SWR2 Tagesgespräch

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Liebe Kolleginnen und Kollegen,
nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an.
Armin Laschet (CDU), stellvertretender
Parteivorsitzender und Fraktionschef im nordrheinwestfälischen Landtag, gab heute, 30.12.16, dem
Südwestrundfunk ein Interview zum Thema:
Silvester und Sicherheit.
Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Marion Theis.
Mit freundlichen Grüßen
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Datum:
30.12.2016
CDU-Vize Laschet fordert einheitliche Sicherheitsstandards für ganz Deutschland
Baden-Baden: Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Armin Laschet drängt auf einheitliche
Anti-Terrormaßnahmen in Deutschland. Die Bundesländer müssten außerdem ihre Daten
besser austauschen, forderte der CDU-Politiker im SWR (Südwestrundfunk). Man könne nicht
in 16 Ländern verschiedene Richtlinien zur Sicherheit haben.
Die Polizeigesetze seien zum Teil sehr unterschiedlich, so Laschet. Und er frage sich, warum
es nicht funktioniere, dass überall in Deutschland der gleiche Rechtsstandard gelte. Dies zu
durchforsten und zu sehen, wo der Föderalismus den Kampf gegen den Terrorismus behindere,
werde eine der Aufgaben der nächsten Wochen sein.
Laschet präzisierte im Gespräch mit dem SWR seine Forderung nach sogenannten
Transitzonen für Flüchtlinge. Im Grunde könne auch in Erstaufnahmestellen der Länder geprüft
werden, ob jemand Anspruch auf Asyl habe oder ob er abgewiesen werden müsse.
Voraussetzung sei, dass das schnell und grenznah passiere und nicht in jedem Bundesland auf
eine andere Art und Weise.
Der CDU-Vize betonte, dass die Menschen in Deutschland morgen entspannt Silvester feiern
könnten. Insbesondere Köln sei „der sicherste Ort überhaupt“. Jeder wisse, dass in diesem Jahr
der Blick der Welt auf Köln gerichtet sei, so Laschet.
Wortlaut des Live-Gesprächs:
Theis: Wem haben wir es Ihrer Meinung nach zu verdanken, dass wir nicht mehr
entspannt Silvester auf der Straße feiern können?
Laschet: Also, ich glaube, man kann entspannt Silvester auf der Straße feiern. Und ich glaube,
die Lehren aus der Kölner Silvesternacht im letzten Jahr, wo die Polizeibehörden zu spät
eingegriffen haben, werden sich in diesem Jahr so nicht wiederholen. Ich glaube, da sind heute
alle sensibilisiert.
Theis: Dafür haben wir jetzt Videoüberwachung und Polizei an jeder Ecke. Ist das eine
angenehme Antwort, eine „Wohlfühlantwort“ für die Menschen auf diese Situation vom
letzten Jahr?
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
Laschet: Nein, wir haben noch nicht Videobeobachtung an jeder Ecke, sondern …
Theis: In Köln aber schon, dieses Jahr…
Laschet: In Köln haben Sie recht. Aber es gibt ja auch noch andere Orte in Deutschland. Mein
Gefühl ist, dass Köln in diesem Jahr der sicherste Ort überhaupt ist, weil man weiß, der Blick
der Welt ist in diesem Jahr auf Köln gerichtet. Aber man muss darauf achten, dass überall im
Land, in allen großen Städten, wo potentiell Gefahren bestehen, ebenfalls die Sicherheit
gewährleistet ist.
Theis: Wir haben ja Gefahren, die potentiell nicht nur von „Antänzern“ ausgehen,
sondern auch von Kriminellen, von Terroristen auch, und Ihre Idee darauf ist, die
Videoüberwachung auszuweiten. Ist das die angemessene Antwort?
Laschet: Das ist ein Punkt. Also, ich habe ja 15 Punkte vorgelegt. Wir brauchen beispielsweise
für die wirklich terroristischen Gefährder, wenn ihr Asylantrag abgelehnt ist, eine verlängerte
Form der Abschiebehaft. Man braucht neue Abschiebegründe. Es gibt die Möglichkeit, in
Gewahrsam zu nehmen, in Nordrhein-Westfalen leider nur für 48 Stunden, in Bayern und
Baden-Württemberg für 14 Tage. Also, da muss man jetzt aus dem Fall Amri die Konsequenzen
ziehen und sehen, was ist schiefgelaufen. Und der Teil Videoüberwachung ist dann einer, der
an besonders gefährdeten Plätzen eingesetzt werden sollte. Aber eines ist auch klar: Sie
können nicht in Deutschland jeden Marktplatz videoüberwachen. Das ist technisch nicht
möglich, das ist rechtlich nicht möglich, und das will auch niemand.
Theis: Geht es nicht vielmehr darum, Gesetze, die jetzt schon da sind, anzuwenden statt
neue zu schaffen? Denn eigentlich haben ja die Gesetze nicht versagt, sondern die
Behörden.
Laschet: Es geht um drei Dinge. Das Eine ist, die Gesetze, die da sind, anwenden. Und das ist
im Falle Amri in Nordrhein-Westfalen nicht passiert. Und das Zweite ist: Was brauchen wir an
neuen gesetzlichen Maßnahmen? Da hat der Bundesinnenminister lange vor dem
terroristischen Anschlag ja beispielsweise vorgeschlagen, die Abschiebehaft zu verlängern und
auch für besondere Gefährder einen neuen Tatbestand im Gesetz zu schaffen. Das liegt derzeit
in der großen Koalition. Da hoffe ich auf schnelle Entscheidungen. Und das Dritte ist dann: Was
kann man denn an Schlüssen ziehen, wo wir neue Gesetze brauchen? Und das muss man jetzt
in aller Ruhe erörtern.
Theis: Sie fordern konsequentere Abschiebungen, was ja auch nachvollziehbar ist. Aber
das Problem ist doch: Wohin mit denen, die abgeschoben werden sollen, wenn die mal
Ägypter, mal Iraker, mal Marokkaner sind oder gar keinen Pass haben oder das Land sie
nicht nehmen will?
Laschet: Das ist ein Problem. Viele könnte man abschieben. Den Täter Amri hätte man, wenn
Tunesien, Marokko und Algerien sichere Herkunftsländer wären - auch da fehlt ja bisher noch
die Entscheidung, weil Länder wie Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen da bisher nicht
zustimmen - wenn man das gehabt hätte, hätte man das Verfahren sehr schnell beenden
können. Und dann der zweite Punkt, außenpolitisch mit noch größerer Intensität bei den
Ländern, die ja unsere Partner sein wollen, wie Tunesien, darauf zu drängen, dass sie auch ihre
Staatsbürger zurücknehmen.
Theis: Dann haben wir immer noch andere Menschen, die trotzdem bis nach Deutschland
durchdringen werden, auch wenn strenger kontrolliert wird in Zukunft. Das wollen Sie mit
Transitzonen an den deutschen Grenzen regeln. Das ist aber nur machbar mit
Grenzkontrollen. Heißt das, wenn Sie so einen Vorschlag anbringen, dass Sie die
Reisefreiheit in der EU als erledigt betrachten?
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
Laschet: Nein, ich will das Schengen-System erhalten, das System der offenen Grenzen. Aber
der Asylbewerber, der nach Deutschland kommt, muss sich ja irgendwo melden, wo er sich
dann registrieren lässt. Und da wäre der Ort, zu sagen, wir machen Transitzonen - oder wie
immer man das nennt - Erstaufnahmestellen, wo man in einem sehr schnellen Verfahren prüfen
kann, mit allen beteiligten Institutionen: Hat der überhaupt einen Anspruch auf Asyl, wenn er
aus einem sicheren Herkunftsland kommt? Kann er gleich von da zurückgewiesen werden,
ohne in die Kommunen übersendet zu werden? So ist das ja heute der Fall…
Theis: Aber das passiert doch schon in den Erstaufnahmestellen.
Laschet: Das passiert, ja. Aber es passiert noch nicht bei jedem Fall und auch nicht
ausreichend und vor allem nicht grenznah, denn jedes Land macht das anders. Und in diesen
sogenannten Transitzonen würde dieses Verfahren sehr grenznah durchgeführt werden.
Theis: Also geht es doch am Ende eigentlich hauptsächlich um eine Vereinheitlichung in
den Ländern und um Datenaustausch, oder?
Laschet: Das wäre eine ganz wichtige Frage. Wir können nicht in 16 Ländern unterschiedliche
Sicherheitsstandards haben. Die Polizeigesetze sind zum Teil sehr unterschiedlich, und da fragt
man sich, warum kriegt man das nicht hin, dass überall in Deutschland der gleiche
Rechtsstandard gilt? Und das jetzt mal zu durchforsten und zu sehen, wo behindert der
Föderalismus den Kampf gegen Terrorismus, das wird eine der Aufgaben der nächsten
Wochen sein.
- Ende Wortlaut -
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)