Gefahrguttransporte Gefahrgutrechtliche Änderungen 2017 Mit den neuen Regelungen des ADR-2017 (ADR = Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße) sollten u. a. einige Erleichterungen bei den Tunnelregelungen und im Umgang mit der Beförderung von Lithiumbatterien erfolgen. Allerdings bestand auch die Möglichkeit, dass der eine oder andere Vorschlag kurzfristig wieder gestrichen oder weitere Regelungen hinzukommen könnten. Die neuen Regelungen werden frühestens zum 01.01.2017 zur Anwendung kommen können. Änderung der Tunnelregelung Lange galt als gesichert, dass die UN-Nummern 3077 (UMWELTGEFÄHRDENDER STOFF, FEST, N.A.G.) und 3082 (UMWELTGEFÄHRDENDER STOFF, FLÜSSIG, N.A.G.) aus der höchsten Tunnelkategorie „E“ (Unterabschnitt 1.9.5.2.2) herausgenommen werden. Als Folge hätten mit solchen Gefahrgütern beladene Lkw insbesondere sämtliche alpenquerende Tunnel durchfahren dürfen, die bisher weitestgehend mit der höchsten Tunnelkategorie „E“ gekennzeichnet sind und dies somit verbieten. Allerdings wurde dieser Vorschlag dann doch wieder gestrichen, so dass es bei den bestehenden Regelungen bleibt. Neues Kennzeichen in Unterabschnitt 5.2.1.9.2 Die neue Kennzeichnung für Lithium-Batterien und -zellen korrespondiert mit einer Änderung der Sondervorschrift (SV) 188, Buchstabe f. Die oben dargestellte Kennzeichnung soll nicht vorgesehen sein, wenn die Versandstücke entweder •nur in einer Ausrüstung eingebaute Knopf zellen enthalten oder •nicht mehr als vier Zellen oder zwei Batterien in der Ausrüstung eingebaut sind bzw. •nicht mehr als zwei Versandstücke pro Sendung befördert werden. Änderung bei der Beförderung von Lithium-Batterien und -zellen Ab 01.01.2017 werden die Regelungen zur Beförderung von Lithium-Batterien und -zellen teilweise neu geregelt. Entsprechend bestehen spezifische, teilweise bis Ende 2018 geltende Übergangsregelungen. Dazu wird in Unterabschnitt 5.2.1.9 ein neues Kennzeichen eingeführt, welches individuell um die UN-Nummer sowie um eine Telefonnummer für etwaige Zusatzinformationen ergänzt werden muss. Gefahrzettelmuster (Nr. 9A) für Versandstücke Für Versandstücke wurde in den Unterabschnitten 5.2.2.2.2. resp. 5.3.1.1.4. ein neues Gefahrzettelmuster (Nr.9A) eingeführt, welches aber nicht als „Placard“ verwendet werden soll. Zu diesem Zwecke muss ggf. das altbekannte Muster 9 weiter genutzt werden. 81 Flexible Schüttgut-Container Bisher waren die Versuche von russischer Seite, den im Seeverkehr im 36. Amendment (Amdt.) bereits zugelassenen flexiblen Schüttgut-Container (flexible Bulk Container (fBC)) auch im Landverkehr einzuführen, vergeblich. Künftig wird diese Umschließung im neuen Abschnitt 6.11.5 geregelt, so dass der entsprechende Einsatz im Landverkehr ab 01.01.2017 möglich ist. Allerdings sind folgende Beschränkungen und Voraussetzungen zu beachten: • Das Volumen bleibt auf 15 m³ beschränkt. • Es muss eine Bauartzulassung vorliegen. •Der flexible Schüttgut-Container muss entsprechend gekennzeichnet sein. •Die Verwendungsdauer ist auf zwei Jahre ab Herstellungszeitpunkt beschränkt. •Beim Befüllen muss darauf geachtet werden, dass das Verhältnis Höhe zu Breite 1:1 beträgt. •Die höchstzulässige Bruttomasse ist auf 14 Tonnen (t) beschränkt. •Die Verladung darf nur in solchen Fahrzeugen/Wagen/Containern erfolgen, die mit festen Stirn- und Seitenwänden ausgestattet sind und deren Höhe zwei Drittel der Höhe des flexiblen Schüttgut-Containers beträgt. •Darüber hinaus dürfen flexible SchüttgutContainer nicht gestapelt werden. •Der Einsatz dieser flexiblen SchüttgutContainer bleibt auf einige UN-Nummern beschränkt, so dass neben als Düngemittel verwendeten Stoffen auch der Einsatz bei „UMWELTGEFÄHRDENDEN STOFFEN, FEST (UN 3077)“ möglich ist. tieren und mit den Regelungen des ADR nicht immer umfänglich vertraut sind. Gerade die im Unterabschnitt 5.4.1.1.1 (f) geforderten Aufführung der Gesamtmenge jedes einzelnen gefährlichen Gutes mit unterschiedlicher UN-Nummer, bzw. Benennung der Verpackungsgruppe in den Beförderungspapieren wurden in diesem Zusammenhang als problematisch geschildert. Um entsprechende Verstöße künftig zu unterbinden und den Fahrern eine sinnvolle Handhabung zu bieten, hatte die IRU beantragt, künftig die Berechnung der freigestellten Mengen nach Unterabschnitt 1.1.3.6 als Summe der einzelnen geladenen Gefahrgüter vorzunehmen. Die einzelnen Punktwerte sollen ausdrücklich in das Beförderungsdokument eingetragen werden, um dem Fahrer nach Überschreiten der maximal zulässigen 1 000 „Punkte“ aufzuzeigen, dass die Grenze der sog. freigestellten Menge überschritten ist und nunmehr alle einschlägigen Vorschriften des ADR einzuhalten sind. Position des BGL Der BGL unterstützt diesen Vorschlag nicht. Bei Umsetzung wäre dem Fahrer (und möglicherweise auch weiteren Beteiligten) bei einem Verstoß ggf. keine „einfache“ Fahrlässigkeit mehr, sondern möglicherweise „grobe“ Fahrlässigkeit oder auch (bedingter) Vorsatz vorwerfbar. Dies könnte nach deutschem Recht Eintragungen in das Fahreignungsregister (FAER) und das Gewerbezentralregister nach sich ziehen und so für die Fahrer (und weitere Beteiligte) gravierende Auswirkungen haben. Vorschlag zur Änderung der Berechnung freigestellter Mengen Vorschlag zur Änderung bei der Verlagerung von Gefahrguttransporten und zur Fahrwegbestimmung Die International Road Transport Union (IRU) hatte sich im Frühjahr 2015 an die UNECE WP.15 gewandt, einer UN-Arbeitsgruppe (Working Party), die zuständig für die Durchführung von Änderungen des ADR ist. In einem Änderungsantrag schilderte die IRU Probleme im Umgang mit dem ADR, insbesondere bei solchen Unternehmen, die nur gelegentlich Gefahrgüter transpor- Im Sommer 2016 wurde in der Verkehrsministerkonferenz ein erster Vorschlag aus RheinlandPfalz diskutiert, demzufolge sollen die einschlägigien Regelungen der Verordnung über die innerstaatliche und grenzüberschreitende Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, mit Eisenbahnen und auf Binnengewässern (GGVSEB) sowohl zum Fahrweg als auch zur Verlagerung 82 im Straßenverkehr ( 35 GGVSEB) modifiziert und in vier eigenständige Paragraphen (§ 35 a – d) aufgeschlüsselt werden. Verlagerung von Gefahrguttransporten Nach ersten Planungen sollen in einem neuen 35a GGVSEB die spezifischen Regelungen zur Verlagerung von Gefahrguttransporten nahezu unverändert übernommen werden, sodass diese Vorschrift den bisher geltenden Vorgaben weitestgehend entspricht. Betroffene gefährliche Güter Fahrwegbestimmung Beförderungen bestimmter, in 35c genannter gefährlicher Güter, die teilweise oder vollständig im Straßenverkehr erfolgen, sollen auch künftig bevorzugt auf Autobahnen durchgeführt werden. Wie auch schon bisher darf der Beförderer die gefährlichen Güter nur befördern, wenn eine Fahrwegbestimmung erteilt ist. Er muss auch dafür sorgen, dass die Fahrwegbestimmung dem Fahrzeugführer vor Beförderungsbeginn übergeben wird. Dieser muss die Fahrwegbestimmung beachten, das Dokument während der Beförderung mitführen und zuständigen Personen auf Verlangen zur Prüfung aushändigen. Stoff oder Gegenstand Auch die bisher schon in 35 GGVSEB genannten weiteren Ausnahmen sollen bestehen bleiben. Die Pflicht zur Benutzung von Autobahnen ist in den Fällen aufgehoben, wenn die Entfernung bei Benutzung der Autobahn mindestens doppelt so groß ist wie die Entfernung bei Benutzung anderer geeigneter Straßen oder wenn die Benutzung der Autobahn nach den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung (StVO) oder der Ferienreiseverordnung ausgeschlossen oder beschränkt ist. Bei Sperrungen sollen die ausgewiesenen Umleitungsstrecken auch künftig ohne erneute Fahrwegbestimmung benutzt werden dürfen. Klasse bzw. Unterklasse 1.1 1.2 explosive Stoffe und Gegenstände mit Explosivstoff Eine wesentliche Änderung gegenüber der bestehenden Regelung ist in 35 c („Gefährliche Güter, für deren Beförderung die § 35a und 35b gelten“) vorgesehen. Dieser Passus soll eine abschließende Liste gefährlicher Stoffe oder Gegenstände enthalten, bei deren Beförderung ggf. Fahrwegverlagerungen und Fahrwegbestimmungen zu beachten wären. Die dort angegebenen Mengen beziehen sich auf die Beförderungseinheit. Grundsätzlich bedeutet die Änderung eine erhebliche Erweiterung des betroffenen Regelungskreises. Die Details des Vorschlags werden in nachfolgender Aufstellung graphisch aufgearbeitet: § 35a § 35b Verlagerung Fahrwegbestimmung NEM 1 000 kg NEM 1 000 kg NEM 1 000 kg NEM 1 000 kg NEM 1 000 kg NEM 1 000 kg NEM 1 000 kg; nur für UN-Nummern 0331 und 0332 zulässig NEM 1 000 kg; nur für UN-Nummern 0331 und 0332 zulässig 1.5 Fortsetzung nächste Seite 83 Stoff oder Gegenstand Klasse bzw. Unterklasse entzündbare Gase (nur bei Klassifizierungscodes, die den Buchstaben F enthalten) 2 Siehe Ausnahme 1 giftige Gase (nur bei Klassifizierungscodes, die den/die Buchstaben T, TF, TC, TO, TFC oder TOC enthalten), mit Ausnahme von Druckgaspackungen entzündbare flüssige Stoffe der VP I und II, mit Ausnahme der UN-Nummern 1093, 1099, 1100, 1131 und 1921 2 § 35a § 35b Verlagerung Fahrwegbestimmung 9 000 kg Nettomasse 9 000 kg Nettomasse 1 000 kg Nettomasse 1 000 kg Nettomasse 3 entfällt Siehe Ausnahme 2 UN-Nummern 1093, 1099, 1100, 1131 und 1921 der VP I 3 desensibilisierte explosive Stoffe der UN-Nummern 3364, 3365, 3367 und 3368 4.1 UN 3394 4.2 UN 1928 und UN 3399 4.3 entzündend (oxidierend) wirkende flüssige Stoffe der VP I der UN-Nummern 1745, 1746, 1873 und 2015 5.1 giftige flüssige Stoffe der VP I 6.1 ätzende flüssige Stoffe der VP I der UN-Nummern 1052, 1739, 1744, 1777, 1790, 1829 und 2699 3 000 Liter bei VP I 6 000 Liter bei VP II 3 000 Liter 3 000 Liter 1 000 kg Nettomasse 1 000 kg Nettomasse 3 000 Liter 3 000 Liter 3 000 Liter 3 000 Liter 3 000 Liter 3 000 Liter 3 000 Liter 3 000 Liter 3 000 Liter 3 000 Liter 8 Abkürzungen: Verpackungsgruppe (VP), Nettoexplosivstoffmasse (NEM) Symbole: nur bei Beförderungen in Tanks 84 nur bei Beförderungen in Versandstücken Berücksichtigung der technischen Ausrüstung Neu sind bei dem Vorschlag zwei bedeutsame Ausnahmeregelungen hinsichtlich der technischen Ausrüstung der Fahrzeuge: Ausnahme 1: Beförderung entzündbarer Gase und Gasgemische in Tanks Ausnahmen von den Vorschriften zur Verkehrsverlagerung und zur Fahrwegbestimmung sollen für Beförderungen bestimmter entzündbarer Gase in Tanks gelten, wenn dazu Tanks verwendet werden, •die als Doppelwandtanks mit Vakuumisolierung gebaut sind, •deren Summe der Wanddicken der metallenen Außenwand und des Innentanks die Mindestwanddicke nach Absatz 6.8.2.1.18 ADR nicht unterschreitet, •deren Wanddicke des Innentanks die Mindestwanddicke nach Absatz 6.8.2.1.19 ADR nicht unterschreitet und •deren Innentanks aus austenitischen ChromNickel- oder Chrom-Nickel-Molybdän-Stählen bestehen. Die Regelung zur Verkehrsverlagerung sollen außerdem nicht für Beförderungen von Gasgemischen der UN-Nummer 1965 (KOHLENWASSERSTOFFGAS, GEMISCH, VERFLÜSSIGT, N.A.G.) gelten, •sofern die gesamte Beförderungsstrecke nicht mehr als 300 Kilometer beträgt oder •bei Beförderung in Tanks nach Abschnitt 1.2.1 ADR bis 11 000 kg Nettomasse in der Beförderungseinheit, sofern die Fahrzeuge mindestens mit einem Automatischen Blockierverhinderer (ABV) nach § 41 Absatz 18 oder § 41b der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) ausgerüstet sind und dies in der ADRZulassungsbescheinigung nach Unterabschnitt 9.1.3.1 ADR vermerkt ist oder •bei Beförderung in Tanks nach Abschnitt 1.2.1 ADR von mehr als 11 000 kg bis 22 000 kg Nettomasse, sofern die Fahrzeuge mindestens mit einem ABV oder nach § 41b StVZO mit einem elektronischen Stabilitätssystem (auch ESC – Electronic Stability Control oder Fahrdynamikregelung genannt) ausgerüstet sind und dies in der ADR-Zulassungsbescheinigung nach Unterabschnitt 9.1.3.1 ADR vermerkt ist. Ausnahme 2: Beförderung entzündbarer flüssiger Stoffe der Klasse 3 Für Beförderungen bestimmter entzündbarer flüssiger Stoffe der Klasse 3 der Verpackungsgruppen (VP) I und II sollen die Regelungen zur Fahrwegbestimmung nicht gelten, sofern die Beförderungen in •nicht wanddickenreduzierten zylindrischen Tanks nach Kapitel 6.7 oder 6.8 ADR, die nach einem Berechnungsdruck von mindestens 0,4 Mega-Pascal (4 Bar) bemessen sind oder mit diesem Prüfdruck geprüft sind, •Tanks, deren Sicherheitsniveau um 50 Prozent höher ist, als das eines Tanks aus Baustahl nach Absatz 6.8.2.1.18 ADR, wenn dabei die Kenngröße „f3“ zur Ermittlung der Risikozahl mindestens 0,5 beträgt und das Sicherheitsniveau von der für die Zulassung des Baumusters zuständigen Behörde bescheinigt wurde oder •Doppelwandtanks nach Absatz 6.8.2.1.20 Buchstabe b Nummer 2 und 3 linke Spalte und Absatz 6.8.2.1.20 rechte Spalte, in Aufsetztanks nach Absatz 6.8.2.1.20 Buchstabe b letzter Satz linke Spalte oder in Saug-DruckTanks für Abfälle nach Kapitel 6.10 ADR durchgeführt werden. 85 86
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