames, zweimaliges Gehen um ein
größeres Rechteck, welches bereits mit vier Tennisbällen abgesteckt ist.
Es ist mittlerweile kurz vor acht, die Gespräche verstummen so langsam. Nachdem die Schläge der
Kirchturmuhr verklungen sind, werden wir eingeladen während der Stille auf unseren Atem zu achten, mit dem
Ein- und Ausatmen den Namen Jesu Christi innerlich zu beten, nach innen zu horchen, Gedanken, die uns
kommen, nicht festhalten zu wollen und immer wieder zurückzukommen zum Atem.
Die Klangschale wird angeschlagen und jeder verneigt sich: Zeichen, ich will Gott diese Zeit schenken.
Bis jetzt konnte ich mir von den übrigen Teilnehmern abschauen, was gerade „dran“ war. Nun schließe ich die
Augen und bin auf mich allein gestellt. Ich beginne auf meinen Atem zu achten und merke, ich werde langsam
ruhiger, die Anspannung lässt nach. Von meinen Nachbarn neben mir höre ich keinen Laut, in der Ferne nur
ab und zu leise Autogeräusche. Plötzlich merke ich, meine Gedanken sind schon eine ganze Weile
abgeschweift, beschäftigen sich mit Dingen, die tagsüber passiert sind. Nein, damit will ich mich jetzt nicht
befassen, ich versuche mich wieder auf meinen Atem einzulassen.
Plötzlich Schluckbeschwerden und Hustenreiz: das geht ja gar nicht! Ich versuche den Reiz zu unterdrücken.
Es wird immer schlimmer. Tränen schießen mir in die Augen. Wieder versuche ich es mit ruhigem Ein- und
Ausatmen. Und ich merke, der Hustenreiz legt sich.
Die Kirchturmuhr schlägt halb neun. Ich öffne die Augen. Wir stellen uns auf und gehen los. Behutsam rolle
ich mich auf den Fußsohlen ab und spüre dabei den Boden unter meinen Füßen. Die Holzdielen knarren
manchmal, aber der Boden, er trägt. An den Eckpunkten halte ich kurz an und mache dann bewusst eine
Kehrtwende, als kleines Zeichen, dass ich durch Achtsamkeit auch meinem Leben eine andere Richtung
geben kann.
Schließlich nimmt jeder von uns wieder seinen Platz ein, wir beginnen mit der zweiten Einheit. Eine große
Ruhe durchströmt mich. Kurze Zeit kann ich die Stille richtig genießen. –
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Nein, keine Angst, es bleibt nicht so: Ich ertappe mich dabei, dass ich den morgigen Tag plane, ich organisiere
und diskutiere in Gedanken… – Nein, ich will wieder zurückkommen! – Wann schlägt die Uhr endlich neun,
halte ich das noch aus?
Wieder versuche ich mich auf meinen Atem einzulassen.
Und dann schlägt die Kirchturmuhr tatsächlich neunmal, die Klangschale wird angeschlagen. Ich öffne die
Augen. Noch im Sitzen verneigen wir uns als Zeichen, dass wir Gott diese Zeit hinhalten, egal wie verworren
oder langatmig sie war, mit dem Vertrauen, dass ER durch sein Wirken diese Zeit zum Gebet wandelt.
Wir stehen auf, kommen ein bisschen näher zusammen und beenden die Zeit mit einer Verneigung: „in
Ehrfurcht vor dem, den wir Gott nennen, in Ehrfurcht vor dem, was Gott in mir geschaffen hat, was mir im
anderen Menschen begegnet und in Ehrfurcht vor allem, was lebt“.
Der Kreis öffnet sich, ich ordne meinen Platz. Auf Fragen, wie es mir in dieser Zeit ergangen ist, bleiben meine
Antworten erst mal etwas verhalten.
Die Lichter werden gelöscht, ich verabschiede mich und verlasse den Raum. Jeder geht in eine andere
Richtung davon, kehrt in seinen Alltag zurück.
Ich gebe zu, ich gehe etwas beschwingt, aber auch nachdenklich nach Hause, und daheim erledige ich nur
noch ein paar „ruhige Dinge“.
So richtig beschreiben kann ich nicht, was diese Zeit mit mir gemacht hat.
Werde ich wieder hingehen? – Mal sehen…
(ein Neueinsteiger)
Kontemplatives Abendgebet
Auch nach dem Wechsel von Pfarrer Karwath findet das Kontemplative Abendgebet am Donnerstag und
Sonntag jeweils um 20:00 Uhr im Meditationsraum im Pfarrhaus in Kürnach im 2. Stock statt.
Dazu sind alle Interessierten, auch "Neueinsteiger" willkommen. Vorerfahrungen sind nicht erforderlich. Wir
meditieren zweimal 25 Minuten in der kontemplativen Grundhaltung. Dazwischen gibt es eine kurze GehMeditation.
Regelmäßig und bewusst einen Ort des Innehaltens aufsuchen,
sich zusammen mit anderen von der Stille beschenken lassen,
den Tag ausklingen lassen,
zur Ruhe kommen,
loslassen...
und dabei vielleicht in Berührung kommen .... mit Gott!
Kontakt:
Barbara Konrad:
[email protected]
Renate Grabellus-Baumann: [email protected]
Waltraud Heiß:
[email protected]
Die Termine finden Sie auch auf der Homepage der Pfarrei.