Franz Saladin, Direktor der Handelskammer beider - FDP

Basel.Stadt.Land.Region.
| Dienstag, 25. Oktober 2016 | Seite 21
Frage des Tages
Schadet die Energiesteuer
dem Gewerbe?
Franz Saladin, Direktor der Handelskammer beider Basel, bekämpft die Energiesteuer
erbarer Energie entworfen. Die
jetzige Förderabgabe aber haben wir
von Anfang an bekämpft. Wir sehen
jetzt auch, was eine solche Abgabe in
Deutschland anrichtet. Milliarden an
Fördergeldern, die vor sich herge­
schoben werden. Jedes Bauernhaus
ist mit Fotovoltaik vollgestopft. Dazu
gab es noch sinnlose Darlehen. Milli­
ardenschwere Subventionen mit dem
Resultat, dass die Energiepreise so
tief sind, dass nicht einmal mehr die
Wasserkraft rentiert. Bei uns in der
Schweiz sind wir unterdessen so weit,
dass wir bei schadhaften Staudäm­
men überlegen, ob es überhaupt noch
rentiert, diese zu reparieren. Wir soll­
ten jetzt eigentlich wissen, dass es
nicht geht, wenn der Staat zu stark in
die Umstellung der Energieversor­
gung eingreift.
BaZ: Am 27. November stimmen wir im
Baselbiet über eine Energiesteuer ab.
Verstehen Sie, weshalb ein bürgerlicher
Kanton mit Unterstützung der FDP eine
neue Steuer einführen will?
Franz Saladin: Nicht wirklich, ich
bin ja auch am Parteitag der FDP auf­
getreten und habe versucht aufzuzei­
gen, dass dies das Gegenteil einer
liberalen Vorlage ist. Leider bin ich
unterlegen.
Fehlen in der FDP die liberalen Kräfte?
Wie kommt es, dass Sie in Ihrer eigenen
Partei unterliegen?
Im Vorfeld des Parteitags habe ich
zwar viele Stimmen gehört, die gegen
diese neue Steuer sind und fast nicht
glauben können, dass sich die FDP
dafür engagiert. Doch am Parteitag
haben diese Stimmen gefehlt, aus
welchen Gründen auch immer. So
kam es, dass wir nur ein kleines
Grüppchen waren, das dagegen war.
Was heisst diese Schlussfolgerung für
die Baselbieter Energiesteuer? Befürch­
ten sie ein Präjudiz für andere Kantone?
Wird Baselland Pionierkanton, wie es
die Befürworter formulieren?
Haben sich viele vor der Meinungs­
äusserung dagegen gedrückt?
Unter einer Pionierleistung stellt man
sich eigentlich etwas Positives vor.
Doch wir befürchten in der Tat, dass
Baselland ein falsches Signal aussen­
det. In anderen Kantonen wird sehr
genau verfolgt, was jetzt im Baselbiet
geschieht.
Das will ich niemandem unterstellen.
Tatsache ist, dass ich von vielen
FDP­Mitgliedern gehört habe, dass
man sich gegen die Energiesteuer
engagieren sollte.
Sie sind nicht nur Freisinniger, sondern
auch Direktor eines Wirtschaftsverban­
des. Schadet die Energiesteuer der
Wirtschaft?
Selbstverständlich. Eine Steuer ist per
se eine Belastung. Selbst wenn sich
ein Unternehmen, wie vorgesehen,
von der Steuer befreien kann, ist die
damit verbundene Bürokratie eine
Belastung. Mit der Energiesteuer
wird der Wirtschaft Geld entzogen.
Und das Geld wird anderswo fehlen.
Sehr viele Massnahmen, die mit der
Steuer ausgelöst werden sollten, wür­
den ohnehin getätigt. Persönlich
habe ich bei mir zu Hause bei einem
Schopf das Dach ersetzt und bei die­
ser Gelegenheit gleich Sonnenkollek­
toren eingebaut. Ich habe dafür einen
Unterstützungsbetrag erhalten, hätte
aber die Investition ohnehin getätigt.
Der Multiplikatoreffekt der Abgabe
wird extrem überbewertet.
Und jetzt regen Sie sich darüber auf,
wenn das Gewerbe und der Verband der
KMU, der sich ja auch als Vertreter der
Wirtschaft versteht, für diese Steuer an
vorderster Front wirbt?
Sich über die Politik aufzuregen, lohnt
sich nicht. Aber es ist schon so, dass ich
die kurzfristigen Überlegungen nicht
verstehe. Mag sein, dass sich einige
KMU Aufträge erhoffen. Doch das
Geld fehlt dann anderswo. Ich glaube
auch nicht, dass unser Gewerbe auf
Subventionen angewiesen ist.
Welches sind Ihre Grundsätze? Sind Sie
generell gegen Fördermassnahmen?
Nein, ich habe sogar schon selber För­
dermassnahmen durchgeführt, für
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Der Bund hat die CO2­Abgabe, eine Len­
kungsabgabe, die der Bundesrat zurzeit
aber nicht voll ausschöpft. Jetzt soll die
Energiesteuer beim Kanton dazukom­
men. Wird damit im Baselbiet doppelt
besteuert?
«Die Wirtschaftskammer
Baselland kann die
Steuer nicht ganz
unabhängig beurteilen.»
«Solche Vorlagen sollten gar nicht möglich sein.» Franz Saladin glaubt nicht,
dass das Baselbieter Gewerbe auf Subventionen angewiesen ist. Foto Kostas Maros
Solardächer in Duggingen. Gekostet
hat dies nicht viel, aber es ist gelun­
gen, die Leute dafür zu sensibilisie­
ren. Viele haben dann auch tatsäch­
lich etwas unternommen. Wir stehen
auch jetzt dahinter, dass der Kanton
für energetische Gebäudesanierun­
gen aktiv wird. Er sollte dies jedoch in
einem bescheidenen Mass tun. Ent­
scheidend ist dabei, was genau der
Kanton unternimmt. Der Kanton
muss vor allem die Informationen
vermitteln und Anstösse geben – aber
sicher nicht mit einer Verdreifachung
der Mittel mehr Subventionen vertei­
len – wie dies bei der neuen Energie­
steuer der Fall wäre. Ein Kantonsver­
gleich zeigt: Je mehr Geld der Kanton
pro Kopf dafür abgibt, desto kleiner
ist das Ergebnis pro Kopf der Bevölke­
rung.
Eine Verdreifachung der Mittel erhöht
den Nutzen gar nicht?
29.10. – 6.11.16
Halle 2.1, Messe Basel
baslerweinmesse.ch
Ja, das führt automatisch zu einer
geringeren Effizienz der Massnah­
men. Es wird viel Geld eingesetzt, der
Nutzen aber ist klein. 250 Franken
kostet es den Kanton mit dem Förder­
programm, um eine Tonne CO2 zu
vermeiden. Auf dem Zertifikatemarkt
der CO2­Börse ist dies für 5 Franken
zu haben. Die Mittel können also bes­
ser eingesetzt werden – denn für das
Klima ist es egal, wo das CO2 einge­
spart wird.
Wie erklären Sie sich, dass der bürgerli­
che Kanton Baselland genau die gleiche
Politik betreibt wie der rot­grüne Kanton
Basel­Stadt? Finden Sie das nicht
schlimm?
In einem bürgerlich dominierten
Kanton sollten solche Vorlagen
eigentlich gar nicht möglich sein.
3.11. – 6.11.16
Halle 2.1, Messe Basel
feinmesse.ch
Wollen Sie damit sagen, dass man alles
beim Alten lassen kann: So weiterfah­
ren, wie es heute ist?
Ja, vielleicht kann man sogar eine
Spur zurückfahren. Das bisherige
Modell mit dem Verpflichtungskre­
dit sieht auch vor, dass der Landrat
auf Basis einer regelmässigen
Berichterstattung der Regierung ein­
greift, wenn es nicht wirklich gut
funktioniert. Wenn einfach ein Topf
mit Geld geäufnet wird, führt das
automatisch dazu, zu überlegen, wie
die Gelder auch ausgegeben werden
könnten. An irgendwelchen Ideen
fehlt es nie. So finanziert man damit
etwa das schönste Flachdach oder
eine Anti­AKW­Broschüre, die in der
ganzen Schweiz verteilt wird. Das ist
unnötig.
Nun hat die Baudirektorin die Energie­
steuer damit gerechtfertigt, dass es eine
Nachfolgelösung brauche, weil die Mit­
tel aus dem Verpflichtungskredit nicht
mehr lange ausreichen. Wegen der
Befristung sei es gar nicht möglich, wei­
terzufahren wie bisher. Also ist doch
Handlungsbedarf?
Ja, schon, aber dies ist gut zu überle­
gen. Möglich wäre es durchaus, das
gleiche System wie bisher weiterzu­
führen. Aber es gäbe auch eine Mög­
lichkeit mit einer Finanzierung durch
Dritte. Es wurden auch schon Vor­
schläge gemacht: etwa Massnahmen
mit privat angesparten Geldern, die
steuerlich privilegiert für Investitio­
nen eingesetzt werden können. Die
Wahrnehmung ist ohnehin eine
andere, wenn privat angesparte Gel­
der eingesetzt werden. Das ist etwas
ganz anderes als dieses sozialistische
Umverteilungsmodell.
Viele Gegner der Energiesteuer im
Baselbiet sind auch grundsätzlich
gegen die Energiewende, wie sie auf
Bundesebene angestossen wurde. Wie
stehen Sie dazu?
Es ist richtig, dass wir langfristig
unsere Energieversorgung umstellen.
Schon vor Jahren haben wir bei der
Handelskammer Modelle mit zeitli­
chen Vorgaben für den Anteil erneu­
Schafft Baschi Dürr
die Wiederwahl?
Laut Handelskammer-Direktor Saladin
schadet die neue Energiesteuer dem
Gewerbe. Hat er recht? www.baz.ch
«Eine Steuer ist per se eine Belastung»
Von Christian Keller und Thomas Dähler
Das Ergebnis der Frage von gestern:
Es gibt mehrere Gutachten dazu. Fakt
ist, dass es rechtlich sehr umstritten
ist. Deshalb wird auch versucht, dies
so zu umgehen, dass es zulässig wird.
Ob dies aufgeht, ist nicht abschätzbar.
Aber es ist natürlich so: Die Energie­
quelle wird doppelt besteuert. Es führt
dies auch zu unerwünschten Effekten –
etwa indem man beim besteuerten Öl
spart und in der Übergangssaison mit
mobilen Elektroöfen heizt.
Wissen Sie, wie sich der Mieterverband
dazu stellt. Macht er im gegnerischen
Komitee mit?
Nein, aber die Frage nach der Hal­
tung des Mieterverbands stellt sich
schon. Ich weiss, dass der Hauseigen­
tümerverband die Steuer befürwor­
tet. Leider. Das kann ich nicht nach­
vollziehen.
Das vorgesehene System führt zu mehr
Bürokratie. Was sagen Sie dazu, dass
ausgerechnet Ihre FDP dies unterstützt?
Dass es zu mehr Bürokratie führt,
lässt sich nicht wegdiskutieren. Vor­
gesehen ist ja eine Selbstdeklaration,
die sicherlich auch kontrolliert wer­
den muss. Das führt zu einem grossen
Aufwand, der finanziert werden
muss. Das führt wiederum dazu, dass
der Ertrag der Steuer gering ausfällt.
Der Aufwand einer Steuer müsste
eigentlich in einem gesunden Verhält­
nis zum Ertrag stehen.
Kritiker behaupten, davon profitiere vor
allem die Wirtschaftskammer Basel­
land, die das Energiepaket abwickelt.
Das sei auch der wahre Grund, weshalb
die FDP einfach mitmache. Teilen Sie
diese Meinung?
Dazu kann ich nur sagen, dass die
Wirtschaftskammer die Steuer nicht
ganz unabhängig beurteilen kann, da
sie auch die Instanz ist, welche die
Fördergesuche im Auftrag des Kan­
tons behandelt.
Die Wirtschaftskammer Baselland stuft
die Aktivitäten der Handelskammer bei­
der Basel gegen die Energiesteuer als
eher peinlich ein. Stehen wir vor einem
Krieg zweier Wirtschaftsverbände?
Ich hoffe es nicht. Schon vor zehn
Jahren haben wir eine Förderabgabe
bekämpft. Wir sind gegen eine neue
Steuer. Damals und auch heute.
41% Ja
(691)
59% Nein
(999)
Jose Pineiro
bleibt vermisst
Polizei tappt im Dunkeln
Von Joël Hoffmann
Liestal. Jose Angel
Pineiro Torres ist
noch immer nicht
aufgetaucht.
Be­
reits letzte Woche
gelangte die Basel­
bieter Polizei mit
einer dringenden
Vermisstmeldung
an die Medien. Pin­
eiro wird seit Mon­
tag, dem 17. Oktober vermisst. Der
47­jährige, südländisch aussehende
Typ ist 1,80 Meter gross, schlank, hat
dunkle, glatte, kurze Haare. Er trug am
Tag seines Verschwindens ein weisses
Hemd, schwarze Hosen und eine
schwarze Jacke. Der Vermisste spricht
Schweizerdeutsch.
Der in Pratteln wohnhafte Mann
ging am Montag vor einer Woche am
Morgen aus dem Haus und fuhr wahr­
scheinlich mit dem Zug nach Basel.
Letztes Lebenszeichen gab es um 7.35
Uhr, als er mit einem Geschäftspartner
telefonierte. Bis heute wurde Pineiro
nicht wieder gesehen.
Er war bis zu seinem Verschwinden
gesund und bisher gibt es keine Hin­
weise auf Gründe, welche zu seinem
Verschwinden führten. Auf Anfrage
sagt die Polizei auch: «Wir haben bis
anhin keine Hinweise, die auf ein
Gewaltverbrechen hindeuten.» Dies sei
zwar nicht generell auszuschliessen,
doch in solchen Fällen würden irgend­
welche Hinweise, die in diese Richtung
deuten, bestehen oder eingehen. «Wir
gehen also nach wie vor nicht von
einem Verbrechen aus», so die Polizei
weiter.
Polizei wartet auf Hinweise
Die Polizei habe «alle Aspekte», die
mit seinem Verschwinden zusammen­
hängen könnten, geprüft. Doch weil
die Nachforschungen keine positiven
Ergebnisse brachten, ging die Polizei
letzte Woche an die Öffentlichkeit und
bat diese um Hinweise. «Bisher sind erst
wenige Hinweise eingegangen. Diese
blieben allerdings noch ohne Erfolg», so
die bisherige Bilanz.
Die Polizei tappt also noch immer
im Dunkeln. Wälder oder andere
Gebiete würden nicht abgesucht, da es
keine Hinweise oder Vermutungen
darüber gebe, wo sich der Vermisste
aufhalten könnte. Man erhoffe sich
Hinweise aus der Bevölkerung; ein
zweiter Aufruf ist bisher nicht herausge­
geben worden. Die Behörden könnten
nichts anderes tun, als abzuwarten, ob
jemand den Vermissten gesehen hat,
oder er in eine Personenkontrolle gerät,
heisst es auf Anfrage.
Seit einer Woche ist Jose Pineiro aus
Pratteln aus rätselhaften Gründen
unauffindbar. Vermisste bleiben maxi­
mal fünf Jahre ausgeschrieben und gel­
ten danach als verschollen.
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n Tür
Tag der offene
16
20
26. Oktober
hr
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0
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9.00 - 12
Kindergarten
Primarschule
1&2
Sekundarschule
Zweisprachiger Unterricht – D/E
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