Internationales Konsortium setzt mit 41 Veröffentlichungen ein

Gemeinsame Presse-Info der Universität des Saarlandes
und des Max-Planck-Instituts für Informatik
Nr. 272
18. November 2016
Internationales Konsortium setzt mit 41
Veröffentlichungen ein Zeichen für die Epigenetik –
Deutsche Beiträge von Saarbrücken aus geleitet
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Gemeinsam mit Kollegen des „International Human Epigenome Consortium“
(IHEC) präsentieren deutsche Epigenomforscher die ersten Epigenom-Kataloge
primärer menschlicher Zellen und diskutieren die daraus gewonnenen
Erkenntnisse in insgesamt 41 hochrangigen Aufsätzen. Saarbrücker
Wissenschaftler sind an sechs Publikationen maßgeblich beteiligt. Sie erhoffen
sich langfristig Verständnis von und Therapiemöglichkeiten für Krebs-,
Stoffwechsel- und Autoimmunerkrankungen. Das von deutscher Seite
federführende Deutsche Epigenom-Programm (DEEP) leitet der Saarbrücker
Genetik-Professor Jörn Walter.
Die vollständige Entschlüsselung des menschlichen Erbguts (Genom) im Jahr 2003 war eine
über zehnjährige Mammutaufgabe. Eines der großen Geheimnisse in der Biologie ist aber
nach wie vor, wie sich die über 250 verschiedenen Zelltypen in unserem Körper entwickeln,
obwohl jede Zelle eine identische DNA-Sequenz und damit den gleichen genetischen Bauplan
besitzt. Seit 2012 widmen sich Forscherteams aus der ganzen Welt im IHEC daher dieser
nächsten großen Frage. Die Natur nutzt für diese Programmierung einen Zusatzcode, das
Epigenom. Die Wissenschaftler aus Europa, Asien und Nordamerika erstellen sogenannte
Epigenom-Karten, die für ein besseres Verständnis der genetischen Programmierung sorgen
sollen. Die jetzige Publikationssammlung spiegelt die Erfolge und den Fortschritt des
internationalen Konsortiums in zentralen Bereichen aktueller epigenetischer Forschung wider.
„Eine mehr als beeindruckende Zwischenbilanz und ein Meilenstein für die Epigenetik“,
bilanziert Jörn Walter, der auch stellvertretender Vorsitzender von IHEC und Koordinator des
Deutschen Epigenom-Programms (DEEP). An insgesamt sechs der 41 IHEC-Publikationen
waren Wissenschaftler der Saar-Uni und des Max-Planck-Instituts für Informatik in
Saarbrücken maßgeblich beteiligt.
Im IHEC verfolgen Forscher das ambitionierte Ziel, 1000 Epigenome zu entschlüsseln. Diese
Daten helfen zu verstehen, wie die Gene in jeder Zelle unseres Körpers mit dem Epigenom
versehen werden. Man kann mit diesen Daten bewerten, warum Zellen unterschiedliche
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Funktionen ausführen, wann sie gesund und wann sie krank sind – und welches biologische
Alter sie haben. Die deutschen Wissenschaftler untersuchen in den 17 DEEP-Arbeitsgruppen
speziell Störungen im Programm der Zellen, die bei Fettleibigkeit, entzündlichen
Darmerkrankungen und chronischen Gelenksentzündungen (Arthritis) eine Rolle spielen.
Wissenschaftler an der Universität des Saarlandes und dem Max-Planck-Institut für
Informatik (MPI), die im Zentrum für Bioinformatik Saar (ZBI) zusammen mit anderen
Partnern interdisziplinär im Bereich zwischen Lebenswissenschaften und Informatik forschen,
sind zentral an DEEP beteiligt. Professor Thomas Lengauer ist Sprecher des Zentrums für
Bioinformatik und Direktor am Max-Planck-Institut (MPI) für Informatik. Er koordiniert die
bioinformatischen Arbeiten in DEEP und erläutert den Beitrag des MPI: „Unsere
bioinformatischen Methoden identifizieren epigenetische Merkmale von Zellen; manche
dieser Merkmale bestimmen z.B. deren Identität. Außerdem entwickeln wir Software, die
schnell auf große Mengen epigenetischer Datensätze zuzugreifen und diese interpretieren
kann.“
Ein solches neues Software-Werkzeug beschreibt die Publikation von Schmidt et al., aus der
Gruppe um Marcel Schulz (Universität des Saarlandes und MPI für Informatik, Saarbrücken)
erschienen in der Zeitschrift Nucleic Acids Research. Die Autoren präsentieren eine neue
bioinformatische Methode, die es erlaubt, aus epigenomischen Daten die zellspezifische
Regulation von Geninformation sehr genau vorherzusagen. Im Umkehrschluss ermöglicht die
Methode festzustellen, welche genregulierenden Faktoren für die Nutzung/Expression der
Gene verantwortlich sind. Die Autoren verdeutlichen die Stärken ihrer Methode an Hand von
DEEP-Datensätzen verschiedener Zelltypen aus der Leber und dem Blut. Mit ihrer Methode
können kostspielige weitere Experimente vermieden werden. Die TEPIC genannte Methode
wird dazu beitragen, den molekularen Ursachen von Krankheiten schneller auf die Spur zu
kommen.
In der zweiten Veröffentlichung, die gemeinsam mit der Arbeitsgruppe von Dr. Julia
Polansky am Deutschen Rheumaforschungszentrum in Berlin erstellt wurde, hat die Gruppe
von Jörn Walter eine tiefe Analyse von Zellen unseres Immunsystems vorgenommen. Sie
erstellten und interpretierten zusammen mit ihren Kollegen erstmals genaue epigenomische
Karten von sogenannten T-Gedächtniszellen. Diese Daten wurden in „Immunity“, der
führenden Fachzeitschrift für Immunologie, veröffentlicht. T-Immunzellen sind wichtig, um
fremde und eigene Zellen in unserem Körper zu unterscheiden. Sie sind darauf programmiert,
bestimmte Strukturen eigener und fremder Zellen zu erkennen, und sie behalten dieses
Gedächtnis ihr Leben lang. Die wichtigste Frage ist daher, wie es zu diesem
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Langzeitgedächtnis kommt und wie stabil dies in Zellen aufgebaut ist. Die neuen Daten der
DEEP-Forscher zeigen nun, wie wichtig die kontrollierte epigenetische Steuerung für eine
langfristige Gedächtnisbildung ist. Mit ihren Daten legen sie einen ersten Grundstein, die
Mechanismen der Gedächtnisbildung und des „Gedächtnisverlustes“ von T-Zellen, die bei
Auto-Immunerkrankungen wie zum Beispiel entzündlichen Darmerkrankungen oder Rheuma
eine wichtige Rolle spielen, zu verstehen.
24 Manuskripte der nun veröffentlichten Beiträge sind als Paket in der Zeitschrift „Cell“ und
anderen Magazinen des Cell Press Verlags erschienen, zusätzliche 17 Artikel wurden in
weiteren renommierten Journalen veröffentlicht.
Die vollständige Sammlung der IHEC-Publikationen ist abrufbar über:
http://www.cell.com/consortium/IHEC
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert bis 2017 mit
insgesamt 20 Millionen Euro die funktionelle Epigenomforschung in DEEP. 5,5 Millionen
Euro fließen an Projektpartner nach Saarbrücken.
Die Bedeutung von DEEP für die deutsche und internationale Forschung:
Die grundlegende Bedeutung der Epigenomforschung wurde 2010 vom BMBF erkannt und
mit dem Deutschen Epigenom-Programm DEEP (2012-2017, 17 Teams, 20 Millionen Euro
Volumen) ein innovatives Epigenomforschungs-Netzwerk gefördert. DEEP wurde als ein
Musterbeispiel für ein über Institutionen hinweg arbeitendes Genomforschungsnetz
aufgebaut. DEEP ist in das Internationale Humanen Epigenom Consortium (IHEC)
eingebunden, einer Dachorganisation, der zehn Partnerländer angehören.
Die Partner in DEEP sind: Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg, Deutsches
Rheumaforschungs-Zentrum Berlin, EURICE – European Research and Project Office
GmbH, IFADO Dortmund, Institut für Arbeitsmedizin Dortmund, Max-Delbrück-Centrum
für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) Berlin, Max-Planck-Institut
für Immunologie und Epigenetik Freiburg, Max-Planck-Institut für Informatik Saarbrücken,
Max-Planck-Institut für molekulare Genetik Berlin, Qiagen AG Hilden, Sanofi-Aventis
Höchst, Universität Duisburg-Essen, Universität Kiel, Universität Münster, Universität
Regensburg, Universität des Saarlandes (Koordinator).
Weitere Informationen: www.deutsches-epigenom-programm.de
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Über IHEC
Das International Human Epigenome Consortium (IHEC) ist ein globales Konsortium mit
dem Ziel, hochaufgelöste menschliche Referenz-Epigenomkarten für gesunde und krankhafte
Zelltypen zu erstellen. IHEC-Mitglieder sind derzeit: AMED-CREST/IHEC Team Japan;
DLR-PT für das BMBF Deutsches Epigenom Programm DEEP; CIHR Canadian Epigenetics
Environment, and Health Research Consortium (CEEHRC); European Union FP7
BLUEPRINT Project; Hong Kong Epigenomics Project; KNIH Korea Epigenome Project; the
NIH/NHGRI ENCODE Project; the NIH Roadmap Epigenomics Program; and the Singapore
Epigenome Project.
Weitere Informationen: http://ihec-epigenomes.org
Informationen erteilen:
Prof. Dr. Jörn Walter
Tel.: (0681) 3024367
E-Mail: [email protected]
Prof. Dr. Dr. Thomas Lengauer
Tel.: (0681) 9325 3000
E-Mail: [email protected]