SÜDWESTRUNDFUNK Anstalt des öffentlichen Rechts Radio Fernsehen Internet PRESSE Information Liebe Kolleginnen und Kollegen, nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an. Wolfgang Kubicki (FDP), stellvertretender Bundesvorsitzender, gab heute, 05.01.17, dem Südwestrundfunk ein Interview zum Thema: „Liberale und Innere Sicherheit (Anlass: Dreikönigstreffen) Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Florian Rudolph. Mit freundlichen Grüßen Zentrale Information Chefredaktion Nachrichten und Distribution Zentrale Information SWR Tagesgespräch Postadresse 76522 Baden-Baden Hausadresse Hans-Bredow-Straße 76530 Baden-Baden Telefon Telefax 07221/929-23981 07221/929-22050 Internet www.swr2.de Datum: 05.01.2017 Kubicki hält die bestehende Rechtslage zur Inneren Sicherheit für ausreichend Baden-Baden: Vor dem Dreikönigstreffen der FDP in Stuttgart an diesem Freitag hat der stellvertretende Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki vor Gesetzesverschärfungen gewarnt. Im SWR-Tagesgespräch bezeichnete Kubicki entsprechende Vorschläge der Union zur Inneren Sicherheit als typischen Reflex: damit stellt fest, dass etwas passiert ist, das mit der bestehenden Rechtslage hätte verhindert werden können. Die Frage sei vielmehr, ob der Rechtsstaat von den politischen Akteuren noch umgesetzt wird. Er könne nicht verstehen, dass große Touristikkonzerne Tunesien, Marokko und Algerien als Urlaubsziele bewerben und man gleichzeitig erkläre, abgelehnte Asylbewerber dürften dorthin nicht zurückgeschickt werden, weil sie Risiken ausgesetzt seien. Straftaten wie Sexualdelikte und das „Antanzen“ hätten sich verhindern lassen, wenn SPD und Grüne bei der Anerkennung nordafrikanischer Staaten als sichere Herkunftsländer flexibler gewesen wären. Der Innen- und Rechtspolitiker der Liberalen ist auch dagegen, die Videoüberwachung auszuweiten. Gerade islamistische Attentäter suchten Kameras, um ihre Taten zu verbreiten. Zur Abschreckung mache Videoüberwachung keinen Sinn. Sie könne zur Aufklärung beitragen, Verbrechen ließen sich so aber nicht verhindern. Kubicki verweist darauf, dass die Silvesternacht in Köln sei deshalb ruhig verlaufen sei, weil 1700 Beamte im Einsatz waren. Der Hauptbahnhof sei auch vor einem Jahr videoüberwacht worden, verhindert habe das die Übergriffe nicht. Wortlaut des Live-Gesprächs: Rudolph: die CSU legt im Kloster Seeon Vorschläge zur Terrorabwehr auf den Tisch, die CDU hat ihre schon präsentiert, die SPD arbeitet daran. Sind das alles Scheinlösungen und der Ausdruck von Hilfslosigkeit? Kubicki: Zunächst einmal ist es ein typischer Reflex. Man stellt fest, da ist was passiert, das hätte verhindert werden können, wie schon aufgrund der bestehenden Rechtslage. Die Reaktion ist dann, um davon abzulenken, wir brauchen schärfere und neue Gesetze. Ich halte für absolut unsinnig, denn wir müssen zunächst einmal nachdenken, was ist passiert, wie können wir dem wirklich vorbeugen. Und ich sage als Strafverteidiger mit über 35 Jahren Berufserfahrung, die Gesetzeslage reicht aus. Es müssen nur die Behörden die Möglichkeiten nutzen und wenn wir beispielsweise Landesregierungen haben, wie die in Niedersachsen oder Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) in Schleswig-Holstein, rot-grün besetzt, die grundsätzlich erklären, wir schieben keine Asylsuchenden ab, dann muss man sich schon fragen, ob der Rechtsstaat hier noch vernünftig umgesetzt wird von den politischen Akteuren. Rudolph: Aus Sicht der FDP, reicht Ihnen da die Rolle desjenigen der sagt, die Gesetze reichen und der sagt was verfassungsrechtlich geht und was nicht? Kubicki: Ja, mir reicht die Rolle, weil ich glaube, dass die Menschen, auch wenn sie betroffen sind, zunächst nach ihrem Verstand operieren und handeln. Und der muss ihnen sagen, schärfere Gesetze nützen schon dann nichts, wenn die Attentäter beispielsweise sich selbst in die Luft sprengen. Da kann ich sie noch so sehr bedrohen, es wird nicht funktionieren. Ich höre auch immer wieder, dass man Videokameras installieren will. Aber wenn wir heute erfahren, dass Herr Amri vor den Videokameras posiert hat. Wir wissen, dass Attentäter ja, die weltweit auch ihre Taten verbreitet sehen wollen, unter Umständen dann auch die Orte aussuchen, die videoüberwacht sind, dann macht das keinen Sinn. Jedenfalls zur Abschreckung dient das überhaupt nicht. Es kann gelegentlich und teilweise zur Aufklärung beitragen, zur Strafverfolgung beitragen. Das hat dann auch schon einen Sinn, aber die Behauptung, mit Videokameras will man Attentate verhindern, ist absolut unsinnig. Rudolph: Aber es gibt eben auch eine Menge Fälle, da sind dann die mutmaßlichen Täter geschnappt worden, dank Videoaufnahmen. Denken Sie an den U-Bahn-Treter. Die Verdächtigen im Fall des Obdachlosen in Berlin. In Freiburg der mutmaßliche Mörder einer Studentin. Alle Dank Videoaufnahmen dann gefasst und 73 Prozent der Bundesbürger sind dafür. Es geht ja auch um ein subjektives Gefühl der Sicherheit, zählt das nicht? Kubicki: Ja, das zählt definitiv. Der Rechtsstaat muss schon dokumentieren, dass er auch Sorgen und Ängste der Bürgerinnen und Bürger ernst nimmt. Aber er muss diesen Sorgen und Ängsten begegnen mit effektiven Maßnahmen. Die Videoüberwachung, wo wir die Straftäter schneller haben ermitteln können, hat ja die Straftaten selbst nicht verhindert. Rudolph: Was aber auch niemand behauptet. Kubicki: Doch, die CDU und CSU und Herr de Maiziere behaupten, dass durch eine verstärkte Videoüberwachung man Attentate und schwere Straftaten verhindern könne. Was wissenschaftlich bereits widerlegt ist. Köln ist jetzt so ruhig verlaufen, weil 1.700 Beamte vor Ort waren. Der Kölner Hauptbahnhof wurde auch im letzten Jahr videoüberwacht und es ist nichts verhindert worden. Entscheidend ist immer Personal. Menschen vor Ort und nicht diese Chimäre, mit schärferen Gesetzen würde man entsprechende Delikte verhindern. Rudolph: Mehr Polizei, das fordert inzwischen ja selbst die Linke. Welche Position in der Sicherheitsdebatte ist denn ein Alleinstellungsmerkmal der FDP? Kubicki: Wir brauchen kein Alleinstellungsmerkmal. Wir brauchen effektive Maßnahmen und Methoden und dazu gehören schärfere Gesetze und die Diskussion darüber erkennbar nicht. Entscheidend ist, dass wir die Möglichkeiten umsetzen, die wir bereits haben. Das wir das Recht anwenden was wir haben. Dass wir beispielsweise unsere grünen Freunde davon überzeugen, dass die nordafrikanischen Staaten, die Maghreb-Staaten, zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden. Es ist doch ein Treppenwitz der Geschichte, dass große Touristikkonzerne mit Urlauben in Tunesien, Marokko oder Algerien werben und wir gleichzeitig erklären, man darf Menschen dorthin nicht zurückschicken, weil sie Risiken ausgesetzt sind. Ich verstehe nach wie vor nicht, warum Herr Kretschmann und andere diese Position bisher eingenommen haben. Wir hätten wahrscheinlich vieles verhindert mit Attentaten und Sexualdelikten, wenn Sozialdemokraten und Grüne hier flexibler gewesen wären. Rudolph: Wo Sie die Grünen gerade ansprechen. Als die Co-Chefin der Grünen, Frau Peter, den Polizei-Einsatz an Silvester in Köln kritisiert hat, da haben Sie ihr attestiert, Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) einen Zitat „Knall zu haben“. Aber ist den Liberalen nicht auch die eigene Ideologie im Weg, sobald Vorschläge kommen, die persönliche Freiheiten einschränkten könnten? Kubicki: Wir sind für alle Vorschläge offen, die zu einer effektiveren Bekämpfung von schwerer Kriminalität und von terroristischen Aktivitäten beitragen können. Aber wir sind definitiv gegen Vorschläge die eine Scheinlösung beinhalten und gleichzeitig aber auch die Bewegungsmöglichkeiten und die Freiheiten von Millionen von Menschen in unglaublicher Größenordnung einschränken. Rudolph: Schauen wir mal nach vorne. Bundestagswahl in gut 8 Monaten. Da könnte Ihre FDP nach Umfragen wieder in den Bundestag zurückkehren. Aber mal ganz ehrlich, glauben Sie ernsthaft, irgendjemand, der nicht Ihrer Partei nahesteht, hätte Sie in den zurückliegenden Jahren vermisst? Kubicki: Ja, das glaube ich deshalb ganz ehrlich, weil ich auf eine unglaubliche Vielzahl von Menschen treffe, die mir auf die Schulter klopfen und sagen, Herr Kubicki, machen Sie die FDP weiter stark. Wir brauchen Sie im deutschen Bundestag. Da fehlt die Stimme der wirtschaftlichen und der politischen Vernunft und es ist so, dass wir vor 2 Jahren ja noch belächelt worden sind. Das war noch harmlos. Manchmal mit Häme übergossen worden sind. Das ist vollständig vorbei. Wir haben Mitgliederzuwachs. Wir haben mittlerweile Menschen, die uns auch finanziell wieder unterstützen, weil sie an uns glauben. Ich mach mir überhaupt keine Sorgen, dass wir zweistellig werden und dass wir damit auch gemeinsam in NordrheinWestfalen und Christian Lindner denn dann nötigen Schub haben werden für die Bundestagswahl. Rudolph: Reden wir noch kurz über gute Vorsätze. Was wollen Sie denn dieses Mal unbedingt besser machen? Kubicki: Ich will abnehmen. Das will ich aber schon seit Jahren regelmäßig. Rudolph: Ich meinte Ihre Partei. Kubicki: Ich wollte das nur gerade sagen. Ich habe gerade in einem Publikationsorgan gelesen, ich sei der Obelix der Freien Demokraten, was mich sehr getroffen hat. Für meine Partei will ich besser machen, dass wir aufpassen müssen, nicht vor der Wahl wieder zu hummelig zu sein. Viele glauben schon, das sei eine ausgemachte Sache, dass wir im deutschen Bundestag sind. Aber der Weg ist noch lang und wir dürfen nicht aufhören dafür zu kämpfen. 6 Prozent in Meinungsumfragen ist ein gutes Ergebnis 9 Monate vor der Bundestagswahl. Aber das ist nicht unser Ziel. Unser Ziel muss sein, eher an 9 Prozent zu kommen als bei den 6 Prozent zu bleiben. - Ende Wortlaut - Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
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