10. November 2016 | www.hwwi.org | [email protected]
Standpunkt
AUTO R
U S -WA H LE N
Das Jahr, in dem die
Globalisierung abgewählt wurde
Prof. Dr. Henning Vöpel
Henning Vöpel ist Direktor und
von Henning Vöpel
Geschäftsführer des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI).
Er ist außerdem Professor für
Volkswirtschaftslehre an der
HSBA Hamburg School of Business Administration. Seine Forschungsschwerpunkte sind Konj u n k tu r a n a l y s e , G e l d - u n d
Mit der Wahl Donald Trumps gelangt eine sich ausbreitende populistische Bewegung
in die größtmögliche politische Macht: in das Präsidentenamt der Vereinigten Staaten
von Amerika, der größten Volkswirtschaft, der stärksten Militärmacht und der bedeutendsten Demokratie. Zusammen mit dem Brexit, der die Welt mit ähnlicher Wucht
und Überraschung getroffen hat, lässt sich feststellen: Die alte Globalisierung, die mit
der globalen Finanzkrise an eine Zeitenwende gelangt war, ist in 2016 demokratisch
abgewählt worden. Wir müssen das, was passiert ist, tiefer verstehen, um eine Antwort darauf zu finden, eine tunlichst bessere, als die Populisten es verheißen.
Währungspolitik, Finanzmärkte
und Sportökonomik.
Tel.: 040 - 34 05 76 - 0
Das Versprechen der Demokratie, das Versprechen der Marktwirtschaft, gerechten
Wohlstand zu erzeugen, ist nicht gehalten worden - ausgerechnet im Land des sozialen Aufstiegs, des amerikanischen Traums, des liberalen Kapitalismus. Die Mittelschicht, die so wichtig für die Stabilität einer Gesellschaft ist, hat nicht mehr genügend an den Globalisierungsgewinnen partizipiert. Das Vertrauen in Politik, in
Institutionen, in Eliten hat schweren Schaden genommen. Dass die Entscheidung für
den Brexit und die Wahl Trumps keiner ökonomischen Rationalität folgen, ist eine Erklärung, aber keine Antwort. Die Globalisierungskrise ist im Kern eine Legitimationskrise. Das verloren gegangene Vertrauen muss erneuert werden.
Dies gelingt nur mit einem neuen Modell der Globalisierung. Die Abwahl der alten
Globalisierung darf keinen Rückfall in Nationalismus und Protektionismus bedeuten
wie vor hundert Jahren. Es muss der Beginn einer erneuerten, legitimieren Globalisierung sein. Europa hat jetzt, da die
USA zu einer Quelle der weltwirtschaftlichen Unsicherheit und geopolitischen Instabilität geworden sind, die Chance und
die Verantwortung, ein solches Modell der Globalisierung zu gestalten.
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