Depressive Sexisten - Deutsches Ärzteblatt

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AKTUELL
BIOMARKER-TESTS BEI BRUSTKREBS
Keine Entscheidungsbasis für Chemotherapie
Derzeit kann man Patientinnen mit
einem primären Mammakarzinom
und mit klinisch hohem und genetisch niedrigem Risiko für ein Rezidiv nicht guten Gewissens von einer adjuvanten Chemotherapie abraten. Zu diesem Fazit kommt das
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen
(IQWiG) in seinem Bericht zum
Nutzen von Biomarker-Tests.
Der tatsächliche „Mehrwert“ der
Tests für die Patientinnen mit primärem hormonrezeptor-positivem,
HER2/neu-negativem Mammakarzinom und bis zu drei befallenen
Lymphknoten kann nach Ansicht
des IQWiG erst dann beurteilt werden, wenn weitere Ergebnisse von
Studien vorliegen, wie beispielsweise der randomisierten kontrollierten Studie Mindact. „Die Daten
von Mindact liefern bereits wertvolle Hinweise auf die möglichen
Konsequenzen eines Chemotherapie-Verzichts wegen eines Biomarker-Testergebnisses“, sagte Dr.
med. Stefan Lange, stellvertretender Leiter des IQWiG. Der Beobachtungszeitraum von fünf Jahren
sei aber noch zu kurz. Viele Fernmetastasen würden erst in den Folgejahren auftreten. „Es ist daher
schlicht eine Fehlinformation, dass
man durch den Test guten Gewissens auf eine Chemotherapie verzichten kann“, betonte Lange.
Wenn 1 000 Frauen aufgrund eines
niedrigen Biomarker-Testergebnisses auf eine Chemotherapie verzichteten, sei den Ergebnissen zufolge mit etwa 32 zusätzlichen Rezidiven zu rechnen und mit elf zusätzlichen Todesfällen. „Nach Auffassung der Autoren sind die Unterschiede klein. Aber das würde ich
gerne mit den betroffenen Frauen
genauer diskutieren.“
ER
BUNDESTAG
Foto: dpa
Pflegebedürftige sollen besser beraten werden
Die dritte Stufe
der Pflegereform
– ein Schwerpunkt
ist die Beratung –
ist im Bundestag
verabschiedet
worden.
Pflegebedürftige und Angehörige
sollen besser über Möglichkeiten
der Pflege beraten werden. Kommunen sollen Beratung verstärkt
vermitteln und mit der Altenhilfe
und anderen Trägern abstimmen.
Das sieht das dritte Pflegestärkungsgesetz vor, das die Große Koalition im Bundestag beschloss.
Linke und die Grüne stimmten dagegen. Bundesgesundheitsminister
Hermann Gröhe (CDU) wies darauf
hin, dass sich das Gesetz in eine
Reihe von Pflegereformen eingliedert. So sollten Demenzkranke ab
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 49 | 9. Dezember 2016
kommendem Jahr gleichen Zugang
zu den Unterstützungsangeboten erhalten. Ausrichten solle sich die
Hilfe im Zuge der Umstellung der
bisherigen Pflegestufen auf Pflegegrade stärker am persönlichen Bedarf. „Das macht aber auch bessere
Beratung erforderlich.“ Linke und
Grüne kritisierten die Schritte als
unzureichend. Betrügern in der ambulanten Pflege soll es mit der Reform schwerer gemacht werden:
Gegen Abrechnungsbetrug soll die
gesetzliche Krankenversicherung
(GKV) ein systematisches Prüfrecht erhalten. Bisher konnten die
Kontrolleure nur bei Diensten der
ambulanten Altenpflege tätig werden, nicht aber bei solchen, die ausschließlich häusliche Krankenpflege anbieten. Nach jüngsten Todesfällen im Zuge von HeilpraktikerBehandlungen wird zudem eine
rechtliche Grundlage für Leitlinien
zur Überprüfung von Heilpraktikeranwärtern geschaffen. Das Gesetz
soll ab Januar in Kraft treten. dpa
RANDNOTIZ
Kathrin Gießelmann
Wäre diese Studie vor drei Monaten
erschienen, hätte sich die Welt womöglich mehr Sorgen um Donald
Trumps Gesundheitszustand gemacht
statt um den von Hillary Clinton. Denn
glaubt man das, was die Autoren um
Y. Joel Wong von der Indiana University Bloomington im Journal of Counseling Psychology publiziert haben,
gibt es einen neuen Risikofaktor für
psychische Probleme: Sexismus gepaart mit einer Phobie vor Psychologen. Das zeigte eine Metaanalyse mit
fast 20 000 Teilnehmern.
Depressive
Sexisten
Das Augenmerk der Forscher lag
auf dem Zusammenhang verschiedener Verhaltensnormen und psychischer Gesundheit. Von den elf
Normen, die die Fachwelt als Garanten für traditionelle Männlichkeit einordnet, blieben am Ende nur drei
übrig. Diese gingen auffällig oft mit
einer negativen psychischen Gesundheit, wie etwa Depressionen,
einher: Autarkie, Playboy-Attitüden
und Macht über Frauen. Die beiden
letztgenannten seien genau die
männlichen Einstellungen unter den
elf Dimensionen, die eine sexistische
Haltung bedingen, erklärte Wong.
Folglich sei Sexismus nicht nur sozial ungerecht. Frauenfeindliche Männer leiden vermutlich besonders
häufig an psychischen Erkrankungen, wollen oder können aber keine
professionelle Hilfe annehmen.
Eine Beobachtung sollte jedoch
zu denken geben, ob das männliche
Ego nicht doch komplexer sein
könnte. Ausgerechnet für das Primat
der Arbeit fanden Wong und seine
Kollegen keinen eindeutigen Link zu
psychischen Problemen – Workaholics und Burn-out-Kandidaten können damit wohl kaum gemeint sein.
Dem künftigen US-Präsidenten
Trump könnte man dennoch vorsichtshalber ein psychotherapeutisches Erstgespräch ans Herz legen.
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