Vertragsrecht II Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 1 Vertragsrecht II § 3 Inhalt von Schuldverhältnissen Sonderfall: Geldschulden Begriff BGH: Geld ist „jedes vom Staat oder einer durch ihn ermächtigten Stelle als Wertträger beglaubigte, zum Umlauf im öffentlichen Verkehr bestimmtes Zahlungsmittel ohne Rücksicht auf einen allgemeinen Annahmezwang“ Erfüllung Art der Erfüllung: grundsätzlich durch Bezahlung Bezahlung: Übereignung von Geldscheinen oder Münzen gem. §§ 929 ff. BGB Begrenzung der Annahmepflicht durch EU-Recht „mit Ausnahme der ausgebenden Behörde ist niemand verpflichtet, mehr als fünfzig Münzen bei einer einzelnen Zahlung anzunehmen“ (Art. 11 S. 3 der Verordnung Nr. 974/98 Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 2 Vertragsrecht II § 3 Inhalt von Schuldverhältnissen Sonderfall: Geldschulden Erfüllung Alternativ (und in der Praxis der Regelfall): Bezahlung mit Buchgeld Buchgeld: Geldforderung gegen ein Kreditinstitut Achtung: kein Gesetzliches Zahlungsmittel steht zur Disposition der Banken kann von den Banken nach Belieben geschaffen oder aber auch verweigert werden Konsequenz: Zahlung an Erfüllungs statt gem. § 364 Abs. 1 BGB Voraussetzung: Einverständnis des Gläubigers allerdings: häufig konkludente Erteilung Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 3 Vertragsrecht II § 3 Inhalt von Schuldverhältnissen Sonderfall: Geldschulden Wesen eigentlich Gattungsschuld aber: von den Rechtsfolgen her passt Qualifikation Als Gattungsschuld häufig nicht (§ 243 Abs. 1 BGB: „mittlerer Art und Güte) deshalb: durch Sonderregelungen spezialgesetzlich geregelt (§ 270 BGB) Keine Unmöglichkeit bei Geldschulden kein Erlöschen von Geldschulden bei Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB Grundsatz: „Geld hat man zu haben“ Schuldner unterliegt einer Beschaffungspflicht Option im Fall „subjektiver Unmöglichkeit“: Restschuldbefreiung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens (auch Privatinsolvenz möglich) Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 4 Vertragsrecht II § 3 Inhalt von Schuldverhältnissen Sonderfall: Geldschulden Arten Geldsortenschuld Vereinbarung einer bestimmten Münzsorte gem. § 254 BGB allerdings: auf gesetzliche Zahlungsmittel beschränkt (erfasst nicht Sammlermünzen) Fremdwährungsschuld gesetzlich geregelt in § 244 BGB (Abs. 1: Zulässigkeit, Abs. 2: Kurs) Differenzierung 1. unechte Fremdwährungsschuld: Zahlung kann auch in Heimatwährung erfolgen 2. echte Fremdwährungsschuld: Zahlung ist nur in vereinbarter Währung möglich (ausdrückliche Vereinbarung erforderlich) Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 5 Vertragsrecht II § 3 Inhalt von Schuldverhältnissen Zinsen Begriff Zinsen stelle eine Vergütung des Gläubigers für die Überlassung von Kapital an den Schuldner Zinsen sind daher notwendig akzessorisch mit Blick auf Existenz und Höhe mit der Kapitalschuld verknüpft Entstehungstatbestände Rechtsgeschäft (v.a. bei Krediten = Gelddarlehen iSv. § 488 BGB) Gesetz Verzugszinsen (§ 288 BGB) Prozesszinsen (§ 291 BGB) Fälligkeitszinsen bei Handelsgeschäften von Kaufleuten (§ 353 HGB) Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 6 Vertragsrecht II § 3 Inhalt von Schuldverhältnissen AGB-Recht Kernproblem Klauselgegner kann nur von formeller Vertragsfreiheit Gebrauch machen „verdünnte“ materielle Vertragsfreiheit des Klauselgegners Begründungsansätze situative Unterlegenheit („take it or leave it“-Situation) Transaktionskostenasymmetrie Marktversagen, fehlender Konditionenwettbwerb Vertragsgestaltungsfreiheit / Abschlussfreiheit Vertragsgestaltungsfreiheit des Klauselgegners auf Null reduziert Vertragsabschlussfreiheit verdünnt (v.a. bei lebensnotwendigen Produketn) Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 7 Vertragsrecht II § 3 Inhalt von Schuldverhältnissen Schema AGB-Kontrolle I. Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB 1. Kein Ausschluss aufgrund vorrangiger spezialgesetzlicher Normen a) § 475 BGB b) §§ 444, 639 BGB 2. Kein Ausschluss nach § 310 BGB Achtung: im b2b-Verkehr werden § 305 ff. modifiziert II. Vorliegen von AGB (§ 305 Abs. 1 BGB) 1. Vorformulierte Vertragsbedingungen 2. für eine Vielzahl von Verträgen 3. die der Verwender stellt 4. Keine Individualvereinbarung (§ 305 Abs. 1 S. 3 BGB) 5. bei Abschluss des Vertrages Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 8 Vertragsrecht II § 3 Inhalt von Schuldverhältnissen Schema AGB-Kontrolle III. Einbeziehungskontrolle 1. Einbeziehung im Einzelfall a) Ausdrücklicher Hinweis oder deutlich sichtbarer Aushang (§ 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB) b) Zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme (§ 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB) c) Einverständnis der Vertragspartei (§ 305 Abs. 2 BGB) 2. Einbeziehung durch Rahmenvereinbarung (§ 305 Abs. 3 BGB) 3. Überraschungsverbot: keine überraschende Klausel (§ 305c Abs. 1 BGB) 4. Transparenzgebot: ggf. Auslegung zulasten des Verwenders (§ 305c Abs. 2 BGB) 5. Vorrang der Individualabrede (§ 305b BGB) Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 9 Vertragsrecht II § 3 Inhalt von Schuldverhältnissen Schema AGB-Kontrolle IV. Inhaltskontrolle 1. Eröffnung der Inhaltskontrolle (§ 307 III BGB) 2. Inhaltskontrolle a) § 309 BGB – Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit b) § 308 BGB – Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit c) § 307 II BGB – Generalklausel d) § 307 I BGB – Generalklausel 6. Rechtsfolge (§ 306 BGB) Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 10 Vertragsrecht II § 3 Inhalt von Schuldverhältnissen Besonderheiten unternehmerischer Geschäftsverkehr Einbeziehungskontrolle: keine Anwendung des § 305 Abs. 2 BGB gem. § 310 Abs. 1 S. 1 BGB stattdessen: allgemeine Regelungen der §§ 145 ff. BGB Inhaltskontrolle: keine Anwendung der Klauselverbote der §§ 308, 309 BGB gem. § 310 Abs. 1 S. 1 BGB aber: Verstoß gegen ein Klauselverbot Indiz für unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB (Indizrechtsprechung des BGH) weiterer Maßstab des § 310 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB (angemessene Berücksichtigung der Gewohnheiten und Gebräuche des Handelsverkehrs) Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 11
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