Klausur 1711 - Juristisches Repetitorium Hemmer

Juristisches Repetitorium
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Klausur 1711
Öffentliches Recht
Im aktuellen niedersächsischen Landtagswahlkampf stellt der Norddeutsche Rundfunk
(NDR) den mit Wahlvorschlägen zur Landtagswahl zugelassenen Parteien Sendezeiten für
Wahlwerbespots zur Verfügung, soweit sie mit einer Landesliste oder in mindestens der
Hälfte der Wahlkreise mit eigenen Wahlvorschlägen an der Wahl teilnehmen. Unter diesen
Parteien befindet sich auch die im derzeitigen Landtag nicht vertretene X-Partei.
Repräsentativen Umfragen zufolge wird diese Partei ca. 4 – 5% der Stimmen erzielen.
Der NDR weist den von der X-Partei eingereichten Wahlwerbespot wegen des in dem
Spot enthaltenen „extremistischen und verfassungsfeindlichen Gedankenguts“ zurück.
Außerdem bestünden Anhaltspunkte dafür, daß der eingereichte Wahlwerbespot der XPartei den Straftatbestand des § 90 a StGB verwirklichen könnte.
Die X-Partei beansprucht für ihren Wahlwerbespot 8 Sendetermine. Gemäß seiner bei
Landtagswahlen üblichen Praxis hat der NDR der im bisherigen Landtag am stärksten
vertretenen Partei 8 Sendetermine zugestanden. Parteien, die keine annähernd
realistische Aussicht auf Einzug in den Landtag haben, hat der NDR je 2 Sendezeiten
angeboten. Die Partei, die im bisherigen Landtag die wenigsten Abgeordneten stellt, hat 4
Sendetermine erhalten.
Darüber hinaus hat der NDR eine Woche vor dem Wahltermin eine redaktionell gestaltete
Fernsehsendung mit dem Titel „Niedersachsen vor der Wahl“ angesetzt. Zu dieser
Sendung hat der NDR prominente Landtagsabgeordnete derjenigen Parteien eingeladen,
die im derzeitigen Landtag vertreten sind. Sie sollen unter der Leitung einer Moderatorin
über die Arbeit ihrer Parteien während der ablaufenden Legislaturperiode diskutieren.
Der NDR weigert sich unter Berufung auf seine Programmgestaltungsfreiheit, die X-Partei
in die Diskussionsrunde einzubeziehen. Überdies müsste ein derartiges Recht der XPartei doch eine gesetzliche Grundlage aufweisen, was aber gerade nicht der Fall sei. Die
geplante Diskussionssendung befasse sich bewußt nur mit der ablaufenden
Legislaturperiode, so dass Vertreter der X-Partei angesichts dieser Themengestaltung
keine geeigneten Teilnehmer seien. Im übrigen hätten die Politiker der eingeladenen
Parteien angekündigt, die Sendung zu boykottieren, wenn auch die X-Partei teilnehmen
werde.
Die X-Partei hält entgegen, dass in der geplanten Diskussion nach allgemeiner
Lebenserfahrung sehr wohl die bevorstehende Landtagswahl im Mittelpunkt stehen werde.
Es sei unfair, wenn die „etablierten“ Parteien durch den Auftritt in der Fernsehsendung
Gelegenheit erhielten, ihre Wahlchancen zu Lasten der nicht beteiligten Parteien zu
verbessern.
Die X-Partei fragt, ob sie in der Kürze der bis zur Wahl bzw. bis zum Termin der
Fernsehdiskussion verbleibenden Zeit gerichtlich erreichen kann, dass der NDR ihren
Wahlwerbespot sendet und die Teilnahme eines Mitglieds ihrer Partei an der
Diskussionssendung gestattet. Diesen Fragen ist in einem Gutachten nachzugehen
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§ 15 („Besondere Sendezeiten“) des Staatsvertrags über den Norddeutschen Rundfunk
(NDR) lautet:
„(1) Den Parteien und Vereinigungen, für die in den Ländern ein Wahlvorschlag zu den
Landesparlamenten, zum Deutschen Bundestag oder zum Europäischen Parlament
zugelassen worden ist, sind angemessene Sendezeiten zur Vorbereitung von Wahlen
einzuräumen, soweit sie mit einer Landesliste oder in mindestens der Hälfte der
Wahlkreise eines Landes mit eigenen Wahlvorschlägen an der Wahl teilnehmen.
(2)
[...]
(3)
Die Vorschriften der allgemeinen Gesetze und die gesetzlichen Bestimmungen zum
Schutze der Jugend und des Rechts der persönlichen Ehre sind einzuhalten.
(4) Für Inhalt und Gestaltung der Sendungen ist derjenige oder diejenige verantwortlich,
dem oder der die Sendezeit zugebilligt worden ist.“
Der NDR-Staatsvertrag hat in Niedersachsen Gesetzeskraft.