Drucksache 16/13741

LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode
Drucksache
16/13741
12.12.2016
Antwort
der Landesregierung
auf die Kleine Anfrage 5317 vom 8. November 2016
der Abgeordneten Peter Preuß und Werner Lohn CDU
Drucksache 16/13419
Gewährleistet der Innenminister den notwendigen Arbeitsschutz bei der Polizei in
Bezug auf Computerarbeitsplatzbrillen?
Vorbemerkung der Kleinen Anfrage
Computerarbeitsplatzbrillen dienen dem Arbeitsschutz. Arbeitgeber müssen Beschäftigten,
deren
Tätigkeit
längere
Phasen
am
Bildschirm
einschließt,
regelmäßig
Vorsorgeuntersuchungen anbieten. Bei Bedarf muss der Arbeitgeber die notwendige Brille zur
Verfügung stellen oder kann sich für eine Kostenübernahme entscheiden.
Näheres zum Verfahren und zu den Ansprüchen der Beschäftigten regeln die
Bildschirmarbeitsverordnung und die Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge (GV 17).
Es besteht ein Sachleistungsanspruch. Überlässt der Arbeitgeber die Beschaffung dem
Betroffenen, so muss er die angemessenen tatsächlichen Kosten voll übernehmen. Die
Vorschriften zur Gesundheitsfürsorge, beispielsweise für
Beamte, gelten hier nicht.
In einem Brief an die Ministerpräsidentin beklagt die Arbeitsgemeinschaft der
Hauptschwerbehindertenvertretungen der Polizei (AGSV Polizei NRW), dass Anträge auf
Ausstattung mit einer Computerarbeitsplatzbrille, die nach einer fachärztlichen Untersuchung
mit entsprechender Verordnung gestellt wurden, in der Regel vom Betriebsarzt abgelehnt
werden; teils ohne persönliche Begutachtung nach einem durch Arzthelferinnen
durchgeführten Sehtest.
Die zitierten mündlichen ärztlichen Begründungen zeugen von mangelnder Kenntnis über die
Funktion einer Computerarbeitsplatzbrille und reichen von „kaufen Sie sich eine Lesebrille
beim DM“ gegenüber Gleitsichtbrillenträgern, bis zu „die Kosten werden nur übernommen,
wenn eine Gleitsichtbrille vorhanden ist“.
Datum des Originals: 09.12.2016/Ausgegeben: 15.12.2016
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Drucksache 16/13741
Betroffene Polizeibeschäftigte berichten mehrfach über Aussagen von Betriebsärzten im
Hinblick auf angebliche Vorgaben oder Überprüfungen, die eine andere Entscheidung nicht
erlaubten.
Die von der AGSV vertretenen Polizeibeschäftigten sind bereits anerkannt schwerbehindert.
Prävention ist hier von besonderer Bedeutung, da jede zusätzliche Beeinträchtigung sie weiter
in ihren verbliebenen Möglichkeiten beschränkt. Dennoch berichten diejenigen, die die
Ablehnung erhielten, dass eine Würdigung des Einzelfalles mit einer vom Gesetzgeber
vorgesehenen Begutachtung des Arbeitsplatzes nicht stattfand. Eine Gefährdungsbeurteilung
des Arbeitsplatzes wurde ebenfalls nicht vorgelegt.
Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 5317 mit Schreiben vom
9. Dezember 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit,
Integration und Soziales beantwortet.
1.
Wie verhält sich die Landesregierung dazu, dass Polizeibedienstete mit
Sehstörungen eine arbeitsmedizinische G37-Untersuchung bei einem dafür
zugelassenen Facharzt durchführen lassen, weil die Wartezeiten in einigen
polizeiärztlichen Diensten mehrere Monate bis zu einem Jahr betragen?
Gem. § 3 Abs. 2 der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) hat der
Arbeitgeber zur Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorge einen Arzt oder eine Ärztin
nach § 7 ArbMedVV zu beauftragen. Ist eine Betriebsärztin oder ein Betriebsarzt nach § 2 des
Arbeitssicherheitsgesetzes bestellt, soll der Arbeitgeber diese oder diesen auch mit der
arbeitsmedizinischen Vorsorge beauftragen.
Arbeitsmedizinische Vorsorge ist somit Aufgabe eines bestellten Betriebsarztes und kann nur
von einem zum Betriebsarzt weiterqualifizierten Arzt oder Facharzt für Arbeitsmedizin
wahrgenommen werden. In Nordrhein-Westfalen ist die arbeitsmedizinische Vorsorge für die
Beschäftigten der Polizeibehörden den Polizeiärztinnen und Polizeiärzten des Landes NRW
übertragen.
Rechtsgrundlage für die arbeitsmedizinische Vorsorge bei Tätigkeiten an Bildschirmgeräten
ist § 5 Abs. 2 Nr. 1 ArbMedVV i. V. m. Teil 4 „Sonstige Tätigkeiten“ Abs. 2 Nr. 1 des Anhangs.
Für diese kann es in Einzelfällen in polizeiärztlichen Diensten zu Wartezeiten über 2 Monate
gekommen sein.
Eine Verlagerung ausgewählter betriebsmedizinischer Aufgaben auf einen externen Arzt
wurde bereits in einzelnen Behörden übergangsweise zugelassen.
2.
In welchen Abständen bietet der Polizeiärztliche Dienst die arbeitsrechtlich
vorgeschriebenen Untersuchungen der Augen und des Sehvermögens den
Beschäftigten der Polizeibehörden an? (Bitte aufgeschlüsselt nach PÄDiensten).
Die arbeitsmedizinische Angebotsvorsorge muss gemäß § 5 Abs. 1 ArbMedVV vor Aufnahme
der Tätigkeit und anschließend in regelmäßigen Abständen angeboten werden. Die erste
Vorsorge muss innerhalb von drei Monaten vor Aufnahme der Tätigkeit angeboten werden,
die zweite Vorsorge spätestens zwölf Monate nach Aufnahme der Tätigkeit und jede weitere
Vorsorge spätestens 36 Monate nach der vorangegangenen Vorsorge. Es handelt sich hierbei
um Maximalfristen.
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Drucksache 16/13741
Da die Frist für die Angabe der Vorsorgebescheinigung für die weitere arbeitsmedizinische
Vorsorge individuell festgelegt wird, kann eine Verkürzung der Fristen erfolgen.
Im Rahmen der zur Beantwortung einer kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit können
hierzu keine belastbaren Aussagen getroffen werden.
3.
Wie sieht der Verfahrensablauf bei der Polizei zur Feststellung einer
Sehbeeinträchtigung aus, von der Antragstellung bzw. Vorsorgeuntersuchung bis
zum Erhalt einer Computerarbeitsplatzbrille?
Voraussetzung für eine Kostenerstattung für eine Bildschirmarbeitsplatzbrille ist, dass ein
Bildschirmarbeitsplatz gem. der Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV) vorliegt.
Eine Kostenerstattung für eine Bildschirmarbeitsplatzbrille kommt nur in Betracht, wenn
arbeitsmedizinische
Untersuchungen,
ggf.
ergänzt
durch
gezielt
veranlasste
augenfachärztliche Beurteilungen, ergeben, dass eine „normale“ Brille (Universalbrille) nicht
für die Arbeit an einem Bildschirmarbeitsgerät geeignet ist.
Zu einer angemessenen Untersuchung der Augen und des Sehvermögens gehören gemäß
der Arbeitsmedizinischen Regel (AMR) 14.1 „Angemessene Untersuchung der Augen und des
Sehvermögens“
a)
ein ärztliches Gespräch mit Ermittlung der Vorgeschichte und aktueller Beschwerden,
b)
ein Sehtest bestehend aus:
einer Sehschärfebestimmung im Nah- und Fernbereich (unter Berücksichtigung
arbeitsplatzrelevanter Sehabstände),
einer Prüfung der Stellung der Augen,
einer Prüfung des zentralen Gesichtsfeldes und
einer Prüfung des Farbsinnes sowie
c)
eine ärztliche Beurteilung und persönliche Beratung, einschließlich Mitteilung des
Ergebnisses.
Für den Fall, dass die arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung ergibt, dass eine Sehhilfe
für die Arbeit am Bildschirm benötigt wird, wird geprüft, ob die optimal angepasste „normale“
Sehhilfe (Universalbrille) als ausreichend erachtet wird. Erst wenn dies nicht möglich ist, muss
eine spezielle Sehhilfe (Bildschirmarbeitsplatzbrille) bewilligt werden, die ausschließlich auf
die individuellen Bedürfnisse am dienstlich zur Verfügung gestellten Bildschirmarbeitsplatz
angepasst ist. Die notwendigen Kosten dieses Arbeitsmittels werden vom Arbeitgeber bis zur
Höhe des im „Handlungsrahmen zur Kostenerstattung von Bildschirmarbeitsplatzbrillen in der
Landesverwaltung“ festgelegten Erstattungsrahmens getragen. Darüber hinaus gehende
Kosten, z. B. wegen höheren Komforts, gehen zu Lasten der Beschäftigten.
4.
Wann gedenkt die Landesregierung, die vom Finanzministerium für alle Ressorts
verbindlich erstellten Handlungsempfehlungen zur Genehmigung und
Kostenübernahme der aktuellen Rechtslage und Rechtsprechung anzupassen?
Der mit Erlass vom 2.11.2010 in der Polizei NRW verbindlich eingeführte „Handlungsrahmen
zur Kostenerstattung von Bildschirmarbeitsplatzbrillen in der Landesverwaltung“ setzt nach
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Drucksache 16/13741
Auffassung der Landesregierung die gesetzlichen arbeitsmedizinischen Regelungen um und
legt einen angemessenen Erstattungsrahmen der Kosten fest.
Zum o.a. Handlungsrahmen ist anzumerken, dass dieser nicht vom Finanzministerium
verbindlich für alle Ressorts erstellt wurde. Es handelt sich vielmehr um einen
ressortabgestimmten Handlungsrahmen, der von den Ressorts für ihren jeweils
nachgeordneten Bereich bekanntgegeben wurde.
Es ist beabsichtigt, nach Integration der Bildschirmarbeitsplatz-verordnung in die
Arbeitsstättenverordnung zu überprüfen, ob eine redaktionelle Anpassung des o.a.
Handlungsrahmens erforderlich ist.
5.
Wie viele Stellen im Polizeiärztlichen Dienst sind zurzeit nicht besetzt? (Angaben
bitte prozentual und absolut)
Von den 27 Stellen für Polizeiärztinnen und Polizeiärzte in Nordrhein-Westfalen sind aktuell
sieben Stellen nicht besetzt. Für sechs dieser Stellen ist eine kurzfristige Besetzung absehbar,
da bereits entsprechende Bewerber ausgewählt wurden.
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