Haltet den Dieb! Kann Bargeld kriminell sein? Keyfacts - Durch die Abschaffung von Bargeld soll Wirtschaftskriminalität verringert werden - Das Vertrauen in elektronische Zahlungssysteme muss dafür allerdings gestärkt werden - Schutz vor Wirtschaftskriminalität wird über Vertrauen und Kontrolle geschaffen 15. Dezember 2016 Wenn man sich auf die Suche nach der Grundlage unserer Volkswirtschaft macht, dann landet man in den meisten Fällen irgendwann bei einem Begriff: der Markt. Egal, was für ein Geschäft oder was für Geschäftsleute: Am Markt treffen Güter und Dienstleistungen eines Verkäufers als Angebot auf die Nachfrage eines Käufers. In seiner Reinform handelt es sich bei dem Handel auf dem Markt um Tauschgeschäfte. Und Bargeld? Ist streng genommen nur das Tauschmittel, das den Handel vereinfacht. So viel zu den Grundlagen. Umso überraschender der in letzter Zeit immer mal wieder erweckte Eindruck, demzufolge Bargeld die Ursache für Korruption und wirtschaftskriminelle Handlungen sei. So hat der Rat der Europäischen Zentralbank beispielsweise beschlossen, die Ausgabe des 500-Euro-Scheins Ende 2018 einzustellen. Die Banknote bleibt zwar gesetzliches Zahlungsmittel, jedoch wird dieser Schein schon heute in einer Vielzahl von Geschäften nicht angenommen. Anders gesagt: Im täglichen Wirtschaftsalltag sind 500-Euro-Scheine ohnehin 1/5 kaum vertreten. Warum dann also die Abschaffung? Man will dadurch Terrorfinanzierung, Geldwäsche und Schwarzarbeit eindämmen. Es wird also größer gedacht als der Einkauf beim Supermarkt an der Ecke. Bargeldlos in Indien und Schweden Anders stellt sich die Situation derzeit in Indien dar. Dort wurden am 8. November von der indischen Regierung sämtliche 500- und 1.000-Rupien-Scheine für ungültig erklärt. Dies entspricht etwa 85 Prozent des Bargeldbestandes in Indien. Bis zum 10. Dezember konnten die Banknoten gegen neue Scheine getauscht werden. Hintergrund auch hier: Korruption und Schattenwirtschaft soll der Kampf angesagt werden. Anders als in Europa trifft diese Maßnahme die Bevölkerung jedoch unmittelbar, da die Banknoten in Indien etwa so verbreitet sind wie bei uns die 20- und 50-Euro-Scheine. Darüber hinaus möchte sich auch Indien in Richtung einer bargeldlosen Volkswirtschaft entwickeln – und steht damit keineswegs alleine. In Schweden beispielsweise vertreten Interessengruppen unter dem Slogan „Bargeld braucht nur noch deine Oma – und der Bankräuber“ die Abschaffung von Bargeld. Auch bei Kleinstbeträgen wird das Motte „nur Bares ist Wahres“ nicht mehr gelebt. So haben einzelne Kirchen statt einem Klingelbeutel Kollektomaten, wo Spenden ausschließlich per Karten- oder Handyzahlung möglich sind. Dem Bargeld geht es also sprichwörtlich an den Kragen. Aber können durch solche Maßnahmen auch wirtschaftskriminelle Handlungen verhindert werden? 2018 ist das Jahr, in dem die Ausgabe des 500-Euro-Scheins eingestellt werden soll. Mobile Zahlsysteme verdrängen schon heute zunehmend Bargeldzahlungen. Ohne Bargeldzahlungen sind alle Transaktionen transparent und nachvollziehbar. Dies bedeutet aber auch im Umkehrschluss, dass das elektronische Zahlungssystem ausreichend gegen Cyberangriffe geschützt sein muss. Dies ist zumindest heute noch mehr als fraglich. Daneben muss das System gegen äußere Einflüsse geschützt sein. Was passiert beispielsweise bei einem Stromausfall? Zusätzlich müsste ein solches elektronisches Zahlungssystem die gleiche Akzeptanz haben und Vertrauen genießen wie das Bargeldsystem. Aus unserer aktuellen Studie zur Wirtschaftskriminalität wissen wir, dass 82 Prozent der befragten Unternehmen Datendiebstahl und Datenmissbrauch als besonderes Risiko sehen. Das KPMG Cyber Security Maturity Assessment hilft Unternehmen, sich durch geeignerte Sicherheits- und Forensic-Maßnahmen 2/5 vor Angriffen zu schützen. Wirtschaftskriminalität: Risikofaktoren kennen Wirtschaftskriminalität wird nicht verhindert, indem das allgemein anerkannte Tauschmittel, also das Bargeld, abgeschafft wird. Letztendlich lassen sich wirtschaftskriminelle Handlungen immer wieder auf einfache Gründe zurückführen. Die größten Risikofaktoren für die Begehung einer wirtschaftskriminellen Handlung sind Unachtsamkeit und Nachlässigkeit, mangelndes Unrechtsbewusstsein sowie fehlende und mangelnde Kontrollen. Für ein Unternehmen bedeutet das: Es muss an den Grundlagen zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität ansetzen. Auch wenn es vielleicht abgedroschen klingt: Ein angemessener „Tone at the top“, eine nachvollziehbare und anwendbare Richtlinien- und Vorgabenlandschaft sowie ein wirksames Kontrollsystem sind immer noch die Grundlagen einer vertrauensvollen Zusammenarbeit. Das Bargeld ist zwar das Zielobjekt der Wirtschaftskriminellen, aber nur deshalb, weil es das derzeit verfügbare Tauschmittel darstellt. Mit anderen Worten: Wenn man künftig stärker in bargeldlose Währungsformen setzt, dann werden eben diese Währungsformen das Interesse von Wirtschaftskriminellen hervorrufen. Mehr zu Wirtschaftskriminalität in Deutschland erfahren Sie in unserer aktuellen Studie Zusammengefasst »Nicht die Abschaffung von Bargeld wird wirtschaftskriminelle Handlungen verhindern, sondern ein klares Leitbild im Management, verständliche und anwendbare Regularien und ein zielgerichtetes Kontrollsystem.« Durch die Abschaffung von Banknoten oder die Einführung eines bargeldlosen Zahlungssystems sollen wirtschaftskriminelle Handlungen verringert werden. Es ist aber fraglich, ob das Bargeld schlussendlich der richtige Ansatzpunkt ist und nicht die traditionellen Werte eines ordentlichen Kaufmanns Wirtschaftskriminalität verhindern. 3/5 Christoph Kampmeyer Director Forensic ÄHNLICHER ARTIKEL NEWS Wirtschaftskriminalität: Rund 100 Milliarden Euro Schaden Immer weniger Unternehmen in Deutschland sind bereit, Geschäftsbeziehungen zu Firmen aufzubauen oder aufrechtzuerhalten, in denen es zu wirtschaftskriminellen Handlungen kam. 42 Prozent der Großunternehmen in... › MEHR 4/5 © KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, ein Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KMPG International Cooperative ("KPMG International"), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Recht vorbehalten. 5/5
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