Liebe Gemeinde, heute betreten wir wieder einmal einen Ort, an dem die Herrlichkeit Gottes wohnt. Wo der Herr präsent und daher auch sichtbar ist. Im Laufe des Jahres haben wir hierzu ja schon einige Plätze besucht: Die Bibel, die Schöpfung, usw. Heute geht die Reise gar nicht so weit. Gewissermaßen bleiben wir bei uns. Denn es geht um „Gemeinde als Ort der Herrlichkeit Gottes“. Jeder von uns assoziiert mit dem Begriff etwas. Wenn Du Gemeinde in einem Bild beschreiben würdest, welches würdest Du da wählen? Ist Gemeinde für Dich eine Art „Selbsthilfegruppe“? Du bist mit Gleichgesinnten zusammen. Dort helft ihr euch gegenseitig in euren Problemen und Herausforderungen. Natürlich nicht zuletzt durch Jesus Christus, der ja mit dabei ist. Gemeinschaft wird hier groß geschrieben. Oder verbindest Du da eher das Bild mit dem „Fitnessstudio“? Hier „trainiert“ jeder für sich, um in puncto „Nachfolge Christi“ fit zu werden. Dabei bist Du am liebsten für dich, ja, der andere wird vielleicht sogar als störend empfunden. Oder kommt da für Dich eher der Vergleich mit den „Ärzten ohne Grenzen“ auf? Gemeinde hat sich nicht mit sich selbst zu beschäftigen. Du bist Mitglied, um mit anderen gemeinsam die Not in der Welt zu bekämpfen. Oder wartest Du gemeinsam mit anderen auf den Zug in die Ewigkeit? Gerettet bist Du ja schon und jetzt befindest Du im Wartesaal, der sich Gemeinde nennt – Ankunft des Herrn nicht genau bekannt. Jedes dieser Bilder verrät einen Teilaspekt dessen, was sich Gott mit Gemeinde gedacht hat. Lasst uns jetzt aber einmal einen Blick auf ein Bild werfen, das in der Bibel vorkommt und uns verrät, woher Gemeinde kommt, wem sie gehört und wozu sie da ist. Dazu lese ich uns den Predigttext aus Epheser 1, 22f (Neue Genfer Übersetzung) 22 Ja, Gott hat ihm alles unter die Füße gelegt, und er hat ihn, den Herrscher über das ganze Universum, zum Haupt der Gemeinde gemacht. 23 Sie ist sein Leib, und er lebt in ihr mit seiner ganzen Fülle – er, der alles und alle ´mit seiner Gegenwart` erfüllt. Peter Stenger Seite 1 08.11.2016 I.) Gemeinde – Woher? Wem? Wozu? Der Epheserbrief ist mit großer Wahrscheinlichkeit nicht an eine einzelne Gemeinde, sondern an mehrere Versammlungen in Kleinasien als eine Art „Rundschreiben“ verfasst worden. Beim Durchlesen wird der sog. „rote Faden“ darin schnell erkennbar. Es geht dem Autor um die Gemeinde Jesu Christi, die ihm offensichtlich sehr am Herzen liegt: In Kapitel 2, 11ff staunt er über das Wunder, das sich dort an Christus gläubig gewordene Juden gemeinsam mit ehemaligen Heiden versammeln. Oder in Kap. 4, 1ff mahnt er zur inneren Einheit, ein Thema das in den neutestamentlichen Briefen übrigens immer wieder auftaucht. Hier in unserem Text heute beantwortet der Verfasser anhand eines Bildes vor allem drei Fragen: Woher kommt die Gemeinde Jesu? Wem gehört sie? Wozu gibt es sie überhaupt? Und das sind auch im Wesentlichen die drei Punkte, die uns heute zu diesem Ort der Gegenwart Gottes, Seiner Gemeinde führen. II.) Gemeinde – Leib Christi! „Sie ist sein Leib!“ heißt es hier in Vers 23 gleich zu Beginn. Gott hat also die Gemeinde geschaffen. Sie ist also keine Erfindung von Menschen, sondern das Werk des Heiligen Geistes an Pfingsten. Der katholische Modernist Alfred Loisy lag daher falsch, als er meinte: "Jesus predigte das Reich Gottes, gekommen ist die Kirche" Dieser Satz beinhaltet nämlich indirekt die Auffassung, der Herr hätte dies gar nicht so gewollt. Aber das würde bedeuten, dass die dritte Person Gottes, der Heilige Geist eben etwas anderes gewollt und geschaffen hätte, als es Jesus Christus beabsichtigt hat. Er hat auch unsere Gemeinde entstehen lassen vor fast 100 Jahren und Du bist ein Teil dieser Schöpfung; der Herr hat dich vor wenigen oder vielen Jahren „hineingerufen“ in seinen Leib („ekklesia“ = „Die Herausgerufenen“) als lebendiges Glied, das verbindlich dazugehört. Es ist sein Werk und der Sohn Gottes identifiziert sich so sehr mit seiner Gemeinde, dass er den späteren Apostel Paulus bei dessen Bekehrungserlebnis vor Damaskus fragte: „Saul, Saul, warum verfolgt Du mich?“ (Apg. 9, 4b) Peter Stenger Seite 2 08.11.2016 Ja, Jesus Christus besitzt nicht nur einen Körper in dieser Welt, er ist sein Leib! Er ist eins damit! Und deshalb heißt es in unserem Text auch, dass in der Gemeinde seine ganze Fülle vorhanden ist: 1.) Wir besitzen die Fülle der Verheißungen: Was glaubt Ihr, wem die meisten Versprechen Gottes im Neuen Testament gehören? Seiner Gemeinde! Es heißt beispielsweise nicht umsonst „wenn zwei in meinem Namen um etwas eins werden…“ (Mt. 18, 19) oder „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende!“ (Mt. 28, 20). Hätte der Herr ja auch anders formulieren können, hat er aber nicht. Seine Herrlichkeit steigt mit zunehmender Zahl von Gläubigen, die in Einheit unterwegs sind. Hier sind wir als neutestamentliche Gemeinde mit der gleichen Verheißungsfülle wie das Volk der Juden versehen worden – nicht anstelle von ihnen, sondern zusätzlich dazu neben ihnen! 2.) Wir besitzen die Fülle von ganzheitlichem Leben: Ein Leib hat immer etwas Kompaktes, Umfassendes, so auch die Gemeinde Jesu: Da lebt Mission, Seelsorge, Lehre, Gebet, usw. Da sind junge Menschen und Ältere beisammen und das Leben ist von einer Stetigkeit geprägt. So sehr ich christliche Werke grundsätzlich auch schätze, sie können niemals das ersetzen, was eine Gemeinde zu bieten hat: Sie haben meistens ein bestimmtes Thema besetzt (was ja auch ihre Stärke ist), können aber anderes dafür nicht leisten. Sie haben oft eher Veranstaltungscharakter, als dass sie eine verbindliche Lebensgemeinschaft abbilden. Sie können den Leib Christi unterstützen, wo er Lücken hat und wenn dies in Absprache und Anbindung mit Gemeinde geschieht. 3.) Wir besitzen die Fülle von Kraft. Lest euch einmal dazu die Verse durch, die unserem heutigen Predigttext vorangehen. Da ist von der Dynamik die Rede, die den Sohn Gottes von den Toten auferweckt hat. Da schreibt der Verfasser von einer Kraft über jegliche Gewalt, Macht, Kraft, Herrschaft und jeden Namen - und zwar zu allen Zeiten! Ich werde später noch darauf eingehen, was das alles für unser „Wozu?“ bedeutet. Gemeinde ist in der Tat ein „Powerhouse“, ein Kraftzentrum Christi. (Deshalb ist der Widersacher Gottes ständig dabei durcheinanderzubringen, zu trennen und zu morden, damit diese „Power“ nicht zur Entfaltung kommt!) Weil Christus mit seiner ganzen Fülle in der Gemeinde wohnt, weil sie sein Leib ist, ist sie auch heilig, „ausgesondert“, etwas ganz „besonderes“ in dieser Welt. Etwas wunderschönes, kostbares, einzigartiges – weil er eins mit ihr ist! Jedes Mal, wenn mir das bewusst wird, ahne ich, welche Verantwortung wir, ich und jeder andere Mitarbeiter hier haben. Das Gute daran ist: Das treibt mich ins Gebet, denn jeglicher Dienst, ob ehren- oder hauptamtlich, braucht neben der Versorgung und dem Schutz vor allem die Leitung durch den Herrn und manchmal auch seine Vergebung. Peter Stenger Seite 3 08.11.2016 Die dürfen wir Gott sein Dank auch wirklich immer in Anspruch nehmen. Dieses Thema betrifft jeden Gläubigen, denn so wie wir mit seiner Gemeinde umgehen, so behandeln wir letztlich Jesus Christ selbst! Wo wir einen Bruder verletzen, schlagen wir damit wieder einen Nagel in das Kreuz auf Golgatha. Wo wir zur Mitarbeit berufen sind und diese zurückhalten, verweigern wir dem Herrn, was ihm gehört. Wo wir unbiblische Lehren verbreiten, vergiften wir damit seinen Leib. usw. Ich will uns mit diesen Beispielen jetzt nicht in ein depressives Koma bringen, aber uns sensibel dafür machen, verantwortlich mit dem Herrn umzugehen. Wie gehst Du mit seiner Gemeinde um? Förderst Du sie oder verhinderst Du ihre Entwicklung? Trägst Du mit zu ihrer geistlichen Gesundheit bei oder verletzt Du sie? III.) Gemeinde – ER ist das Haupt! Gemeinde ist der Leib Christi: Der Herr hat sie erschaffen (Antwort auf die Frage nach dem „Woher?“) und er wohnt durch seinen Geist in uns und damit indirekt mit seiner Fülle in jedem Glied seines Körpers (Vers 23). Direkt ist er darüber hinaus auch noch das „Haupt“ seiner Gemeinde, den Gott dazu gesetzt hat (Vers 22). Man könnte auch sagen: Er ist die Steuerzentrale, wie unser Gehirn, von dem die Leitung des Körpers ausgeht. Jesus Christus ist nicht irgendwie neben uns mit dabei in seiner Gemeinde; er ist die absolute Autorität. Gottes Schöpfung existiert in einer Art „Hierarchie der Liebe“. Das Bild taucht ja später im Epheserbrief wieder auf, wenn der Autor dieses Verhältnis mit der Beziehung von Mann und Frau in der Ehe gleichsetzt (Eph. 5, 32). Das hat seinen Grund darin, dass sich der Sohn Gottes seine Gemeinde teuer erkauft hat am Kreuz von Golgatha (1. Kor. 6, 20). Und deshalb folgt Pfingsten, der Geburtstag der Gemeinde, nach Karfreitag und Ostern: Erst musste der Preis beglichen werden, damit Gemeinde in Folge dessen ins Leben kommen konnte. Wir gehören also nicht uns selbst, sondern dem Herrn. Ein anderer neutestamentlicher Vergleich mit Gemeinde bringt das auch zum Ausdruck: Jesus Christus als Bräutigam hat sich seine Frau, die Gemeinde erworben, indem er auf Golgatha den „Brautpreis“ dafür bezahlt hat. Ob Jesus Christus wirklich der Herr seines Leibes ist, zeigt sich daran: Peter Stenger Seite 4 08.11.2016 Ob wir uns in unseren Entscheidungen, was wir als Gemeinde, Leib Christi tun, aber auch nicht tun, leiten lassen von seinem Wort oder von Menschen, die uns mit vielen verführerischen Worten in die Irre führen. Ob uns sein Heiliger Geist oder der Zeitgeist die Richtung angibt. Ob wir im Gehorsam auch Schritte gehen können, die nicht eigenen Wünschen und Vorstellungen entsprechen oder ob uns eher der Satz leitet „Herr segne alles was wir tun“ anstatt „Lass uns tun, was du segnest!“ Wenn der Leib nicht mehr seinem Haupt gemäß lebt, geht es ganz schön „kopflos“ zu. Der geistliche Tod ist dann nur noch eine Frage der Zeit, denn ein Körper kann ohne Kopf nicht existieren. Du kannst einem Menschen ein Bein oder eine Hand amputieren. Aber wenn Du den Kopf entfernst ist es vorbei mit ihm. Leib Christi ohne Jesus Christus als Haupt ist daher nicht mehr seine Gemeinde, sondern bestenfalls noch ein Verein zur Wahrung religiösen Andenkens und Pflege entsprechender Sitten und Gebräuche: Menschliche Organisation anstelle von Organismus. Wie sieht es im Alltag mit Deinem persönlichen Gehorsam gegenüber Jesus Christus aus? Bist Du ein Glied seines Leibes, das von seinem Geist und seinem Wort geleitet ist? IV.) Gemeinde – ER herrscht durch uns! Also jetzt ist klar woher Gemeinde kommt und wem sie gehört. Bleibt noch die Frage „Wozu gibt es uns?“ In Vers 22 heißt es, dass „Gott ihm alles unter die Füße gelegt hat, …“. Dieses „alles“ wird in dem vorangegangenen Satz näher erklärt. Es geht wie dabei um alle Gewalt, Macht, Kraft, Herrschaft und jeden Namen. Und das gilt nicht nur zum Ende des 1. Jahrhunderts nach Christus, sondern für alle Ewigkeit, also auch noch im Jahr 2016 und darüber hinaus! Jesus Christus übt Autorität nicht nur über seine Gemeinde aus, sondern auch durch sie über diese Welt! Wir sind gesetzt als Erfüllerin des Heilsplans Gottes mit dieser Welt. Ich will das einmal an einem Beispiel verdeutlichen: Das Volk der Juden hat die Verheißung, kollektiv gerettet zu werden. Aber dabei spielt die Gemeinde, die sie eifersüchtig machen soll, eine wichtige Rolle, Jesus Christus auch als ihren Messias zu erkennen und anzunehmen (Röm. 10, 19). Wir haben also mindestens in vierfacher Hinsicht Autorität: 1.) Proklamativ: Allein dass es Gemeinde Jesu gibt, ist schon ein Hinweis für die Existenz Gottes in dieser Welt Peter Stenger Seite 5 08.11.2016 2.) Prophetisch-deutend: Wer, wenn nicht die Gemeinschaft der Gläubigen, kennt das Ziel Gottes mit dieser Welt und kann die Entwicklungen entsprechend erkennen und einordnen? 3.) Heilsam-befreiend: Je stärker der Einfluss der Gemeinde in der Welt, desto stabiler geht es in ihr zu. Ich kann das hier nur kurz nennen: Biblische Werte, die von gläubigen Christen in Gemeinschaft Eingang gefunden haben in unsere Gesellschaft, haben uns über viele Jahrhunderte Segen beschert. Und umgekehrt wird die zunehmende Abkehr davon auf Dauer unser Land zerstören. Ich kann euch dazu ein Buch empfehlen: Das „Buch der Mitte“ von Vishal Mangalwadi, einem führenden indischen Intellektuellen, der Philosoph, politischer Reformer und Theologieprofessor ist. Er beschreibt in seinem Werk, wie wir in Europa zu dem geworden sind, was wir (noch) sind, und welche Rolle dabei die Bibel gespielt hat. Ein heilsamer Spiegel von außen, der uns eindringlich davor warnt, uns von diesen Schätzen zu verabschieden! 4.) Rettend: Nach wie vor ist die Gemeinde Jesu das wirksamste Instrument der Evangeliumsverkündigung oder Werke, die ihr angeschlossen sind. Warum? Weil es dabei nicht nur um „Bekehrungen“ geht, sondern eben um ganzheitliche Jüngerschaft mit allem was dazu gehört. Diese Beauftragung und Vollmacht haben wir nicht aus uns heraus, sondern aus Christus heraus. Sie wird uns geschenkt, sonst haben wir sie nicht. Genauso wie der Sohn Gottes sich nicht selbst auferweckt hat am Ostermorgen. Nein, sondern er wurde von seinem himmlischen Vater wieder ins Leben geholt (Vers 20). Und genau diese Dynamik schlummert in seiner Gemeinde: Die Kraft, die den Herrn den Tod besiegen ließ! Die haben wir aber nur in dem Maße, wie Christus Herr über uns ist. Ohne ihn dreht sich nämlich das Verhältnis genau um: Dann herrscht die Welt über uns! Gemeinde Jesu läuft dann aktuellen Trends hinterher und bietet sich wie eine „Prostituierte“ an, um überleben zu können. Aber dieses Verhalten führt in den Niedergang, denn die Gemeinschaft der Gläubigen, die von Gott her der Welt nichts mehr zu sagen und zu geben hat, hat keine Bedeutung mehr und wird auch entsprechend behandelt von ihr. Wie steht es hier mit unserem „Selbst –bewusstsein“? Haben wir hier unseren Platz auch in unserer Stadt eingenommen, der uns von Gott her zugewiesen ist? Eine Möglichkeit dazu ist unser Gebet auch im Rahmen der kommenden Feierlichen Versammlung in diesem Monat. Peter Stenger Seite 6 08.11.2016 Alles worüber ich in den letzten 30 Minuten gesprochen habe, hat seine Grundlage in dem, was wir gleich hier miteinander feiern werden: Abendmahl. Ohne Christi Tod würden wir nicht zu seinem Leib gehören und könnten seinen Sieg nicht leben in dieser Welt. Das Abendmahl ist aber nicht nur eine Tischgemeinschaft zwischen jedem Einzelnen hier und seinem Herrn. Es ist eben auch ein Gemeinschaftsmahl; der Herr hat es auch nicht mit einzelnen Jüngern sondern mit allen Zwölfen gefeiert. Deshalb wollen wir es heute auch bewusst zum Anlass nehmen, um unsere Beziehung zu seinem Leib zu klären. Das kann vielerlei bedeuten: Die Bereitschaft, eine Beziehung, die belastet ist, zu klären. Die Entscheidung, meine Verweigerungshaltung in puncto Mitarbeit aufzugeben. Ein „Ja!“ zur Leitung durch sein Wort und seinen Geist und eine Umkehr von Ungehorsam gegenüber ihm. Letztlich geht es um die Frage: „Wie gehst Du mit Jesus Christus, seinem Leib um?“ Amen !!! Peter Stenger Seite 7 08.11.2016
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