Hand in Hand: Theorie und Praxis zur Gesundheit von Geflüchteten

Hand in Hand: Theorie und Praxis zur Gesundheit von Geflüchteten
Das Fortschrittskolleg FlüGe schlägt eine Brücke in die Praxis
Die aktuelle Flüchtlingsbewegung stellt das deutsche Gesundheitssystem vor Herausforderungen.
Welche Krankheiten bringen Geflüchtete mit? Wie verändert sich ihr Gesundheitszustand nach
Ankunft in Deutschland? Welche Auswirkungen hat die Flüchtlingsmigration auf das Gesundheitssystem?
Diesen und weiteren Fragen widmet sich das Fortschrittskolleg „FlüGe – Herausforderungen und
Chancen globaler Flüchtlingsmigration für die Gesundheitsversorgung in Deutschland“. Das Kolleg
wird über 4,5 Jahre vom Ministerium für Wissenschaft, Innovation und Forschung des Landes
Nordrhein-Westfalen gefördert. In dem Kolleg kommen 13 Promovierende der Universität Bielefeld
aus verschiedenen Disziplinen zusammen. Ein Schwerpunkt soll auf der Zusammenarbeit mit
Praxispartnern liegen, um die Gesundheitsversorgung zu verbessern.
Konferenz zum Umgang mit der Gesundheit von Geflüchteten in Deutschland
Zum Auftakt des Kollegs fand vom 12. bis 14. Oktober
im Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) eine
internationale Tagung statt.
Besonders dabei: Es kamen ca. 120 Experten aus der
Wissenschaft, der Politik, aber auch der Praxis
zusammen, um sich über aktuelle und zukünftige Herausforderungen auszutauschen und entsprechende
Lösungsmöglichkeiten zu diskutieren. Im Fokus
standen die Gesundheit und die gesundheitliche Versorgung von Geflüchteten. Es wurden
Praxisbeispiele aus unterschiedlichen Regionen Deutschlands sowie den Niederlanden gegeben.
Darüber hinaus wurden Zukunftsperspektiven betrachtet.
Gesundheit als Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration
Geflüchtete sind vielfach in ihren Herkunftsländern, auf der Flucht und in Sammelunterkünften in
Deutschland besonderen gesundheitlichen Risiken ausgesetzt. Im Fokus der Öffentlichkeit
standen bisher Infektionskrankheiten. Aktuelle Zahlen zeigen jedoch, dass auch chronische
Erkrankungen sowie die mentale Gesundheit von Bedeutung sind.
Aktuelle repräsentative Daten gibt es nicht, da der Gesundheitszustand von Geflüchteten nicht
umfassend und standardisiert erfasst wird. Erstuntersuchungen bei Ankunft der Geflüchteten sind
vielfach unvollständig. Zumeist werden nur auf die am häufigsten vorkommenden
Infektionskrankheiten untersucht sowie lebensbedrohliche Zustände behandelt.
Ein positives Beispiel bzgl. der Verfügbarkeit und Nutzung von Daten zur Gesundheit von
Geflüchteten zeigt sich in den Niederlanden. Dort bekommt jeder Geflüchtete bei der Registrierung
eine Nummer zugewiesen, über die er für alle weiteren Belange registriert ist. Darüber hinaus
verfügen die Niederlande über ein sogenanntes „patient dossier“ für jeden Geflüchteten. Das
erlaubt es allen behandelnden Ärzten bereits durchgeführte Untersuchungen, Impfungen, etc.
elektronisch einzusehen. Dadurch können beispielsweise Doppeluntersuchungen vermieden
werden.
Angaben zur mentalen Gesundheit werden in einem Erstscreening bislang nicht erhoben. Mentale
Belastungen, wie z.B. die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), erschweren die Integration. Dies hat negative Auswirkungen auf alle Lebensbereiche der Geflüchteten. Auch Sprachen
können unter diesen Umständen schlechter erlernt werden. Die Erlernung der Sprache ist jedoch
notwendig für eine erfolgreiche Integration.
Ein gelungenes Beispiel der Integration
Musikalisch wurde die Tagung von Rodi Jatto,
einem Flüchtling aus Syrien, begleitet. Rodi Jatto
musizierte dabei auf der Saz, einem für seine
Heimat typischen Instrument: „Ich mische zu der
traditionellen Musik Elemente der deutschen Musik,
damit es für die Ohren der Menschen hier nicht so
fremd klingt. Ich benutze auch gerne gitarrenähnliche Elemente und Akkorde.“
Die Forschung um Flüchtlingsgesundheit braucht mehr Inter- und Transdisziplinarität
Ein Aspekt trat bei der Konferenz immer wieder zutage: Die Forderung nach einer besseren Datenlage um die Flüchtlingsgesundheit und deren Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung in
Deutschland. Ebenso wichtig ist die Vernetzung und Umsetzung der Forschung in die Praxis (Interund Transdisziplinarität). Zur Erreichung dieses Ziels soll das Fortschrittskolleg „FlüGe“ beitragen.