SÜDWESTRUNDFUNK Anstalt des öffentlichen Rechts Radio Fernsehen Internet PRESSE Information Liebe Kolleginnen und Kollegen, Chefredaktion Hörfunk Zentrale Information SWR Tagesgespräch Postadresse 76522 Baden-Baden Hausadresse Hans-Bredow-Straße 76530 Baden-Baden nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an. Jochen Flasbarth, SPD, Staatssekretär im Bundesumweltministerium, gab heute, 18.11.16, dem Südwestrundfunk ein Interview zum Thema: „Klimaziele erreicht? Abschluss des Weltklimagipfels“. Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Marion Theis. Telefon Telefax 07221/929-23981 07221/929-22050 Internet www.swr2.de Mit freundlichen Grüßen Zentrale Information Datum: 18.11.2016 Umweltstaatssekretär Flasbarth: Weitere Kohlekraftwerke direkt nach der Bundestagswahl abschalten Baden-Baden: Der Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Jochen Flasbarth, SPD, geht davon aus, dass in Deutschland weitere Kohlekraftwerke geschlossen werden müssen, um das Klimaziel von 2030 noch zu erreichen. Dies werde „ganz sicher“ nicht mehr vor der Bundestagswahl geschehen, sagte Flasbarth im SWR (Südwestrundfunk). Es sei aber sinnvoll, direkt danach damit zu beginnen. Zur Begründung erklärte Flasbarth, dass Maßnahmen, die langfristig wirkten, beispielsweise im Gebäudebestand oder im Verkehrssektor, in kurzer Zeit nicht die erforderliche Treibhausminderung erzielen könnten, das gehe nur im Energiesektor. Deshalb bleibe lediglich die Möglichkeit, weitere Kohlekraftwerke vom Netz zu nehmen. Flasbarth versprach, bis zur Bundestagswahl entsprechende Daten und Analysen vorzulegen, damit die neue Regierung im nächsten Herbst direkt über den Ausstieg entscheiden könne. Und dann sei es „vernünftig“, nicht bis 2020 mit den Stilllegungen zu warten, sondern zügig zu handeln. Der Umwelt-Staatssekretär, der sich zur Zeit bei der UN-Klimakonferenz in Marrakesch aufhält, lobte die Delegierten dort für ihre Arbeit: Die alte Aufteilung in Lager von „Treibern und Bremsern“ sei deutlich weniger ausgeprägt als bei früheren Konferenzen; außerdem sei China eine treibende Kraft beim Klimaschutz geworden. Man merke, dass die Welt sich nach dem Pariser Klimaabkommen „gemeinsam auf den Weg gemacht“ habe. Flasbarth geht davon aus, dass sich auch die USA in Zukunft an den Pariser Vertrag halten werden. Es gebe bisher keine Anzeichen dafür, dass das Land sich von seinen Vereinbarungen zum Klimaschutz verabschiede. Wortlaut des Live-Gesprächs: Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) Theis: Seit fast zwei Wochen ringen tausende Experten um jedes Gramm CO2. Herr Flasbarth, können Sie sich die Mühe nicht sparen, wenn die USA demnächst sowieso aus dem Klimaschutz aussteigen? Flashbarth: Das ist ja gar nicht entschieden. Bisher gibt es keine Anzeichen dafür, dass die USA sich tatsächlich von den Vereinbarungen, die wir im letzten Jahr getroffen haben, verabschieden. Und solange das nicht geschehen ist, muss man darüber auch nicht spekulieren. Theis: „Keine Anzeichen“ ist aber ein bisschen hochgegriffen, finden Sie nicht, wenn Trump sich als Kumpel der Kohleindustrie gibt? Flashbarth: Ja, das ist wahr, aber es hat auch in der Vergangenheit immer gegolten, dass eine völkerrechtliche Vereinbarung, die ein Land einmal eingegangen ist, dann auch fortbesteht, wenn eine Regierung wechselt. Deshalb gehen wir davon aus, dass die Amerikaner sich auch unter Präsident Trump dann an diese gute Tradition halten. Theis: Wenn das so ist, dann wäre es schön. Andererseits ist das zum Beispiel die Chance für China, sich als Umweltretter zu profilieren. Könnten die davon nicht Gebrauch machen? Flashbarth: Ich glaube gar nicht, dass so gedacht wird. Die Chinesen haben eine enorme Entwicklung mitgemacht. Sie sind von, sagen wir mal, zurückhaltendem Bremsen zu einer wirklich treibenden Kraft geworden. Und weil sie für ihr Land, für ihre Volkswirtschaft festgestellt haben, der Weg hin zu mehr Klimaschutz - letztendlich zu einer klimaverträglichen Wirtschaftsweise - ist für ihr Land gut, deshalb haben sie sich mit an die Spitze gestellt. Und es gibt überhaupt gar keine Anzeichen dafür, dass sie sich davon verabschieden. Im Gegenteil, sie haben hier deutlich gesagt, sie bleiben bei ihrem Weg, aber nicht in Abgrenzung zu den USA oder um sich an die Spitze zu stellen, sondern einfach, weil sie es für richtig halten. Theis: Wer gehört denn bei der Konferenz sonst noch zu den treibenden Kräften diesmal? Flashbarth: Ich muss sagen, hier insgesamt merkt man, wir haben uns in Paris gemeinsam auf den Weg gemacht, und deshalb ist die Stimmung, tatsächlich auch gemeinsam an die Umsetzung zu gehen, sehr sehr groß. Dieses alte Lager von Treibern und Bremsern ist deutlich weniger ausgeprägt, als wir das früher kannten. Theis: Das klingt ja wirklich positiv. Reden wir mal über Deutschland. Deutschland wird ja seine Klimaziele für 2020 nicht erreichen. Haben Sie sich inzwischen damit abgefunden? Flashbarth: Nein, da haben wir uns überhaupt nicht mit abgefunden. Bundesministerin Hendricks hat in den letzten Tagen gesagt, mit den bisherigen Maßnahmen, die wir auf den Weg gebracht haben, werden wir die Lücke für unser Klimaschutzziel in 2020 deutlich verringern. Aber es sieht so aus, dass wir sie noch nicht ganz schließen werden. Und deshalb wird man darüber nachdenken müssen, welche Maßnahmen wir dann zusätzlich ergreifen, um diese Lücke zu schließen. Es kann überhaupt gar keine Rede davon sein, dass wir das nicht mehr können. Theis: Ich nehme mal an, dass Sie jetzt schon darüber nachdenken. Was könnte das zum Beispiel sein? Flashbarth: Es ist ja ganz offenkundig, dass wir mit Maßnahmen, die langfristig wirken, beispielsweise Maßnahmen im Gebäudebestand oder Veränderungen im Verkehrssektor, keine Minderungen, keine Treibhausgasminderungen mehr in kurzer Zeit erzielen. Das geht nur im Stromsektor, im Energiesektor selbst, und deshalb ist die einzige Möglichkeit, die dann verbleibt, zu sehen, ob wir dann noch weitere Kohlekraftwerke vom Netz nehmen. Das wird Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) ganz sicher nicht mehr in dieser Legislaturperiode entschieden. Wir werden aber Analysen vorlegen, Daten vorlegen, so dass dann bei den Koalitionsverhandlungen im Jahre 2017 diejenigen, die dann eine Regierung bilden, darüber auch entscheiden können. Theis: Alles erst nach der nächsten Bundestagswahl. Kann sich Deutschland, kann die Welt sich das denn leisten, einfach so lange zu warten und nichts zu tun? Flashbarth: Das ist ja nicht so, dass wir nichts tun. Deutschland liegt mit seinem Klimaschutzziel für 2020 deutlich über dem, was wir nach europäischen Regeln erbringen müssten. Das ist ein national selbst gesetztes Ziel. Allerdings, muss man sagen, eins, das über viele Regierungen, auch über Regierungswechsel hin, immer wieder bestätigt wurde. Es gibt wenige Länder, die so weit vorne liegen im Klimaschutz. Und damit wir diese Stellung halten, wird man dann auch entscheiden müssen, ob wir den Rückgang bei der Kohleverstromung, Beginn der nächsten Legislaturperiode, noch einmal beschleunigen. Das wird man diese Legislaturperiode nicht tun, weil wir ja gerade schon das Abschalten oder das Überführen in eine Reserve entschieden haben. Das ist, glaube ich, richtig, das jetzt auch der nächsten Regierung zu überlassen. Theis: Haben sie nicht überhaupt keine Wahl, als das zu beschleunigen? Flashbarth: Ich habe ja eben gesagt, es gibt für 2020 kaum andere Möglichkeiten, als im Stromsektor. Mit Blick auf unser Ziel 2030, da wollen wir dann ja mindestens 55 Prozent mindern, da haben wir ja nun gerade im Kabinett beschlossen, welcher Sektor welche Minderung beibringen muss, damit das dann in der Summe diese minus 55 Prozent erbringt. Ich glaube, dass es vernünftig ist, nicht erst bis 2020 zu warten und dann zu beschleunigen, denn am Ende wird das 2030er-Ziel ja nicht geringer. Ich glaube, es ist besser, den gesamten Zeitrahmen dann auszunutzen, den wir ab 2017 im Herbst noch haben. - Ende Wortlaut - Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
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