titelthema personalplanung AiB 12 | 2016 Die richtige Strategie entscheidet personalplanung In Zeiten des Fachkräftemangels ist Personalplanung eine nicht zu unterschätzende Aufgabe. Aber was genau ist Personalplanung und was gehört im Detail zu ihr? Und wo sollten Betriebsräte mitreden, um Gefahren für Beschäftigte einzudämmen? VO N T HOMA S BREIS IG darum geht es 1. Personalplanung hat einen hohen Stellenwert, um dauerhaften unternehmerischen Erfolg zu haben. 2. Sie gehört zum Handwerkszeug des Personalers, da das Unternehmen stets mit geeignetem und einsatzbereitem Personal versorgt werden muss. 3. Weil Personalplanung auch Risiken für die Beschäftigten birgt, sollten Betriebsräte sich damit befassen. P ersonalplanung ist nicht nur Sache des Unternehmens – die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) zielen darauf ab, die Interessen der Beschäftigten gleichberechtigt in die Unternehmensplanung einzubringen. Dafür muss der Betriebsrat aber erst einmal wissen, worum es geht. Allerdings: Personalplanung ist nicht nur bei Betriebsräten, sondern auch in den Personalabteilungen eine oft unterschätzte strategische Maßnahme. Eine Personalplanung, die nur darin besteht, neue Leute einzustellen um Abgänge zu ersetzen, garantiert mitunter nicht den unternehmerischen Erfolg, der gewollt ist. Nicht wenige Unternehmen planen sehr kurzfristig, sozusagen von der Hand in den Mund. Das Ergebnis schadet meistens allen: Erst wenn die Hütte brennt, verfällt man in Aktionismus und das Spektrum der Handlungsmöglichkeiten ist nicht mehr sehr breit. Andere Unternehmen aber investieren mehr in ihre Personalplanung, die selbstverständlich unmittelbar mit der Personalstrategie zusammenhängt. Bedeutung von Personalplanung Betriebswirtschaftlich gesehen ist das Personal eines Unternehmens zunächst ein »Produktionsfaktor«. Wie die anderen Faktoren – etwa Maschinen, Rohstofe, Energie – muss es am Markt – in diesem Fall am Arbeitsmarkt – beschaft und ausgewählt werden. Anschließend wird es im Unternehmen oder im Betriebsablauf eingesetzt und schließlich, wenn es nicht 14 mehr benötigt wird oder der einzelne Beschäftigte die Altersgrenze erreicht hat, wieder freigesetzt. Schon wenn man sich diese einfachen Zusammenhänge klarmacht wird deutlich, dass die Planung der Beschafung, des Einsatzes und des Abbaus von Arbeitskräften eine der zentralen und wichtigsten betriebswirtschaftlichen Grundfunktionen überhaupt ist. Wird eine solide Planung personeller Maßnahmen unterlassen, drohen dem Unternehmen gravierende Risiken. Zu ofenkundig ist die Tatsache, dass eine möglichst trefsichere Planung Fehlentwicklungen und unangenehmen und kostspieligen »Feuerwehr«-Maßnahmen im Personalbereich vorzubeugen hilft. Als Beispiele muss man nur auf kurzfristig angesetzte Maßnahmen zum Belegschaftsabbau oder auch – im umgekehrten Sinne – auf die Jagd nach qualiizierten Arbeitskräften in leergefegten Segmenten des Arbeitsmarkts verweisen. Wenn die viel gehörte These zutrift, dass das »Humankapital«, die menschlichen Ressourcen, ein zentraler Wettbewerbsfaktor ist, dann ist es nur folgerichtig, in der Bereitstellung und dem Einsatz dieser Ressource ein gravierendes betriebswirtschaftliches Planungsproblem zu sehen. Personalplanung: Ein Begrif Bei der Personalplanung geht es darum, bezüglich des Einsatzes menschlicher Arbeitskraft zur Erstellung von Gütern und Dienstleistungen künftige Entwicklungen vorwegzunehmen. Damit sollen vernünftige personalpolitische Maßnahmen aus dem potenziellen Alternativ- personalplanung AiB 12 | 201 6 begriff Personalplanung ist die gedankliche Antizipation (Vorwegnahme) zum Planungszeitpunkt darüber: · wie viel Personal mit welcher Qualiikation in der Zukunft bis zu einem bestimmten Planungshorizont gebraucht wird · über welches Personal man zu einer bestimmten (beliebigen) Zeit zwischen Planungszeitpunkt und Planungshorizont verfügt und welches man haben möchte · wann und wie das benötigte Personal beschaft wird · wie vorhandenes oder zu beschafendes Personal qualiiziert wird · ob und welche Mitarbeiter freigesetzt werden müssen oder ob es Verwendungsalternativen gibt und · auf welchen Stellen und in welchem Bereich (welches) Personal eingesetzt werden soll. spektrum auswählbar gemacht werden. Risiken sollen möglichst ausgeschaltet, zumindest klein gehalten werden. Die jeweils betrachtete Zeitspanne wird als Planungshorizont bezeichnet. Nach diesem zeitlichen Aspekt lässt sich idealtypisch zwischen einer kurzfristigen (ein Mo- titelthema nat bis ein Jahr), mittelfristigen (ein Jahr bis fünf Jahre) und langfristigen Personalplanung diferenzieren (siehe Randspalte). mehrere dimensionen Strategische Personalplanung Die Personalplanung erstreckt sich auf verschiedene Dimensionen: Strategische Personalplanung ist völlig unabhängig von der Strategie immer auch ein Stück Handwerk des Personalers, da ja das Unternehmen stets mit geeignetem und einsatzbereitem Personal versorgt werden muss. Personal steht nicht automatisch zu irgendeinem Zeitpunkt in einer bestimmten Zahl und noch dazu in der gerade benötigten Qualiikation zur Verfügung. Diese Versorgungssicherheit muss auf jeden Fall von der Personalplanung geleistet werden. Diese ist mal mehr, mal weniger schwierig zu gewährleisten. So steigt der Planungsbedarf unter turbulenten Umweltbedingungen, insbesondere starken Nachfrageschwankungen, erheblich an. Aber auch unter weniger dynamischen Handlungsbedingungen gibt es stets Planungserfordernisse: Personal scheidet aus dem Erwerbsleben aus, verlässt das Unternehmen (Fluktuation), wird versetzt, kommt aus der Elternzeit zurück, weibliche Beschäftigte werden schwanger. Insoweit hat jedes Unternehmen, jede Organisation, die zumindest in einem größeren Umfang Menschen beschäftigt, einen sich ständig aktualisierenden Personalplanungsbedarf. · eine quantitative (vor allem festgemacht an der Zahl der Beschäftigten) · eine qualitative hinsichtlich der Qualiikation der Beschäftigten · eine zeitliche in Bezug auf die zeitgerechte Abfolge und Steuerung der Aktivitäten und · eine lokale oder regionale, sofern es sich um Unternehmen mit mehreren Betriebsstätten an unterschiedlichen Orten handelt. Gute Personalplanung soll vor allem dafür sorgen, dass es genügend und passendes Personal gibt. 15 titelthema personalplanung definitionen Die Absatzplanung ist ein Teil der Planungsprozesse in einem Wirtschaftsunternehmen. Sie umfasst die Prognose der Marktnachfrage nach einem Produkt sowie die Erstellung eines Absatzplans, welcher Teil des Marketingplans ist. Er ist das Ergebnis der Absatzplanung und dient der Koordinierung von Produktbewegungen innerhalb und außerhalb des Unternehmens. AiB 12 | 2016 Zusammenhang mit anderen Themen Die Personalplanung steht nie isoliert im Raum. Vielmehr ist sie als eine typische abgeleitete Planung abhängig von anderen betriebswirtschaftlichen Planungsfeldern, so insbesondere von der Investitionsplanung, der Produktionsplanung, der Absatzplanung und/oder der Finanzplanung. Idealtypischerweise beeinlussen sich diese Planungsfelder gegenseitig. Sichtbar ist das bei der Personalplanung sowie bei der Absatz-, Leistungs- und Beschafungspla- nung (in der Übersicht unten mit Pfeilen ausgedrückt). Demnach ist die Personalplanung nicht nur abgeleitete Planung, sondern wirkt sich ihrerseits auch auf die anderen Planungen aus. Die Annahme eines derartigen Verhältnisses auf Gegenseitigkeit – also Investitions- und Personalplanung auf Augenhöhe – ist für die Praxis oft ein Wunschtraum. Sofern es überhaupt eine systematische Personalplanung gibt, ist sie gegenüber den anderen Planungsbereichen nachrangig angesiedelt, vielleicht von wenigen Ausnahmen abgesehen. übersicht Verlechtung der Personalplanung mit anderen betriebswirtschaftlichen Planungsfeldern Finanzplanung des Unternehmens Mithilfe der Leistungsplanung werden die abrechenbaren Arbeitsleistungen eines Mitarbeiters pro Jahr ermittelt. Sie dient so der Planung der Kapazitäten und der Ermittlung des Stundensatzes. In der Beschafungsplanung wird ermittelt, welche Dienstleistungen oder Sachmittel zu beschafen sind. Absatzplanung Produktions(Leistungs-) planung Investititonsplanung F + E-Planung Personalplanung Bedarfsplanung Beschafungsplanung Entwicklungsplanung Einsatzplanung Freisetzungsplanung Quelle: eigene Darstellung beispiele · In der Absatzplanung werden Ziele gesetzt, die mit der bestehenden Personaldecke nicht zu erfüllen sind. Aufstockungen sind aber wegen der Festlegungen im Rahmen des Finanzplans nicht möglich, so dass die Absatzplanungen nach unten revidiert werden müssen. · Die Absatz- und Produktionsplanung verlangt nach einer Personalaufstockung, die aber zumindest in der benötigten Qualiikation vom Arbeitsmarkt nicht befriedigt werden kann. 16 · Die Belegschaft verfügt über qualiikatorische Stärken, die bislang noch nicht umfassend ausgeschöpft werden. Dies führt zu einer Erweiterung des Produktionsprogramms und damit zu einer Veränderung der Leistungsplanung. · Im Zuge der Investitionsplanung werden Festlegungen getrofen, die mit den Prinzipien menschengerechter Arbeitsgestaltung nicht vereinbar sind. Die Investitionsplanung wird daher entsprechend geändert. AiB 12 | 201 6 Funktionsbereiche der Personalplanung Die Personalplanung ist nach funktional-inhaltlichen Gesichtspunkten in die folgenden Teilplanungen unterteilt: · · · · · · Personalbedarfsplanung Personalbeschafungsplanung Personalabbauplanung Personalentwicklungsplanung Personaleinsatzplanung Personalkostenplanung } Personalbedarfsplanung Die Personalbedarfsplanung ist der Ausgangspunkt und das Kernstück dieser Funktionsbereiche, weil sie die künftig benötigte Personaldecke prognostiziert: Wie viele Mitarbeiter werden wann, wo und mit welchen Qualiikationen benötigt? } Personalbeschafungsplanung Ergibt sich aus der Bedarfsplanung ein Personalbedarf, sind Personalbeschafungsmaßnahmen erforderlich. Die Personalbeschafungsplanung soll Auskunft darüber geben, wie der ermittelte Bedarf an Arbeitskräften zu decken ist. Dabei wird zwischen dem innerbetrieblichen (internen) und dem außerbetrieblichen (externen) Arbeitsmarkt unterschieden. Beim internen Markt wird aus den eigenen Reihen durch die Veränderung bestehender Arbeitsverhältnisse (in der Regel Versetzung) rekrutiert, beim externen Markt werden von außen Kräfte neu eingestellt, entweder durch Abschluss neuer Arbeitsverträge oder von Arbeitnehmerüberlassungsverträgen (Leiharbeit). } Personalabbauplanung Wird ein negativer Personalbedarf ermittelt, zieht dies eine Personalabbauplanung nach sich. Personalabbau ist von der Natur der Sache her eine unternehmens- und gesellschaftspolitisch hochbrisante Aktivität. Es gibt hier eine Vielzahl von ethischen, aber auch von kostenbezogenen Gründen, die dazu führen, dass Personalabteilung und Betriebsrat überlegen, welche freisetzungshemmenden Maßnahmen es gibt. Ist es aber nicht gelungen, die Personalreduzierung im Planungszeitraum über freisetzungshemmende Maßnahmen personalplanung titelthema IMMER APPTO-DATE. beispiele · Abbau von Überstunden · interne Umsetzungen (ggf. sogar im Konzernverbund) · Kurzarbeit · Nutzung der natürlichen Fluktuation durch vorläuiges Nicht-Wiederbesetzen freiwerdender Stellen (Einstellungsstopp) · Arbeitszeitverkürzung wie beispielsweise die bekannt gewordene Vier-Tage-Woche bei Volkswagen unter Inkaufnahme von Einkommensreduzierungen. MIT DER NEUEN APP »ARBEITSRECHT IM BETRIEB« Alle Inhalte im Layout der gedruckten Ausgabe Mit Lesezeichenund Weiterempfehlungsfunktion Inklusive ausgabenübergreifender Suche zu bewerkstelligen, sprich, den Abbau von Arbeitsplätzen zu verhindern, ist als zweiter Schritt – als letztmögliche Maßnahme, um das wirtschaftliche Überleben des Unternehmens zu gewährleisten – die Planung von direkten Personalabbaumaßnahmen angezeigt. Ab sofort gratis downloaden. Nur für AiB-Abonnenten. } Personalentwicklungsplanung Die Personalbeschafung vom internen Arbeitsmarkt ist in der Regel eng verknüpft mit einem weiteren Feld der Personalplanung, nämlich der Personalentwicklungsplanung. Unternehmen, die eine nachhaltige Personalpolitik betreiben, setzen intensiv auf die Qualiizierung ihrer Beschäftigten und betreiben systematisch ein Talentmanagement, das in Zeiten des demograischen Wandels erheblich an Stellenwert gewinnt. } Personaleinsatzplanung Unternehmerischer Erfolg hängt ferner von einer gelungenen Personaleinsatzplanung ab. Dabei geht es unter anderem um die Gestaltung der Aufgabeninhalte der Stellen, die planerische Zuordnung der einzelnen Beschäftigten zu den unterschiedlichen Arbeitsplätzen und Aufgabeninhalten und, nicht zu vergessen, um die Arbeitszeitgestaltung. } Personalkostenplanung Bei der Personalkostenplanung spielen vor allem Dingen Budgets eine zentrale Rolle. Diese stecken etwa für die einzelnen Bereiche und Abteilungen den Handlungsspielraum für Personalmaßnahmen in einem mehr oder weniger Noch ohne Online-Registrierung? Dann aber los: www.aib-web.de/ 17 registrierung titelthema personalplanung AiB 12 | 2016 engen Rahmen ab. Wichtige Einlussgrößen sind neben der prognostizierten Entwicklung des Personalbedarfs und des Personalbestands die Entwicklung der Personalkosten, die beispielsweise von der Tarifpolitik oder von Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt abhängen. Praktische Umsetzung der Personalplanung Bislang sind hier viele Argumente vorgebracht worden, warum für ein Unternehmen eine solide Personalplanung von hohem Stellenwert ist. Interessant und rätselhaft ist jedoch, warum es in der Praxis große Deizite bei der Personalplanung gibt. Mögliche Antworten sind: Die erstaunliche Tatsache des Fehlens einer planungsdefizite Es liegen einige Untersuchungen mit folgenden Kernergebnissen vor: · Die Personalplanung ist gegenüber der Investitions-, Produktions- und Absatzplanung klar nachrangig. Wenn es ausführlichere und systematische Planungen gibt, dann eher in diesen Bereichen. · Die Existenz systematischer (und verschriftlichter) Personalplanungen ist stark größenabhängig: Während sie für Großunternehmen weitgehend selbstverständlich sind, gibt es im Bereich mittelständischer und vor allem kleiner Unternehmen gravierende Lücken. Hier wird besonders häuig nur nach dem »Feuerwehrprinzip« und methodisch sehr intuitiv geplant. aib-web.de Mehr zum Begrif }} } Personalplanung inden Sie unter: aib-web.de > AiB:Assist > BetrVG Online-Kommentar > § 92 Personalplanung fundierten Personalplanung und der relativ kurze Planungshorizont (vier bis zwölf Monate), wird von Experten auf die hohe Unsicherheit infolge von raschen Markt- und Technologieveränderungen zurückgeführt. Betriebsräte sollten sich einschalten Nicht zu Unrecht wird oft betont, eine gute Personalplanung nützt dem Betrieb und den Beschäftigten. Auf der anderen Seite sollte nicht vergessen werden, dass die Personal- planung ein extrem konliktgeladenes Handlungsfeld ist, weil hier in der Regel schwer versöhnliche unternehmerische Grundanliegen (Kostensenkung durch Personalabbau) und elementare Interessen der Beschäftigten (Arbeitsplatzsicherheit und Einkommen) aufeinanderprallen. Selbst bei der humanressourcenorientierten – also der am Menschen orientierten Spielart von Personalpolitik – bleibt ja der arbeitende Mensch auch Kostenträger, und es kommt immer wieder zu Maßnahmen und Entscheidungen, die sich letzten Endes zulasten des Personals auswirken – wie zum Beispiel Outsourcing. achtung Grundlegende Risiken für die Beschäftigten bei der Personalplanung sind:1 · Durch Leiharbeit, Werkverträge, befristete Beschäftigung steigen die Beschäftigungsrisiken. Mit diesen Mitteln kann Arbeit planbar lexibilisiert werden. · Die Arbeitsbelastung wächst durch eine zu knappe Personalbedarfsplanung. · Eignungstests, Beurteilungen, betriebliche Qualiizierungs- und andere Personalentwicklungsmaßnahmen dienen vor allem der Auswahl der Leistungsstärkeren und dem Herausdrängen der Leistungsschwächeren. · Die Transparenz betrieblicher Vorgänge erhöht sich durch Personalplanung. Für die Beschäftigten vorteilhafte Abmachungen mit unteren Vorgesetzten sind nicht mehr möglich, da deren Entscheidungsspielräume eingeschränkt werden. · Eine Formalisierung der Personalplanung zerstört oft günstigere informelle Regelungen. Damit sind vielfältige Gründe für den Betriebsrat als Interessenvertretung der Beschäftigten benannt, um sich möglichst intensiv in die komplexe Problematik der betrieblichen Personalplanung einzuarbeiten. v Dr. Thomas Breisig, Professur für Organisation und Personal, Universität Oldenburg. 1 Vgl. Bosch/Kohl, Handbuch Personalplanung, Bund-Verlag 1995, S. 23. 18
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