Vordere Kreuzbandchirurgie: Standards und aktuelle Trends in der

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VORDERE KREUZBANDCHIRURGIE
Vordere Kreuzbandchirurgie: Standards und aktuelle
Trends in der Versorgung
Sobau Christian, Zimmerer Alexander
Einleitung
Die Ruptur des vorderen Kreuzbandes und die anschließende medizinische Versorgung stellt eine Herausforderung an den Sporttraumatologen dar. Die Rekonstruktion
des vorderen Kreuzbandes dient
der Wiederherstellung der Stabilität und der Kinematik des Kniegelenkes, der Wiedererlangung der
Sportfähigkeit und der möglichen
Vermeidung degenerativer Langzeitschäden [1]. Von der Diagnostik
über die Akuttherapie bis hin zur
endgültigen Versorgung muss der
Arzt die vielfältigen Behandlungsoptionen kennen, im Individualfall
einschätzen und dann die richtige
Therapieauswahl zusammen mit
seinem kreuzbandverletzten Patienten treffen. Diagnostisch steht
neben dem Erkennen der Kreuzbandruptur vor allem das Aufdecken von Begleitverletzungen im
Vordergrund. Knorpelschäden, lateraler Meniskus und mediales Seitenband sind am häufigsten betroffen und können oft mit Hilfe eines
MRT sichtbar gemacht werden [2].
Die Begleitverletzungen können
die therapeutische Vorgehensweise
und den zeitlichen Ablauf entscheidend beeinflussen. Die Verwendung autologer Sehnentransplantate hat sich als Gold-Standard bei
der Primärrekonstruktion des vorderen Kreuzbandes durchgesetzt.
Die femorale Bohrkanallage ist in
den letzten Jahren ebenso Ziel diverser Untersuchungen gewesen
wie die Fixationsmethoden des
Transplantates. Die Versorgung der
kindlichen vorderen Kreuzband-
ruptur bei noch offenen Wachstumsfugen erfordert eine spezielle
OP-Technik und Fixation. Neueste
Entwicklung in der vorderen Kreuzbandchirurgie stellt die dynamische
intraligamentäre
Stabilisierung
dar, welche derzeit Kongresse thematisch ausfüllt. Ziel dieser Arbeit
ist es, chirurgische Standardtherapien und aktuelle Trends bei der Versorgung der vorderen Kreuzbandruptur darzustellen und zu diskutieren.
Diagnostik
Die Anamnese bezüglich des initialen posttraumatischen Verlaufes
mit typischerweise Schwellung,
schmerzhafter Funktionseinschränkung und subjektivem Instabilitätsgefühl gibt erste verlässliche Hinweise auf das Vorliegen einer vorderen Kreuzbandruptur. Nach der
initialen Entzündungsphase und
Rückgang der Schmerzen bleibt
anamnestisch oft das sog. „givingway“-Phänomen, das unwillkürliche Wegknicken des Kniegelenkes
im Alltag, als Symptom bestehen.
Als klinische Standardtests zur
Überprüfung der tibialen anterioren Translation und der anteromedialen Rotation haben sich neben
dem vorderen Schubladentest vor
allem der Lachman-Test und der Pivot-Shift-Test als aussagekräftig erwiesen. Diese Tests prüfen extensionsnah die Funktion des vorderen
Kreuzbandes sensibel [3, 4]. Begleitverletzungen des medialen Bandapparates sind häufig und können
diese Tests in ihrer Aussagekraft reduzieren. Neben der konventionel-
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len Bildgebung, Röntgen des Kniegelenkes in zwei Ebenen, ist das
MRT ein sensitives Mittel um weitere Begleitverletzungen, wie z.B.
Meniskus-, Knorpelschäden und
Kontusionsödeme, aufzudecken.
Operationsindikation und
- zeitpunkt
Die konservative Therapie der vorderen Kreuzbandruptur ist bei geringer Instabilität in den erwähnten
Tests, bei Teilrupturen, Fehlen signifikanter Begleitverletzungen von
Meniskus, Knorpel oder weiteren
Bändern und niedrigem Aktivitätsniveau möglich. Die Patienten sind
hierfür neben der klinischen und radiologischen Untersuchung genau
nach ihren sportlichen Ansprüchen
und Alltagsaktivitäten zu befragen.
Gab es nach dem ursächlichen Trauma keine giving-way-Phänomene,
keine rezidivierende Schwellungen
und Gonalgien und das Kniegelenk
funktioniert im Alltag des Patienten
zufriedenstellend, so kann eine
konservative Therapie versucht
werden.
Häufig haben die Patienten persistierende subjektive Instabilität und
Belastungsschmerzen. Klingt die initiale Entzündungsphase nicht ab,
liegt oft eine Begleitverletzung vor.
Zeigt sich klinisch keine Verbesserung der Bewegungsfähigkeit und
im MRT ein eingeklemmter Meniskus-(Korbhenkel-)Riss, ist eine baldige Operation notwendig, um den
Meniskus erhalten zu können indem eine Refixation erfolgt und dadurch das „Bewegungshindernis“
zu beseitigen. Eine zeitgleiche Re-
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konstruktion des vorderen Kreuzbandes erhöht den Refixationserfolg des Meniskus [5]. Nachgewiesene Seitenbandverletzungen können primär konservativ mit einer
stabilisierenden Orthese und Physiotherapie behandelt werden und
der VKB-Ersatz kann nach 4−6 Wochen durchgeführt werden. Inwieweit bei vorliegendem Kontusionsödem durch Entlastung an Unterarmgehstützen die Beweglichkeit
schneller wiederhergestellt werden
kann oder des Risiko einer Impressionsfraktur vermindert werden
kann, ist wissenschaftlich nicht eindeutig bewiesen. Die vordere
Kreuzbandruptur selbst kann zeitnah innerhalb der ersten 48 Stunden nach Trauma versorgt werden,
aber auch das Abklingen der ersten
Entzündungsphase und die Wiederherstellung der freien Beweglichkeit sind Faktoren für den Erfolg der
Operation; wurde zu Beginn des 21.
Jahrhunderts eine zu frühe Versorgung mit der Bildung einer Arthrofibrose assoziiert [6], so relativieren
aktuelle Daten und Metaanalysen
diese Ergebnisse [7]. Ein Abklingen
der Entzündungsphase kann mit intensiver Physiotherapie, physikalischen Maßnahmen und ggf. medikamentöser Therapie beschleunigt
und unterstützt werden.
Im Jahr 2015 wurden in unserer Klinik 1400 vordere Kreuzbandre-
Abb.1: Arthroskopisches Bild einer anatomischen single-bundle VKB-Rekonstruktion mit Quadruple-HamstringTransplantat
konstruktionen durchgeführt. Hiervon waren 84 % primäre Rekonstruktionen. Eine geringe Anzahl
dieser Patienten wurde zeitnah versorgt, bei 93 % mit isolierter vorderer Kreuzbandruptur ohne Begleitverletzung wurde primär Physiotherapie und physikalische Therapie durchgeführt, und die Operation erfolgte dann bei reizlosem
Kniegelenk und freier Beweglichkeit nach 3−4 Wochen (E Abb. 1).
gendliche mit offenen Wachstumsfugen und intraligamentärer vorderer Kreuzbandruptur versorgen
und mit einem durchschnittlichen
Follow up von 10 Jahren nachuntersuchen. 89% der Patienten hatten
im IKDC ein sehr gutes und gutes Ergebnis, die KT1000-Messung zeigte
eine Seitendifferenz von durchschnittlich 1,7mm. Eine Störung des
Längenwachstums trat nicht auf.
Spezialfall „kindliche Kreuzbandruptur“
Transplantatwahl
Handelt es sich bei der kindlichen
Kreuzbandruptur um eine Eminentia-Ausrissfraktur, sollte diese zeitnah versorgt werden, um das ausgerissene Fragment schnell zu refixieren und damit eine gute Wiedereinheilung zu gewährleisten bei minimalem Operationstrauma. Die antegrade Schraubenversorgung und
eine transossäre Fadenrefixation
scheinen hier gleichwertige Ergebnisse zu liefern, obwohl die Schraubenversorgung gegenüber anderen Methoden biomechanische
Vorteile zu besitzen scheint [8, 9].
Intraligamentäre kindliche vordere
Kreuzbandrupturen stellen nach
Ansicht der Autoren eine absolute
OP-Indikation dar. Degenerative
Veränderungen können vermieden
werden, die körperlich-sportliche
Aktivität kann wiederhergestellt
werden. Trotz transepiphysealer
Bohrkanalanlage ist eine Beeinträchtigung des Längenwachstums
nicht beschrieben, sofern die Fixation des rekonstruierten vorderen
Kreuzbandes außerhalb der Wachstumsfugen liegt [10–12]. Die Eltern
der Kinder und Jugendlichen mit offenen Wachstumsfugen und vorderer Kreuzbandruptur müssen präoperativ über die erhöhte Rerupturrate der VKB-Plastik aufgrund des
verbleibenden Restwachstums aufgeklärt werden.
In unserem eigenen Patientengut
konnten wir 152 Kinder und Ju-
Patellarsehnen-“Bone-tendonbone“-Transplantate und Hamstring-Sehnen stellen zurzeit weiterhin die weltweit am häufigsten verwendeten autologen Grafts zur Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes dar. Die Vorteile der Patellarsehne scheinen in der schnelleren
Einheilung und der besseren Beugefähigkeit zu liegen, die Hamstringsehnen zeigen dagegen kaum patellofemoralen Knieschmerz, bessere Streckfähigkeit des Kniegelenkes
und weniger Entnahmemorbidität.
Allerdings berichten aktuelle Metaanalysen ein erhöhtes Arthroserisiko nach Patella-BTB-Sehnen Rekonstruktion im Vergleich zu Ersatzplastiken des vorderen Kreuzbandes mit Hamstringsehnen (ETab.
1+2) [13–15]. In den letzten Jahren
werden zunehmend Studien veröffentlicht, welche die Quadrizepssehne zur primären Rekonstruktion
des vorderen Kreuzbandes propagieren. Metaanalysen zeigten hier
keine Unterschiede bezüglich des
klinischen und funktionellen Outcomes im Vergleich zu den oben genannten Techniken [16, 17]. Die
Verwendung der Quadrizepssehne
beschränkt sich in unserer Klinik fast
ausschließlich auf die Revisionschirurgie des vorderen Kreuzbandes.
Seit 1999 verwenden die Autoren
für die primäre Rekonstruktion bevorzugt, über 97%, ein 4-faches
Hamstringsehnen-Transplantat. In
Einzelfällen wird auch die Quadri-
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VORDERE KREUZBANDCHIRURGIE
Vorteile
Nachteile
Primär stabile
Knocheneinheilung
Entnahmemorbidität
Streckapparat gestört
Zahlreiche
Langzeitergebnisse
Quadrizepsatrophie
Sehnenbreite
variabel
Schmerzen beim
Knien
Vorderer Knieschmerz
Arthrofibrose
Fixation einfach
Cyclopsbildung
Patella inferna
Ligamentisation
gut erforscht
Lig.-pat.-Ruptur
Tab. 1: Vor- und Nachteile Verwendung
Patellarsehne zur VKB-Rekonstruktion
Vorteile
Nachteile
Geringe Graftentnahmemorbidität
Streckapparat
ungestört
Keine Tuberositastibiae-Probleme
Kein Hebedeffekt
der Patella
Knöcherne Einheilung
nicht sicher
Innenrotation
um bis 8% gestört
Schwächung
der Agonisten
„tunnel-widening“
häufiger
Kleiner Hautschnitt
Elastizität ähnlich
wie VKB
Tab. 2: Vor- und Nachteile Verwendung
Hamstringsehne zur VKB-Rekonstruktion
zepssehne genutzt, die Patellarsehne findet bei den Autoren keine Anwendung als Primärtransplantat
wegen der o.g. Nachteile. In einer
Nachuntersuchung konnten wir
zeigen, dass bei Verwendung von
Allografts primär gegenüber der
Verwendung von Hamstringsehnen
die Ergebnisse vergleichbar waren,
jedoch die AP-Stabilität gemindert
und die Rerupturrate bei Sportlern
deutlich erhöht war [18].
Fixation
Die Fixation des rekonstruierten
VKB ist vielfach erforscht und kontrovers diskutiert. Verwendet man
ein Patellarsehnen- oder Quadrizepssehnentransplantat, hat man
einen oder zwei Knochenblöcke,
die meist eine sehr gute Einheilung
des Transplantates gewährleisten,
unabhängig von der Fixation. Bei
den Hamstringsehnen als reines
„soft-tissue-Graft“ ist die Einheilung der freien Sehnenenden in den
Knochen auch abhängig von der Fixierung. Die gelenknahe Schraubenfixation femoral und tibial zeigt
sehr gute Ergebnisse in der Stabilität in diversen klinischen Studien,
im Revisionsfall können diese
Schrauben jedoch Probleme bereiten und machen teilweise ein zweizeitiges Vorgehen mit primärem
Auffüllen der Bohrkanäle notwendig. Fixationstechniken mit orthogonal zum Bohrkanal liegenden
Schrauben oder Stiften, z.B. bone
mulch screw, Transfix, etc., zeigen
dieses Problem weniger. Hier könnten die Verletzung des Kondylus
beim Einbringen und das „tunnel
widening“ postoperativ Probleme
darstellen [19]. Die extrakortikale
Fixierung femoral und tibial, z.B:
mit Endobutton, TightRope, Suture
washer, etc., kann ebenfalls zu einem tunnel widening postoperativ
aufgrund des „windshield wiper“Effektes führen, der das Transplantat bei intraartikulärer Belastung im
Knochen „schwingen“ lässt und
den Bohrkanal erweitert und damit
die Stabilität gefährden kann [20].
Durch Verbesserung der Steifigkeit
dieser Implantate ist dieser Effekt
femoral offensichtlich verschwunden. Viele Operateure wählen eine
Kombination zweier Fixationsmethoden zur Absicherung ihres
Transplantates und Verbesserung
der Primärstabilität [21]. Die Autoren verwenden die Kombination
aus einer Tight-Rope-Fixation femoral und einer intramedullären bioresorbierbaren Schraubenfixation
tibial bei Erwachsenen.
1970er und 1980er Jahre nach zunächst anfänglicher Euphorie aufgrund mangelnder Primärinstabilität und konsekutiver Re-Rupturen
wieder verlassen wurde [22, 23]. Bei
dieser neuen Technik wird das vordere Kreuzband temporär mit einem Faden-Feder-System intern geschient. Durch die einliegende Feder (E Abb. 2) adaptieren sich die
Kreuzbandstümpfe in Flexion- und
Extensionsstellung in gleichbleibender Stellung, um in „Ruhe“ ausheilen zu können [25, 26]. Die Indikation für eine dynamische intraligamentäre Stabilisierung wird derzeit bei einer frischen vorderen
Kreuzbandruptur gestellt, die nicht
älter als 21 Tage und femoralseitig
ausgerissen ist. Aktuell wurden die
Ergebnisse der ersten 10 behandelten Patienten nach einem FollowUp von 5 Jahren veröffentlicht, wobei sich eine Re-Rupturrate von
20% fand. Die funktionellen Scores
scheinen jedoch vielversprechende
Ergebnisse zu liefern [29]. Zu Bedenken bleibt, dass durch den großen Durchmesser der Feder ein weiter tibialer Bohrkanal besteht, so
dass bei einer Re-Ruptur des originären vorderen Kreuzbandes mit ei-
Dynamische intraligamentäre
Stabilisierung (DIS)
In den letzten Jahren wurde die
Technik der intraligamentären Stabilisierung eingeführt, nachdem
die primäre Naht des rupturierten
vorderen Kreuzbandes in den
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Abb. 2: linkes Kniegelenk mit einliegendem Ligamys© Implantat (Quelle: Mathys AG Bettlach)
VORDERE KREUZBANDCHIRURGIE
Zusammenfassung
In der aktuellen Literatur wird bei gesicherter Ruptur
des vorderen Kreuzbandes und relevanter Instabilität
des Kniegelenkes die Rekonstruktion empfohlen. Autologe Sehnen werden hierbei in der Primärrekonstruktion bevorzugt. Die Diagnostik erfolgt neben
Anamnese und klinischer Untersuchung mit Hilfe des
MRT zum Erkennen von Begleitverletzungen. Der
Operationszeitpunkt liegt idealerweise nach Abklingen der initialen Entzündungsreaktion. Neben der
Verwendung der Patellasehne oder Hamstringsehnen
ner notwendigen Auffüllung des tibialen Bohrkanales zu rechnen ist.
Ein weiterer Faktor den es zu berücksichtigen gilt, ist die Möglichkeit einer Metallentfernung der Feder, was einen weiteren operativen
Eingriff mit den jeweiligen OP-Risiken bedeutet.
Nachbehandlung
Die primäre Zielsetzung der
Schmerzfreiheit des Patienten und
Abklingens des „Operationstraumas“ durch physikalische und medikamentöse Maßnahmen ist allen
Nachbehandlungskonzepten
gleich. Adaptierte Belastung, Wiederherstellung der Beweglichkeit
durch passive und aktive Therapie,
auch mit Hilfe von passiven und aktiven Bewegungsschienen zur selbständigen Anwendung, muskelstimulierendes Training und Koordinationsschulung sind feste Bestandteile der Rehabilitation. Krafttraining in der geschlossenen Bewegungskette und kontrolliertes Radfahren sollten schon frühzeitig in
der Nachbehandlung eingesetzt
werden [24]. Nach vorderer Kreuzbandrekonstruktion unterscheidet
sich die Nachbehandlung durch die
vorliegenden Begleitverletzungen.
Die isolierte Rekonstruktion des
VKB kann „aggressiver“ nachbehandelt werden. Wurde zusätzlich
z.B. eine Meniskusrefixation durchgeführt, muss durch „moderatere“
Therapie Rechnung getragen wer-
wird die Quadrizepssehne als Primärtransplantat kontrovers diskutiert. Zudem erlebt der Erhalt des VKB
durch die dynamische intraligamentäre Stabilisierung
eine Renaissance, wobei hier Langzeitergebnisse
noch ausstehend sind.
Schlüsselwörter:
Vordere Kreuzbandruptur, Rekonstruktion, dynamische Stabilisierung, frühfunktionelle Nachbehandlung
den. Die Beugung und Belastung
des Kniegelenkes wird in diesen Fällen postoperativ mehr eingeschränkt, um Scherkräfte und Belastungsspitzen zu vermeiden, die das
Heilen des Meniskus beeinträchtigen könnten Verletzte Seitenbänder bedürfen oft einer zusätzlichen Orthese zur extraartikulären
Stabilisierung für die Zeitdauer der
Heilung. Bei der Verwendung von
Hamstringsehnen zur Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes ist eine Orthesenversorgung in den ersten 12 Wochen postoperativ sinnvoll, um die Remodeling-Phase des
Transplantates zu schützen. Die Orthese kann während der Rehabilitation selbständige frühfunktionelle
kontrollierte Bewegungen unterstützen und damit den Rehabilitationsprozess fördern.
Diskussion und Schlussfolgerungen
Die chirurgische Versorgung des gerissenen vorderen Kreuzbandes
stellt an den Operateur hohe technische Ansprüche und setzt ein permanentes up-to-date wissen voraus. Die Rekonstruktion des VKB befindet sich seit Jahren im Mittelpunkt zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen und die Veränderungen der operativen Versorgung werden stetig kontrovers diskutiert. Die Begleitverletzungen
limitieren die konservativen Behandlungsoptionen und entschei-
den mit über den Operationszeitpunkt. Gerade beim einem sportlich
aktiven Patienten ist die Wiederherstellung der Stabilität des Kniegelenkes durch eine VKB-Rekonstruktion entscheidender prognostischer
Faktor, um langfristig degenerativen Arthropathien vorzubeugen
[1]. Kindliche Kreuzbandrupturen
sollten operativ versorgt werden,
da die konservative Therapie bis
zum Wachstumsabschluss degenerative Folgeschäden mit sich bringt
[27]. Die Verwendung von autologer Sehnen zur Kreuzbandrekonstruktion hat sich weltweit etabliert, die Hamstringsehnen bieten
nach Autorenmeinung mehr Vorteile. Es gibt zahlreiche moderne Fixationsverfahren mit guten Nachuntersuchungsergebnissen,
entscheidend für das Versagen einer
primären VKB-Plastik ist in einem
hohen Anteil die fehlerhafte Bohrkanallage [28]. Die neueste Entwicklung der dynamischen intraligamentären Stabilisierung zeigt in
den ersten Ergebnissen gute bis
sehr gute funktionelle Scores, wobei hier Langzeitdaten noch ausstehen und weitere wissenschaftliche
Studien notwendig werden.
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