SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE SWR2 Tandem Verschärfte Maßnahme Unterwegs mit dem Anti-Terror-Trupp für Flughafensicherheit Von Anja Kempe Sendung: Freitag, 25. November 2016, 10.05 Uhr Redaktion: Ellinor Krogmann Produktion: SWR 2016 Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Service: SWR2 Tandem können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/tandem.xml Mitschnitte aller Sendungen der Redaktion SWR2 Tandem sind auf CD erhältlich beim SWR Mitschnittdienst in Baden-Baden zum Preis von 12,50 Euro. Bestellungen über Telefon: 07221/929-26030 Bestellungen per E-Mail: [email protected] Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? 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Der Mann beißt gutgelaunt in ein Wurstbrötchen, die Frau pappt einen Aufkleber auf den Reisekoffer, mit bunten Blümchen drauf. Die Anti-Terror-Spezialisten werfen prüfende Blicke umher. Ob hier vielleicht Sicherheitsgefährder unterwegs sein könnten. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 2: Seit den Anschlägen von Brüssel wurden die Maßnahmen, die die Bundespolizei trifft, nochmals verstärkt. Zum Beispiel durch die Streifen, die die Bundespolizei im öffentlichen Bereich des Flughafens stellt. Autorin: Die Bundespolizei soll sich umschauen nach verdächtig wirkenden Personen. Das ist eine neue sogenannte verschärfte Sicherheitsmaßnahme, die nicht nur hier am Flughafen Köln-Bonn eingeführt wurde - nach den Terroranschlägen auf den Airport von Brüssel im März und dem Anschlag auf den Istanbuler Flughafen im Juni 2016. MUSIK O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 2: Wir als Bundespolizei hier am Flughafen treffen nicht nur offene Maßnahmen, sondern auch ganz wichtige verdeckte Maßnahmen. Die so für die Öffentlichkeit gar nicht erkennbar sind. Wir sind da. 0-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 1: Die Maßnahmen, die wir durchführen, sind zu einem großen Teil geheim. Die sind unter Verschluss gehalten. Wenn wir eine Veränderung der Vorschriftenlage haben, dann müssen wir natürlich uns einarbeiten bis in die Tiefen der Regelungen, auch die Elemente, die für die Öffentlichkeit nicht bestimmt sind, darauf bauen wir unser taktisches Konzept dann auf. 2 Autorin: Eine extreme Herausforderung seien die Flughafenattentate, für verängstigte Fluggäste und auch für die Anti-Terror-Einheiten, nach jedem Anschlag auf’s neue, berichten die Sicherheitskräfte der Bundespolizei. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 1: Also ich hab’ natürlich auch Familie und Nachbarn, die mich befragen, weil sie eine Flugreise planen, und die fragen, was macht ihr genau, aber ich muss mich immer wieder daran erinnern, dass ich das für mich behalten muss. Weil das nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist. Da gibt es Vorschriften, die dürfen nur wir lesen, und da steht genau drin, wie es gemacht wird. Autorin: Auch die Sicherheitskräfte seien unter Beschuss, klagen die Sicherheitskräfte. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 4: Wenn Anschläge passieren, dann heißt es ja hinterher immer, ja wie konnte das passieren! Und wieso war denn die Bundespolizei nicht so schnell vor Ort! Wer hat da nicht aufgepasst und wer hat was gemacht, damit es zu so einem Szenario hinterher gekommen ist. Die Polizei in Brüssel stand hart in der Kritik. ATMO SICHERHEITSCKECK Autorin: Das Pärchen mit den Sonnenbrillen auf den Nasen reiht sich in die Warteschlange am Sicherheitscheck ein. Der Mann schiebt einen Reiseregenschirm in seinen Umhängebeutel. Die Frau stopft eine Flasche Mineralwasser in ihre riesige Handtasche und berichtet den Fluggästen, die hinter ihr in der Schlange stehen, dass sie nach Neapel fliegen. Und dass sie von Neapel aus eine Kreuzfahrt machen, und sie hätten ihre eigenen Rettungsschwimmwesten dabei, im Koffer seien die, und morgen Mittag säßen sie schon auf dem Sonnendeck und blickten über das Mittelmeer. Und ihr Begleiter fügt hinzu, ja wenn es hier mal weiter geht. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 2: Oftmals ist es ja bei den Passagieren so, einerseits wird sich über die langen Wartezeiten beschwert, auf der anderen Seite möchte man aber hundertprozentige Sicherheit haben. Autorin: Vielen Fluggästen dauert die Kontrolle zu lange. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 1: Also hier sehen wir jetzt einen Regenschirm. Diese Knirps-Regenschirme sehen immer sehr interessant aus auf dem Bild. Autorin: Die Sicherheitsbeamten der Bundespolizei schauen auf den Monitor. In der Personen- und Handgepäckkontrolle arbeiten sie mit zivilen Sicherheitsdiensten zusammen. Die Passagierin mit der riesigen Handtasche wippt ungeduldig auf den Zehenspitzen. Doch die Bundespolizei hat eine Lösung für das Problem. 3 O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 2: Ja, Sie können ja Ihre Wasserflasche zum Beispiel einfach schon mal neben Ihre Tasche legen. Autorin: Das Handgepäck wird geröntgt. Erst seit zwei Jahren können die Röntgengeräte auch Flüssigkeiten identifizieren. Die Passagierin zuckt sichtlich genervt mit den Schultern. Sie weiß wohl, in ihre Handtasche passt viel mehr rein als nur eine Flasche Mineralwasser. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 2: Jetzt haben wir hier die Tasche, sehen wir jetzt hier auf dem Bildschirm, mit ihrem kompletten Inhalt. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 1: Man sieht durch die Fülle des Inhaltes, dass das Bild schon sehr unübersichtlich wird, das heißt, das ist etwas komplizierter auszuwerten, da muss man sich etwas mehr Zeit für nehmen. Und wenn man das Bild nicht als vollständig ungefährlich einstufen kann, dann schickt man die Tasche in die Nachkontrolle. Und dort wird sie dann geöffnet und von Hand durchsucht. Autorin: Die Urlaubsreisende wischt sich den Schweiß von der Stirn. Doch ein Indiz dafür, als verdächtig wirkende Person, als potentielle Sicherheitsgefährderin zu gelten, sei das noch nicht, meinen die Anti-Terror-Kräfte, die da ein gutes Auge haben müssen. MUSIK O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 2: Wenn man als Bundespolizist tätig sein möchte, dann muss man auf jeden Fall selbstbewusst sein, das ist ganz wichtig, man darf keine Scheu haben, man muss sich durchsetzen können, man braucht, ja, einen Willen, für Sicherheit zu sorgen. Ich bin Jahrgang 1991, und ich bin zur Bundespolizei gegangen, weil mich die Vielfältigkeit der Bundespolizei beeindruckt hat, ob das am Flughafen ist oder am Bahnhof oder an der Grenze, alles ist hier möglich bei der Bundespolizei. Das Abenteuerliche, das muss jeder bei der Bundespolizei eigentlich für sich selber bestimmen. Also man ist sich durchaus bewusst, dass man in Gefahrensituationen kommen kann, die Gefahr ist viel größer als in anderen Berufen. Und automatisch beschäftigt man sich damit, man hat das immer im Hintergrund, aber es darf einen nicht beeinflussen die ganze Zeit. Man weiß, was in der Welt los ist, aber man darf sich davon nicht beeinträchtigen lassen. Wenn es zu Gefahrensituationen kommt, zu Zwischenfällen, dann ist es ganz wichtig, dass man als Bundespolizei Ruhe bewahrt. Ganz wichtig ist, ruhig bleiben, Ruhe bewahren, ja, man muss einen Ruhepuls finden, man darf nicht, ja, man darf nicht selber sich, ist schwierig zu beschreiben, man darf nicht selber in Panik verfallen. Das ist ganz wichtig. Ob das dann tatsächlich so ist, ob man das so umsetzen kann, das kann man natürlich ganz oft erst in der Situation dann feststellen. Ja die Familie, die freut sich natürlich, aber trotzdem sind da natürlich auch Bedenken, weil es ja ein sehr gefährlicher Beruf auch sein kann. Ja. Natürlich haben 4 die Eltern manchmal Bedenken. Ob man in Gefahrensituationen gerät und so weiter. Die wissen auch wie die Lage ist. Aber man kann die Eltern gut beruhigen. ATMO Autorin: Der Sicherheitscheck ist noch nicht beendet. Das Kontrollpersonal von der Bundespolizei deutet auf den Körperscanner. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 1: Die Funktionsweise ist so, dass der Körperscanner eine Art Mikrowellen auf den Körper sendet. Autorin: Das Pärchen mit den Sonnenbrillen auf den Nasen rauft sich die Haare. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 2: Sie gehen jetzt einfach nach vorne, stellen sich da rein. Autorin: Der Passagier mit dem Umhängebeutel will nicht in den Nacktscanner. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 2: Es war ja auch in den Medien, dass der Sicherheitsscanner als Nacktscanner betitelt wurde. Dem ist natürlich nicht so. Was das Kontrollpersonal sieht, ist lediglich ein Piktogramm, eine Art Strichmännchen. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 1: Wer ein ungutes Gefühl damit hat, hat die Möglichkeit zu sagen, ich möchte das nicht. Die Nutzung des Körperscanners ist für jeden freiwillig. Autorin: Die Körperscanner, auch Sicherheitsscanner genannt, befinden sich noch in der Erprobungs- und Einführungsphase. Auf deutschen Großflughäfen, auch in Stuttgart, stehen sie längst. Viele Passagiere sind skeptisch. Mögliche Schädigungen der Gesundheit durch die Bestrahlung, aber auch Persönlichkeitsrechte und Datenschutz werden diskutiert, seit der erste Körperscanner 2009 am John F. Kennedy-Airport in New York eingeführt wurde. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 3: Die USA nutzen die Körperscanner natürlich schon länger, und wir wissen, dass das anders gehandhabt wird, dass die Amerikaner, sag’ ich mal, aufgrund der Tatsache, dass dort auch schon Anschläge in großem Stil begangen worden sind, natürlich das ganze etwas enger sehen und die Persönlichkeitsrechte vielleicht ein bisschen mehr einschränken als wir. Wir haben ganz andere rechtliche Vorschriften, da sind wir also sehr vorsichtig, was den Datenschutz betrifft. Also man wird nirgends eine Person erkennen, sondern es ist das sogenannte Piktogramm in der Darstellung. 5 Autorin: Vor der Einführung der Körperscanner waren ausschließlich sogenannte Metalldetektorschleusen im Einsatz. Sie werden weiterhin verwendet, aber sie können nur Metall erkennen. MUSIK O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 1: Die Pistole, das Messer, das war so das Szenario, von dem man ausgegangen ist. Und die Erfahrung hat leider gezeigt, dass eben auch Gegenstände mitgeführt werden, die nicht aus Metall sind, sodass man sich technisch umstellen musste, um diesen neuen Gefahren auch begegnen zu können. Der Körperscanner ist in der Lage, Gegenstände, die am Körper verborgen sind, zu detektieren, die vorher die Metalldetektorschleuse nicht erkennen konnte. Es sind die Erfahrungen aus versuchten Anschlägen, wo genau das nämlich probiert worden ist, dass am Körper irgendwelche Sprengsätze, die in einer chemischen Funktionsweise vorliegen, dass die mitgeführt worden sind, oder versucht wurde, die mitzuführen. Ein Beutel mit einem Pulver, der irgendwo am Körper versteckt ist, wurde von einer Metalldetektorschleuse nicht angezeigt. Autorin: Die flächendeckende Einführung der Körperscanner ist kostspielig. Und im Unterschied zu den Kosten für das Sicherheitskontroll-Personal, die im Preis für das Flugticket enthalten sind, werden die Kosten für Apparate über Steuergelder finanziert. Ein Körperscanner kostet 160.000 Euro, das ist das Zehnfache dessen, was ein Metalldetektor kostet. Die Passagierin mit der riesigen Handtasche ist einverstanden. Sie will den teuren Körperscanner einmal ausprobieren. Aber die Handtasche darf nicht mit rein in die Kabine. Nur der Körper, besser gesagt, die Körperoberfläche wird untersucht. Auf dem Bildschirm sehen die Sicherheitskräfte das Ergebnis. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 2: Es gibt ein einheitliches Bild von dem Mann und von der Frau, und da wo es Auffälligkeiten gibt, wo nachkontrolliert werden muss, das wird lediglich mit einem gelben Quadrat gekennzeichnet. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 3: Es dient der Lokalisierung der gezielten Nachkontrolle. Das kann der Fluggast sich gerne angucken, warum jetzt an einer bestimmten Stelle kontrolliert wird. Er muss sich nur umdrehen und kann mit auf den Bildschirm gucken. Autorin: Das Strichmännchen der Passagierin zeigt zahlreiche gelbe Quadrate an. Das bedeutet, sie muss nun in die sogenannte gezielte Nachkontrolle. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 1: Wenn es eine so große Anzahl an gelben Flecken sind, dass man gar nicht mehr unterscheiden kann, dann wird in Ausnahmefällen dann eine vollständige Durchsuchung der Person gemacht. 6 Autorin: Die Passagierin nestelt in ihren Hosentaschen. Da ist allerlei drin. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 1: Das kann also das gebrauchte Taschentuch sein, und das kann natürlich auch ein Gegenstand sein, der bewusst versucht wurde, zu verbergen. Eine Waffe oder ein Sprengstoff oder ähnliches. Was genau das ist, wonach wir natürlich suchen. Wir suchen nicht nach dem benutzten Taschentuch, sondern wir suchen nach den Tatmitteln zur Verübung eines Anschlages. AK: Die Passagierin schaut betreten an sich herunter. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 3: Die Fluggäste sind immer noch sehr überrascht davon, dass Gegenstände, die nicht aus Metall sind, von diesem Gerät angezeigt werden. Das sind die Bonbons, die in der Tasche sind, die Kaugummis, die Taschentücher, die benutzten, das sind alles Gegenstände, die angezeigt werden. Autorin: Ob die Sicherheitskontrollen mit dem Scanner verbessert werden, ist umstritten. Kritiker bemängeln, dass es durch die vielen Fehlalarme, zum Teil bis zu 100 Prozent, für die Fluggäste zu langen Wartezeiten kommt. Die Flugsicherheitskräfte von der Bundespolizei bestätigen das. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 2: Tendenziell wird auf dem Piktogramm öfters ein Alarm angezeigt und eher weniger, dass komplett der Passagier weiter zu seinem Gepäck gehen kann. Autorin: Der Sicherheitsgewinn ist unklar, denn die Körperscanner können keine Körperöffnungen oder inneren Organe wie zum Beispiel den Magen oder den Darm analysieren. Doch in Flugsicherheitskreisen will man von Einwänden gegen die Scanner nicht gern hören. MUSIK O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 1: Also wir arbeiten gern mit dem Sicherheitsscanner. Das Vorhandensein des Sicherheitsscanners hat natürlich auch, das versprechen wir uns auch davon, eine abschreckende Wirkung. Wir wissen, dass auf einschlägigen Internetportalen das auch kommuniziert wird. Vorsicht vor diesem Flughafen, da befinden sich Sicherheitsscanner. Autorin: Am Flughafen Köln/Bonn gelang es EU-Inspektoren im Februar 2016, Waffen durch die Kontrollen zu schmuggeln. Doch der Stand der Sicherheit sei grundsätzlich immer relativ, der Meinung ist der Anti-Terror-Trupp von der Bundespolizei. 7 O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 2: Die Maßnahmen der Bundespolizei sind natürlich auf einem extrem hohen Niveau. Trotz dessen ist es so, dass trotz diesem hohen Maß an Sicherheit keine hundertprozentige Sicherheit garantiert werden kann. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 3: Ja gut, dass ein Restrisiko bleibt, kann man ja zusammenfassen indem man sagt, wenn Sie über die Strasse gehen, haben Sie ja auch ein gewisses Risiko. Auch wenn ein Zebrastreifen dort ist, auch wenn Sie eine Ampel dort haben, bleibt trotzdem ein Restrisiko, wenn Sie über die Strasse gehen. Und deswegen sagt die Bundespolizei, hundertprozentige Sicherheit kann man nicht gewährleisten. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 1: Unsere Sicherheitsmaßnahmen bauen auf einander auf, und ein Sicherheitsaspekt dabei ist auch, dass über die mögliche Lücke keiner spricht. Weil wir genau das verhindern möchten, dass jemand die Lücke im System erkennt und das dann ausnutzt. ATMO DURCHSAGE ……. Flug nach Neapel. ATMO SPERRZONE / HALLE / GEPÄCKFÖRDERBÄNDER RATTERN Autorin: Der bunte Blumenkoffer der beiden Urlaubsreisenden, die von Neapel aus eine Kreuzfahrt machen wollen, hat inzwischen die Sperrzone, den sensiblen Hochsicherheitsbereich des Flughafens erreicht, die Kontrollstation für das Reisegepäck, eine Halle, so groß wie gut zwei Fußballfelder. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 2: Die Koffer fahren gerade über unseren Köpfen entlang, eine Etage höher und werden dann über Rutschen nach unten auf unsere Ebene transportiert. Autorin: Ein gigantischer Aufwand, der vor ein paar Jahren noch nicht vorstellbar war. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 3: Das heißt, dass sich die Luftsicherheit ja mitentwickelt hat mit dem was Terroristen getan haben. So hat sich letztlich das Ganze entwickelt. Autorin: Mehrstufige Reisegepäckkontrollanlage nennt sich das monströse Konstrukt aus Stahl und Technik – ein schwer beeindruckender Anblick. Und vielleicht sollte die Bundespolizei hier Führungen machen für die sicherheitsbesorgte Öffentlichkeit. Aber das geht nicht. Nur ausdrücklich Befugte dürfen die Sperrzone betreten, erklärt der Flugsicherheitstrupp. Wer keinen Ausweis für den Hochsicherheitsbereich hat, kommt hier nicht hinein. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 1: Wir haben ein System entwickelt mit mehreren Kontrollstufen, mit denen wir Gepäck, was wir kontrollieren, immer weiter reduzieren, sodass wir am Ende nur noch ganz 8 wenig Koffer auch tatsächlich öffnen müssen. Wir suchen also hier eigentlich nur noch, in Anführungszeichen, nach Sprengstoffen. Autorin: Links und rechts und oben und unten rattern die Gepäckstücke hin und her. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 2: In der linken Seite kommt das Gepäck an, verläuft dann über diese graue Spur in die entsprechenden Röntgengeräte der Bundespolizei, die eine Etage höher liegen, das können wir von unserer Position hier unten im Erdgeschoss auch sehen, da gelangt man mit Stahltreppen nach oben. Autorin: Oben in der Halle, in der Sicherheitsstufe Eins, rollen alle Gepäckstücke an den Röntgengeräten der Bundespolizei vorbei. Eine Etage darunter befindet sich die Sicherheitsstufe Zwei – für Gepäckstücke, bei denen die Röntgengeräte der Sicherheitsstufe Eins Alarm geschlagen haben. Hier können Kofferinhalte noch genauer durchleuchtet werden. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 1: Die Anzahl der Gegenstände, die im Reisegepäck verboten sind, ist natürlich deutlich geringer als die im Handgepäck, weil während des Fluges auf das Reisegepäck kein Zugriff besteht, sogar Waffen dürfen im Reisegepäck transportiert werden, weil während des Fluges da kein Zugriff drauf ist. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 3: Wenn Sie jetzt die Gepäckhalle runter schauen, ungefähr 40 Meter auf der linken Seite, dort findet die Untersuchung der Gepäckstücke statt, die als verdächtig eingestuft sind. MUSIK Autorin: Auf dem heißen Abschnitt der mehrstufigen Reisegepäckkontrollanlage ist im Moment kein verdächtiger Koffer in Sicht. Doch das kann sich schnell ändern, und es drängt sich die Frage auf, wie viele Gepäckstücke denn an einem Tag verdächtig sind. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 3: Also wir können das schon sagen, aber wir sagen es nicht. ATMO KOFFER Autorin: Der Blümchenkoffer rollt nach oben in die zweite Etage, wo die Röntgengeräte der Bundespolizei stehen. Für verdächtige Gepäckstücke gibt es vier Sicherheitsstufen. Je nach dem, welcher Art die Schatten und Flecken sind, die die Röntgenanlagen in Sicherheitsstufe eins und zwei gefunden haben, wandert das Gepäckstück in die Sicherheitsstufe Drei. Auf den meisten Flughäfen ist das ein Bunker mit dicken Mauern, wo das Gepäck dann von Spezialisten unter die Lupe genommen wird. Und 9 die Sicherheitsstufe Vier schließlich befindet sich außerhalb des Flughafens. Dort kann ein Gepäckstück notfalls gesprengt werden. ATMO KOFFER POLTERT Autorin: Gerade schwuppt durch eine der Luken von oben herunter der Koffer mit den Blümchen. Offensichtlich haben die Röntgengeräte in der Sicherheitsstufe Eins etwas Verdächtiges aufgespürt und Alarm geschlagen. Der bunte Koffer rollt nun in die Sicherheitsstufe Zwei. Wird dann wieder ein Alarm ausgelöst, öffnet die Bundespolizei das Gepäckstück. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 1: Der Nachteil hier ist ja, dass der Fluggast nicht dabei ist. Der soll aber dabei sein, wenn wir seinen Koffer öffnen. Dann lassen wir den Fluggast ausrufen, das sind Ausrufe, die man im Terminal teilweise auch hört, dass sich jemand bei der Sicherheitskontrolle melden soll. Und dann geht man mit ihm in einen Kontrollraum, wenn der Fluggast denn noch verfügbar ist. Kann ja sein, dass der schon abgeflogen ist. Dann wird das auch ohne den Fluggast gemacht. Dann macht man den Koffer auf und schaut sich den Inhalt an. Dann findet er aber in seinem Koffer ein Schreiben der Bundespolizei, dass der Koffer behördlich geöffnet und durchsucht worden ist, und da steht auch drauf, welcher Gegenstand entnommen wurde. In der Regel sind das keine Bomben oder ähnliches, da informieren wir ja den Fluggast nicht einfach nur darüber, seine Bombe ist entnommen worden. Dann gehen wir natürlich von einem versuchten Anschlag aus und treffen daran anschließende Maßnahmen. ATMO Autorin: Der Kofferkontrollraum, von der Bundespolizei auch Nachschauraum genannt, befindet sich außerhalb der Gepäckhalle. Man muss zehn Minuten laufen.Fluggäste, die in eine solche Überprüfung bestellt werden, erreichen den Raum von der anderen Seite des Flughafens, vom Terminal her, in Begleitung eines Sicherheitsbeamten. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 1: Wir müssen hier durch. ATMO SCHRITTE / SCHLÜSSEL / TÜR / KONTROLLRAUM O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 1: Also das ist unser Nachschauraum, wo letztendlich das Reisegepäckstück und der Fluggast zusammengeführt werden. Die Fluggäste sind dann sehr gespannt darauf, was hier mit ihnen passiert, teilweise auch voller Sorge, das ist einfach der Kontrollmethode geschuldet. Und dann kommt man zu der Bewertung, der Koffer kann mitfliegen oder auch nicht. Wenn nicht die Ungefährlichkeit eines Gepäckstücks festgestellt werden konnte. Autorin: Ungefährlich sei alles, was die Flugsicherheit nicht gefährden und was als solches auch eindeutig identifiziert werden kann, erklärt der Flugsicherheitsexperte von der 10 Bundespolizei. Alle anderen Kofferinhalte seien gefährlich, bis das Gegenteil bewiesen ist. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 1: Nur um mal ein Beispiel zu nennen, viele Kreuzschifffahrer haben eigene Rettungswesten dabei, die eine Patrone drin haben, dass sie dann beim Sprung ins Meer das aufpusten können, das ist auf dem Röntgenbild einfach ein schwarzer Klumpen, dass wir also eine Gefahrgutkomponente haben, die wir uns dann ganz genau anschauen, ob es nicht doch vielleicht ein Sprengsatz ist, eine Konstruktion, die dafür gebaut wurde. Autorin: Irgendwann, so mutmaßt man in den Reihen der Bundespolizei, wird zumindest für die Kofferkontrollen die Flugsicherheitstechnik so hoch entwickelt sein, dass die zahlreichen falschen Alarme Vergangenheit sind, worüber die Passagiere einschließlich Urlaubsreisende, die in bunten Koffern sicherheitsbedenkliche Gegenstände mit sich führen, wohl erfreut sein dürften. O-Ton Flugsicherheitstruppe Bundespolizei 1: Bis 2021 wird die nächste technische Generation zur Verfügung stehen, das sind dann Computertomographen, die ein dreidimensionales Bild erzeugen, da kann ich quasi durch den Koffer durchgehen virtuell, da kann ich dann an der Zahnbürste links abbiegen und am rechten Schuh gehe ich dann nach oben, und dann schaue ich hinter den Schuh, aber ein paar Jahre müssen wir uns noch gedulden. ATMO ENDE 11
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