D. Techniken zum Verstehen von Rechtswörtern 2: Auslegung 1. Auslegung von Rechtsnormen a. Vier klassische Auslegungsmethoden ● Grammatische Auslegung Wortsinn im allgemeinen Sprachgebrauch ● Historische Auslegung Ermittlung des vom Gesetzgeber Gesagten/Gewollten ● Systematische Auslegung Blick auf den Kontext; beruht auf dem Gedanken, dass die Rechtsordnung als Ganzes widerspruchsfrei ● Teleologische Auslegung Suche nach dem Sinn und Zweck der Norm Die Methoden werden einander ergänzend (kumulativ) herangezogen, wobei die teleologische Auslegung im Zentrum steht. b. Ergänzende Auslegungsmittel ● Verfassungskonforme Auslegung ● EU-Richtlinien-konforme Auslegung ● weitere c. Umgang mit der Gesetzeslücken ● Unterscheidung zwischen primären und sekundären Lücken ● ergänzende Auslegung und Rechtsfortbildung zur Lückenschließung ● Sonderfall: Generalklauseln als Lücken „intra legem“ ● Hauptwege zur Schließung von Lücken: - Analogie [wirkt normausweitend] - Teleologische Reduktion [wirkt normverengend] 2. Auslegung von Willenserklärungen Beispielsfall: Getreidemühle Bei der Auslegung von Willenserklärungen (WE) ist zwischen empfangsbedürftigen und nicht empfangsbedürftigen Willenserklärungen zu unterscheiden: Die einander widerstreitenden §§ 133, 157 BGB sind bei empfangsbedürftigen WEen stets zusammen zu lesen (nicht nur bei Verträgen). Das bedeutet für empfangsbedürftige WEen: Maßgeblich ist, wie ein objektiver Dritter in der Position des Empfängers die WE verstehen würde (objektiver Empfängerhorizont). Hieraus ableitbare (und dann unmittelbar einleuchtende) Sonderfälle: ● „falsa demonstratio non nocet“ ● Mentalreservation ● „protestatio facto contraria“. Für nicht empfangsbedürftige WEen gilt nur § 133 BGB: Auf einen Empfängerhorizont kommt es nicht an. Es ist daher allein nach dem wirklichen Willen des Erklärenden zu forschen (§ 133, natürliche Auslegung). Dieser Wille gilt, wenn er sicher feststellbar ist, selbst dann, wenn die Erklärung objektiv etwas anderes bedeutet.
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