www.evimed.ch Stopp oder Reduktion vasoaktiver Medikamente bei älteren Patienten mit vasovagaler Synkope Frage: Wirksamkeit und Sicherheit der Reduktion vasoaktiver Medikamente (in erster Linie Antihypertensiva) bei älteren Patienten mit vasovagaler Synkope? Hintergrund: Ein Teil älterer Patienten mit einer „reflex syncope” (Vasodilatation mit oder ohne Bradykardie, sehr oft vasovagale Synkope) nimmt ein oder mehrere vasoaktive Medikamente ein, in erster Linie sind damit Antihypertensiva gemeint. Man nimmt an, dass diese vasoaktiven Medikamente mit-ursächlich sind für die Synkope. Es gibt aber wenig Daten dafür, was passiert, wenn diese Medikamente abgesetzt werden. Nach Angaben in der Literatur werden diese Medikamente oft nicht abgesetzt, weil die Hypertonie dann nicht mehr „gut“ eingestellt ist und negative Folgen des hohen Blutdrucks befürchtet werden. In dieser Studie wird untersucht ob durch das Absetzen der vasoaktiven Medikamente das Risiko für weitere Synkopen sinkt und welchen Einfluss dies auf das Risiko kardialer Ereignisse hat. Einschlusskriterien: Zwei oder mehr Synkopen im vergangenen Jahr, sehr wahrscheinlich oder nachgewiesen vasovagal, und Einnahme, in der Zeit in der die Synkope auftrat, von mindestens einem vasoaktiven Medikament (Antihypertensiva, Nitrate, Diuretika, neuroleptische Antidepressiva oder L-Dopa Antagonist) Synkope wurde mit Kipptisch (nach definiertem Protokoll durchgeführt) oder Karotis-Sinus Massage reproduziert Keine orthostatische Hypotonie (definiert als Abfall des systolischen Blutdrucks um mehr als 20 mmHg oder ein Abfall unter 90 mmHg) Keine schwere Hypertonie (Blutdruck in der Sprechstunde über 150/95 mmHg) Ausschlusskriterien: Patienten mit Verdacht auf kardial, arrhythmische Synkope Strukturelle Herzkrankheiten, Gefässe, Klappen oder Myokard. Studiendesign und Methode: Randomisierte Studie Studienort: Vier Spitäler in Italien Interventionen: Gruppe 1: Absetzen oder Reduktion (soviel wie möglich) der vasoaktiven Medikamente Gruppe 2: die Therapie wurde nicht verändert Outcome: Zeit bis zum Wiederauftreten von Synkopen (kurzer Bewusstseinsverlust), Präsynkopen (Prodromalsymptome ohne Verlust des Bewusstseins), oder unerwünschte Konsequenzen (Schlaganfall, transient ischämische Attacke [TIA], Myokardinfarkt, Verschlechterung der Symptome der Herzinsuffizienz) www.evimed.ch Lebensqualität Resultat: 328 Patienten wurden gescreent, 238 nahmen ein oder mehr vasoaktive Medikamente ein, bei 81 konnte die Synkope auf dem Kipptisch oder mit Karotis-Sinus Massage reproduziert werden. 58 Patienten wurden randomisiert, das Durchschnittsalter betrug 74 Jahre. Nach der einmonatigen Run-in Phase nahmen die Patienten in Gruppe 1 (Stopp) durchschnittlich noch 0.9 vasoaktive Medikamente ein und die in der anderen Gruppe 2.4. Der Blutdruck stieg in Gruppe 1, verglichen mit Gruppe 2, an (liegend 141 versus 128 mmHg, im Stehen 133 versus 122 mmHg). Während der Beobachtungsperiode von durchschnittlich 13 Monaten (± 7 Monate) trat der primäre Endpunkt in der Stopp-Gruppe bei 7 (23%) Teilnehmern auf (3 Synkope, 3 Präsynkope, 1 Herzinsuffizienz); in der nicht-Stopp Gruppe bei 13 (54%) der Teilnehmer (10 Synkope, 2 Präsynkope, 1 TIA). Die Lebensqualität war statistisch signifikant besser in der Gruppe mit Stopp der vasoaktiven Medikamente. Kommentar: Bei Patienten mit reflektorischer Synkope (meist vasovagale Synkope), die ein oder mehrere vasoaktive Medikamente einnehmen, kann durch Absetzen, oder zumindest Reduktion dieser Medikamente, das erneute Auftreten von Synkopen und Präsynkopen verringert werden. Zur Beurteilung ob der Anstieg des Blutdrucks auch negative Folgen hat, kardiovaskuläre Ereignisse, ist die Dauer der Studie zu kurz – aber wahrscheinlich ist diese Frage auch nicht so relevant als bei jüngeren Patienten ohne Synkopen und Stürzen. Literatur: Solari D. et alii. Stop vasodepressor drugs in reflex syncope: a randomized controlled trial. Heart2016; doi:10.1136/heartjnl-2016-309865 Verfasser: Johann Steurer
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