Pflanze 55 ■ BAUERNBLATT | 24. Dezember 2016 Ackerbauausschuss: Pflanzenbau 2020 Auf der Suche nach Lösungsansätzen für die Praxis Der Ackerbauausschuss der Landwirtschaftskammer tagte zuletzt Ende November in Rendsburg. Vorsitzender Heinrich Kröger bedankte sich zu Beginn ausdrücklich bei Kammergeschäftsführer Peter Levsen Johannsen, dass es ermöglicht wurde, für den Ackerbau mehrere Neueinstellungen in der Abteilung Pflanzenbau, Pflanzenschutz, Umwelt vorzunehmen. Der Ausschuss beschäftigte sich diesmal mit zukunftsweisenden Ideen zum Pflanzenbau 2020, auch vor dem Hintergrund des zu Ende gehenden Projektes „On-farm Research“ in Helmstorf sowie dem Ziel, weiter stets nach Lösungen für die Agrarpraxis zu suchen. Mittlerweile liegt der Vorstandsbeschluss vor: Es wird im Projekt künftig um das Thema Fernerkundung gehen. Zur aktuellen Situation der Ackerbaubetriebe im fast abgelaufenen Jahr sagte Heinrich Kröger, dass es ein enttäuschendes Jahr mit hohen Ertragseinbrüchen bei Raps für die Ackerbauern in Schleswig-Holstein gewesen sei. Auch die Getreideernte sei schwierig gewesen und bisher die Preise niedrig. Kröger betonte, dass in Zukunft erhebliche Herausforderungen auf die Betriebe zukämen, was zum Beispiel die Schädlingsbekämpfung, Ackerfuchsschwanz, Kohlernie und auch die Düngeverordnung angehe. Ferner ließ er keinen Zweifel daran, dass es langfristig gelingen müsse, Nährstoffeinträge und Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in Gewässern in den Griff zu bekommen. Auf der anderen Seite Mithilfe von GPS-Systemen konnten die neuen Versuchsparzellen in Helmstorf mit hoher Genauigkeit angelegt werden. Foto: Dr. Helge Stephan müsse aber auch „die Politik ihre Hausaufgaben machen“ und den Nährstofftransfer von Nährstoffüberschuss- in -unterschussgebiete unterstützen. Von einem Fall wurde berichtet, in dem der Bau eines Güllebehälters im Außenbereich abgelehnt worden war. Neue Gesichter bei der Kammer In der Abteilung Pflanzenbau, Pflanzenschutz, Umwelt gibt es viele neue Gesichter. Die neuen Mitarbeiter der Landwirtschaftskammer stellten sich dem Ausschuss vor, da- runter Frederike Brunhöber, die die Ufop-Außenstelle betreut und dabei in guter Zusammenarbeit mit Dr. Christoph Algermissen, Fachreferent für Raps und Leguminosen, für die Sortenprüfung zuständig ist. Beide Stellen sind finanzierungstechnisch voneinander getrennt. Außerdem recht neu bei der Kammer dabei sind Dr. Lars Biernat, zuständig für den Bereich Düngung, sowie Jan Onno Krems, neu bei der Kammer für den Bereich Gewässerschutz. Er ersetzt Klaus-Dieter Schlüter, der jetzt die Düngemittelverkehrskontrolle übernommen hat. In die Riege der Neuen reihte sich abschließend Dr. Mathis Müller, neuer Abteilungsleiter Pflanzenbau, Pflanzenschutz, Umwelt, ein. Neuer Versuchsansatz vorgestellt Eine ganze Riege an Kammermitarbeiterinnen und -mitarbeitern stellte sich und ihre Arbeitsbereiche vor (v. r.): Dr. Nicht nur ein junges, neues Helge Stephan, Getreidereferent, er präsentierte das neue Versuchskonzept für den Pflanzenbau 2020; Dr. Lars Biernat ist Düngereferent, Imke Borchardt und Christoph Lubkowitz betreuen das Projekt „On-farm Research“ in Team, sondern auch die daraus neu entwickelten Ideen wurden Helmstorf sowie neu bei der Kammer Frederike Brunhöber für die Ufop-Außenstelle. 56 Pflanze BAUERNBLATT | 24. Dezember 2016 ■ die Richtigkeit dieses Versuchsan satzes. Schließlich fordere die Pra xis Lösungen. Eine Umstellung der Fruchtfolge sei für die Betriebe natürlich leichter, wenn die Öko nomie stimme. Möglicherweise sei der Leguminosenanbau gerade im Zuge der GVO-Debatte eine Chan ce, so Kröger. Ist die Technik wirklich ausgereift? Dr. Mathis Müller will den kammereigenen Heinrich Kröger (li.), Vorsitzender des Ackerbauausschusses, bedankte Versuchen im Pflanzenbau und Pflanzen- sich beim Geschäftsführer der Landwirtschaftskammer, Peter Levsen schutz mehr Priorität einräumen. Johannsen, für sein Engagement für den Ackerbau in Schleswig-Holstein. vorgestellt: Eine Arbeitsgruppe hat sich bezüglich der Herausfor derungen für die Landwirtschaft Gedanken um den Pflanzenbau 2020 gemacht. Dr. Helge Stephan, Getreidereferent der Landwirt schaftskammer, stellte die ers ten Ideen des neuen Konzeptes und die Umsetzung in einem An bausystemversuch vor. Der Ver such ist bereits in diesem Jahr ausgesät worden. Die Landwirt schaftskammer will darin Erkennt nisse gewinnen, wie in der Praxis den Anforderungen gemäß neuer DüV, bezüglich des Nationalen Ak tionsplans Pflanzenschutz sowie der gravierenden Resistenzent wicklung und der geänderten An forderungen der Europäischen Zu lassungspraxis für Pflanzenschutz mittel begegnet werden kann. Dazu wurden 256 Parzellen auf Gut Helmstorf in logistisch gut er reichbarer Nähe zum Versuchs standort Futterkamp angelegt. Die Parzellen werden mit kammer eigener Versuchstechnik aus Futter kamp bewirtschaftet. Untersucht werden sollen auf 3 ha insgesamt vier Kulturen: Raps, Winterwei zen, Gerste und eine Sommerung, voraussichtlich Ackerbohnen. Da bei werden verschiedenen Varian ten verglichen: zwei verschiedene Saattermine (früh und normal) so wie zwei Düngevarianten (zum ei nen mineralisch und zum anderen anteilig mit Wirtschaftsdünger ge düngt) sowie zum einen mit heuti ger Pflanzenschutzanwendung be handelte Bestände als auch mit Al ternativen gemäß den nach 2018 zu erwartenden Änderungsvorga ben, erklärte Dr. Stephan. Ein Ziel des Versuchs sei es, im Zuge der DüV den Einsatz von organischer Düngung auf typischen Acker standorten wie dem Östlichen Hü gelland zu prüfen. Aus Gewässer schutzgründen sollten Nährstoff ströme aus Überschussregionen, den klassischen Viehregionen, in die Ackerbauregionen des Landes transferiert werden und so Mine raldünger eingespart werden (ver gleiche dazu Bericht Lausen/Wil ken auf Seite 50). Die Landwirtschaftskammer er wartet sich von diesem Versuch zu dem Erkenntnisse bezüglich der Er tragsstabilität von Flächen, die seit zehn bis 15 Jahren nicht mehr be güllt worden sind. Wirtschaftsdün ger fördern das Bodenleben; gera de die in Gülle enthaltenen Nähr stoffe wie Kalium und Spurenele mente und auch der organische Stickstoff sind förderlich für die Bo denfruchtbarkeit. Abschließend ist eine betriebswirtschaftliche Aus wertung des Versuchs geplant. Als Referenz ist geplant, die Landes sortenversuche in Futterkamp he ranzuziehen. Dr. Mathis Müller betonte, dass es zunächst darum gehe, die künf tigen politischen Auflagen im Ver such abzubilden. Erst in einem zweiten Schritt werde auch die Ökonomie geprüft. Dr. Müller ist der Auffassung, dass zukünftig die biologischen und politischen Rahmenbedingungen ein ande res ökonomisches Denken erfor dern werden. Der Ausschussvor sitzende Heinrich Kröger lobte Das Kammerprojekt in Helms torf zum Precision-Farming geht in die letzte Phase. Man ist sich der wertvollen Erfahrungen und des über die Jahre gesammelten Grundlagenwissens bewusst. Chris toph Lubkowitz von der Landwirt schaftskammer skizzierte dem Ausschuss in diesem Zusammen hang die technischen Herausfor derungen einer Landwirtschaft 4.0. Imke Borchardt, ebenfalls Landwirtschaftskammer, beton te, dass es viel zu wenig neutrale Bewertungen von Techniklösun gen für die Praxis gebe. Der Land wirtschaft und den politischen Ent scheidungsträgern werde häufig von der Industrie suggeriert, dass alle technischen Probleme bereits gelöst seien. Die Großflächenversu che im Rahmen des Projektes „Onfarm Research“ auf Gut Helmstorf zeigten jedoch das Gegenteil. Imke Borchardt wünschte sich von der Politik eine Erfolgskontrolle mit mehr Studien und Forschungser gebnissen darüber, ob die Technik in der Praxis tatsächlich funktionie re. Bewertungen von unabhängi gen Instituten seien derzeit häufig Fehlanzeige. Dies gelte auch für die aktuell in breiter Front diskutierte „Landwirtschaft 4.0“. Der Vorstand der Landwirt schaftskammer hat daher am 7. Dezember einstimmig beschlossen, Bernd Irps gab einen Ausblick auf die Märkte, hö- Einige der anwesenden Mitglieder des Ackerbauausschusses mit Sönke Schmidt vom Bauernverband SchlesFotos (5): Daniela Rixen here Weizenpreise sind möglicherweise in Sicht. wig-Holstein (r.). Mit EURALIS ■ BAUERNBLATT | 24. Dezember 2016 in die ZUKUNFT Für den Anbau PF AMTLICH EM OHLEN in 2017 D-Nord/MV-Süd-Standorte Silo- und Energiemais D-Süd-Standorte Silomais mittelfrüh Mit dem Smartphone können Informationen direkt auf dem Feld recherchiert und Feldbeobachtungen direkt festgehalten werden. Foto: landpixel das Projekt in Helmstorf mit zentralen Fragestellungen zum Thema Fernerkundung fortzuführen. Die entsprechenden Kosten werden aus Drittmitteln gedeckt. Das Versuchskonzept ist auf fünf Jahre ausgelegt, darüber hinaus soll das Projekt On-farm Research nach der Ernte 2017 mit einem Abschlussbericht beendet werden. „Für die Kunden mitdenken“ Mathis Müller stellte klar, dass er mit seiner Abteilung im neuen Jahr die Bedeutung des Versuchswesens weiter stärken wolle. Denn gerade in den kammereigenen Versuchen würden die Grundlagen für die tägliche Arbeit der Landwirtschaftskammer – die Fachberatung, Aus- und Weiterbildung – gelegt. Diese wertvollen Erkenntnisse für die Praxis seien nicht zu unterschätzen. Der Geschäftsführer der Landwirtschaftskammer, Peter Levsen Johannsen, betonte: „Wir müssen als Kammer für unsere Kunden mitdenken, das heißt unsere Antennen nach vorne ausrichten.“ Gleichzeitig müssten aber auch Handlungsempfehlungen für die Praxis noch stärker kommuniziert werden. Was gute fachliche Praxis und die Standards seien, sei oft nicht bekannt und nicht überall umgesetzt. Beispielsweise seien Effizienzgewinne beim Pflanzenschutz durch Sectioncontrol einfach zu realisieren. Diese Technik sei aber in der Landwirtschaft noch lange nicht überall Standard. Steigen die Preise doch noch? Abschließend warf Bernd Irps, Landwirtschaftskammer, einen Blick auf die mögliche künftige Entwicklung am Raps- und Getreidemarkt. Neben Deutschland hatte Frankreich die größten Ernterückgänge zu verzeichnen. Laut Versorgungsbilanz für die EU ist Deutschland nicht mehr Exportweltmeister bei Raps. Für den Raps wurde die Erntemenge deutlich nach unten korrigiert. Die EU-Bestände werden auf unter 10 Mio. t geschätzt. Das zeige, wie eng versorgt der Markt sei mit der Option auf steigende Preise für die Erzeuger, meinte Bernd Irps. Faktoren wie die hohen Lagerbestände in China, der Sojamarkt und die Entwicklung des Ölpreises spielten ebenfalls eine wichtige Rolle. Insgesamt zeigte sich Bernd Irps verhalten optimistisch bezüglich steigender Rapskurse. Gleiches gelte auch für die Weizenpreise, die bereits angezogen hätten, so Irps. Während der Verkauf von Getreide aus Russland, der Ukraine und den Baltikum abflache, könnte Deutschland im März, April mehr Marktchancen für den Verkauf von Getreide nach Saudi-Arabien und Nordafrika erwarten. Der Marktexperte rät den Erzeugern jedoch, beim Verkauf nicht alles auf eine Karte zu setzen. FAZIT Die Landwirtschaftskammer hat viele neue, engagierte Mitarbeiter mit vielen neuen Ideen bekommen. Eine Idee ist das neue Versuchskonzept zum Pflanzenbau 2020. Das Großflächenprojekt in Helmstorf wird nach der Ernte 2017 beendet und ein Drittmittelprojekt zum Thema Fernerkundung gestartet. Schon jetzt ist in Helmstorf das neue Versuchskonzept 2020 mit über 250 Parzellen begonnen worden. Ziel ist es, auf die künftigen Herausforderungen der Landwirtschaft mit passenden Lösungsansätzen für die Praxis zu reagieren. 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