DEKODIERT Gute Miene zum bösen Spiel machen AURÉLIE FAESCH-DESPONT Bei dieser Redewendung fällt mir der Pokerspieler ein. Bei diesem Kartenspiel gibt es nichts Wichtigeres, als Unzufriedenheit und unbewusste Körpersprache zu verbergen, die dem Gegner Hinweise auf das eigene Blatt geben könnten. Aber können wir wirklich unsere Emotionen kontrollieren und die anderen täuschen? Den Emotionen wurden im Verlauf der Zeit verschiedene Definitionen und Rollen zugeordnet. Charles Darwin erhob bereits 1872 Postulate, die Einfluss auf die Forschung hatten. Laut Darwin sind Emotionen universell und anpassungsfähig. Dadurch fördern sie das Überleben, da sie es den Menschen ermöglichen, geeignet auf die Anforderungen der Umwelt zu reagieren. 15 Jahre später postulierte der US-amerikanische Psychologe William James seine kontroverse Theorie über Emotionen, wobei er die Ansätze Darwins nicht ablehnte. Gemäss James drücken sich Emotionen zunächst in den körperlichen und physiologischen Veränderungen aus, von denen sie begleitet werden. Der Psychologe war der Ansicht, dass Menschen nicht davonlaufen, weil sie Angst haben, sondern dass sie umgekehrt Angst haben, weil sie davonlaufen. Diese Idee wurde in verschiedenen im 20. Jahrhundert durchgeführten Studien belegt. Sie ergaben, dass die jeweilige Emotion durch die Interpretation einer physiologischen Reaktion bestimmt wird. Lässt sich daraus ableiten, dass jemand, der gute Miene zum bösen Spiel macht, sich also zum Lächeln zwingt, dieses als Freude interpretieren und sich dadurch selbstbewusster verhalten wird? Diese Hypothese scheint jedenfalls durch eine vom deutschen Psychologen Fritz Strack 1988 durchgeführten Studie gestützt zu werden, in deren Rahmen die Forscher die Versuchspersonen in zwei Gruppen einteilten und ihnen einen Zeichentrickfilm zeigten. Während die einen dabei einen Stift 22 zwischen den Zähnen eingeklemmt hatten (wodurch die Muskeln aktiviert werden, mit denen gelächelt wird), mussten die anderen den Stift mit den Lippen festhalten (Muskeln werden aktiviert, die mit Lächeln nichts zu tun haben). Das Ergebnis? Die Personen in der ersten Gruppe fanden den Zeichentrickfilm lustiger als die anderen. Einen ähnlichen Beitrag leistete 1990 der Psychologieprofessor Robert W. Levenson, der nachwies, dass die Kontrolle des Gesichtsausdrucks bestimmte Emotionen beeinflussen kann. Zu lächeln, auch ohne Freude dabei zu empfinden, scheint also tatsächlich fröhlicher zu machen. Nun gibt es keine Ausrede mehr: Auch wer nicht Poker spielt, sollte sich darin üben, «gute Miene zum bösen Spiel zu machen». Gibt es eine Redewendung, die Sie mit Hilfe der Psychologie ergründen möchten? Wir freuen uns auf Ihre Beiträge an: [email protected]
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