Übersicht zur Erbrechtsreform ab 1.1.2017 Die gesetzliche Erbfolge a) bei Vorhandensein eines Ehegatten / eingetragenen Partners Todesfälle bis 31.12.2016 Ehegatte Ehegatte 1/3 Kinder, Enkel 2/3 Eltern, Geschwister, Großeltern b) Todesfälle ab 1.1.2017 2/3 Ehegatten 1/3 Kinder, Enkel ohne Vorhandensein eines Ehegatten Alte Rechtslage bleibt aufrecht 2/3 Kinder, Enkel (1. Parentel) Eltern, Geschwister (2. Parentel) 1/3 Ehegatte 2/3 Eltern 1/3 Ehegatte 3/3 Geschwister, Großeltern 0 Großeltern (3. Parentel) Erben nach Köpfen in jeweiliger Parentel; Repräsentation Das Pflichtteilsrecht Kreis der pflichtteilsberechtigten Personen Todesfälle bis 31.12.2016 Todesfälle ab 1.1.2017 Eltern, Großeltern, Urgroßeltern (Vorfahren) Kinder, Kindeskinder (Nachkommen) Kinder, Kindeskinder (Nachkommen) Ehegatte/eingetragener Partner Ehegatte/eingetragener Partner Lebensgefährte (bei Vorliegen der Voraussetzungen) o o Pflichtteil: ½ des gesetzlichen Erbteils Lebensgefährten erhalten einen Pflichtteil, wenn: • keine Kinder, Ehegatte, eingetragene Partner • Lebensgemeinschaft bestand zum Todeszeitpunkt • Lebensgemeinschaft mindestens 3 Jahre aufrecht gewesen • gemeinsamer Haushalt ist nicht erforderlich, wenn aus gesundheitlichen oder beruflichen Gründen nicht möglich (zB Aufenthalt im Pflegeheim) Schenkungsanrechnung: o Zuwendungen (zB Schenkungen) sind bei Berechnung des Pflichtteils zu berücksichtigen o Herausgabepflicht von Zuwendungen, falls Pflichtteil nicht gedeckt ist Enterbung: o Kinder, Enkelkinder, Ehepartner und Eltern o ausdrücklich durch Testament Pflichtteilsminderung: o Pflichtteil kann auf die Hälfte reduziert werden, wenn zumindest 20 Jahre kein Kontakt bestand o nicht möglich: Kontakt wurde durch den Erblasser grundlos gemieden bzw Erblasser war Anlass zum fehlenden Kontakt mit diesem Testamente Arten: o o o Eigenhändiges Testament: eigenhändig geschrieben und unterschrieben, keine Zeugen notwendig Fremdhändiges Testament: mittels Computer verfasst, eigenhändig unterschrieben, die identifizierbare Zeugen müssen gleichzeitig anwesend sein Nottestament: bei unmittelbarer Gefahr, mündlich oder schriftlich, 2 gleichzeitig anwesende Zeugen (mindestens 14 Jahre alt, bisher 18. Lebensjahr), nur drei Monate gültig Inhalt: Erbseinsetzung, Pflichtteilsminderung, Enterbung, Vermächtnis, Bestellung eines Ersatzerben etc Beachte: Testament zugunsten früherer Ehegatten gilt mit Scheidung als aufgehoben, außer ausdrückliche Verfügung, dass der frühere Ehegatte trotzdem erben soll! (gilt ab 1.1.2017) Neu: Ersatz für Pflegeleistungen: o o Voraussetzungen: • Anspruchsberechtigte: gesetzliche Erben, nahe Angehörige sowie Lebensgefährten • Pflege innerhalb der letzten 3 Jahre vor Tod des Erblassers durchgeführt • mindestens 6 Monate gepflegt • umfassende Pflegeleistungen Höhe des Ersatzes orientiert sich am Pflegegeld Neu: Wohnsitz im Ausland: o o o o EU-Erbsrechts-VO für grenzüberschreitende Erbrechtsfälle gilt ab 17.8.2015 Erbrecht des Wohnsitzortes gilt für gesamtes Vermögen! Der gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers bestimmt das anzuwendende Erbrecht Empfehlung: Wahl österreichischen Rechts im Testament Weitere Neuerungen o Modernisierung der Sprache • Sprachanpassung, Modernisierung der Begriffe (Pflichtteilsberechtigter statt Noterbe; Verstorbener statt Erblasser) o Änderungen der Form letztwilliger Verfügungen • fälschungssicherere Gestaltung • frühere Testamente bleiben im Zweifel aufrecht • Nottestament: Mindestalter für Testamentszeugen: 14 Jahre • Befangen und daher zeugnisunfähige Personen sind zusätzlich: eingetragener Partner, Lebensgefährte, gesetzlicher Vertreter und Sachwalter bedachter Personen • Testamente zu Gunsten von ehemaligen Ehegatten/Lebensgefährten sind nach deren Auflösung aufgehoben o Schenkungen auf den Todesfall • Schenkung wird nun wie ein Vermächtnis behandelt • ausdrücklicher Verzicht auf Widerruf der Schenkung ist nicht mehr zwingend o Einheitliche Verjährung von Erbschaftsklagen • Es gibt lediglich eine 3- und eine 30-jährige Verjährungsfrist Hinweis: Die obigen Ausführungen sind nur ein grober Überblick der neuen Regelung des Erbrechts, die am 17.8.2015 in Kraft getreten sind, erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und sind, trotz sorgsamer Erstellung, ohne Gewähr. Eine rechtliche Beratung im Einzelfall kann dadurch nicht ersetzt werden. Rechtsanwältin Dr. Nina Ollinger, LL.M., informiert regelmäßig über die neuen Regelungen des Erbrechts. Sie vertritt und berät Verbraucher im Zusammenhang mit erbrechtlichen Themen, insbesondere Gestaltung von Testamenten und letztwilligen Verfügungen. RA Dr. Nina Ollinger ist spezialisiert auf Erbrechts-, Verbraucher- und Vertragsrecht und ist Rechtsanwältin in 3002 Purkersdorf, Niederösterreich.
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